Testament oder Erbvertrag: Was ist die richtige Wahl für Ihre Nachlassplanung?
Zusammenfassung
Ein Testament ermöglicht Ihnen eine flexible und kostengünstige Regelung Ihres Nachlasses, während ein Erbvertrag rechtlich bindende Vereinbarungen mit hoher Rechtssicherheit bietet, etwa für unverheiratete Partner:innen oder komplexe Nachfolgeregelungen. Beide Optionen haben spezifische Vor- und Nachteile, sodass die Wahl von Ihren individuellen Lebensumständen und Wünschen abhängt. Wichtig ist, frühzeitig eine klare Nachlassregelung zu treffen, um Konflikte zu vermeiden und Ihre Vorstellungen umzusetzen.
Die Regelung des eigenen Nachlasses ist ein Thema, das viele Menschen aufschieben. Dabei bietet eine frühzeitige und klare Festlegung Sicherheit für Sie und Ihre Angehörigen. In Deutschland trifft nur etwa ein Drittel der Bevölkerung Vorsorge für den Todesfall, obwohl jährlich Vermögen in Höhe von rund einer Million Euro vererbt wird[1]. Ohne Testament oder Erbvertrag greift die gesetzliche Erbfolge - diese entspricht aber häufig nicht den persönlichen Wünschen. Dieser Artikel erklärt Ihnen die Unterschiede zwischen Testament und Erbvertrag und hilft Ihnen bei der Entscheidung für die passende Lösung.

Die gesetzliche Erbfolge - was passiert ohne Nachlassregelung?
Wenn Sie weder ein Testament noch einen Erbvertrag hinterlassen, tritt automatisch die gesetzliche Erbfolge nach §§ 1924 ff. BGB ein[11]. Dies bedeutet eine feste Rangfolge der Erbberechtigten:
- Ihre Kinder erben zu gleichen Teilen (erstes Erben)
- Ist ein Kind bereits verstorben, treten die Enkel an dessen Stelle
- Ohne direkte Nachkommen erben Ihre Eltern und deren Nachkommen (zweite Erben)
- Es folgen Großeltern und deren Nachkommen (dritte Erben)[12]
Zusätzlich hat Ihr:e Ehepartner:in oder eingetragene:r Lebenspartner:in ein gesetzliches Erbrecht. Die gesetzliche Erbfolge berücksichtigt jedoch nicht Ihre individuellen Wünsche und kann zu ungewollten Erbengemeinschaften führen. Unverheiratete Partner:innen, enge Freund:innen oder Pflegepersonen gehen leer aus.[12]
Das Testament als Lösung
Das Testament ist die am häufigsten genutzte Form der Nachlassregelung[2]. Mit einem Testament können Sie als Erblasser:in einseitig festlegen, wer was erben soll, ohne dass die begünstigten Personen zustimmen müssen.
Arten von Testamenten
Vorteile des Testaments
- Flexibilität: Sie können es jederzeit ändern oder widerrufen[6]
- Einfache Erstellung: Ein eigenhändiges Testament können Sie ohne fremde Hilfe verfassen
- Kostengünstig: Keine notarielle Beurkundung erforderlich (aber möglich)[2]
- Privatsphäre: Keine Beteiligung anderer Personen nötig
Nachteile des Testaments
- Formfehler-Risiko: Bei eigenhändigen Testamenten besteht die Gefahr von Formfehlern
- Auffindbarkeit: Könnte nach Ihrem Tod übersehen oder nicht gefunden werden
- Anfechtbarkeit: Ein eigenhändiges Testament könnte leichter angefochten werden
- Bei Testierunfähigkeit: Späterer Verlust der Testierfähigkeit verhindert Änderungen
Der Erbvertrag als Alternative
Der Erbvertrag ist eine vertragliche Regelung zwischen mindestens zwei Parteien - dem/der künftigen Erblasser:in und einer oder mehreren bedachten Personen[6]. Anders als beim Testament sind beim Erbvertrag mindestens zwei Seiten beteiligt[6].
Merkmale des Erbvertrags
- Notarielle Beurkundung: Muss zwingend notariell beurkundet werden[2][3]
- Bindungswirkung: Nach Abschluss sind Sie an die vertraglichen Regelungen gebunden[2]
- Auflagen möglich: Kann Bedingungen oder Auflagen enthalten[6]
- Schwerer änderbar: Änderungen erfordern in der Regel die Zustimmung aller Vertragsparteien[6]
Vorteile des Erbvertrags
- Rechtssicherheit: Durch notarielle Beurkundung entsteht hohe Rechtssicherheit
- Verbindlichkeit: Schafft klare und verbindliche Regelungen für alle Beteiligten[2]
- Gegenseitige Verpflichtungen: Ermöglicht Vereinbarungen mit Gegenleistungen
- Ideal für Unverheiratete: Sinnvoll für Paare ohne Trauschein[6]
- Unternehmensnachfolge: Gut geeignet für Regelungen zur Unternehmensnachfolge[8]
Nachteile des Erbvertrags
- Eingeschränkte Flexibilität: Nachträgliche Änderungen schwierig[6]
- Kosten: Notarkosten fallen zwingend an
- Öffentlichkeit: Geringere Privatsphäre als beim eigenhändigen Testament
- Formale Hürden: Rechtlich anspruchsvoller als ein Testament
Praktischer Vergleich: Testament oder Erbvertrag?
Die Wahl zwischen Testament und Erbvertrag hängt von Ihrer persönlichen Situation ab. Diese Gegenüberstellung hilft Ihnen bei der Entscheidung:
Ein Testament passt gut zu Ihrer Situation, wenn:
- Sie die volle Flexibilität behalten möchten
- Sie einfach und kostengünstig Ihren Nachlass regeln möchten
- Sie verheiratet sind und ein gemeinschaftliches Testament errichten möchten
- Sie keine besonderen Vereinbarungen mit den künftigen Erb:innen treffen müssen
Ein Erbvertrag passt gut zu Ihrer Situation, wenn:
Alltagsbeispiele für verschiedene Lebenssituationen
Beispiel 1: Ehepaar mit Kindern
Maria und Thomas haben zwei Kinder und möchten, dass nach dem Tod eines Partners zunächst der überlebende Partner erbt und die Kinder erst nach dessen Tod. Hier eignet sich ein gemeinschaftliches Testament mit gegenseitiger Erbeinsetzung. So können sie flexibel bleiben und das Testament bei Bedarf ändern[2].
Beispiel 2: Unverheiratetes Paar
Anna und Paul leben seit 15 Jahren zusammen, sind aber nicht verheiratet. Nach der gesetzlichen Erbfolge würde Paul leer ausgehen, wenn Anna stirbt. Ein Erbvertrag kann Paul absichern und gleichzeitig Annas Kinder aus erster Ehe berücksichtigen. Die notarielle Beurkundung sorgt für Rechtssicherheit[6].
Beispiel 3: Unternehmensnachfolge
Ein Handwerksmeister möchte, dass seine Tochter den Familienbetrieb übernimmt, wenn sie ihre Ausbildung erfolgreich abschließt. Ein Erbvertrag mit dieser Bedingung schafft Rechtssicherheit für beide Seiten und motiviert die Tochter zur Qualifikation[6].
Praktische Tipps für Ihre Nachlassplanung
Checkliste für Ihre Vorbereitung
- [ ] Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihr Vermögen und Ihre Schulden
- [ ] Überlegen Sie, wer was erben soll
- [ ] Bedenken Sie mögliche Pflichtteilsansprüche
- [ ] Holen Sie bei komplexen Vermögensverhältnissen fachliche Beratung ein
- [ ] Erstellen Sie Ihr Testament oder Ihren Erbvertrag und sorgen für sichere Verwahrung
- [ ] Prüfen Sie bei wesentlichen Änderungen Ihrer Lebensumstände Ihre Nachlassregelung[4]
Typische Fehler vermeiden
- Formfehler beim eigenhändigen Testament: Achten Sie auf vollständig handschriftliche Erstellung mit Ort, Datum und Unterschrift[2]
- Unklare Formulierungen: Verwenden Sie eindeutige Bezeichnungen für Personen und Vermögenswerte
- Pflichtteilsrechte übersehen: Bestimmte Personen haben einen Pflichtteilsanspruch, auch wenn Sie sie enterben
- Veraltete Regelungen: Überprüfen Sie Ihre Nachlassregelung regelmäßig auf Aktualität
- Mangelhafte Verwahrung: Bewahren Sie Ihr Testament an einem sicheren, aber auffindbaren Ort auf oder hinterlegen Sie es beim Nachlassgericht[4]
Die richtige Wahl treffen
Die Entscheidung zwischen Testament und Erbvertrag ist eine persönliche Frage, die von Ihren Lebensumständen und Wünschen abhängt. Beide Instrumente haben unterschiedliche Stärken: Das Testament bietet mehr Flexibilität, der Erbvertrag mehr Verbindlichkeit und eignet sich für komplexere Regelungen.
Am wichtigsten ist, dass Sie überhaupt eine Regelung treffen. Eine durchdachte Nachlassplanung hilft, Konflikte unter den Hinterbliebenen zu vermeiden und stellt sicher, dass Ihr Vermögen nach Ihren Vorstellungen verteilt wird[1].
Für rechtssichere Lösungen kann fachkundige Beratung durch Notar:innen oder auf Erbrecht spezialisierte Rechtsanwält:innen sinnvoll sein. Sie unterstützen Sie dabei, die für Ihre Situation passende Form der Nachlassregelung zu finden.