Vorsorgevollmacht und Vorsorgeauftrag: Zwei verschiedene Instrumente für Ihre Absicherung

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Zusammenfassung

Der Unterschied zwischen einer Vorsorge­vollmacht und einem Vorsorge­auftrag liegt vor allem im Rechts­system und im Zeitpunkt der Wirksam­keit: Die deutsche Vorsorge­vollmacht ist sofort gültig und ermöglicht einer Vertrauensperson, in Ihrem Namen zu handeln, während der Schweizer Vorsorge­auftrag erst bei Urteils­unfähigkeit und nach behördlicher Prüfung wirksam wird. Beide Instrumente sichern Ihre Selbst­bestimmung, indem sie festlegen, wer Sie vertreten soll, wenn Sie nicht mehr entscheiden können.

Wenn Sie heute nicht mehr selbst entscheiden können, wer soll dann für Sie sprechen? Diese Frage betrifft jeden von uns. Mit der passenden Vorsorge behalten Sie die Kontrolle, auch wenn Sie einmal nicht mehr selbst handeln können. Doch was ist der Unterschied zwischen einer Vorsorge­vollmacht und einem Vorsorge­auftrag?

Zwei Personen im Anzug geben sich die Hand, mit Gesetzesbüchern auf einem Tisch und Sonnenuntergang im Hintergrund.

Die Vorsorgevollmacht - ein deutsches Rechtsinstrument

Eine Vorsorge­vollmacht ist ein Dokument, mit dem Sie einer Person Ihres Vertrauens die Befugnis erteilen, in Ihrem Namen zu handeln, wenn Sie selbst nicht mehr entscheiden können. Dieses Rechts­instrument ist vor allem in Deutschland verbreitet und dient dazu, eine gerichtlich angeordnete Betreuung zu vermeiden.[2]

Mit einer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie selbst, wer für Sie handelt - und nicht ein Gericht. Die bevollmächtigte Person kann dann in Ihrem Sinne Entscheidungen treffen, etwa bei Gesundheits­fragen, Vermögens­angelegenheiten oder Behörden­gängen.[3]

Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht

Ein wesentliches Merkmal der deutschen Vorsorge­vollmacht: Sie ist grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung gültig. Die bevollmächtigte Person könnte also theoretisch sofort in Ihrem Namen handeln. In der Praxis wird sie jedoch meist erst dann tätig, wenn Sie selbst nicht mehr entscheiden können.[11][13]

Hierin liegt ein bedeutsamer Unterschied zum Vorsorge­auftrag, wie wir gleich sehen werden.

Inhaltliche Gestaltung der Vorsorgevollmacht

Mit einer Vorsorge­vollmacht können Sie festlegen:

  • Wer für Sie entscheiden darf
  • In welchen Bereichen die Vollmacht gelten soll
  • Ob es mehrere Bevollmächtigte geben soll
  • Ob diese gemeinsam oder einzeln handeln dürfen[7]

Je nach Umfang unterscheidet man zwischen:

  • Generalvollmacht: umfasst alle Lebens­bereiche
  • Spezialvollmacht: beschränkt auf bestimmte Bereiche wie Gesundheit oder Finanzen[11]

Für die Gesundheits­sorge ist besonders wichtig: Die bevollmächtigte Person darf in ärztliche Maßnahmen einwilligen, diese ablehnen oder die Einwilligung widerrufen - sogar wenn es um lebens­erhaltende Maßnahmen geht.[7]

Der Vorsorgeauftrag - das Schweizer Pendant

Der Begriff “Vorsorge­auftrag” stammt aus dem Schweizer Recht und bezeichnet dort ein Instrument, das der deutschen Vorsorge­vollmacht ähnelt. Er ermöglicht es Ihnen, im Voraus festzulegen, wer Sie vertreten soll, wenn Sie nicht mehr urteils­fähig sind.[9]

Der entscheidende Unterschied in der Wirksamkeit

Im Gegensatz zur deutschen Vorsorge­vollmacht wird der Schweizer Vorsorge­auftrag erst wirksam, wenn Sie urteils­unfähig werden. Erst dann erlangt die von Ihnen bestimmte Person die Vertretungs­befugnis.[9]

Dies ist ein wichtiger Unterschied zum deutschen Modell, bei dem die Vollmacht theoretisch sofort gültig ist, auch wenn sie in der Regel erst später genutzt wird.

Inhalte des Vorsorgeauftrags

Ähnlich wie bei der deutschen Vorsorge­vollmacht können Sie im Schweizer Vorsorge­auftrag folgende Bereiche regeln:

  • Personen­sorge (für Ihr persönliches Wohl)
  • Vermögens­sorge (für Ihre finanziellen Angelegenheiten)
  • Vertretung im Rechts­verkehr[9]

Rechtliche Grundlagen im Vergleich

Deutschland: Vorsorgevollmacht im deutschen Recht

In Deutschland ist die Vorsorge­vollmacht nicht explizit gesetzlich geregelt, basiert aber auf den allgemeinen Regeln zur Stellvertretung im Bürgerlichen Gesetzbuch. Sie dient als Alternative zur gerichtlich angeordneten rechtlichen Betreuung.[2][6]

Für bestimmte medizinische Entscheidungen - etwa bei risiko­reichen Heilbehandlungen oder freiheits­entziehenden Maßnahmen - benötigt der Bevollmächtigte unter Umständen zusätzlich eine gerichtliche Genehmigung.[3]

Schweiz: Vorsorgeauftrag im Schweizer Zivilgesetzbuch

In der Schweiz ist der Vorsorge­auftrag hingegen ausdrücklich im Schweizer Zivilgesetzbuch verankert. Er muss entweder handschriftlich verfasst oder notariell beurkundet werden.[9]

Ein besonderer Aspekt: In der Schweiz wird der Vorsorge­auftrag erst wirksam, nachdem die Erwachsenen­schutz­behörde seine Gültigkeit geprüft und die Urteils­unfähigkeit festgestellt hat.[9]

Praktische Unterschiede im Alltag

Formvorschriften und Erstellung

In Deutschland genügt für die Vorsorge­vollmacht grundsätzlich die Schriftform mit Ihrer Unterschrift. Für bestimmte Rechts­geschäfte (etwa Immobilien­verkäufe oder Kredit­aufnahmen) ist jedoch eine notarielle Beurkundung erforderlich.[7]

In der Schweiz sind die Formvorschriften strenger: Der Vorsorge­auftrag muss entweder:

  • vollständig handschriftlich geschrieben sein, oder
  • notariell beurkundet werden[9]

Missbrauchsrisiko und Kontrolle

Ein praktischer Unterschied betrifft das Missbrauchs­risiko:

  • Die deutsche Vorsorge­vollmacht bietet dem Bevollmächtigten sofort Handlungs­spielraum, was theoretisch auch missbräuchlich genutzt werden könnte.[13]
  • Beim Schweizer Vorsorge­auftrag besteht dieses Risiko weniger, da er erst nach behördlicher Prüfung wirksam wird.[9]

Eine Lösung in Deutschland: Die Vollmacht kann mit einem Zusatz versehen werden, dass sie erst bei Eintritt der Geschäfts­unfähigkeit verwendet werden darf. Dies erschwert jedoch die praktische Anwendung, da dann jeweils die Geschäfts­unfähigkeit nachgewiesen werden muss.[2]

Was sollten Sie wählen?

Die Wahl zwischen Vorsorge­vollmacht und Vorsorge­auftrag hängt vor allem von Ihrem Wohnort ab:

  • In Deutschland lebend: Vorsorge­vollmacht nach deutschem Recht
  • In der Schweiz lebend: Vorsorge­auftrag nach Schweizer Recht

Bei grenz­überschreitenden Lebens­situationen sollten Sie sich unbedingt rechtlich beraten lassen, da die gegenseitige Anerkennung solcher Dokumente komplex sein kann.

Die Vorsorgevollmacht als Ergänzung zu anderen Vorsorgedokumenten

Die Vorsorge­vollmacht steht nicht für sich allein, sondern ergänzt sich mit anderen Vorsorge­dokumenten:

Betreuungsverfügung

Anders als die Vorsorge­vollmacht enthält die Betreuungs­verfügung lediglich einen Vorschlag an das Betreuungs­gericht, wer als Betreuer:in bestellt werden soll, falls eine Betreuung nötig wird. Das Gericht prüft, ob der Vorschlag dem aktuellen Willen entspricht und die Person geeignet ist.[3][13]

Unterschied zur Vorsorgevollmacht: Bei der Betreuungs­verfügung entscheidet letztlich das Gericht über die Bestellung der Betreuer:in und kontrolliert deren Tätigkeit regelmäßig.[13]

Patientenverfügung

Die Patienten­verfügung legt fest, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen, falls Sie sich selbst nicht mehr äußern können.[6]

Die Kombination aus Vorsorge­vollmacht und Patienten­verfügung ist besonders wirksam: Die bevollmächtigte Person kann dann Ihren in der Patienten­verfügung festgelegten Willen durchsetzen.[7]

Praktische Tipps für Ihre Vorsorge

Bei der Erstellung beachten

  • Frühzeitig handeln: Erstellen Sie die Dokumente, solange Sie geschäfts­fähig sind
  • Vertrauensperson sorgfältig auswählen: Wählen Sie Menschen, die Ihre Werte teilen und Ihre Wünsche respektieren
  • Mehrere Bevollmächtigte: Benennen Sie möglichst Ersatz­personen für den Fall, dass die erste Person ausfällt
  • Rechtliche Beratung: Lassen Sie sich beraten - besonders bei komplexen Vermögens­verhältnissen[2]

Aufbewahrung und Zugänglichkeit

Die beste Vollmacht nützt nichts, wenn niemand sie findet. Daher:

  • Informieren Sie die bevollmächtigte Person über die Existenz und den Aufbewahrungs­ort
  • Hinterlegen Sie die Vollmacht an einem zugänglichen Ort
  • In Deutschland: Registrieren Sie die Vollmacht beim Zentralen Vorsorge­register der Bundes­notarkammer[2]

Häufige Fragen zu Vorsorgevollmacht und Vorsorgeauftrag

Kann ich eine Vorsorge­vollmacht oder einen Vorsorge­auftrag jederzeit widerrufen?
Ja, solange Sie geschäfts­fähig sind, können Sie die Dokumente jederzeit ändern oder widerrufen.

Brauche ich für eine Vorsorge­vollmacht einen Notar?
In Deutschland ist eine notarielle Beurkundung für bestimmte Geschäfte (z.B. Immobilien­verkäufe) erforderlich, aber nicht generell vorgeschrieben.[7] Dennoch ist sie empfehlens­wert, da sie die Akzeptanz im Rechts­verkehr erhöht.

Was passiert, wenn ich keine Vorsorge treffe?
Ohne Vorsorge­vollmacht oder Vorsorge­auftrag wird im Bedarfs­fall ein:e rechtliche:r Betreuer:in (Deutschland) oder Beistand (Schweiz) gerichtlich bestellt.[2][9]

Fazit: Selbstbestimmung durch vorausschauende Planung

Der Unterschied zwischen Vorsorge­vollmacht und Vorsorge­auftrag liegt hauptsächlich im Rechts­system und im Zeitpunkt der Wirksam­keit:

  • Die deutsche Vorsorge­vollmacht ist grundsätzlich sofort gültig
  • Der Schweizer Vorsorge­auftrag wird erst bei Urteils­unfähigkeit und nach behördlicher Prüfung wirksam

Beide Instrumente dienen jedoch dem gleichen Zweck: Sie sichern Ihre Selbst­bestimmung, auch wenn Sie eines Tages nicht mehr selbst entscheiden können.

Die Erstellung einer Vorsorge­vollmacht oder eines Vorsorge­auftrags ist kein angenehmes Thema, aber eine verantwortungs­volle Entscheidung - für Sie selbst und Ihre Angehörigen. Sie schützen damit nicht nur Ihre eigenen Interessen, sondern bewahren auch Ihre Nächsten vor schwierigen Entscheidungen und rechtlichen Komplikationen.