Voraus­vermächtnis: So sichern Sie besondere Wert­gegenstände für Ihre Lieben

Zusammenfassung

Ein Voraus­vermächtnis ermöglicht es, bestimmten Erb:innen Vermögens­gegenstände zusätzlich zum regulären Erb­teil zuzuweisen, ohne dass diese angerechnet werden. Es eignet sich besonders, um persönlich bedeutsame Werte gezielt zu vererben und Konflikte bei der Nach­lass­aufteilung zu vermeiden. Eine klare Formulierung und fachliche Beratung sind entscheidend, um rechtliche Sicherheit zu gewährleisten.

Ein Voraus­vermächtnis ermöglicht es Ihnen, bestimmte Vermögens­werte zusätzlich zum regulären Erb- oder Pflicht­teil an ausgewählte Personen zu vererben. Das Besondere: Die begünstigte Person erhält den vermachten Gegen­stand oder Wert, ohne dass dieser auf ihren Erb­teil angerechnet wird. Diese Form der Nach­lass­regelung bietet Ihnen eine wertvolle Möglichkeit, persönlich bedeutsame Gegen­stände gezielt zu vererben und gleichzeitig für eine gerechte Verteilung Ihres Nach­lasses zu sorgen.

Schreibtisch mit Dokumenten, Füllfederhalter, Schlüssel und Pflanzen im Vordergrund; Bücherregale im Hintergrund.

Was genau ist ein Voraus­vermächtnis?

Bei einem Voraus­vermächtnis handelt es sich um eine besondere Form der Nach­lass­regelung, die in § 2150 BGB gesetzlich verankert ist. Anders als beim einfachen Vermächtnis, das typischer­weise an Personen außerhalb der Erben­gemeinschaft geht, richtet sich das Voraus­vermächtnis direkt an eine:n der Erb:innen.

Der entscheidende Punkt: Die mit dem Voraus­vermächtnis bedachte Person erhält den vermachten Gegen­stand zusätzlich zu ihrem regulären Erb­teil. Der Wert des Vermächtnisses wird nicht von ihrem Erb­teil abgezogen[7]. Dadurch können Sie eine Person besonders begünstigen, ohne die grund­legende Erb­aufteilung zu ändern.

Beispiel­weise könnte ein Eltern­teil festlegen: “Ich setze meine drei Kinder zu gleichen Teilen als Erb:innen ein. Im Wege des Voraus­vermächtnisses erhält meine Tochter Anna meine Schmuck­sammlung.”[8] Anna würde hier sowohl ihren regulären Erb­teil (ein Drittel des Nach­lasses) als auch die Schmuck­sammlung als Extra erhalten.

Voraus­vermächtnis und Teilungs­anordnung - der große Unterschied

Diese beiden Instrumente der Nach­lass­planung werden häufig verwechselt, unter­scheiden sich aber grund­legend[9]:

Voraus­vermächtnis:

  • Die begünstigte Person erhält einen bestimmten Vermögens­wert zusätzlich zu ihrem regulären Erb­teil
  • Es findet keine Anrechnung auf den Erb­teil statt
  • Ziel: Eine gezielte zusätzliche Begünstigung einer bestimmten erb­berechtigten Person

Teilungs­anordnung:

  • Regelt, welche:r Erb:in welche konkreten Vermögens­gegenstände aus dem Nach­lass erhalten soll
  • Der Wert wird auf den Erb­teil angerechnet
  • Bei ungleichen Werten werden Ausgleichs­zahlungen zwischen den Erb:innen fällig
  • Ziel: Eine gerechte Verteilung des Nach­lasses in Form bestimmter Gegen­stände

Bei der Teilungs­anordnung geht es also um die konkrete Verteilung des Nach­lasses, während das Voraus­vermächtnis eine echte Begünstigung darstellt[6].

Wie können Sie ein Voraus­vermächtnis erstellen?

Ein Voraus­vermächtnis können Sie auf zwei Wegen rechtlich verankern:

  1. Durch ein Testament:
    In Ihrem Testament können Sie festlegen, dass ein:e bestimmte:r Erb:in einen Vermögens­gegenstand als Voraus­vermächtnis erhalten soll. Das Testament muss eigen­händig geschrieben und unter­schrieben sein.

  2. Durch einen Erb­vertrag:
    Ein notariell beurkundeter Erb­vertrag bietet mehr Rechts­sicherheit. Der Erb­vertrag muss von allen Beteiligten unter­schrieben und notariell beurkundet werden.

Formulierungs­beispiel:
“Ich setze meine Kinder A, B und C zu gleichen Teilen als Erb:innen ein. Im Wege des Voraus­vermächtnisses, also ohne Anrechnung auf ihren Erb­teil, erhält mein Kind B mein Klavier.”[8]

Die eindeutige Formulierung ist besonders wichtig, da Gerichte bei Unklarheiten überprüfen müssen, ob Sie wirklich eine Besser­stellung einer Person beabsichtigt haben oder lediglich eine Teilungs­anordnung treffen wollten[7].

Praktische Beispiele für ein Voraus­vermächtnis

Beispiel 1: Familien­schmuck mit besonderem Wert
Herr Müller hat drei Kinder und möchte, dass alle zu gleichen Teilen erben. Gleichzeitig möchte er, dass seine Tochter, die sich besonders für den Familien­schmuck interessiert, diesen erhält. Durch ein Voraus­vermächtnis kann er den Schmuck seiner Tochter vermachen, ohne dass dies auf ihren Erb­anteil angerechnet wird[9].

Beispiel 2: Wert­volle Sammlungen
Frau Schmidt hat eine wert­volle Münz­sammlung aufgebaut. Ihr Sohn teilt diese Leiden­schaft und hat die Sammlung über Jahre mit ihr zusammen erweitert. Mit einem Voraus­vermächtnis kann sie diese Sammlung ihrem Sohn hinter­lassen, während alle Kinder weiterhin zu gleichen Teilen am restlichen Nach­lass beteiligt sind.

Welche Vorteile bietet das Voraus­vermächtnis?

  • Gezielte Zuwendung: Sie können eine:n Erb:in gezielt begünstigen, ohne die grund­legenden Erb­quoten zu verändern[7].
  • Klare Zuordnung: Wert­volle oder persönlich bedeutsame Gegen­stände gehen garantiert an die gewünschte Person.
  • Weniger Konflikt­potenzial: Durch klare Regelungen können Auseinander­setzungen unter den Erb:innen vermieden werden[6].
  • Keine Bindung bei Vor­erbschaft: Ein Voraus­vermächtnis ist nicht an die Beschränkungen einer Vor­erbschaft gebunden. Die empfangende Person kann über das Vermächtnis frei verfügen[10].

Voraus­vermächtnis und Teilungs­anordnung geschickt kombinieren

Sie können ein Voraus­vermächtnis auch mit einer Teilungs­anordnung kombinieren[10]. So legen Sie fest, wie Ihr Nach­lass aufgeteilt werden soll, und bestimmen gleichzeitig, dass für bestimmte Vermögens­werte kein Wert­ausgleich zwischen den Erb:innen stattfinden muss.

Beispiel: “Mein Sohn Michael soll mein Haus erhalten (Teilungs­anordnung), meine Tochter Lisa erhält zudem meinen Schmuck, ohne dass dieser auf ihren Erb­teil angerechnet wird (Voraus­vermächtnis).”

Worauf Sie bei einem Voraus­vermächtnis achten sollten

  • Eindeutige Formulierung: Drücken Sie klar aus, dass es sich um ein Voraus­vermächtnis handelt und nicht um eine Teilungs­anordnung[7]. Formulierungen wie “ohne Anrechnung auf den Erb­teil” oder “zusätzlich zum Erb­teil” schaffen Klarheit.
  • Fachliche Beratung: Bei wert­vollen Vermögens­gegenständen oder komplexen Familien­situationen kann eine notarielle Beratung sehr hilfreich sein.
  • Regel­mäßige Prüfung: Sehen Sie Ihre Nach­lass­planung regel­mäßig durch, besonders nach wichtigen Lebens­veränderungen wie Scheidungen, Geburten oder größeren Vermögens­änderungen.

Ein Voraus­vermächtnis ist ein wirkungsvolles Instrument, um Ihren Nach­lass ganz nach Ihren persönlichen Wünschen zu gestalten. Mit einer klaren und rechts­sicheren Gestaltung sorgen Sie dafür, dass persönlich bedeutsame Gegen­stände in die richtigen Hände gelangen und gleichzeitig die grund­legende Erb­aufteilung gewahrt bleibt.

Rechtliche Stellung des Voraus­vermächtnis­nehmers

Die mit einem Voraus­vermächtnis bedachte Person hat vor der Aufteilung des Nach­lasses einen Anspruch auf Übertragung des vermachten Gegen­standes[10]. Dieser Anspruch besteht gegenüber allen anderen Mit­erb:innen. Nach dem Erbfall kann die begünstigte Person ihr Voraus­vermächtnis geltend machen, noch bevor der restliche Nach­lass aufgeteilt wird.

Anders als bei einem gewöhnlichen Vermächtnis, das an Nicht-Erb:innen geht, ist das Voraus­vermächtnis Teil der Erben­gemeinschaft und unter­liegt damit besonderen Regeln[8]. Die genaue recht­liche Ausgestaltung sollte daher sorgfältig formuliert werden, um später Streitig­keiten zu vermeiden.

Ein Voraus­vermächtnis ermöglicht Ihnen, bestimmte Wert­gegenstände gezielt an die Menschen zu vererben, die Ihnen am Herzen liegen, ohne die gesamt­heitlich gerechte Verteilung Ihres Nach­lasses zu beein­trächtigen. Mit diesem Instrument können Sie Ihren letzten Willen präzise umsetzen und gleichzeitig für Klarheit und Frieden unter Ihren Hinter­bliebenen sorgen.