Vorsorgevollmacht als Bevollmächtigter ablehnen oder zurückgeben
Zusammenfassung
Sie können eine Ihnen angebotene Vorsorgevollmacht ohne Zwang ablehnen und - falls Sie die Vollmacht bereits angenommen haben - jederzeit durch eine schriftliche Rücktrittserklärung zurückgeben, woraufhin Ihre Vertretungsbefugnis erlischt und das Betreuungsgericht bei fehlender Ersatzbevollmächtigtenbestellung eine:n Betreuer:in bestellt. Ein offenes Gespräch, rechtliche Beratung und eine geordnete Übergabe schützen die Interessen des/der Vollmachtgeber:in und reduzieren Konflikte.
Sie wurden als Bevollmächtigte:r in einer Vorsorgevollmacht benannt, möchten oder können diese Verantwortung jedoch nicht übernehmen? Oder Sie sind bereits als Bevollmächtigte:r tätig und wollen die Vollmacht zurückgeben? Dieser Artikel erklärt Ihnen die rechtlichen Grundlagen und zeigt praktische Wege auf.

Was bedeutet es, Vorsorgebevollmächtigte:r zu sein?
Eine Vorsorgevollmacht ist ein rechtliches Instrument, mit dem eine Person (Vollmachtgeber:in) eine andere Person (Bevollmächtigte:r) ermächtigt, in ihrem Namen zu handeln, falls sie selbst dazu nicht mehr in der Lage ist. Als Bevollmächtigte:r erhalten Sie weitreichende Befugnisse, die von Vermögensangelegenheiten über Gesundheitsfürsorge bis hin zu Wohnungsangelegenheiten reichen können.
Diese Aufgabe bringt große Verantwortung mit sich. Nicht jede:r ist bereit oder in der Lage, diese Verantwortung zu übernehmen oder dauerhaft zu tragen. Glücklicherweise gibt es Möglichkeiten, eine Vorsorgevollmacht abzulehnen oder zurückzugeben.
Kann man eine Vorsorgevollmacht ablehnen?
Ja, Sie können eine Vorsorgevollmacht ablehnen. Eine Vorsorgevollmacht kommt nur zustande, wenn beide Seiten einverstanden sind:
- Der/die Vollmachtgeber:in erteilt die Vollmacht.
- Der/die Bevollmächtigte nimmt diese an.
Wenn Sie als potentielle:r Bevollmächtigte:r nicht zustimmen, können Sie nicht zur Übernahme gezwungen werden. Anders als bei einer gerichtlichen Betreuung besteht keine gesetzliche Übernahmepflicht.
Wann sollten Sie eine angebotene Vorsorgevollmacht ablehnen?
Es gibt viele gute Gründe, warum Sie eine Vorsorgevollmacht nicht annehmen möchten:
- Sie fühlen sich der Verantwortung nicht gewachsen
- Sie haben nicht genügend Zeit für diese Aufgabe
- Es bestehen erhebliche räumliche Entfernungen zum Wohnort des/der Vollmachtgeber:in
- Es fehlt an Fachkenntnis (z.B. bei komplexen Vermögensangelegenheiten)
- Es gibt Konfliktpotenzial mit anderen Familienmitgliedern
- Sie haben gesundheitliche Einschränkungen
Kann man eine bereits angenommene Vorsorgevollmacht zurückgeben?
Auch wenn Sie eine Vorsorgevollmacht bereits angenommen haben, können Sie als Bevollmächtigte:r grundsätzlich zurücktreten. Die rechtliche Beurteilung ist zwar komplex, da das Gesetz keine expliziten Regelungen für den Rücktritt von einer Vorsorgevollmacht vorsieht, aber die vorherrschende Meinung in Rechtsprechung und Fachliteratur geht davon aus, dass ein:e Bevollmächtigte:r die Möglichkeit haben muss, die Vollmacht niederzulegen[11].
Dies wird aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen abgeleitet, besonders aus dem Prinzip, dass niemand dauerhaft gegen seinen Willen an eine Verpflichtung gebunden sein sollte.
Wie lehnt man eine Vorsorgevollmacht ab?
Wenn Sie gebeten werden, als Bevollmächtigte:r zu fungieren, können Sie einfach ablehnen:
- Teilen Sie Ihre Entscheidung zeitnah mit - ein offenes Gespräch ist meist der beste Weg
- Erklären Sie Ihre Gründe - dies hilft dem/der Vollmachtgeber:in, Ihre Entscheidung zu verstehen
- Bieten Sie Unterstützung bei der Suche nach Alternativen an - so zeigen Sie, dass Sie die Person nicht im Stich lassen möchten
Wie gibt man eine Vorsorgevollmacht zurück?
Wenn Sie bereits als Bevollmächtigte:r tätig sind und zurücktreten möchten, sind folgende Schritte zu beachten:
1. Schriftliche Rücktrittserklärung verfassen
Erstellen Sie eine klare schriftliche Erklärung, die Ihren Rücktritt unmissverständlich zum Ausdruck bringt. Darin sollten enthalten sein:
- Ihre persönlichen Angaben (Name, Adresse)
- Daten des/der Vollmachtgeber:in
- Datum der Vollmachtserteilung
- Eindeutige Rücktrittserklärung
- Datum und Unterschrift
2. Erklärung zustellen
- Ist der/die Vollmachtgeber:in noch geschäftsfähig: Richten Sie die Erklärung direkt an diese Person
- Ist der/die Vollmachtgeber:in nicht mehr geschäftsfähig: Senden Sie die Erklärung an das zuständige Betreuungsgericht, welches dann über die Bestellung eines Betreuers entscheiden kann[11]
3. Rückgabe der Vollmachtsurkunde
Nach § 175 BGB muss der/die Bevollmächtigte nach Erlöschen der Vollmacht die Vollmachtsurkunde zurückgeben; ein Zurückbehaltungsrecht steht nicht zu[17].
Falls die Vollmacht notariell beurkundet wurde, sollte auch der Notar über den Rücktritt informiert werden[20].
4. Weitere Stellen informieren
Informieren Sie alle Stellen, bei denen die Vollmacht vorgelegt wurde, etwa Banken, Versicherungen oder Ärzt:innen. Dies verhindert, dass Sie weiterhin als bevollmächtigt angesehen werden[11].
Welche Folgen hat ein Rücktritt?
Der Rücktritt von einer Vorsorgevollmacht hat erhebliche Konsequenzen:
- Mit dem Rücktritt erlischt Ihre Vertretungsmacht - Sie dürfen keine Rechtsgeschäfte mehr im Namen des/der Vollmachtgeber:in tätigen[11]
- Der/die Vollmachtgeber:in steht ohne rechtliche Vertretung da (sofern keine Ersatzbevollmächtigten benannt wurden)
- Bei Geschäftsunfähigkeit des/der Vollmachtgeber:in muss möglicherweise ein:e Betreuer:in bestellt werden
Gibt es Alternativen zum vollständigen Rücktritt?
Bevor Sie vollständig zurücktreten, können Sie folgende Alternativen in Betracht ziehen:
Teilweise Niederlegung der Vollmacht
Sie können Ihre Tätigkeit auf bestimmte Bereiche beschränken, während Sie andere abgeben. Beispielsweise könnten Sie weiterhin die Vermögensangelegenheiten betreuen, aber die Gesundheitsfürsorge abgeben[11].
Achtung: Nicht alle Vorsorgevollmachten lassen eine Teilung der Aufgaben zu. Prüfen Sie sorgfältig die Vollmachtsurkunde.
Übertragung der Vollmacht auf andere Bevollmächtigte
Eine weitere Möglichkeit ist die Übertragung der Vollmacht auf eine andere Person. Dies setzt voraus, dass die ursprüngliche Vollmacht eine Übertragungsbefugnis enthält oder der/die Vollmachtgeber:in noch in der Lage ist, eine neue Vollmacht zu erteilen[11].
Der/die neue Bevollmächtigte sollte sorgfältig ausgewählt werden, um sicherzustellen, dass er/sie die notwendigen Fähigkeiten und das Vertrauen des/der Vollmachtgeber:in besitzt.
Einschaltung des Betreuungsgerichts
Bei Rücktrittswünschen können Sie sich direkt an das Betreuungsgericht wenden. Dies ist besonders ratsam, wenn der/die Vollmachtgeber:in nicht mehr geschäftsfähig ist oder wenn Konflikte mit Angehörigen bestehen[11].
In manchen Fällen entscheidet das Betreuungsgericht, eine:n Kontrollbetreuer:in zu bestellen, dessen/deren Aufgabe es ist, Ihre Tätigkeit zu überwachen. Dies kann eine Alternative zum vollständigen Rücktritt sein[11].
Praktische Tipps für Bevollmächtigte
Bevor Sie zurücktreten
Selbstreflexion und Analyse: Überlegen Sie gründlich, ob Ihre Probleme vorübergehend oder dauerhaft sind. Gibt es Möglichkeiten, die Situation zu verbessern, ohne zurückzutreten?
Gespräch suchen: Wenn möglich, führen Sie ein offenes Gespräch mit dem/der Vollmachtgeber:in. Falls diese:r nicht mehr geschäftsfähig ist, können Angehörige oder andere Vertrauenspersonen einbezogen werden.
Rechtliche Beratung einholen: Eine Beratung mit einem/einer auf Betreuungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt/anwältin kann wertvolle Einsichten liefern und rechtliche Risiken minimieren.
Bei der Rückgabe
Rechenschaftsbericht erstellen: Ein detaillierter Bericht über alle im Rahmen der Vollmacht getätigten Handlungen kann spätere Vorwürfe entkräften.
Übergabe planen: Falls möglich, bereiten Sie eine geordnete Übergabe der Aufgaben an eine:n Nachfolger:in oder das Betreuungsgericht vor.
Alle Unterlagen zurückgeben: Stellen Sie sicher, dass Sie alle Dokumente, Kontoauszüge und sonstige Unterlagen des/der Vollmachtgeber:in ordnungsgemäß übergeben.
Häufig gestellte Fragen
Kann ein Betreuungsgericht mich zwingen, eine Vorsorgevollmacht weiterzuführen?
Nein, ein Betreuungsgericht kann Sie nicht zwingen, eine Vorsorgevollmacht weiterzuführen. Im Gegensatz zu einer Betreuung besteht keine gesetzliche Verpflichtung zur Übernahme oder Fortführung einer Vorsorgevollmacht.
Was passiert, wenn ich als Bevollmächtigte:r zurücktrete und keine Ersatzperson benannt ist?
Wenn der/die Vollmachtgeber:in nicht mehr geschäftsfähig ist und keine Ersatzperson benannt wurde, wird in der Regel ein Betreuungsverfahren eingeleitet. Das Betreuungsgericht bestellt dann eine:n Betreuer:in, der/die die rechtliche Vertretung übernimmt.
Kann ich als Bevollmächtigte:r für Fehler haftbar gemacht werden?
Ja, als Bevollmächtigte:r können Sie für Fehler oder Pflichtverletzungen haftbar gemacht werden. Daher ist es wichtig, rechtzeitig zurückzutreten, wenn Sie sich überfordert fühlen oder aus anderen Gründen die Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen können.
Fazit
Eine Vorsorgevollmacht abzulehnen oder zurückzugeben ist rechtlich möglich und manchmal sogar notwendig. Als potentielle:r Bevollmächtigte:r sollten Sie sich dieser Verantwortung nur stellen, wenn Sie bereit und in der Lage sind, die damit verbundenen Aufgaben zu erfüllen.
Wenn Sie bereits als Bevollmächtigte:r tätig sind und zurücktreten möchten, folgen Sie den beschriebenen Schritten, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Denken Sie daran, dass das Wohl des/der Vollmachtgeber:in immer im Mittelpunkt stehen sollte - auch bei Ihrem Rücktritt.