Dürfen Bevollmächtigte einer Vorsorge­vollmacht eine Unter­vollmacht ausstellen?

Zusammenfassung

Bevollmächtigte einer Vorsorge­vollmacht dürfen Unter­vollmachten erteilen, wenn der Vollmacht­geber dies ausdrücklich erlaubt hat oder es sich aus den Umständen ergibt. Dabei darf die Unter­vollmacht nicht über den Umfang der ursprünglichen Vollmacht hinausgehen, und der Haupt­bevollmächtigte bleibt weiterhin verantwortlich. Es ist ratsam, solche Regelungen klar in der Vorsorge­vollmacht festzuhalten und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen.

Die Frage, ob Bevollmächtigte einer Vorsorge­vollmacht eine Unter­vollmacht ausstellen dürfen, ist für viele Menschen relevant, die ihre persönlichen Angelegenheiten für den Fall der eigenen Entscheidungs­unfähigkeit regeln möchten. Die kurze Antwort lautet: Ja, Bevollmächtigte dürfen grundsätzlich Unter­vollmachten erteilen - allerdings nur, wenn der ursprüngliche Vollmacht­geber dies ausdrücklich erlaubt hat oder wenn sich diese Erlaubnis aus den Umständen ergibt. Zudem müssen weitere rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein, damit die Unter­vollmacht wirksam ist.

Zwei Geschäftsleute im Anzug beim Handschlag in einem eleganten Büro mit Bücherregalen, symbolisiert Untervollmacht

Was ist eine Unter­vollmacht bei einer Vorsorge­vollmacht?

Eine Unter­vollmacht ist ein rechtliches Instrument, das es einem Bevollmächtigten ermöglicht, bestimmte Aufgaben und Befugnisse an eine dritte Person weiterzugeben. Im Kontext einer Vorsorge­vollmacht bedeutet dies, dass die Person, die Sie als Bevollmächtigte:n benannt haben, einen Teil oder alle Aufgaben an jemand anderen übertragen kann.[2][5]

Der Hauptzweck einer solchen Unter­vollmacht besteht darin, Flexibilität zu schaffen. Wenn Ihr:e Bevollmächtigte:r beispielsweise zeitweise verhindert ist oder für bestimmte Aufgaben nicht die nötige Expertise besitzt, kann er oder sie diese Aufgaben an eine geeignete Person delegieren.[1]

Unterschied zur Ersatz­vollmacht

Es ist wichtig, die Unter­vollmacht von der Ersatz­vollmacht zu unterscheiden. Bei einer Unter­vollmacht delegiert der Haupt­bevollmächtigte bestimmte Aufgaben, bleibt aber selbst weiterhin handlungs­fähig und verantwortlich. Eine Ersatz­vollmacht hingegen benennt eine Person, die erst dann aktiv wird, wenn der ursprüngliche Bevollmächtigte ausfällt oder seine Aufgaben nicht mehr wahrnehmen kann.[7]

Rechtliche Grundlagen für die Erteilung einer Unter­vollmacht

Die rechtlichen Grundlagen für Unter­vollmachten finden sich in den §§ 164 ff. BGB. Eine Unter­vollmacht ist eine spezielle Form der Vollmacht und unterliegt denselben rechtlichen Rahmen­bedingungen wie die klassische Vollmacht.[2]

Voraussetzungen für die Wirksamkeit

Damit eine Unter­vollmacht wirksam ist, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Ermächtigung durch den Vollmacht­geber: Der ursprüngliche Vollmacht­geber muss den Bevollmächtigten ausdrücklich oder konkludent (also durch schlüssiges Verhalten) dazu ermächtigt haben, eine Unter­vollmacht zu erteilen.[2][5]

  2. Umfang der Vollmacht: Die Unter­vollmacht kann nicht umfangreicher sein als die ursprüngliche Vorsorge­vollmacht. Der Bevollmächtigte kann also nur die Befugnisse übertragen, zu denen er selbst berechtigt ist.

  3. Form­vorschriften: In bestimmten Fällen müssen Form­vorschriften beachtet werden, etwa wenn es um Grundstücks­geschäfte oder Kredit­verträge geht.[6]

Der Bundes­gerichtshof hat zudem klargestellt, dass eine Unter­vollmacht nicht zulässig ist, wenn der Vollmacht­geber ein klar erkennbares Interesse an einer persönlichen Vertretung durch den Bevollmächtigten hat (BGH BB 59, 13; Mü WM 84, 834).

Praktische Umsetzung einer Unter­vollmacht

Wenn Sie als Vollmacht­geber:in möchten, dass Ihr:e Bevollmächtigte:r bei Bedarf eine Unter­vollmacht erteilen kann, sollten Sie dies in Ihrer Vorsorge­vollmacht ausdrücklich festhalten.

Formulierung in der Vorsorge­vollmacht

Eine mögliche Formulierung könnte lauten:

“Der:Die Bevollmächtigte ist berechtigt, für einzelne oder alle Aufgaben­bereiche Unter­vollmachten zu erteilen und dabei den Unter­bevollmächtigten von den Beschränkungen des § 181 BGB zu befreien.”

Sie können auch differenzieren und festlegen, für welche Bereiche Unter­vollmachten erteilt werden dürfen und für welche nicht. Beispielsweise könnten Sie erlauben, dass für alltägliche Finanz­geschäfte Unter­vollmachten erteilt werden dürfen, nicht jedoch für medizinische Entscheidungen.

Erstellung einer Unter­vollmacht

Wenn der:die Bevollmächtigte eine Unter­vollmacht erteilen möchte, sollte diese folgende Elemente enthalten:[1][7]

  • Namen und Adressen aller beteiligten Personen (Vollmacht­geber, Bevollmächtigte:r, Unter­bevollmächtigte:r)
  • Genaue Beschreibung der übertragenen Befugnisse
  • Dauer der Unter­vollmacht
  • Datum und Unterschrift des:der Bevollmächtigten

Rechte und Pflichten bei einer Unter­vollmacht

Die Beziehungen zwischen den beteiligten Personen bei einer Unter­vollmacht sind komplex und mit verschiedenen Rechten und Pflichten verbunden.

Verhältnis zwischen Vollmacht­geber und Unter­bevollmächtigtem

Der Unter­bevollmächtigte handelt rechtlich gesehen im Namen des ursprünglichen Vollmacht­gebers, obwohl die Vollmacht über den Haupt­bevollmächtigten vermittelt wurde. Die Rechts­geschäfte, die der Unter­bevollmächtigte abschließt, wirken direkt für und gegen den Vollmacht­geber.[2][7]

Rechenschafts­pflicht und Kontrolle

Der Unter­bevollmächtigte ist dem Haupt­bevollmächtigten gegenüber rechenschafts­pflichtig. Das bedeutet, dass er dem Haupt­bevollmächtigten Bericht erstatten muss und dessen Weisungen zu folgen hat.[7]

Der Haupt­bevollmächtigte wiederum bleibt dem Vollmacht­geber gegenüber verantwortlich und muss sicherstellen, dass der Unter­bevollmächtigte im Sinne des Vollmacht­gebers handelt.[2]

Widerruf der Unter­vollmacht

Die Unter­vollmacht kann jederzeit vom Haupt­bevollmächtigten oder vom Vollmacht­geber widerrufen werden. Der Widerruf sollte schriftlich erfolgen, und der Unter­bevollmächtigte muss darüber informiert werden. Auch Dritte, die von der Unter­vollmacht betroffen sind, sollten benachrichtigt werden.[2][7]

Vor- und Nachteile einer Unter­vollmacht

Die Möglichkeit, Unter­vollmachten zu erteilen, bietet sowohl Vorteile als auch potenzielle Nachteile.

Vorteile

  • Flexibilität: Wenn der Haupt­bevollmächtigte zeitweise verhindert ist, können trotzdem wichtige Angelegenheiten erledigt werden.[1]
  • Fach­wissen nutzen: Für spezielle Aufgaben (z.B. Steuer­erklärungen, komplexe Rechts­fragen) kann ein:e Experte:in bevollmächtigt werden.[2]
  • Entlastung des Haupt­bevollmächtigten: Die Möglichkeit, Aufgaben zu delegieren, kann den Haupt­bevollmächtigten entlasten.[2]

Nachteile

  • Kontroll­verlust: Der Vollmacht­geber hat keinen direkten Einfluss darauf, wer als Unter­bevollmächtigte:r eingesetzt wird.[2]
  • Vertrauens­kette: Die Wirksam­keit des Systems hängt vom Vertrauen in alle beteiligten Personen ab.[2]
  • Komplexität: Mehrere Ebenen von Bevollmächtigten können zu Unklarheiten und Missverständnissen führen.[2]

Wann ist eine Unter­vollmacht nicht sinnvoll?

Es gibt Situationen, in denen eine Unter­vollmacht nicht die beste Lösung ist:

  • Wenn die zu regelnden Angelegenheiten sehr persönlicher Natur sind und der Vollmacht­geber großen Wert auf die persönliche Betreuung durch den Haupt­bevollmächtigten legt.
  • Wenn es um wichtige Entscheidungen geht, bei denen der Vollmacht­geber möchte, dass nur bestimmte, von ihm ausgewählte Personen entscheiden.
  • Wenn der Vollmacht­geber Bedenken hat, dass zu viele Personen Einblick in seine persönlichen Angelegenheiten erhalten könnten.

In solchen Fällen ist es besser, alternative Vorsorge­maßnahmen zu treffen.

Alternativen zur Unter­vollmacht

Wenn Sie Bedenken gegenüber Unter­vollmachten haben, können Sie folgende Alternativen in Betracht ziehen:

Mehrere Bevollmächtigte benennen

Sie können in Ihrer Vorsorge­vollmacht mehrere Personen als Bevollmächtigte benennen und festlegen, ob diese einzeln oder nur gemeinsam handeln dürfen. So stellen Sie sicher, dass immer jemand zur Verfügung steht, der in Ihrem Sinne handeln kann.[7]

Ersatz­bevollmächtigte vorsehen

Eine weitere Möglichkeit ist, in der Vorsorge­vollmacht einen oder mehrere Ersatz­bevollmächtigte zu benennen, die erst dann aktiv werden, wenn der Haupt­bevollmächtigte ausfällt. Dies gibt Ihnen mehr Kontrolle darüber, wer in Ihrem Namen handelt.[7]

Fazit und Handlungs­empfehlungen

Bevollmächtigte einer Vorsorge­vollmacht dürfen grundsätzlich Unter­vollmachten erteilen, aber nur, wenn sie dazu vom Vollmacht­geber ermächtigt wurden. Um sicherzustellen, dass Ihre Wünsche respektiert werden, sollten Sie folgende Punkte beachten:

  1. Überlegen Sie genau, ob Sie die Erteilung von Unter­vollmachten erlauben möchten. Wägen Sie die Vor- und Nachteile sorgfältig ab.

  2. Wenn Sie Unter­vollmachten zulassen möchten, legen Sie genau fest, für welche Bereiche diese erteilt werden dürfen und für welche nicht.

  3. Erwägen Sie Alternativen wie die Benennung mehrerer Bevollmächtigter oder Ersatz­bevollmächtigter.

  4. Besprechen Sie das Thema offen mit Ihren Bevollmächtigten, damit diese Ihre Wünsche und Vorstellungen kennen.

  5. Lassen Sie sich bei der Erstellung Ihrer Vorsorge­vollmacht rechtlich beraten, um sicherzustellen, dass alle wichtigen Aspekte berücksichtigt werden.

Mit diesen Maßnahmen können Sie sicherstellen, dass Ihre Angelegenheiten auch dann in Ihrem Sinne geregelt werden, wenn Sie selbst nicht mehr entscheiden können - und dass die von Ihnen gewünschte Balance zwischen Flexibilität und Kontrolle gewahrt bleibt.