Vorsorge für die letzte Lebensphase: Selbstbestimmt bis zuletzt
Zusammenfassung
Eine durchdachte Vorsorge für die letzte Lebensphase ermöglicht es Ihnen, medizinische Entscheidungen selbst zu bestimmen, auch wenn Sie Ihren Willen nicht mehr äußern können. Mit einer Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung schützen Sie Ihre Selbstbestimmung und entlasten Angehörige von schwierigen Entscheidungen. Regelmäßige Überprüfung und klare Kommunikation sorgen dafür, dass Ihr Wille im Ernstfall respektiert wird.
Die Vorstellung, die Kontrolle über wichtige medizinische Entscheidungen zu verlieren, beunruhigt viele Menschen. Mit gezielter Vorsorge können Sie jedoch Ihre Selbstbestimmung bewahren - auch dann, wenn Sie Ihren Willen nicht mehr selbst ausdrücken können. Dieser Artikel erklärt die wesentlichen Vorsorgemöglichkeiten und bietet praktische Hinweise für deren Umsetzung.

Warum Vorsorge für die letzte Lebensphase so wesentlich ist
In Deutschland verstirbt nach statistischen Erhebungen mehr als die Hälfte der Menschen im Krankenhaus, obwohl viele ihre letzte Lebensphase lieber zu Hause verbringen würden[1]. Mit zunehmendem Alter steigen zudem die gesundheitlichen Probleme, was die Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigen kann[1].
Ohne schriftliche Vorsorge entscheiden andere für Sie - möglicherweise nicht in Ihrem Sinne. Mit den richtigen Dokumenten hingegen:
- Bestimmen Sie selbst über medizinische Maßnahmen
- Entlasten Sie Ihre Angehörigen von schweren Entscheidungen
- Stellen Sie sicher, dass Ihr Wille respektiert wird
Die Patientenverfügung: Medizinische Behandlungswünsche festlegen
Die Patientenverfügung ist ein rechtlich verbindliches Dokument, in dem Sie festlegen, welche ärztlichen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen, falls Sie sich nicht mehr selbst äußern können[8]. Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 1827 BGB.
Was sollte eine Patientenverfügung enthalten?
Der Bundesgerichtshof hat 2016 entschieden: Pauschale Formulierungen wie “keine lebenserhaltenden Maßnahmen” reichen nicht aus[7]. Ihre Verfügung muss konkret sein und sollte beinhalten:
- Ihre persönlichen Daten (Name, Geburtsdatum, Anschrift)[9]
- Genaue Beschreibung der Situationen, in denen die Verfügung gelten soll[9]
- Konkrete Anweisungen zu:
- Künstlicher Ernährung
- Künstlicher Beatmung
- Schmerzbehandlung
- Wiederbelebungsmaßnahmen
- Organspende
- Weiteren medizinischen Fragen[7][9]
Beispiel für konkrete Formulierung: “Sollte ich mich im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit befinden, wünsche ich keine künstliche Beatmung, wenn diese nur der Lebensverlängerung dient.”
Rechtliche Wirksamkeit sicherstellen
Damit Ihre Patientenverfügung rechtlich bindend ist:
- Muss sie in schriftlicher Form vorliegen
- Sollte sie Datum und Ihre persönliche Unterschrift tragen
- Sollte sie regelmäßig (alle 1-2 Jahre) überprüft und erneut unterschrieben werden[7]
Eine notarielle Beglaubigung ist nicht zwingend erforderlich, erhöht aber die Rechtssicherheit[7].
Die Vorsorgevollmacht: Eine Vertrauensperson benennen
Die Vorsorgevollmacht ergänzt die Patientenverfügung optimal. Mit ihr bestimmen Sie eine Person Ihres Vertrauens, die in Ihrem Namen entscheiden darf, wenn Sie dazu nicht mehr in der Lage sind[2][5].
Was regelt die Vorsorgevollmacht?
Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie festlegen:
- Wer für Sie in gesundheitlichen Fragen entscheiden darf
- Wer Ihre finanziellen Angelegenheiten regeln soll
- Wer Entscheidungen zu Ihrem Wohnort treffen kann
- Wer Ihre Post öffnen und Behördengänge erledigen darf[5]
Zu beachten: Für Bankgeschäfte benötigen Sie meist zusätzlich eine spezielle Bankvollmacht[5].
Die Betreuungsverfügung: Vorsorge für den Fall ohne Vollmacht
Sollten Sie keine Vorsorgevollmacht erstellt haben und nicht mehr entscheidungsfähig sein, bestellt das Betreuungsgericht eine rechtliche Betreuungsperson[5]. Mit einer Betreuungsverfügung können Sie vorab festlegen, wer diese Aufgabe übernehmen soll.
Gesundheitliche Versorgungsplanung in Pflegeeinrichtungen
Seit 2015 gibt es für Bewohner:innen von Pflegeheimen ein besonderes Angebot: Die gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase[2][6]. Dieses kostenlose Beratungsangebot wird von den Krankenkassen finanziert und hilft bei:
- Der Entwicklung individueller Vorstellungen zur medizinisch-pflegerischen Versorgung
- Der Besprechung möglicher Notfallsituationen
- Der Aufklärung über Möglichkeiten der Palliativversorgung
- Der Erstellung oder Aktualisierung von Vorsorgedokumenten[6]
Praktische Schritte zur Vorsorge
1. Informieren und reflektieren
Nehmen Sie sich Zeit, über Ihre persönlichen Wünsche nachzudenken:
- Welche medizinischen Maßnahmen möchten Sie am Lebensende?
- Wer soll für Sie entscheiden, wenn Sie es nicht mehr können?
- Wo möchten Sie Ihre letzte Lebensphase verbringen?
2. Fachkundige Beratung in Anspruch nehmen
Die Erstellung einer wirksamen Patientenverfügung ohne Beratung ist schwierig. Nutzen Sie professionelle Hilfe:
- Hausärzt:innen oder Fachärzt:innen
- Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände
- Hospizvereine
- Rechtsanwält:innen mit Schwerpunkt Medizinrecht[7][9]
3. Dokumente erstellen und unterzeichnen
- Verwenden Sie verständliche, präzise Formulierungen
- Nutzen Sie qualifizierte Vorlagen (z.B. vom Bundesjustizministerium)[8]
- Unterschreiben Sie alle Dokumente eigenhändig mit Datum
4. Aufbewahrung und Zugänglichkeit sicherstellen
Ihre Vorsorgedokumente nutzen nur, wenn sie im Ernstfall gefunden werden:
- Bewahren Sie die Originale an einem bekannten Ort auf
- Informieren Sie Vertrauenspersonen über den Aufbewahrungsort
- Geben Sie Kopien an Ihre Bevollmächtigten und Hausärzt:innen
- Tragen Sie einen Hinweiskarte im Portemonnaie[9]
5. Regelmäßige Überprüfung
Prüfen Sie Ihre Vorsorgedokumente in regelmäßigen Abständen (etwa alle 1-2 Jahre) und nach einschneidenden Lebensereignissen wie:
- Schweren Erkrankungen
- Trennungen oder Scheidungen
- Umzügen in ein anderes Bundesland
Besondere Situationen berücksichtigen
Demenzerkrankungen
Bei Demenz ist eine frühzeitige Vorsorge besonders wichtig. Überlegen Sie:
- Welche Behandlungen wünschen Sie in verschiedenen Krankheitsstadien?
- Wer soll Entscheidungen für Sie treffen?
- Welche Wohnform bevorzugen Sie bei fortschreitender Erkrankung?
Plötzliche Notfälle
Unfall, Schlaganfall oder Herzinfarkt - manchmal tritt der Ernstfall ohne Vorwarnung ein. Für solche Situationen:
- Hinterlegen Sie eine Notfallkarte in Ihrem Portemonnaie
- Informieren Sie nahe Angehörige über Ihre Wünsche
- Sprechen Sie mit Ihren Ärzt:innen über Notfallmaßnahmen
Fazit: Vorsorge ist ein Geschenk - für Sie und Ihre Angehörigen
Mit einer durchdachten Vorsorge nehmen Sie nicht nur selbst das Heft des Handelns in die Hand, sondern entlasten auch Ihre Liebsten von schwierigen Entscheidungen. Beginnen Sie heute mit Ihrer Vorsorgeplanung - es geht um Ihre Selbstbestimmung bis zum Schluss.
Checkliste für Ihre Vorsorge:
- [ ] Persönliche Wünsche für die letzte Lebensphase reflektieren
- [ ] Beratung zu Vorsorgemöglichkeiten einholen
- [ ] Patientenverfügung erstellen
- [ ] Vorsorgevollmacht ausstellen
- [ ] Vertrauenspersonen informieren
- [ ] Aufbewahrung der Dokumente organisieren
- [ ] Hinweiskarte im Portemonnaie mitführen
- [ ] Regelmäßige Überprüfung der Dokumente einplanen