Vorsorge­vollmacht - Wichtige Fragen und typische Fehler im Über­blick

Zusammenfassung

Eine Vorsorge­vollmacht ermöglicht es Ihnen, eine Vertrauens­person zu bestimmen, die Sie in wichtigen Angelegenheiten vertritt, falls Sie selbst nicht mehr entscheidungs­fähig sind. Sie schützt vor einem gerichtlichen Betreuungs­verfahren und sollte frühzeitig, individuell und rechtlich korrekt erstellt sowie sicher aufbewahrt werden. Ergänzend empfiehlt sich die Kombination mit einer Patienten­verfügung, um medizinische Wünsche festzulegen.

Mit einer Vorsorge­vollmacht behalten Sie die Kontrolle über Ihre persönlichen Angelegenheiten, auch wenn Sie selbst nicht mehr entscheidungs­fähig sein sollten. Dieser Artikel gibt Ihnen einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Aspekte und häufigsten Fehlerquellen bei der Erstellung einer Vorsorge­vollmacht.

Zwei Personen in formeller Kleidung unterzeichnen Dokumente in einem Büro mit Bücherregalen im Hintergrund.

Acht zentrale Fragen zur Vorsorge­vollmacht

1. Was ist eine Vorsorge­vollmacht?

Eine Vorsorge­vollmacht ist ein rechtliches Dokument, mit dem Sie eine oder mehrere Personen Ihres Vertrauens bevollmächtigen, Sie in bestimmten Lebens­bereichen zu vertreten. Diese Personen können für Sie Entscheidungen treffen und Handlungen vornehmen, wenn Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind - etwa nach einem Unfall, bei schwerer Krankheit oder alters­bedingten Einschränkungen.

Wichtig: Die bevollmächtigte Person sollte unbedingt vorab über diese Verantwortung informiert werden und ihre Bereitschaft erklären, diese Aufgabe zu übernehmen.

2. Was passiert ohne Vorsorge­vollmacht?

Ohne Vorsorge­vollmacht bestellt das Betreuungs­gericht eine:n Betreuer:in für Sie, falls Sie nicht mehr selbst entscheiden können. Entgegen einer weit verbreiteten Annahme sind weder Ehe­partner:innen noch erwachsene Kinder automatisch berechtigt, für Sie zu handeln[8][10].

Achtung: Das Gericht kann auch eine Ihnen völlig fremde Person als Betreuer:in einsetzen. Mit einer Betreuungs­verfügung können Sie zumindest eine Person vorschlagen oder bestimmte Personen ausschließen[10][9].

3. Warum ist eine Vorsorge­vollmacht sinnvoll?

Eine Vorsorge­vollmacht ist aus mehreren Gründen ratsam:

  • Sie bestimmen selbst, wer für Sie handeln darf
  • Sie vermeiden ein gerichtliches Betreuungs­verfahren
  • Sie können genaue Anweisungen für verschiedene Lebens­bereiche festlegen
  • Sie sorgen für schnelles Handeln im Notfall
  • Sie entlasten Ihre Familie von rechtlichen Unsicherheiten[10]

Untersuchungen zeigen: Etwa drei Viertel aller Menschen in Deutschland haben für den Notfall nicht vorgesorgt und gehen fälschlich davon aus, dass Angehörige automatisch entscheiden dürfen[10].

4. Wer sollte bevollmächtigt werden?

Die Auswahl der bevollmächtigten Person sollte gut überlegt sein. Bevollmächtigen Sie nur Personen, denen Sie uneingeschränkt vertrauen. Bedenken Sie dabei mehrere Faktoren:

  • Die Person muss emotional gefestigt sein, um schwierige Entscheidungen treffen zu können, beispiels­weise über lebens­erhaltende Maßnahmen
  • Bei finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten braucht die Person entsprechende Fach­kenntnisse
  • Für die Weiterführung von Geschäften kann eine Gewerbe­erlaubnis nötig sein
  • Bei mehreren Bevollmächtigten sollten Sie eine klare Rangfolge festlegen

Praxistipp: Eine einzelne Vertrauens­person ist oft besser als mehrere Bevollmächtigte, da es bei mehreren Personen zu Unstimmigkeiten kommen kann.

5. Was sollte in einer Vorsorge­vollmacht geregelt werden?

Eine Vorsorge­vollmacht kann verschiedene Lebens­bereiche abdecken:

  • Gesundheits­sorge: Einwilligung in medizinische Maßnahmen, Zugang zu Kranken­unterlagen
  • Vermögens­sorge: Verwaltung von Konten, Immobilien und sonstigem Vermögen
  • Wohnungs­angelegenheiten: Mietverträge kündigen oder abschließen, Haushalts­auflösung
  • Behörden­vertretung: Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden
  • Post und Telekommunikation: Befugnis zur Entgegennahme von Post und Regelung von Telefon­verträgen

Beachten Sie: Eine Vorsorge­vollmacht ersetzt keine Patienten­verfügung! Während die Vollmacht eine Person bevollmächtigt, legt die Patienten­verfügung konkrete medizinische Wünsche fest[11].

6. Welche Form muss eine Vorsorge­vollmacht haben?

Eine Vorsorge­vollmacht muss schriftlich erstellt werden und sollte folgende Merkmale aufweisen:

  • Handschriftliche Unterschrift (zwingend erforderlich)
  • Ort und Datum
  • Klare Bezeichnung als “Vorsorge­vollmacht”
  • Genaue Angaben zu Vollmacht­geber:in und bevollmächtigter Person
  • Präzise Beschreibung der übertragenen Befugnisse[3][12]

Für bestimmte Bereiche wird eine notarielle Beurkundung oder öffentliche Beglaubigung empfohlen oder ist sogar vorgeschrieben:

  • Grundstücks­geschäfte erfordern notarielle Beurkundung
  • Bei Darlehens­verträgen ist notarielle Beurkundung nötig

7. Wo sollte die Vorsorge­vollmacht aufbewahrt werden?

Der Aufbewahrungsort Ihrer Vorsorge­vollmacht ist entscheidend für deren Wirksamkeit im Ernstfall:

  • Nicht: zu Hause verstecken - im Notfall ist das Dokument dann nicht auffindbar
  • Empfehlenswert: Die bevollmächtigte Person sollte das Original oder Zugang dazu haben
  • Zusätzlich: Eine Registrierung im Zentralen Vorsorge­register der Bundes­notarkammer ist sinnvoll[3][12]

Alternative Lösung: Sie können das Original auch einer dritten Vertrauens­person zur treuhänderischen Verwahrung übergeben mit der Anweisung, es im Bedarfsfall auszuhändigen[12].

8. Kann eine Vorsorge­vollmacht widerrufen werden?

Sie können Ihre Vorsorge­vollmacht jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen, solange Sie geschäfts­fähig sind. Dazu sollten Sie:

  • Die Original­vollmacht zurückverlangen und vernichten
  • Allen betroffenen Stellen (Banken, Ärzt:innen, Behörden) den Widerruf schriftlich mitteilen
  • Bei einer im Zentralen Vorsorge­register eingetragenen Vollmacht auch dort den Widerruf melden[12]

Wenn Sie selbst nicht mehr widerrufen können: Das Gericht kann eine:n Betreuer:in bestellen, die/der den Widerruf durchführt, wenn die bevollmächtigte Person pflichtwidrig handelt[12].

Typische Fehler bei der Vorsorge­vollmacht

1. Aufschieben bis zum letzten Moment

Viele Menschen schieben die Erstellung einer Vorsorge­vollmacht jahrelang auf, weil sie sich nicht mit unangenehmen Szenarien befassen möchten. Eine übereilte Vollmacht kurz vor einer Operation oder im hohen Alter zu erstellen, kann jedoch zu unüberlegten Entscheidungen führen[3].

Besser: Erstellen Sie Ihre Vorsorge­dokumente frühzeitig in einem Zustand voller Geschäfts­fähigkeit und mit ausreichend Zeit für Überlegungen.

2. Verwendung von Standard­formularen ohne Anpassung

Muster­vorlagen aus dem Internet mögen bequem sein, entsprechen aber selten Ihrer persönlichen Situation. Diese allgemeinen Formulare berücksichtigen nicht Ihre individuellen Wünsche und Bedürfnisse[3].

Empfehlung: Erstellen Sie eine maßgeschneiderte Vorsorge­vollmacht, die Ihre persönliche Situation und konkreten Wünsche berücksichtigt.

3. Die falsche Person als Bevollmächtigte:n wählen

Die Wahl der falschen Vertrauens­person ist ein gravierender Fehler. Bei der Auswahl sollten Sie nicht nur auf persönliche Nähe, sondern auch auf Kompetenz, emotionale Stärke und Verfügbarkeit achten.

Überlegen Sie: Ist die Person bereit und in der Lage, schwierige medizinische oder finanzielle Entscheidungen für Sie zu treffen?

4. Einschränkungen in die Vollmacht einbauen

Formulierungen wie “Die Vollmacht gilt nur, wenn ich geschäfts­unfähig bin” erschweren die praktische Anwendung, da dann erst umständlich nachgewiesen werden muss, dass dieser Zustand eingetreten ist[3].

Besser: Erstellen Sie eine uneingeschränkte Vollmacht und regeln Sie mit der bevollmächtigten Person vertraglich, wann diese die Vollmacht nutzen darf[3].

5. Fehlende Unterschrift oder Formfehler

Eine nicht unterschriebene Vorsorge­vollmacht ist unwirksam. Auch andere Formfehler können die Gültigkeit beeinträchtigen.

Checkliste:

  • Handschriftliche Unterschrift
  • Aktuelles Datum
  • Ort
  • Vollständige persönliche Daten
  • Klare Beschreibung der Befugnisse

6. Gültigkeit nicht eindeutig festlegen

Ohne klare Bestimmung endet die Vertretungs­befugnis mit dem Tod der vollmacht­gebenden Person. Wenn Sie möchten, dass die Vollmacht über den Tod hinaus gilt, müssen Sie dies ausdrücklich in der Vorsorge­vollmacht festlegen.

Wichtig: Klären Sie, ob Ihre Vertrauens­person auch nach Ihrem Tod Angelegenheiten regeln soll, etwa die Organisation der Bestattung.

7. Originale unzugänglich aufbewahren

Die Vorsorge­vollmacht ist nur im Original wirksam. Eine Kopie genügt in den meisten Fällen nicht. Wenn Sie das Original zu Hause in einer Schublade verstecken, kann die bevollmächtigte Person im Ernstfall nicht handeln[3].

Lösung: Stellen Sie sicher, dass das Original im Bedarfsfall sofort zugänglich ist - entweder direkt für die bevollmächtigte Person oder durch eine zuverlässige Verwahrung.

8. Irrtum: Ehe­partner:innen sind automatisch vertretungs­befugt

Bis Ende 2022 galt: Ohne Vollmacht konnten auch Ehe­partner:innen nicht füreinander handeln. Seit dem 01.01.2023 gibt es das sogenannte Ehegatt:innen­vertretungs­recht, welches aber nur für sechs Monate und nur für Gesundheits­angelegenheiten gilt[8].

Beachten Sie: Eine umfassende Vorsorge­vollmacht ist trotz dieser Neuregelung weiterhin unverzichtbar, da das gesetzliche Vertretungs­recht zeitlich begrenzt ist und nicht alle Lebens­bereiche abdeckt.

Zusammen­gefasst: Ihre nächsten Schritte

Eine Vorsorge­vollmacht gehört zu den wichtigsten Vorsorge­dokumenten. Sie stellt sicher, dass Sie auch in schwierigen Lebens­situationen nach Ihren eigenen Wünschen vertreten werden. Nehmen Sie sich Zeit für die sorgfältige Erstellung und beachten Sie die genannten Fehlerquellen.

Empfehlung: Kombinieren Sie Ihre Vorsorge­vollmacht mit einer Patienten­verfügung, die Ihre medizinischen Wünsche festlegt. Zusammen bilden diese Dokumente eine solide Basis für Ihre persönliche Vorsorge.