Vorsorgevollmacht widerrufen: Das müssen Sie wissen und beachten
Zusammenfassung
Vorsorgevollmacht widerrufen kann man jederzeit, solange der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist. Der Widerruf sollte schriftlich erfolgen, dem Bevollmächtigten zugestellt und alle Vollmachtsurkunden zurückgefordert werden. Bei Geschäftsunfähigkeit kann ein Kontrollbetreuer oder das Betreuungsgericht den Widerruf vornehmen, wenn dies zum Wohl des Vollmachtgebers erforderlich ist.
Eine Vorsorgevollmacht ist ein wichtiges Dokument, mit dem Sie eine Person Ihres Vertrauens bevollmächtigen, in Ihrem Namen zu handeln, falls Sie selbst nicht mehr entscheiden können. Es können aber Situationen eintreten, in denen Sie diese Vollmacht zurücknehmen möchten. Dieser Artikel erklärt Ihnen, wie ein Widerruf funktioniert, wer ihn vornehmen kann und welche rechtlichen Aspekte zu beachten sind.

Wer kann eine Vorsorgevollmacht widerrufen?
Grundsätzlich gibt es drei Personengruppen, die eine Vorsorgevollmacht widerrufen können:
Der Vollmachtgeber
Als Person, die die Vollmacht erteilt hat, können Sie diese jederzeit zurückziehen, solange Sie geschäftsfähig sind[7]. Die Geschäftsfähigkeit ist dabei eine wichtige Voraussetzung, denn der Widerruf ist eine Willenserklärung, die rechtliche Bedeutung hat[14].
Was bedeutet Geschäftsfähigkeit? Das Bürgerliche Gesetzbuch definiert Geschäftsunfähigkeit als einen Zustand, in dem sich eine Person “in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist” (§ 104 Nr. 2 BGB). Einfacher ausgedrückt: Sie müssen in der Lage sein, die Tragweite und Bedeutung des Widerrufs zu verstehen und Ihr Handeln danach auszurichten[14].
Der Kontrollbetreuer
Wenn der Vollmachtgeber bereits geschäftsunfähig ist, kann unter bestimmten Umständen ein Kontrollbetreuer durch das Betreuungsgericht bestellt werden. Seit 2023 ist dies in § 1820 Absatz 3 BGB geregelt[14]. Der Kontrollbetreuer kann mit gerichtlicher Zustimmung die Vollmacht widerrufen, wenn dies zum Wohl des Vollmachtgebers erforderlich ist.
Die Erben des Vollmachtgebers
Nach dem Tod des Vollmachtgebers können dessen Erben eine transmortale Vorsorgevollmacht (eine Vollmacht, die über den Tod hinaus gilt) widerrufen, um möglichen Missbrauch durch den Bevollmächtigten zu verhindern.
Wann kann eine Vorsorgevollmacht widerrufen werden?
Eine Vorsorgevollmacht kann grundsätzlich jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen werden, solange die zuvor genannten Voraussetzungen erfüllt sind[6]. Häufige Anlässe für einen Widerruf sind:
- Vertrauensverlust gegenüber dem Bevollmächtigten
- Änderung persönlicher Umstände
- Hinweise auf möglichen Missbrauch der Vollmacht
- Neugestaltung der Vorsorgeregelungen
- Gesundheitliche Verbesserung, sodass die Vollmacht nicht mehr benötigt wird
Wie wird eine Vorsorgevollmacht wirksam widerrufen?
Für einen rechtssicheren Widerruf sollten Sie folgende Schritte beachten:
Form des Widerrufs
Der Widerruf einer Vorsorgevollmacht sollte immer schriftlich erfolgen[10]. Obwohl ein Widerruf grundsätzlich formlos möglich ist, empfiehlt sich aus Beweisgründen die Schriftform[3].
Wichtig: Der Widerruf sollte in der gleichen Form erfolgen wie die ursprüngliche Vollmachtserteilung. Bei einer notariellen Vollmacht ist es ratsam, auch den Widerruf notariell beurkunden zu lassen[17].
Zustellung des Widerrufs
Der Widerruf muss dem Bevollmächtigten zugestellt werden, um wirksam zu werden[17]. Am besten versenden Sie das Schreiben per Einschreiben mit Rückschein, um einen Nachweis über den Zugang zu haben[3].
Falls die Zustellung nicht möglich ist, können Sie beim Amtsgericht eine “Kraftloserklärung durch öffentliche Bekanntmachung” beantragen.
Rückforderung aller Vollmachtsurkunden
Fordern Sie alle Ausfertigungen und Kopien der Vorsorgevollmacht vom Bevollmächtigten zurück[6]. Dies verhindert, dass dieser die Vollmacht weiterhin nutzen kann.
Information relevanter Stellen
Benachrichtigen Sie alle Stellen, die von der Vorsorgevollmacht Kenntnis haben:
- Banken und Kreditinstitute
- Versicherungen
- Ärzt:innen und Krankenhäuser
- Behörden
- Pflegeeinrichtungen
Falls die Vollmacht im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer eingetragen ist, sollte auch dort der Widerruf gemeldet werden[12].
Checkliste für einen erfolgreichen Widerruf
Nutzen Sie diese Checkliste, um keinen wichtigen Schritt zu vergessen:
- Prüfen Sie Ihre Geschäftsfähigkeit
- Erstellen Sie ein schriftliches Widerrufsschreiben
- Versenden Sie das Schreiben an den Bevollmächtigten (per Einschreiben mit Rückschein)
- Fordern Sie alle Ausfertigungen der Vollmacht zurück
- Informieren Sie alle relevanten Dritten über den Widerruf
- Lassen Sie den Widerruf im Zentralen Vorsorgeregister eintragen (falls die Vollmacht dort registriert war)
- Überlegen Sie, ob Sie eine neue Vorsorgevollmacht für eine andere Person ausstellen möchten
Besondere Fälle beim Widerruf einer Vorsorgevollmacht
Widerruf bei mehreren Bevollmächtigten
Wenn Sie mehrere Personen einzeln bevollmächtigt haben, gilt Folgendes:
- Jede Bevollmächtigung kann einzeln widerrufen werden[9]
- Ein Bevollmächtigter kann nicht die Vollmacht eines anderen Bevollmächtigten widerrufen, auch wenn beide eine Generalvollmacht besitzen[14]
- Die Bevollmächtigten sind grundsätzlich gleichberechtigt und unabhängig voneinander handlungsfähig[14]
Widerruf nach Eintritt der Geschäftsunfähigkeit
Wenn Sie als Vollmachtgeber bereits geschäftsunfähig sind, können Sie die Vollmacht nicht mehr selbst widerrufen[9][14]. In diesem Fall gibt es folgende Möglichkeiten:
- Bestellung eines Kontrollbetreuers durch das Betreuungsgericht
- In schwerwiegenden Fällen kann das Betreuungsgericht eine Vollmachtsentziehung anordnen, wenn dies zum Wohl der betroffenen Person erforderlich ist[14]
Muster für ein Widerrufsschreiben
Ein Widerrufsschreiben sollte folgende Elemente enthalten:
[Ihr Name und Anschrift]
[Datum]
[Name und Anschrift des Bevollmächtigten]
Betreff: Widerruf der Vorsorgevollmacht vom [Datum der Vollmachtserteilung]
Sehr geehrte/r [Name des Bevollmächtigten],
hiermit widerrufe ich, [Ihr vollständiger Name], die Ihnen am [Datum] erteilte Vorsorgevollmacht mit sofortiger Wirkung.
Ich fordere Sie auf, mir sämtliche Ausfertigungen und Kopien der Vollmachtsurkunde umgehend zurückzugeben und von der Vollmacht keinen Gebrauch mehr zu machen.
Bitte bestätigen Sie den Erhalt dieses Schreibens und die Rückgabe aller Vollmachtsurkunden schriftlich.
Mit freundlichen Grüßen
[Ihre Unterschrift]
[Ihr Name]
Rechtliche Grundlagen
Der Widerruf einer Vorsorgevollmacht basiert auf den §§ 166 bis 173 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)[12]. Besonders relevant ist § 168 BGB, der besagt, dass der Vollmachtgeber die erteilte Vollmacht jederzeit widerrufen kann, solange er nicht aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung oder einer gesetzlichen Regelung zur Fortgeltung der Vollmacht verpflichtet ist[12].
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was passiert mit bereits getätigten Rechtsgeschäften nach dem Widerruf?
Bereits getätigte Rechtsgeschäfte bleiben weiterhin gültig, sofern sie in gutem Glauben abgeschlossen wurden und der Dritte zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses nichts vom Widerruf wusste[2].
Kann ein Bevollmächtigter die Vorsorgevollmacht selbst zurückgeben?
Ja, der Bevollmächtigte kann die ihm erteilte Vollmacht auch eigenständig zurückgeben, wenn er diese Aufgabe nicht mehr übernehmen möchte oder kann[2]. Dies sollte ebenfalls schriftlich erfolgen.
Muss ich für den Widerruf einer notariellen Vorsorgevollmacht wieder zum Notar?
Es ist nicht zwingend erforderlich, aber dringend empfehlenswert. Der Widerruf einer notariellen Vollmacht sollte ebenfalls notariell beurkundet werden, um die Beweiskraft zu erhöhen und die Durchsetzung gegenüber Dritten zu erleichtern[12].
Kann ich eine Vorsorgevollmacht teilweise widerrufen?
Ja, Sie können eine Vorsorgevollmacht auch für bestimmte Bereiche (z.B. nur für Vermögensangelegenheiten, nicht aber für Gesundheitsfragen) widerrufen oder einschränken[2].
Was kostet der Widerruf einer Vorsorgevollmacht?
Der einfache schriftliche Widerruf ist kostenfrei. Bei notarieller Beurkundung fallen Notarkosten an, die sich nach dem Gegenstandswert richten. Bei einer Kraftloserklärung durch das Gericht entstehen Gerichtskosten.
Fazit
Der Widerruf einer Vorsorgevollmacht ist ein wichtiges Recht, das Ihnen als Vollmachtgeber zusteht. Solange Sie geschäftsfähig sind, können Sie jederzeit und ohne Angabe von Gründen die erteilte Vollmacht zurücknehmen. Achten Sie dabei auf die schriftliche Form und die Rückforderung aller Vollmachtsurkunden. Informieren Sie zudem alle relevanten Stellen über den Widerruf.
Falls Sie nach dem Widerruf einer Vorsorgevollmacht neue Vorsorgeregelungen treffen möchten, sollten Sie rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Eine sorgfältige Planung stellt sicher, dass Ihre Wünsche für den Fall einer späteren Entscheidungsunfähigkeit respektiert werden.