Welche Patientenverfügung ist die beste?
Zusammenfassung
Die beste Patientenverfügung ist individuell und sollte Ihren persönlichen Willen klar, konkret und rechtssicher abbilden. Sie lässt sich am besten mit ärztlicher oder rechtlicher Beratung erstellen und sollte durch eine Vorsorgevollmacht und eine Betreuungsverfügung ergänzt werden. Wichtig sind regelmäßige Aktualisierungen sowie eine sichere Aufbewahrung, damit sie im Ernstfall leicht auffindbar ist.
- Gesetzliche Grundlagen und Anforderungen
- Verschiedene Wege zur Erstellung einer Patientenverfügung
- Notwendige Ergänzungen zur Patientenverfügung
- Inhaltliche Gestaltung einer wirksamen Patientenverfügung
- Praktische Tipps zur Umsetzung
- Aktuelle Entwicklungen und Ausblick
- Fazit: Die beste Patientenverfügung für Sie persönlich
Eine Patientenverfügung ermöglicht Ihnen, im Voraus festzulegen, welche medizinischen Maßnahmen bei Ihnen durchgeführt oder unterlassen werden sollen, wenn Sie selbst nicht mehr entscheidungsfähig sind. Die Suche nach der “besten” Patientenverfügung führt zu der Erkenntnis, dass es keine universell optimale Lösung gibt. Vielmehr hängt die Qualität einer Patientenverfügung davon ab, wie genau sie Ihren persönlichen Willen abbildet, wie rechtssicher sie formuliert ist und wie gut sie im Ernstfall aufgefunden wird. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Wege zur Erstellung einer wirksamen Patientenverfügung, deren rechtliche Grundlagen sowie praktische Ratschläge zur Umsetzung.

Gesetzliche Grundlagen und Anforderungen
Die Patientenverfügung ist in Deutschland gesetzlich verankert. In § 1827 BGB heißt es: “Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte […] Untersuchungen seines Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation des Betreuten zutreffen.”[4]
Eine rechtswirksame Patientenverfügung muss mehrere Kriterien erfüllen. Sie muss von einer einwilligungsfähigen und volljährigen Person erstellt werden, wobei die volle Geschäftsfähigkeit nicht zwingend erforderlich ist. Es reicht aus, wenn die Person die Bedeutung und Tragweite ihrer Entscheidung verstehen kann.[10] Das Dokument muss in schriftlicher Form vorliegen und mit einer Unterschrift versehen sein. Es sollte konkrete medizinische Situationen beschreiben und für diese Fälle präzise festlegen, welche Maßnahmen gewünscht oder abgelehnt werden.
Der Bundesgerichtshof hat 2016 die Anforderungen an Patientenverfügungen weiter konkretisiert. Demnach müssen die Festlegungen so konkret wie möglich formuliert sein, besonders wenn es um lebenserhaltende Maßnahmen geht.[10] Allgemeine Formulierungen wie “keine lebensverlängernden Maßnahmen” reichen in der Regel nicht aus, um als rechtlich bindende Anweisung zu gelten.
Verschiedene Wege zur Erstellung einer Patientenverfügung
Standardformulare und PDF-Vorlagen
Im Internet und im Buchhandel finden Sie zahlreiche kostenlose Muster und Vordrucke für Patientenverfügungen. Diese Vorlagen bieten einen schnellen und kostengünstigen Einstieg in das Thema. Sie enthalten in der Regel bereits rechtlich geprüfte Formulierungen und geben eine Struktur vor. Allerdings sind solche Standardformulare oft nicht ausreichend differenziert und bieten wenig Raum für individuelle Festlegungen. Die enthaltenen medizinischen Fachbegriffe können für medizinische Laien schwer verständlich sein, was zu Missverständnissen führen kann. Viele dieser Vorlagen entsprechen zudem möglicherweise nicht den aktuellen rechtlichen Anforderungen des Bundesgerichtshofs, der konkrete Festlegungen zu spezifischen Situationen und Maßnahmen verlangt.[2]
Interaktive Online-Dienste
Eine weiterentwickelte Alternative stellen interaktive Online-Dienste wie Patientenverfügung.digital dar, die Sie durch den Erstellungsprozess einer Patientenverfügung führen. Diese Angebote ermöglichen oft eine differenziertere Gestaltung, bei der Sie für unterschiedliche Situationen verschiedene Festlegungen treffen können. Die besseren Dienste bieten verständliche Erklärungen zu medizinischen Begriffen und aktualisieren ihre Formulierungen regelmäßig entsprechend der neuesten Rechtsprechung. Ein Vorteil dieser Dienste besteht darin, dass sie beispielsweise für den Zustand der Kommunikationsunfähigkeit andere Verfügungen ermöglichen als für den Fall eines eingetretenen Komas.[2] Diese Flexibilität entspricht eher den vom Bundesgerichtshof geforderten spezifischen Festlegungen. Bei der Nutzung solcher Dienste sollten Sie jedoch auf deren Seriosität achten und Fragen des Datenschutzes berücksichtigen, da es sich um sehr sensible persönliche Informationen handelt.
Erstellung mit ärztlicher Beratung
Besonders empfehlenswert ist die Erstellung einer Patientenverfügung mit ärztlicher Beratung. Hausärzt:innen oder andere medizinische Fachkräfte können Ihnen die medizinischen Aspekte verschiedener Behandlungsoptionen erklären und helfen, Ihre Wünsche medizinisch sinnvoll zu formulieren. Dies führt zu einer größeren Klarheit und Anwendbarkeit Ihrer Verfügung. Die ärztliche Mitwirkung gibt zudem behandelnden Ärzt:innen im Ernstfall mehr Sicherheit, dass Sie als Patient:in die Tragweite Ihrer Entscheidungen verstanden haben. Für diese Beratung können Kosten entstehen. Die Ärztekammer empfiehlt Ärzt:innen für diese Privatleistung eine Gebühr von etwa 61 Euro.[6]
Rechtliche Beratung durch Anwält:innen
Eine weitere Möglichkeit ist die Inanspruchnahme rechtlicher Beratung durch Anwält:innen, besonders solche mit Spezialisierung im Medizinrecht. Dies bietet die höchste rechtliche Sicherheit, da Anwält:innen die aktuellen rechtlichen Anforderungen kennen und Ihre Patientenverfügung entsprechend gestalten. Oft wird eine solche Beratung im Paket mit der Erstellung einer Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung angeboten, was eine umfassende rechtliche Vorsorge ermöglicht. Die Kosten für eine solche professionelle rechtliche Beratung sind jedoch höher als bei anderen Optionen.
Notwendige Ergänzungen zur Patientenverfügung
Vorsorgevollmacht als wichtige Ergänzung
Eine Patientenverfügung allein reicht oft nicht aus, um Ihren Willen in allen Situationen durchzusetzen. Mit einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigen Sie eine Vertrauensperson, in Ihrem Namen zu handeln und Entscheidungen zu treffen, wenn Sie dazu nicht mehr in der Lage sind. Diese Person kann dann sicherstellen, dass Ihre in der Patientenverfügung festgelegten Wünsche respektiert werden.[3]
Ohne Vorsorgevollmacht dürfen weder Ehepartner:innen noch andere Angehörige automatisch für Sie entscheiden. In diesem Fall müsste vom Gericht ein:e Betreuer:in bestellt werden, möglicherweise eine fremde Person. Die Vorsorgevollmacht gibt Ihnen die Kontrolle darüber, wer im Ernstfall für Sie spricht und Ihre Interessen vertritt.
Betreuungsverfügung als weitere Absicherung
Als zusätzliche Absicherung dient eine Betreuungsverfügung. Darin legen Sie fest, wer im Bedarfsfall als rechtliche:r Betreuer:in bestellt werden soll und welche Wünsche bei der Betreuung zu beachten sind. Dies wird relevant, wenn das Gericht trotz Vorsorgevollmacht eine rechtliche Betreuung einrichten muss.
Die Kombination aus Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung bildet eine umfassende Vorsorge, die verschiedene Aspekte Ihrer zukünftigen Versorgung und Vertretung abdeckt und sich gegenseitig ergänzt.
Inhaltliche Gestaltung einer wirksamen Patientenverfügung
Eine gute Patientenverfügung sollte verschiedene Situationen berücksichtigen, in denen Sie möglicherweise nicht mehr selbst entscheiden können. Dazu gehören etwa terminal verlaufende Erkrankungen, irreversible Bewusstseinsstörungen, fortgeschrittene Demenzerkrankungen oder schwere Hirnschädigungen. Für jede dieser Situationen sollten Sie festlegen, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen.[2]
Zu den medizinischen Maßnahmen, zu denen Sie sich äußern sollten, gehören künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr, künstliche Beatmung, Wiederbelebung, Dialyse, Antibiotikagabe und schmerzlindernde Maßnahmen. Die Festlegungen sollten präzise sein und nicht nur allgemeine Aussagen enthalten. Der Bundesgerichtshof verlangt konkrete Festlegungen zu spezifischen medizinischen Maßnahmen und Situationen.[10]
Neben medizinischen Aspekten können Sie in Ihrer Patientenverfügung auch persönliche Werte und Überzeugungen festhalten, die bei medizinischen Entscheidungen berücksichtigt werden sollen. Diese Informationen helfen Ärzt:innen und Betreuer:innen, Ihren mutmaßlichen Willen zu ermitteln, falls die konkreten Festlegungen in der Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Situation zutreffen sollten.[4]
Praktische Tipps zur Umsetzung
Erstellung und Aktualisierung
Bei der Erstellung Ihrer Patientenverfügung sollten Sie sich zunächst über die verschiedenen medizinischen Maßnahmen und deren Konsequenzen informieren. Wählen Sie dann die für Sie passende Form der Erstellung, sei es ein Vordruck, ein Online-Tool oder eine persönliche Beratung. Formulieren Sie Ihre Wünsche so konkret wie möglich für verschiedene medizinische Situationen. Nach der schriftlichen Fixierung sollten Sie das Dokument mit Datum unterschreiben. Eine regelmäßige Überprüfung und gegebenenfalls Aktualisierung ist ratsam, am besten alle ein bis zwei Jahre. Bestätigen Sie die fortdauernde Gültigkeit durch ein neues Datum und Ihre Unterschrift.[4]
Laut Gesetz kann eine Patientenverfügung jederzeit formlos widerrufen werden, auch mündlich oder durch entsprechendes Verhalten. Niemand kann zur Erstellung einer Patientenverfügung verpflichtet werden, und die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung darf nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses gemacht werden.[4]
Aufbewahrung und Zugänglichkeit
Eine Patientenverfügung ist nur dann hilfreich, wenn sie im Ernstfall auch gefunden wird. Informieren Sie daher Ihre Angehörigen und Ihre:n Hausärzt:in über die Existenz und den Aufbewahrungsort Ihrer Patientenverfügung. Geben Sie Vertrauenspersonen, insbesondere den in der Vorsorgevollmacht benannten Personen, eine Kopie. Tragen Sie einen Hinweis bei sich, etwa in Form einer Karte im Portemonnaie. Erwägen Sie auch die Registrierung im Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer, besonders wenn Sie zusätzlich eine Vorsorgevollmacht erstellt haben.[9]
Aktuelle Entwicklungen und Ausblick
In den letzten Jahren hat sich das Konzept der Patientenverfügung weiterentwickelt. Ein neuerer Ansatz ist das “Behandlung im Voraus Planen” (Advance Care Planning), das über die traditionelle Patientenverfügung hinausgeht.[5] Hierbei handelt es sich um einen umfassenderen Prozess, bei dem nicht nur schriftliche Verfügungen erstellt werden, sondern auch ein kontinuierlicher Dialog zwischen Patient:innen, Angehörigen und medizinischem Fachpersonal stattfindet.
Dieser Ansatz berücksichtigt, dass sich Wünsche und Vorstellungen im Laufe der Zeit ändern können und dass medizinische Entscheidungen oft komplex sind. Durch den fortlaufenden Gesprächsprozess wird versucht, ein tieferes Verständnis für die Werte und Präferenzen der Patient:innen zu entwickeln und diese besser in die medizinische Versorgung zu integrieren.
Fazit: Die beste Patientenverfügung für Sie persönlich
Nach Betrachtung aller Aspekte wird deutlich, dass die “beste” Patientenverfügung sehr individuell ist. Sie sollte Ihren persönlichen Willen klar und rechtssicher abbilden, konkret genug sein, um in verschiedenen Situationen anwendbar zu sein, und idealerweise von medizinischen oder rechtlichen Fachleuten geprüft werden. Die Kombination mit ergänzenden Vorsorgedokumenten erhöht ihre Wirksamkeit, ebenso wie regelmäßige Aktualisierungen und eine gute Auffindbarkeit im Notfall.
Für die meisten Menschen stellt eine Kombination aus fachlicher Beratung und einem individuell angepassten Dokument die optimale Lösung dar. Die Investition in eine professionell erstellte oder begleitete Patientenverfügung zahlt sich aus, wenn man die weitreichenden Konsequenzen bedenkt. Eine gründlich durchdachte und rechtssicher formulierte Patientenverfügung gibt Ihnen die Gewissheit, dass im Ernstfall nach Ihren Wünschen gehandelt wird, und entlastet gleichzeitig Ihre Angehörigen bei schwierigen Entscheidungen.
Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für diese wichtige Vorsorgeentscheidung und scheuen Sie sich nicht, fachlichen Rat einzuholen. Eine gut gestaltete Patientenverfügung ist ein wertvolles Instrument, um Ihre Selbstbestimmung auch in Zeiten zu wahren, in denen Sie Ihren Willen nicht mehr selbst äußern können.[9][10]