Die häufigsten Irrtümer bei Vorsorgevollmachten

Zusammenfassung

Eine Vorsorgevollmacht ermöglicht es, eine Vertrauensperson zu bestimmen, die im Falle der eigenen Entscheidungsunfähigkeit rechtlich handeln darf. Sie schützt vor einer gesetzlichen Betreuung und sollte sorgfältig erstellt werden, um Missverständnisse und Missbrauch zu vermeiden. Eine notarielle Beurkundung und die Kombination mit einer Patientenverfügung erhöhen die Rechtssicherheit und stellen sicher, dass persönliche Wünsche respektiert werden.

Eine Vorsorgevollmacht ist ein wesentliches Dokument zur rechtlichen Absicherung für den Fall, dass Sie aufgrund von Krankheit oder Unfall nicht mehr selbst entscheiden können. Mit diesem Dokument ermächtigen Sie eine Person Ihres Vertrauens, in Ihrem Namen zu handeln. Trotz der Bedeutung dieses Themas kursieren zahlreiche falsche Annahmen, die zu erheblichen Problemen führen können. Dieser Artikel klärt über die häufigsten Irrtümer auf und gibt praktische Hinweise für eine wirksame Vorsorge.

Zwei Personen in Business-Kleidung geben sich die Hand über einem Tisch mit Dokumenten in einem Büro.

Der Ehepartner als automatischer Vertreter - ein weit verbreiteter Irrtum

Eine der häufigsten Fehlvorstellungen ist die Annahme, dass Ehepartner:innen oder nahe Angehörige automatisch vertretungsberechtigt sind, wenn man selbst nicht mehr entscheidungsfähig ist. Dies entspricht jedoch nicht der rechtlichen Realität in Deutschland[11]. Es existiert kein Gesetz, nach dem Ehegatt:innen oder andere Familienangehörige ohne Vollmacht als rechtliche Vertreter:innen handeln können.

Ohne Vorsorgevollmacht wird das Betreuungsgericht eine:n gesetzliche:n Betreuer:in bestellen - selbst wenn es sich dabei um Ihre:n Ehepartner:in handelt. Der oder die gerichtlich bestellte Betreuer:in unterliegt dann der Aufsicht des Betreuungsgerichts, muss für zahlreiche Entscheidungen eine gerichtliche Genehmigung einholen und regelmäßig Berichte erstatten[11]. Dies kann für alle Beteiligten anstrengend und aufwändig werden.

Mit einer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie hingegen selbst, wer für Sie handeln soll, und ersparen Ihren Angehörigen den oft langwierigen Weg über das Betreuungsgericht. Sie können so sicherstellen, dass eine Person Ihres Vertrauens Ihre Angelegenheiten regelt[6].

Vorsorgevollmacht und Gesundheitsvorsorge - ein entscheidender Unterschied

Viele Menschen nehmen fälschlicherweise an, dass eine Vorsorgevollmacht ausreicht, um alle medizinischen Aspekte abzudecken. Diese Auffassung kann jedoch zu Lücken in der Gesundheitsvorsorge führen. Zwar kann der oder die Bevollmächtigte in medizinische Maßnahmen einwilligen oder diese ablehnen, jedoch kennt er oder sie möglicherweise nicht Ihre genauen Wünsche.

Eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung erfüllen unterschiedliche Funktionen. In einer Patientenverfügung legen Sie fest, welche medizinischen und pflegerischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen. Die Patientenverfügung wird wirksam, wenn Sie aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls keine eigenständigen Entscheidungen mehr treffen können.

In einer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie hingegen eine Vertrauensperson, die Sie in persönlichen Angelegenheiten vertritt, wenn Sie dazu nicht mehr in der Lage sind. Dazu gehören zum Beispiel finanzielle und gerichtliche Angelegenheiten oder Wohnungsfragen. Für eine umfassende Vorsorge empfiehlt sich daher eine Kombination beider Dokumente.

Der Widerruf einer Vorsorgevollmacht ist jederzeit möglich

Manche Menschen zögern, eine Vorsorgevollmacht zu erstellen, weil sie befürchten, diese später nicht mehr ändern zu können. Dies ist jedoch nicht zutreffend. Sie können Ihre Vorsorgevollmacht jederzeit widerrufen - ohne Angabe von Gründen. Das kann sinnvoll sein, wenn sich das Vertrauensverhältnis zur bevollmächtigten Person ändert oder sich Ihre Vorsorgewünsche verändern.

Bei einem Widerruf sollten Sie folgende Punkte beachten:

  • Vernichten Sie das Original der Vollmacht
  • Informieren Sie die bevollmächtigte Person und fordern Sie alle Ausfertigungen zurück
  • Benachrichtigen Sie Banken, Versicherungen und andere Stellen, die eine Kopie der Vollmacht haben
  • Falls die Vollmacht im Zentralen Vorsorgeregister eingetragen ist, melden Sie den Widerruf auch dort

Auch wenn ein Verdacht auf Missbrauch der Vollmacht besteht, können Sie diese - solange Sie geschäftsfähig sind - jederzeit widerrufen und die Rückgabe verlangen[3]. Zudem kann sich jede Person mit Zweifeln an der Umsetzung der Vollmacht an das Betreuungsgericht wenden, das einen Kontrollbetreuer bestellen kann[3].

Das Original ist unersetzlich - Kopien genügen nicht

Ein weiteres Missverständnis betrifft die Form der Vollmacht. Viele nehmen an, dass eine Kopie oder ein Scan der Vorsorgevollmacht ausreicht. Dies ist jedoch in der Regel nicht korrekt.

Eine Vorsorgevollmacht ist grundsätzlich nur im Original wirksam. Der oder die Bevollmächtigte muss die Vollmacht im Original besitzen, um Sie rechtswirksam vertreten zu können. Dies dient auch dem Schutz vor Missbrauch, da sich durch die Einziehung des Originals die Vollmacht praktisch widerrufen lässt.

Bei notariell beurkundeten Vollmachten kann der Notar auch Ausfertigungen erstellen, die dem Original gleichgestellt sind. Ein weiterer Vorteil: Geht eine nur öffentlich beglaubigte oder privatschriftliche Vollmacht verloren, kann sie nicht ersetzt werden. Bei einer notariell beurkundeten Vollmacht hingegen steht es Ihnen frei, Ihren Bevollmächtigten weitere Ausfertigungen dieser Urkunde zu erteilen[11].

Die Grenzen einer privatschriftlichen Vollmacht

Viele Menschen gehen davon aus, dass eine selbst verfasste und unterschriebene Vollmacht für alle Fälle ausreicht. Diese Annahme kann jedoch zu ernsten Komplikationen führen[11].

Privatschriftliche Vollmachten werden nicht in allen Bereichen akzeptiert. Grundbuchamt und Handelsregister akzeptieren beispielsweise nur Vollmachten, die zumindest öffentlich beglaubigt worden sind[11]. Auch viele Banken und Versicherungen bestehen auf speziellen Vollmachtsformularen.

Die sicherste Lösung stellt eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht dar. Diese bietet zahlreiche Vorteile[11]:

  • Sie wird überall anerkannt und ist besonders rechtssicher
  • Der Notar entwirft einen Text, der auf Ihre Bedürfnisse und Vorstellungen abgestimmt ist
  • Er liest Ihnen den Text vor, damit nichts Wichtiges übersehen wird
  • Er stellt Ihre Identität fest und bestätigt in der Urkunde Ihre Geschäftsfähigkeit

Irrtümliche Einschränkung auf den Krisenfall

Ein verbreitetes Missverständnis betrifft den Zeitpunkt der Wirksamkeit einer Vorsorgevollmacht. Viele glauben, dass die Vollmacht automatisch nur im Krisenfall gilt, wenn man selbst nicht mehr handlungsfähig ist[11].

Tatsächlich ist eine Vorsorgevollmacht grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Unterschrift gültig, sofern nichts anderes in der Vollmacht festgelegt wurde. Es ist daher wichtig, in der Vollmacht genau zu regeln, ab wann sie genutzt werden darf und wie dieser Zustand festgestellt werden soll.

Während eine Betreuungsverfügung oder Patientenverfügung nicht mit einer Vorsorgevollmacht verwechselt werden sollte[6], kann eine Vorsorgevollmacht umfassende Befugnisse erteilen. Typischerweise ermöglicht sie dem Bevollmächtigten, in allen Vermögensangelegenheiten und persönlichen Angelegenheiten für den Vollmachtgeber tätig zu werden[6].

Inhalte einer wirksamen Vorsorgevollmacht

Um eine Vorsorgevollmacht rechtswirksam zu erstellen, müssen Sie zum Zeitpunkt der Erteilung über Ihren freien Willen verfügen und geschäftsfähig sein[5]. Obwohl es keine formalen Vorgaben gibt, sollte die Vollmacht schriftlich verfasst werden, um ihre gerichtliche Anerkennung zu gewährleisten.

Persönliche Angaben und Vermögensbereiche

Als Vollmachtgeber:in müssen Sie Ihren vollständigen Namen, Ihr Geburtsdatum sowie Ihre Anschrift angeben. Gleiches gilt für den oder die Bevollmächtigte:n[2]. In der Vollmacht legen Sie fest, in welchen Angelegenheiten Sie vertreten werden möchten.

Die Vorsorgevollmacht kann sich auf alle relevanten Lebensbereiche beziehen, bei denen eine Stellvertretung erlaubt ist. Dazu gehören beispielsweise[5]:

Aufenthalt und Wohnung

Sie können festlegen, welche Befugnisse Ihre bevollmächtigte Person hinsichtlich Ihres Mietvertrags hat, etwa ob sie Ihre Wohnung kündigen darf. Hierzu gehört auch die Entscheidung, ob die von Ihnen ausgewählte Person einen Vertrag mit einem Pflegeheim abschließen darf[5].

Bankangelegenheiten und Vermögenssorge

In Ihrer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie, wer auf Ihre Konten zugreifen und diese verwalten kann. Banken und Sparkassen legen jedoch Wert darauf, dass aus Haftungsgründen zusätzlich zur Vollmacht eine Kontovollmacht vorliegt[5].

Ein wichtiger Punkt für Vollmachtgeber:innen: Sie sollten festlegen, ob Sie Ihrer Vertrauensperson die komplette Betreuung Ihres Vermögens überlassen oder sie lediglich dazu ermächtigen, Rechnungen zu bezahlen[5].

Post und Kommunikation

Soll Ihre bevollmächtigte Person Ihre Post entgegennehmen und lesen, sollten Sie auch das schriftlich festhalten. Zum Bereich Post und Telefon gehört auch, dass Ihr:e Betreuer:in einen Telefonanschluss kündigen darf[5].

Vertretung vor Behörden und Gerichten

Auch vor Gericht können Sie sich vertreten lassen, sollten Sie dazu nicht (mehr) in der Lage sein. Dies sollten Sie ebenfalls in Ihrer Vorsorgevollmacht berücksichtigen[5].

Schutz vor Missbrauch einer Vorsorgevollmacht

Für das Ausstellen einer Vorsorgevollmacht sollten Sie sich Zeit nehmen und mit einer Person Ihres Vertrauens besprechen. Außerdem empfiehlt es sich, Vorkehrungen gegen Missbrauch der Vollmacht zu treffen[3].

Möglich ist beispielsweise, mehreren Personen eine Vollmacht für unterschiedliche Aufgaben zu erteilen oder auch bestimmte Rechtsgeschäfte auszuschließen. Sie können auch festlegen, dass diese nur durch mehrere Personen vorgenommen werden können[3]. Wenn Sie nicht möchten, dass die von Ihnen betraute Person einer weiteren, dritten Person gestattet, in Ihrem Namen zu handeln, sollten Sie Untervollmachten ausschließen[5].

Vorteile der notariellen Beurkundung

Um Zweifel an der Wirksamkeit und Missbrauch weitestgehend auszuschließen, sollten Sie darüber nachdenken, die Dienste eines Notars oder Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen[3]. Eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht bietet mehrere Vorteile:

  • Die Echtheit der Unterschrift wird vom Notar von Amts wegen geprüft
  • Der Notar muss sich Gewissheit verschaffen, ob der Vollmachtgebende in der Lage ist, die Folgen und die Tragweite seiner Erklärung zu überschauen
  • Die notariell beurkundete Vollmacht erlaubt die Regelung von Grundstücks-Angelegenheiten wie Verkauf, Belastung oder Löschung
  • Der Notar muss gegebenenfalls aufklären und belehren
  • In der Urkunde bestätigt der Notar, ob der Vollmachtgebende als geschäftsfähig anzusehen ist[3]

Erstellung und Registrierung der Vorsorgevollmacht

Es gibt mehrere Möglichkeiten, eine Vorsorgevollmacht zu erstellen. Sie können verschiedene Vorlagen nutzen, in denen sich zumeist alle wichtigen Lebensbereiche finden. Diese Art der Vollmacht ist rechtssicher, sobald Sie sie unterschrieben haben[5].

Alternativ können Sie sich bei einer Vollmacht durch Rechtsdienstleister unterstützen lassen. In diesem Fall werden Sie durch konkrete Fragen geführt und erhalten dann ein individuelles Dokument. Auch der Weg zur Rechtsanwältin oder zum Rechtsanwalt ist möglich[5].

Ihre Vorsorgevollmacht können Sie im Zentralen Vorsorgeregister registrieren lassen. Dies ist keine Pflicht, stellt jedoch sicher, dass das Gericht im Notfall schnell erkennt, dass eine bevollmächtigte Person existiert und folglich keine Betreuerin oder keinen Betreuer für Sie stellt. Die Registrierung ist auch online möglich[5].

Fazit: Eine gut durchdachte Vorsorgevollmacht schafft Sicherheit

Eine Vorsorgevollmacht ist ein wertvolles Instrument, um für den Fall vorzusorgen, dass Sie Ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können. Sie stärkt Ihr Recht auf Selbstbestimmung[6] und hilft, eine gesetzliche Betreuung zu vermeiden.

Die hier besprochenen Irrtümer zeigen, wie wichtig es ist, sich gründlich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Vorsorgevollmachten zu gestalten, ist nicht einfach und sollte zu Ihnen und Ihrem Leben passen. Da Sie Ihr Leben individuell führen, eignen sich fertige Muster oftmals wenig für wichtige Entscheidungen im Bereich der Vorsorge[6].

Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für die Erstellung Ihrer Vorsorgevollmacht und ziehen Sie bei Bedarf fachkundigen Rat hinzu. Eine gut durchdachte Vorsorgevollmacht gibt Ihnen die Gewissheit, dass Ihre Wünsche respektiert werden und eine von Ihnen ausgewählte Vertrauensperson in Ihrem Sinne handeln kann.