Demenz und rechtliche Vorsorge: Rechtzeitig Entscheidungen treffen
Zusammenfassung
Die rechtliche Vorsorge bei Demenz ist essenziell, um die eigenen Wünsche frühzeitig festzuhalten und sicherzustellen, dass diese auch bei fortschreitender Erkrankung respektiert werden. Wichtige Dokumente wie Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung ermöglichen es, medizinische und rechtliche Entscheidungen im Voraus zu regeln. Eine rechtzeitige Erstellung schützt sowohl Betroffene als auch Angehörige und schafft Klarheit in schwierigen Lebenssituationen.
Die Diagnose Demenz bringt zahlreiche Herausforderungen für Betroffene und Angehörige mit sich. Neben medizinischen Fragen rückt besonders die rechtliche Vorsorge in den Fokus. Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person mit Demenz leben, ist es wichtig, frühzeitig Regelungen zu treffen, damit Ihre Wünsche auch dann berücksichtigt werden, wenn Sie sich nicht mehr selbst äußern können.

Warum rechtliche Vorsorge bei Demenz so wichtig ist
Viele Menschen schieben unangenehme Themen auf. Doch bei einer Demenzerkrankung kann dies schwerwiegende Folgen haben. Die fortschreitende Natur der Erkrankung führt dazu, dass Betroffene im Verlauf immer weniger in der Lage sein werden, eigenständige Entscheidungen zu treffen oder rechtswirksame Dokumente zu unterzeichnen.[1]
Mit der Diagnose Demenz rückt die Sorge um die Zukunft in den Vordergrund. Sie sollten frühzeitig mit Verwandten oder im Freundeskreis darüber sprechen, was Ihnen wichtig ist, wenn Sie nicht mehr selbst entscheiden können. Halten Sie Ihre Wünsche unbedingt schriftlich fest und verpassen Sie den richtigen Zeitpunkt nicht.[5]
Zwar haben Ehepartner:innen seit dem 1. Januar 2023 ein gesetzliches Vertretungsrecht in Gesundheitsangelegenheiten, dieses ist jedoch auf sechs Monate beschränkt und mit weiteren Einschränkungen verbunden. Die eigenständige rechtliche Vorsorge bleibt daher unverzichtbar.[1]
Die drei Säulen der rechtlichen Vorsorge
Für eine umfassende rechtliche Vorsorge bei Demenz sind drei Dokumente besonders wichtig: die Patientenverfügung, die Vorsorgevollmacht und die Betreuungsverfügung. Jedes dieser Dokumente erfüllt unterschiedliche Aufgaben und sollte individuell an Ihre Lebenssituation angepasst werden.[1][4]
Patientenverfügung: Selbstbestimmung bei medizinischen Maßnahmen
In Deutschland hat jede Person das Recht, über medizinische Behandlungen selbst zu bestimmen. Eine Patientenverfügung ermöglicht es Ihnen, im Voraus festzulegen, welche medizinischen und pflegerischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen, falls Sie Ihre Wünsche nicht mehr selbst äußern können.[1][6]
Die gesetzliche Grundlage der Patientenverfügung ist in § 1827 BGB verankert. Sie gewährleistet, dass Ihr Wille auch dann respektiert wird, wenn Sie ihn in der aktuellen Situation nicht mehr mitteilen können.[6]
Jede einwilligungsfähige und volljährige Person kann eine Patientenverfügung erstellen und jederzeit formlos widerrufen. Die Einwilligungsfähigkeit bedeutet, dass Sie Art, Bedeutung und Tragweite einer ärztlichen Maßnahme erfassen können. Dies unterscheidet sich von der Geschäftsfähigkeit, die für eine Vorsorgevollmacht nötig ist.[5][6]
Es ist empfehlenswert, sich von ärztlichen Fachkräften oder anderen sachkundigen Personen beraten zu lassen, um sicher zu sein, dass Ihre Verfügung medizinisch und rechtlich wirksam ist.[6]
Vorsorgevollmacht: Ihre Angelegenheiten in vertrauensvollen Händen
Mit einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigen Sie eine oder mehrere Personen, in Ihrem Namen als rechtliche Vertreter:innen zu handeln, wenn Sie selbst dazu nicht mehr fähig sind. Die bevollmächtigte Person kann beispielsweise Bankgeschäfte erledigen, die Wahl des Pflegeheims treffen oder mit Versicherungen, Ämtern und Unternehmen kommunizieren.[1][5]
Für die Erstellung einer Vorsorgevollmacht ist es wichtig, dass Sie zum Zeitpunkt der Ausstellung noch geschäftsfähig sind. In der Vollmacht sollte möglichst genau festgelegt werden, wozu die bevollmächtigte Person im Einzelnen ermächtigt wird.[5]
Die Vollmacht kann für verschiedene Bereiche gelten:
- Geldangelegenheiten und Vermögensverwaltung
- Art der Betreuung und Pflege
- Medizinische Behandlung
- Wohnungsangelegenheiten
- Vertretung gegenüber Behörden
Bereiche, die in der Vollmacht nicht geregelt sind, müssen später eventuell in einem gerichtlichen Betreuungsverfahren geklärt werden.[5]
Betreuungsverfügung: Mitbestimmung bei der gerichtlichen Betreuung
Wenn jemand aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr in der Lage ist, eigene Entscheidungen zu treffen, richtet das Gericht eine Betreuung ein. Mit einer Betreuungsverfügung können Sie festlegen, wen Sie in einer solchen Situation als Betreuer:in wünschen. Das Gericht berücksichtigt diese Wünsche so weit wie möglich.[1][2]
Die Betreuungsverfügung und die Vorsorgevollmacht ermöglichen es Menschen mit Demenz, festzulegen, wer sie vertreten soll, wenn sie ihre eigenen Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können.[2]
Der richtige Zeitpunkt für die rechtliche Vorsorge
Für alle Vorsorgedokumente gilt: Je früher Sie sie erstellen, desto besser. Nur wer geschäftsfähig ist, kann rechtsgültig eine Vorsorgevollmacht aufsetzen, und nur wer testierfähig ist, ein Testament. Für eine Patientenverfügung reicht die Einwilligungsfähigkeit.[5]
Mit fortschreitender Demenz kann die Fähigkeit, rechtsgültige Entscheidungen zu treffen, eingeschränkt sein oder ganz verloren gehen. Daher ist es wichtig, die rechtliche Vorsorge nicht aufzuschieben.[1]
Praktische Hilfen und Unterstützung
Die Erstellung von Vorsorgedokumenten kann anfangs überfordernd wirken. Es gibt jedoch zahlreiche Unterstützungsangebote:
Beratungsmöglichkeiten
Individuelle Beratung zu allen Themen der rechtlichen Vorsorge bieten:
- Örtliche Betreuungsvereine
- Ärztliche Fachkräfte
- Notar:innen
- Verbraucherzentralen[5]
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bietet regelmäßig Online-Vorträge zu Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung an.[2]
Informationsmaterialien
Das Bundesministerium der Justiz stellt Textbausteine zur Erstellung einer individuellen Patientenverfügung bereit, die als Anregung und Formulierungshilfe dienen können.[6]
Die Alzheimer Forschung Initiative bietet ein kostenfreies Infoblatt-Set zur rechtlichen Vorsorge an. Dieses enthält wertvolle Hinweise zur Erstellung einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung sowie Informationen zur Testierfähigkeit bei Demenz.[1][4]
Digitale Hilfsangebote für Angehörige
Neben der rechtlichen Vorsorge gibt es auch digitale Anwendungen, die Angehörige von Menschen mit Demenz unterstützen können. Die Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg hat eine Handreichung mit dem Titel “Selbsthilfe Digital” veröffentlicht, die Ideen vermittelt, wie Angehörige von digitalen Anwendungen profitieren können.[3]
Diese Handreichung bietet praktische Tipps für:
- Den täglichen Umgang mit Demenz
- Die Begleitung von Betroffenen
- Die eigene Selbstfürsorge als pflegende:r Angehörige:r[3]
Die Bedeutung frühzeitiger Vorsorge
Ein unvorhergesehenes Ereignis oder eine schwere Krankheit wie Alzheimer können dazu führen, dass man auf die Hilfe anderer angewiesen ist und selbst keine Entscheidungen mehr treffen kann. Wer rechtzeitig vorsorgt, schützt sich und seine Angehörigen.[1]
Gerade für Menschen mit einer beginnenden Demenz ist es wichtig, die eigenen Wünsche und Vorstellungen für die Zukunft festzuhalten. Dies gibt Ihnen die Gewissheit, dass Ihre Angelegenheiten auch später in Ihrem Sinne geregelt werden, wenn Sie sich nicht mehr selbst äußern können.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Die rechtliche Vorsorge bei Demenz umfasst drei wesentliche Dokumente: die Patientenverfügung, die Vorsorgevollmacht und die Betreuungsverfügung. Jedes dieser Dokumente erfüllt unterschiedliche Zwecke und sollte individuell angepasst werden.
Handeln Sie frühzeitig, solange Sie oder Ihre Angehörigen noch in der Lage sind, rechtsverbindliche Entscheidungen zu treffen. Holen Sie sich fachkundige Beratung und nutzen Sie die verfügbaren Informationsmaterialien.
Die rechtliche Vorsorge ist ein Akt der Fürsorge - sowohl für sich selbst als auch für die Angehörigen, die dadurch entlastet werden. Sie schafft Klarheit in schwierigen Situationen und stellt sicher, dass Ihre Wünsche respektiert werden, auch wenn Sie diese nicht mehr selbst äußern können.