Wann sollte ich ein Testament widerrufen?
Im Grunde gibt es zwei gute Gründe: 1) Entweder ändern sich die familiären Verhältnisse (zum Beispiel durch Heirat, Trennung, Geburt von Kindern, Streit mit zukünftigen Erben) oder 2) Ihre Vermögensverhältnisse ändern sich und Sie möchten den Nachlass neu verteilen. In beiden Fällen ist ein Widerruf des Testaments sinnvoll.
Wie widerrufe ich mein Testament?
In § 2253 BGB heißt es: „Der Erblasser kann ein Testament sowie eine einzelne in einem Testament enthaltene Verfügung jederzeit widerrufen." Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Widerrufstestament
Bei einem Widerrufstestament kann der Erblasser sein Testament gemäß § 2254 BGB ausdrücklich widerrufen. Der Widerruf muss handschriftlich verfasst oder notariell beurkundet werden. Wichtig ist, dass der Inhalt und Umfang des Widerrufs im Widerrufstestament klar beschrieben werden. Ein Vermerk wie „ungültig“ ist nicht ausreichend.
Widersprechendes Testament
Gemäß §2258 BGB können Sie Ihr Testament auch widerrufen, indem Sie ein neues Testament verfassen, das inhaltlich dem alten Testament widerspricht. Dafür müssen beide Testamente unbedingt ein Datum haben. In § 2247 Absatz 2 BGB heißt es: "wird ein früheres Testament insoweit aufgehoben, als das spätere Testament mit dem früheren in Widerspruch steht." Wenn das zweite Testament zum Beispiel nur ein Vermächtnis ändert, ist das erste Testament nicht automatisch unwirksam. Es muss ein klarer Widerspruch ersichtlich sein!
Wichtig: Wenn das neuere Testament später widerrufen wird, gilt im Zweifel wieder das alte Testament. Deshalb sollten Sie unbedingt einen Überblick über Ihre verschiedenen Testamente behalten.
Vernichtung & Veränderung des Testaments
Gemäß § 2255 BGB können Sie ein Testament vernichten (zerreißen oder verbrennen), um das Testament zu widerrufen. Wichtig ist, dass Sie beim Vernichten die Absicht eines Widerrufs haben. Wenn ein Testament versehentlich zerstört wird, bleibt es gültig. Auch ein Einreißen, Durchschneiden oder Durchstreichen des Testaments kann ein wirksamer Widerruf sein.
Rücknahme bei amtlicher Verwahrung
Wer ein notarielles Testament errichtet hat, kann dieses durch eine Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung widerrufen (§ 2256 BGB). Die Rücknahme können Sie formlos beim Nachlassgericht einreichen. Diese Widerrufswirkung gilt allerdings nur für öffentliche (notariell beurkundete) Testamente. Handschriftliche Testamente können durch Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung NICHT widerrufen werden.
Achtung! Ein Widerruf ist immer nur mit Testierfähigkeit möglich. Wer zum Beispiel aufgrund einer geistigen Störung oder fortgeschrittener Demenz nicht testierfähig ist, kann sein Testament nicht widerrufen.
Was muss ich beim gemeinschaftlichen Testament beachten?
Bei einem Ehegattentestament (wie zum Beispiel dem Berliner Testament) ist die rechtliche Lage etwas komplexer – denn häufig beinhalten solche Testamente „wechselbezügliche Verfügungen mit Bindungswirkungen“. Deshalb gibt es gemäß § 2271 BGB grundsätzlich zwei Arten des Widerrufs:
Gemeinsamer Widerruf: Ein gemeinsamer Widerruf des Ehegattentestaments zu Lebzeiten der beiden Partner ist kein Problem. Der Widerruf gelingt durch ein gemeinsames Widerrufstestament, durch gemeinsame Vernichtung, gemeinsame Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung oder durch ein neues Testament, das dem alten Testament inhaltlich widerspricht.
Einseitiger Widerruf: Bei einem einseitigen Widerruf muss der Widerruf erklärt werden. Ein Notar muss den Widerruf anschließend beurkunden und dem anderen Ehepartner wirksam zugehen (zum Beispiel durch einen Gerichtsvollzieher).
Was, wenn ich mein Testament verloren habe?
Wer sein Testament verloren hat und es widerrufen möchte, kann dies tun – denn für den Widerruf muss das Testament nicht vorliegen. Sie können einfach ein Widerrufstestaments oder ein widersprechenden Testament verfassen.
Schlusswort
Ein Testament zu widerrufen, ist nicht schwer. Bleibt nur noch eine Frage zu klären: Wie lange können Sie Ihr Testament widerrufen? Ein Leben lang und so lange Sie testierfähig sind! Bei einem gemeinschaftlichen Testament gilt das zum Zeitpunkt des Widerrufs für beide Ehepartner.