Warum Sie Ihre Patientenverfügung nicht alleine erstellen sollten

Zusammenfassung

Eine Patienten­verfügung sollte nicht alleine erstellt werden, da Laien oft die notwendige medizinische und rechtliche Präzision fehlt, um wirksame und eindeutige Wünsche zu formulieren. Professionelle Beratung durch Ärzt:innen oder spezialisierte Fachkräfte hilft, konkrete Behandlungs­wünsche klar festzulegen und Rechts­sicherheit zu gewährleisten. So stellen Sie sicher, dass Ihre Selbst­bestimmung auch im Ernstfall respektiert wird.

Nur jede 50. Patientenverfügung ist tatsächlich rechtswirksam - diese ernüchternde Erkenntnis stammt aus einer Studie der Herforder Intensivmediziner. Der Hauptgrund dafür ist, dass den meisten Menschen das notwendige medizinische Fachwissen fehlt. Es reicht nicht aus, allgemeine Formulierungen wie “keine lebens­verlängernden Maßnahmen” zu verwenden. Stattdessen müssen konkrete medizinische Situationen und gewünschte oder abgelehnte Behandlungen genau beschrieben werden. Ohne fachkundige Beratung besteht die Gefahr, dass Ihre Patientenverfügung im Ernstfall wirkungslos bleibt und Ihr eigentlicher Wille nicht berücksichtigt wird.

Arzt in einem modernen Büro spricht mit einer Person, Tablet und Unterlagen auf dem Schreibtisch.

Die Bedeutung einer wirksamen Patientenverfügung

Eine Patienten­verfügung ermöglicht Ihnen, selbst­bestimmt über medizinische Behand­lungen zu ent­scheiden, wenn Sie sich aufgrund von Krank­heit oder Unfall nicht mehr selbst äußern können. In Deutschland ist die Patienten­verfügung seit 2009 im § 1827 BGB gesetzlich verankert. Das Dokument ist verbindlich für Ärzt:innen, Pflege­personal und An­gehörige. Es gibt Ihnen die Sicherheit, dass Ihre Behandlungs­wünsche respektiert werden, selbst wenn Sie diese nicht mehr persönlich mit­teilen können[2].

Die Erstellung einer Patienten­verfügung sollte gut durchdacht sein. Sie dient nicht nur Ihrem eigenen Schutz, sondern be­wahrt auch Ihre Familie davor, schwer­wiegende Ent­scheidungen ohne Kenntnis Ihrer Wünsche treffen zu müssen. Durch eine klare Fest­legung Ihrer Behand­lungs­wünsche ver­meiden Sie mögliche Konflikte zwischen Ihren An­gehörigen und dem medizi­nischen Personal[4].

Warum so viele Patienten­verfügungen unwirksam sind

Der Bundes­gerichts­hof hat in seinen Urteilen vom Juli 2016 und Januar 2017 klare Kriterien für die Wirk­samkeit einer Patienten­verfügung fest­gelegt. Demnach sind Patienten­verfügungen ohne Bezug auf konkrete Behand­lungs- oder Krankheits­situationen unwirksam. Laien­hafte Formu­lierungen wie “lebens­verlängernde Maßnahmen unter­lassen”, “würde­volles Sterben” oder “Geräte ab­schalten, wenn keine Aussicht auf sinn­volles Leben besteht” bieten Ärzt:innen keine ausreichende Hand­lungs­anweisung und lassen zu viel Inter­pretations­spielraum.

Die meisten selbst ver­fassten Patienten­verfügungen scheitern an genau diesem Punkt: Sie sind zu all­gemein formuliert und berück­sichtigen nicht die komplexen medizinischen Zusammen­hänge. Wenn Sie beispiels­weise fest­legen möchten, unter welchen Umständen auf eine künstliche Ernährung verzichtet werden soll, müssen Sie die konkreten medizinischen Situationen präzise beschreiben. Ansonsten kann es passieren, dass Ihre Wünsche nicht so umgesetzt werden, wie Sie es sich vor­gestellt haben[2].

Anforderungen an eine wirksame Patienten­verfügung

Eine rechts­wirksame Patienten­verfügung muss vor allem zwei wesent­liche Punkte erfüllen: Erstens müssen Sie klar beschreiben, welche Behand­lungs­situationen und ärztliche Maßnahmen Sie akzeptieren und welche nicht. Ihre Wünsche dürfen sich dabei nicht wider­sprechen. Zweitens müssen Sie alle ärztlichen Maßnahmen und Krankheits­situationen so konkret wie möglich beschreiben[4]. Besonders wichtig sind konkrete Angaben zur Wieder­belebung, Schmerz- und Symptom­behandlung, künstlichen Beatmung, künstlichen Ernährung, Antibiotika­gabe oder Dialyse[4].

Formal muss die Patienten­verfügung schriftlich vor­liegen und von Ihnen eigen­händig unter­schrieben sein. Sie muss Ihren voll­ständigen Namen, Geburts­datum und Ihre Adresse enthalten. Zudem sollten Sie genau beschreiben, in welchen Situationen die Patienten­verfügung in Kraft treten soll, beispiels­weise bei Koma oder im End­stadium einer tödlichen Krankheit[5]. Eine notarielle Beglaubigung ist nicht zwingend erforderlich, kann aber die Beweis­kraft erhöhen[2].

Die Formu­lierungen in Ihrer Patienten­verfügung sollten präzise und medizinisch korrekt sein. Vermeiden Sie Formulare und Vorlagen zum An­kreuzen, da diese oft zu all­gemein gehalten sind. Je konkreter Ihre Angaben sind, desto höher ist die Wahr­scheinlichkeit, dass Ihre Wünsche im Ernstfall auch tatsächlich berück­sichtigt werden[5].

Häufige Irrtümer zur Patienten­verfügung

Im Zusammenhang mit Patienten­verfügungen halten sich einige hart­näckige Irrtümer. Ein weit ver­breiteter Irrglaube ist, dass die Patienten­verfügung vom Arzt mit­unter­schrieben werden müsste. Der Gesetz­geber hat jedoch allen voll­jährigen Bürger:innen mit der Patienten­verfügung ein rechtliches Instrument an die Hand gegeben, mit dem sie vor­sorglich selbst­bestimmt über ihre medizi­nische Behandlung ent­scheiden können. Eine ärztliche Unter­schrift ist daher nicht erforderlich[2].

Ein weiterer Irrtum betrifft die vermeint­liche Not­wendigkeit einer jähr­lichen Er­neuerung. Gesetzlich unter­liegt die Patienten­verfügung keiner Befristung, sodass sie auch ohne Aktuali­sierung jahrelang gültig sein kann. Dennoch ist es ratsam, die Patienten­verfügung in regel­mäßigen Abständen zu über­prüfen und neu zu unter­schreiben. Der Grund dafür liegt darin, dass sich sowohl die medizi­nischen Behandlungs­möglich­keiten als auch die eigenen Wünsche im Laufe der Zeit ändern können[2].

Eine regel­mäßige Unter­schrift mit aktuellem Datum stärkt die Beweis­kraft des Dokuments erheblich. Eine erst wenige Monate alte Unter­schrift spricht stärker dafür, dass die in Ihrer Patienten­verfügung aus­gedrückten Wünsche noch aktuell sind, als eine Unter­schrift, die bereits viele Jahre alt ist[2].

Was passiert ohne Patienten­verfügung?

Ohne eine Patienten­verfügung stehen Sie keines­wegs schutzlos da. In diesem Fall wird unter Berück­sichtigung früherer Äußerungen, Auf­zeichnungen und Wert­vorstellungen ermittelt, was Ihr Wille ist. Wenn Sie verheiratet sind, werden Sie in sämt­lichen Gesund­heits­angelegen­heiten von Ihrem Ehe­gatten vertreten, der für Sie ent­scheiden darf, welche Behand­lungen durchgeführt werden dürfen und welche nicht. Dies gilt, sofern Sie gegen das Not­vertretungs­recht Ihres Ehe­gatten keinen Wider­spruch formuliert haben[2].

Wenn Sie keinen Vertreter haben und niemand Ihren Willen be­treffend Behand­lungs­wünsche er­mitteln kann, wird ein un­abhängiger Betreuer durch das Gericht bestellt, der über die Behand­lung ent­scheidet. Ein Betreuer ent­scheidet jedoch zu­meist “in dubio pro vita”, also im Zweifel für das Leben[2]. Das bedeutet für Sie, dass Sie bei­spiels­weise durch lebens­erhaltende Maß­nahmen so lange wie möglich am Leben er­halten werden, auch wenn Sie sich im End­stadium einer tödlich ver­laufenden Krankheit befinden und sicher ist, dass Sie Ihr Bewusst­sein nicht wieder­erlangen werden. Dies gilt auch dann, wenn es Ihrem Wunsch auf selbst­bestimmtes Sterben nicht entspricht[2].

Empfehlungen für eine wirksame Patienten­verfügung

Um eine wirksame Patienten­verfügung zu erstellen, sollten Sie sich professionell beraten lassen. Ärzt:innen, Rechts­anwält:innen mit ent­sprechender Spezialisierung oder Be­ratungs­stellen für Patienten­verfügungen können Ihnen helfen, Ihre Wünsche in rechtlich bindende und medizinisch ein­deutige Formu­lierungen zu über­setzen[4][5].

Beginnen Sie mit der Angabe Ihres Namens, Geburts­datums und Wohn­orts. Formu­lieren Sie dann genau, in welchen Situationen Sie welche Behand­lungen wünschen und welche Sie ablehnen. Sie können zudem bestimmen, wann und wie lange die Patienten­verfügung gelten soll[2].

Da eine Patienten­verfügung niemals alle denk­baren Behand­lungs­situationen ab­bilden kann, ist es ratsam, zusätzlich eine Betreuungs­verfügung zu erstellen. Darin legen Sie einen gesetz­lichen Betreuer fest, der in Situationen, die in Ihrer Patienten­verfügung nicht geregelt sind, für Sie ent­scheiden soll[4]. Alter­nativ oder ergänzend können Sie auch eine Vorsorge­vollmacht erstellen, mit der Sie eine oder mehrere Vertrauens­personen bevoll­mächtigen, in Gesund­heits­fragen für Sie zu ent­scheiden[2].

Fazit: Fachkundige Beratung für Ihre Patienten­verfügung nutzen

Eine Patienten­verfügung ist ein wertvolles Instrument zur Wahrung Ihrer Selbst­bestimmung in medizi­nischen Fragen. Damit Ihre Wünsche im Ernstfall auch tatsächlich berück­sichtigt werden, sollten Sie bei der Erstellung auf fach­kundige Unter­stützung setzen. Die Statistik, dass nur jede 50. Patienten­verfügung wirksam ist, zeigt deutlich, wie wichtig professionelle Beratung in diesem Bereich ist[4].

Denken Sie daran, dass eine unwirksame Patienten­verfügung im Ernstfall dazu führen kann, dass über Ihre Behandlung entgegen Ihren eigent­lichen Wünschen ent­schieden wird. Die Investition in eine fach­lich fundierte Beratung kann später für Sie und Ihre An­gehörigen von un­schätz­barem Wert sein, da sie sicher­stellt, dass Ihre Selbst­bestimmung auch dann gewahrt bleibt, wenn Sie Ihre Wünsche nicht mehr persönlich äußern können[2][4].