Vorausvermächtnis: So sichern Sie besondere Wertgegenstände für Ihre Lieben
Zusammenfassung
Ein Vorausvermächtnis ermöglicht es, bestimmten Erb:innen Vermögensgegenstände zusätzlich zum regulären Erbteil zuzuweisen, ohne dass diese angerechnet werden. Es eignet sich besonders, um persönlich bedeutsame Werte gezielt zu vererben und Konflikte bei der Nachlassaufteilung zu vermeiden. Eine klare Formulierung und fachliche Beratung sind entscheidend, um rechtliche Sicherheit zu gewährleisten.
- Was genau ist ein Vorausvermächtnis?
- Vorausvermächtnis und Teilungsanordnung - der große Unterschied
- Wie können Sie ein Vorausvermächtnis erstellen?
- Praktische Beispiele für ein Vorausvermächtnis
- Welche Vorteile bietet das Vorausvermächtnis?
- Vorausvermächtnis und Teilungsanordnung geschickt kombinieren
- Worauf Sie bei einem Vorausvermächtnis achten sollten
- Rechtliche Stellung des Vorausvermächtnisnehmers
Ein Vorausvermächtnis ermöglicht es Ihnen, bestimmte Vermögenswerte zusätzlich zum regulären Erb- oder Pflichtteil an ausgewählte Personen zu vererben. Das Besondere: Die begünstigte Person erhält den vermachten Gegenstand oder Wert, ohne dass dieser auf ihren Erbteil angerechnet wird. Diese Form der Nachlassregelung bietet Ihnen eine wertvolle Möglichkeit, persönlich bedeutsame Gegenstände gezielt zu vererben und gleichzeitig für eine gerechte Verteilung Ihres Nachlasses zu sorgen.

Was genau ist ein Vorausvermächtnis?
Bei einem Vorausvermächtnis handelt es sich um eine besondere Form der Nachlassregelung, die in § 2150 BGB gesetzlich verankert ist. Anders als beim einfachen Vermächtnis, das typischerweise an Personen außerhalb der Erbengemeinschaft geht, richtet sich das Vorausvermächtnis direkt an eine:n der Erb:innen.
Der entscheidende Punkt: Die mit dem Vorausvermächtnis bedachte Person erhält den vermachten Gegenstand zusätzlich zu ihrem regulären Erbteil. Der Wert des Vermächtnisses wird nicht von ihrem Erbteil abgezogen[7]. Dadurch können Sie eine Person besonders begünstigen, ohne die grundlegende Erbaufteilung zu ändern.
Beispielweise könnte ein Elternteil festlegen: “Ich setze meine drei Kinder zu gleichen Teilen als Erb:innen ein. Im Wege des Vorausvermächtnisses erhält meine Tochter Anna meine Schmucksammlung.”[8] Anna würde hier sowohl ihren regulären Erbteil (ein Drittel des Nachlasses) als auch die Schmucksammlung als Extra erhalten.
Vorausvermächtnis und Teilungsanordnung - der große Unterschied
Diese beiden Instrumente der Nachlassplanung werden häufig verwechselt, unterscheiden sich aber grundlegend[9]:
Vorausvermächtnis:
- Die begünstigte Person erhält einen bestimmten Vermögenswert zusätzlich zu ihrem regulären Erbteil
- Es findet keine Anrechnung auf den Erbteil statt
- Ziel: Eine gezielte zusätzliche Begünstigung einer bestimmten erbberechtigten Person
Teilungsanordnung:
- Regelt, welche:r Erb:in welche konkreten Vermögensgegenstände aus dem Nachlass erhalten soll
- Der Wert wird auf den Erbteil angerechnet
- Bei ungleichen Werten werden Ausgleichszahlungen zwischen den Erb:innen fällig
- Ziel: Eine gerechte Verteilung des Nachlasses in Form bestimmter Gegenstände
Bei der Teilungsanordnung geht es also um die konkrete Verteilung des Nachlasses, während das Vorausvermächtnis eine echte Begünstigung darstellt[6].
Wie können Sie ein Vorausvermächtnis erstellen?
Ein Vorausvermächtnis können Sie auf zwei Wegen rechtlich verankern:
Durch ein Testament:
In Ihrem Testament können Sie festlegen, dass ein:e bestimmte:r Erb:in einen Vermögensgegenstand als Vorausvermächtnis erhalten soll. Das Testament muss eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein.Durch einen Erbvertrag:
Ein notariell beurkundeter Erbvertrag bietet mehr Rechtssicherheit. Der Erbvertrag muss von allen Beteiligten unterschrieben und notariell beurkundet werden.
Formulierungsbeispiel:
“Ich setze meine Kinder A, B und C zu gleichen Teilen als Erb:innen ein. Im Wege des Vorausvermächtnisses, also ohne Anrechnung auf ihren Erbteil, erhält mein Kind B mein Klavier.”[8]
Die eindeutige Formulierung ist besonders wichtig, da Gerichte bei Unklarheiten überprüfen müssen, ob Sie wirklich eine Besserstellung einer Person beabsichtigt haben oder lediglich eine Teilungsanordnung treffen wollten[7].
Praktische Beispiele für ein Vorausvermächtnis
Beispiel 1: Familienschmuck mit besonderem Wert
Herr Müller hat drei Kinder und möchte, dass alle zu gleichen Teilen erben. Gleichzeitig möchte er, dass seine Tochter, die sich besonders für den Familienschmuck interessiert, diesen erhält. Durch ein Vorausvermächtnis kann er den Schmuck seiner Tochter vermachen, ohne dass dies auf ihren Erbanteil angerechnet wird[9].
Beispiel 2: Wertvolle Sammlungen
Frau Schmidt hat eine wertvolle Münzsammlung aufgebaut. Ihr Sohn teilt diese Leidenschaft und hat die Sammlung über Jahre mit ihr zusammen erweitert. Mit einem Vorausvermächtnis kann sie diese Sammlung ihrem Sohn hinterlassen, während alle Kinder weiterhin zu gleichen Teilen am restlichen Nachlass beteiligt sind.
Welche Vorteile bietet das Vorausvermächtnis?
- Gezielte Zuwendung: Sie können eine:n Erb:in gezielt begünstigen, ohne die grundlegenden Erbquoten zu verändern[7].
- Klare Zuordnung: Wertvolle oder persönlich bedeutsame Gegenstände gehen garantiert an die gewünschte Person.
- Weniger Konfliktpotenzial: Durch klare Regelungen können Auseinandersetzungen unter den Erb:innen vermieden werden[6].
- Keine Bindung bei Vorerbschaft: Ein Vorausvermächtnis ist nicht an die Beschränkungen einer Vorerbschaft gebunden. Die empfangende Person kann über das Vermächtnis frei verfügen[10].
Vorausvermächtnis und Teilungsanordnung geschickt kombinieren
Sie können ein Vorausvermächtnis auch mit einer Teilungsanordnung kombinieren[10]. So legen Sie fest, wie Ihr Nachlass aufgeteilt werden soll, und bestimmen gleichzeitig, dass für bestimmte Vermögenswerte kein Wertausgleich zwischen den Erb:innen stattfinden muss.
Beispiel: “Mein Sohn Michael soll mein Haus erhalten (Teilungsanordnung), meine Tochter Lisa erhält zudem meinen Schmuck, ohne dass dieser auf ihren Erbteil angerechnet wird (Vorausvermächtnis).”
Worauf Sie bei einem Vorausvermächtnis achten sollten
- Eindeutige Formulierung: Drücken Sie klar aus, dass es sich um ein Vorausvermächtnis handelt und nicht um eine Teilungsanordnung[7]. Formulierungen wie “ohne Anrechnung auf den Erbteil” oder “zusätzlich zum Erbteil” schaffen Klarheit.
- Fachliche Beratung: Bei wertvollen Vermögensgegenständen oder komplexen Familiensituationen kann eine notarielle Beratung sehr hilfreich sein.
- Regelmäßige Prüfung: Sehen Sie Ihre Nachlassplanung regelmäßig durch, besonders nach wichtigen Lebensveränderungen wie Scheidungen, Geburten oder größeren Vermögensänderungen.
Ein Vorausvermächtnis ist ein wirkungsvolles Instrument, um Ihren Nachlass ganz nach Ihren persönlichen Wünschen zu gestalten. Mit einer klaren und rechtssicheren Gestaltung sorgen Sie dafür, dass persönlich bedeutsame Gegenstände in die richtigen Hände gelangen und gleichzeitig die grundlegende Erbaufteilung gewahrt bleibt.
Rechtliche Stellung des Vorausvermächtnisnehmers
Die mit einem Vorausvermächtnis bedachte Person hat vor der Aufteilung des Nachlasses einen Anspruch auf Übertragung des vermachten Gegenstandes[10]. Dieser Anspruch besteht gegenüber allen anderen Miterb:innen. Nach dem Erbfall kann die begünstigte Person ihr Vorausvermächtnis geltend machen, noch bevor der restliche Nachlass aufgeteilt wird.
Anders als bei einem gewöhnlichen Vermächtnis, das an Nicht-Erb:innen geht, ist das Vorausvermächtnis Teil der Erbengemeinschaft und unterliegt damit besonderen Regeln[8]. Die genaue rechtliche Ausgestaltung sollte daher sorgfältig formuliert werden, um später Streitigkeiten zu vermeiden.
Ein Vorausvermächtnis ermöglicht Ihnen, bestimmte Wertgegenstände gezielt an die Menschen zu vererben, die Ihnen am Herzen liegen, ohne die gesamtheitlich gerechte Verteilung Ihres Nachlasses zu beeinträchtigen. Mit diesem Instrument können Sie Ihren letzten Willen präzise umsetzen und gleichzeitig für Klarheit und Frieden unter Ihren Hinterbliebenen sorgen.