Die 6 häufigsten Fehler bei Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht - und wie Sie sie vermeiden
Zusammenfassung
Eine wirksame Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht erfordert präzise Formulierungen, regelmäßige Aktualisierungen und die Auswahl einer vertrauenswürdigen Person als Bevollmächtigte:n. Vermeiden Sie häufige Fehler wie unkonkrete Angaben, formale Mängel oder unsichere Aufbewahrung, und lassen Sie sich bei Bedarf fachlich beraten. So stellen Sie sicher, dass Ihr Wille im Ernstfall respektiert wird und Ihre Angehörigen entlastet werden.
- Die Unterschiede zwischen Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung
- Die 6 häufigsten Fehler bei Vorsorgedokumenten
- Praktische Tipps für eine wirksame Patientenverfügung
- Checkliste: Ist Ihre Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht wirksam?
- Fazit
Die rechtliche Vorsorge für Notfallsituationen ist ein Thema, das viele Menschen zu lange aufschieben. Dabei kann jeder unabhängig vom Alter plötzlich in eine Situation geraten, in der er seinen Willen nicht mehr äußern kann. Ein Unfall, eine schwere Erkrankung oder ein Schlaganfall können jeden treffen. Ohne gültige Vorsorgedokumente entscheiden dann möglicherweise fremde Personen oder Behörden über medizinische Behandlungen und persönliche Angelegenheiten. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Fehler bei Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht häufig vorkommen und wie Sie diese vermeiden können.

Die Unterschiede zwischen Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung
Bevor wir uns den häufigsten Fehlern widmen, ist es wichtig, die Unterschiede zwischen den verschiedenen Vorsorgedokumenten zu verstehen:
Die Patientenverfügung ist eine schriftliche Willenserklärung, in der Sie festlegen, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen, falls Sie selbst nicht mehr entscheidungsfähig sein sollten. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 1827 BGB.[5][7][11]
Die Vorsorgevollmacht ermächtigt eine Vertrauensperson, in Ihrem Namen zu handeln und Entscheidungen zu treffen, wenn Sie dazu selbst nicht mehr in der Lage sind. Diese kann sich auf finanzielle, vertragliche und medizinische Angelegenheiten erstrecken.[5][7][9]
Die Betreuungsverfügung hingegen legt fest, wen das Betreuungsgericht als rechtlichen Betreuer einsetzen soll, wenn dies nötig wird. Anders als bei der Vorsorgevollmacht kontrolliert hier das Gericht die Entscheidungen des Betreuers.[5][7][12]
Die 6 häufigsten Fehler bei Vorsorgedokumenten
1. Verwendung von Mustertexten ohne individuelle Anpassung
Viele Menschen greifen auf standardisierte Vorlagen aus dem Internet zurück, ohne diese auf ihre persönliche Situation anzupassen. Der Bundesgerichtshof hat jedoch klargestellt, dass eine Patientenverfügung nur dann bindend ist, wenn sie konkrete Entscheidungen über eine Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte ärztliche Maßnahmen enthält.[3][5]
Problem: Allgemeine Aussagen wie “keine lebenserhaltenden Maßnahmen zu wollen” oder “ein würdevolles Sterben zu ermöglichen” sind zu unkonkret und reichen in der Praxis nicht aus.[3][5][13]
Lösung: Formulieren Sie möglichst genau, welche Behandlungen Sie in welchen Situationen ablehnen oder wünschen. Benennen Sie konkrete Maßnahmen wie künstliche Ernährung, künstliche Beatmung, Wiederbelebung oder Schmerzbehandlung. Ergänzen Sie Ihre persönlichen Werte und Einstellungen, um Ihre Wünsche nachvollziehbarer zu machen.[5][7]
2. Mangelnde Geschäftsfähigkeit beim Erstellen der Dokumente
Für eine wirksame Vorsorgevollmacht müssen Sie zum Zeitpunkt der Erstellung vollständig geschäftsfähig sein. Dies ist normalerweise ab dem 18. Lebensjahr der Fall.[3]
Problem: Wenn es Zweifel an Ihrer Geschäftsfähigkeit gibt, etwa bei einer beginnenden Demenz, könnte die Gültigkeit Ihrer Dokumente später angezweifelt werden.[3]
Lösung: Bei Anzeichen einer kognitiven Beeinträchtigung sollten Sie ein ärztliches Attest über Ihre Geschäftsfähigkeit einholen. Eine notarielle Beurkundung kann ebenfalls helfen, spätere Zweifel an Ihrer Geschäftsfähigkeit auszuräumen.[3]
3. Fehlende Unterschrift oder formale Mängel
Eine Patientenverfügung muss schriftlich mit Ort, Datum und Ihrer eigenhändigen Unterschrift verfasst werden. Auch eine Vorsorgevollmacht sollte diese formalen Kriterien erfüllen.[3][5][7]
Problem: Ohne diese formalen Elemente ist Ihr Vorsorgedokument möglicherweise ungültig.[3]
Lösung: Achten Sie auf die Vollständigkeit der formalen Anforderungen. Eine Patientenverfügung wird mit Datum und Ihrer eigenhändigen Unterschrift wirksam - eine notarielle Beglaubigung ist nicht zwingend erforderlich, kann aber bei Zweifeln an der Echtheit hilfreich sein.[3][5][7]
4. Falsche Auswahl der bevollmächtigten Person
Die Wahl der Person, die Sie bevollmächtigen oder als Betreuer vorschlagen, ist entscheidend für die Umsetzung Ihres Willens.
Problem: Oft werden Familienmitglieder ausgewählt, ohne zu prüfen, ob diese für die Aufgabe geeignet und bereit sind. Zudem gibt es häufig Missverständnisse über die Rolle des Betreuers oder Bevollmächtigten.[3]
Lösung: Wählen Sie eine Vertrauensperson, die Ihren Willen kennt und bereit ist, diesen auch durchzusetzen. Besprechen Sie im Vorfeld alle Aspekte Ihrer Patientenverfügung mit dieser Person. Klären Sie, dass ein Betreuer nur für die rechtliche Vertretung, nicht für persönliche Pflegeleistungen zuständig ist. Sie können auch mehrere Personen für unterschiedliche Bereiche benennen.[3][5][7]
5. Unsichere Hinterlegung der Dokumente
Wenn Ihre Vorsorgedokumente im Ernstfall nicht gefunden werden, können sie nicht angewendet werden.
Problem: Häufig sind die Dokumente zu Hause versteckt und für Angehörige oder Ärzt:innen im Notfall nicht auffindbar.[3][12]
Lösung: Informieren Sie Ihre Vertrauenspersonen darüber, wo Ihre Dokumente aufbewahrt werden. Eine Registrierung beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer ist gegen eine geringe Gebühr möglich und erleichtert das Auffinden im Bedarfsfall.
6. Verzicht auf fachliche Beratung
Die Erstellung von Vorsorgedokumenten ist komplex und birgt viele Fehlerquellen.
Problem: Ohne fachliche Beratung können Ungenauigkeiten oder Fehler in Ihren Dokumenten dazu führen, dass diese im Ernstfall nicht wirksam sind.[3]
Lösung: Lassen Sie sich bei der Erstellung Ihrer Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht von Fachleuten beraten oder nutzen Sie Patientenverfügung.digital. Neben Anwält:innen bieten auch Ärzt:innen, Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände oder spezielle Beratungsdienste Hilfe an. Diese können sicherstellen, dass Ihre Dokumente rechtlich einwandfrei sind und im Ernstfall Bestand haben.[3][11]
Praktische Tipps für eine wirksame Patientenverfügung
1. Regelmäßige Aktualisierung: Überprüfen und bestätigen Sie Ihre Patientenverfügung regelmäßig - idealerweise alle zwei Jahre mit Datum und Unterschrift. Dies zeigt, dass Ihr dokumentierter Wille weiterhin gültig ist.[5][7]
2. Konkrete Anweisungen: Formulieren Sie deutlich und spezifisch, welche medizinischen Maßnahmen Sie in welchen Situationen wünschen oder ablehnen. Beziehen Sie sich dabei auf:
- Künstliche Ernährung
- Künstliche Beatmung
- Schmerzbehandlung
- Wiederbelebungsmaßnahmen
- Organspende[5][7]
3. Kombination mit Vorsorgevollmacht: Eine Patientenverfügung allein reicht oft nicht aus. Ergänzen Sie sie mit einer Vorsorgevollmacht, damit eine Vertrauensperson Ihren Willen gegenüber Ärzt:innen vertreten kann.[5][7][9]
4. Persönliche Werte erläutern: Ergänzen Sie Ihre konkreten Anweisungen mit einigen Sätzen zu Ihren persönlichen Werten und Lebenseinstellungen, um Ihre Entscheidungen nachvollziehbarer zu machen.[5][7]
Checkliste: Ist Ihre Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht wirksam?
Nutzen Sie diese Checkliste, um Ihre bestehenden Dokumente zu überprüfen:
- Haben Sie individuelle Formulierungen statt Standardvorlagen verwendet?
- Sind Ihre Anweisungen zu medizinischen Maßnahmen konkret und spezifisch?
- Enthalten Ihre Dokumente Ort, Datum und Ihre eigenhändige Unterschrift?
- Haben Sie eine geeignete und zuverlässige Person als Bevollmächtigte:n benannt?
- Haben Sie mit dieser Person Ihre Wünsche ausführlich besprochen?
- Wissen Ihre Angehörigen und Ihr Hausarzt/Ihre Hausärztin, wo Ihre Dokumente aufbewahrt werden?
- Haben Sie Ihre Dokumente beim Zentralen Vorsorgeregister registriert?
- Haben Sie Ihre Dokumente in den letzten zwei Jahren überprüft und aktualisiert?
- Haben Sie sich bei der Erstellung fachlich beraten lassen?[3][5][7][12]
Fazit
Die Erstellung einer Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht ist keine Aufgabe, die man schnell zwischendurch erledigen sollte. Nehmen Sie sich Zeit, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und vermeiden Sie die genannten Fehlerquellen. Eine sorgfältig erstellte und rechtlich einwandfreie Vorsorge gibt Ihnen die Sicherheit, dass im Ernstfall nach Ihren Wünschen gehandelt wird - und entlastet gleichzeitig Ihre Angehörigen von schwierigen Entscheidungen.[3][5][7][12]
Bedenken Sie: Es geht nicht nur darum, ein Papier auszufüllen, sondern Ihren ganz persönlichen Willen für den Fall festzuhalten, dass Sie ihn selbst nicht mehr äußern können. Diese Vorsorge ist ein Geschenk an sich selbst und an Ihre Angehörigen, die dann in schwierigen Situationen eine Orientierung haben.[5][7][12][13]