Sterbehilfe im Ausland: Rechtliche Rahmenbedingungen und praktische Hinweise

Zusammenfassung

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Sterbehilfe und Patientenverfügungen unterscheiden sich international erheblich. Während aktive Sterbehilfe in Ländern wie Belgien, den Niederlanden und Luxemburg erlaubt ist, bleibt sie in vielen anderen Staaten, darunter Deutschland, strafbar. Deutsche Patientenverfügungen sind im Ausland nicht bindend, können aber als Orientierung dienen; eine beglaubigte Übersetzung oder die Erstellung landesspezifischer Dokumente wird empfohlen, um die eigenen Wünsche besser durchzusetzen.

In einer Zeit zunehmender Mobilität stellt sich für viele Menschen die Frage, wie mit den Themen Patientenverfügung und Sterbehilfe im Ausland umgegangen wird. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen rechtlichen Rahmenbedingungen in unterschiedlichen Ländern und gibt Ihnen praktische Hinweise, was Sie beachten sollten, wenn Sie ins Ausland reisen oder dort leben. Die Gültigkeit von Patientenverfügungen endet nicht selten an Landesgrenzen, und die Regelungen zur Sterbehilfe variieren erheblich von Land zu Land. Besonders für Menschen mit schweren Erkrankungen oder ältere Personen können diese Unterschiede von erheblicher Bedeutung sein.

Ältere Person sitzt im warmen Sonnenlicht auf einem Bett und betrachtet nachdenklich ein kleines Fläschchen in der Hand.

Gültigkeit deutscher Patientenverfügungen im Ausland

Eine zentrale Erkenntnis vorweg: Eine deutsche Patientenverfügung ist im Ausland grundsätzlich nicht rechtlich bindend. Dies liegt daran, dass Patientenverfügungen auf nationalen Gesetzen basieren und keine internationale Gültigkeit besitzen[2]. Dies gilt sowohl für das europäische Ausland als auch für weiter entfernte Länder.

Trotz dieser rechtlichen Einschränkung kann eine Patientenverfügung im Ausland dennoch sinnvoll sein. Selbst wenn ausländische Ärzt:innen nicht gesetzlich an Ihre Verfügung gebunden sind, bietet das Dokument wichtige Anhaltspunkte zu Ihren Behandlungswünschen. Es kann den medizinischen Fachkräften als Orientierung dienen, sofern Ihre Wünsche mit den jeweiligen nationalen Gesetzen vereinbar sind[2].

Eine praktische Maßnahme kann die beglaubigte Übersetzung Ihrer Patientenverfügung in die Sprache des Landes sein, in dem Sie sich aufhalten oder leben werden. Dadurch kann im Notfall wertvolle Zeit gespart werden, da das medizinische Personal Ihre Wünsche schneller erfassen kann[2]. Bedenken Sie dabei, dass eine Übersetzung zwar die Kommunikation erleichtert, aber nichts an der fehlenden rechtlichen Verbindlichkeit ändert.

Verschiedene Formen der Sterbehilfe

Um die unterschiedlichen Regelungen im Ausland zu verstehen, ist es hilfreich, die verschiedenen Formen der Sterbehilfe zu kennen:

Passive Sterbehilfe

Hierbei handelt es sich um das Sterben­lassen durch Unterlassen oder Abbruch lebens­verlängernder Maßnahmen. In Deutschland ist diese Form der Sterbehilfe erlaubt, wenn sie dem erklärten oder mutmaßlichen Patientenwillen entspricht[6]. Der Patient kann dies in der konkreten Situation einfordern oder im Voraus in einer Patientenverfügung festhalten.

Indirekte Sterbehilfe

Diese Form bezeichnet das Inkauf­nehmen eines verfrühten Todes aufgrund einer schmerzlindernden Behandlung im Einverständnis mit der betroffenen Person. Diese Form der Sterbehilfe ist in Deutschland zulässig, wie der Bundesgerichtshof bereits 1996 in einem Urteil festgehalten hat[6].

Assistierter Suizid

Beim assistierten Suizid wird Hilfe bei der Selbst­tötung geleistet, beispielsweise durch das Bereit­stellen eines Medikaments, das die sterbewillige Person selbst einnimmt. In Deutschland ist der assistierte Suizid seit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2020 auch ohne unheilbare Krankheit zulässig[3].

Aktive Sterbehilfe

Die aktive Sterbehilfe bezeichnet das Töten einer anderen Person auf ihr ausdrückliches Verlangen hin mithilfe einer tödlichen Substanz. In Deutschland ist die aktive Sterbehilfe als Tötung auf Verlangen strafbar und wird mit Freiheits­strafen von sechs Monaten bis fünf Jahren geahndet[6].

Sterbehilfe im internationalen Vergleich

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Sterbehilfe und Patientenverfügungen unterscheiden sich von Land zu Land erheblich. Hier ein Überblick über einige Länder:

Niederlande

Die Niederlande waren das erste Land weltweit, das die aktive Sterbehilfe legalisierte. Seit April 2002 dürfen Ärzt:innen dort einer schwerkranken Person eine tödliche Spritze verabreichen, wenn die Person im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte ist und es ausdrücklich wünscht. Ein Kontrollausschuss, bestehend aus einem Arzt oder einer Ärztin, einer juristischen Fachkraft und Expert:innen für Ethik, muss der Sterbehilfe zustimmen[7]. Zudem können Sie in den Niederlanden eine verbindliche Patientenverfügung einschließlich Wünschen zur aktiven Sterbehilfe verfassen.

Belgien

Belgien folgte kurz nach den Niederlanden mit einem ähnlichen Gesetz. Auch hier ist die ärztliche Tötung auf Verlangen bei unheilbarer Krankheit zulässig, und zwar auch für Jugendliche und Ausländer. Die Begutachtung erfolgt durch zwei (bei psychischen Erkrankungen drei) Ärzt:innen, und eine Kontrollkommission überwacht den Prozess[3].

Schweiz

Die Schweiz hat eine vergleichsweise liberale Gesetzgebung. Der Staat akzeptiert die Beihilfe zur Selbsttötung, ohne sie ausdrücklich zu erlauben. Laut Gesetz ist es strafbar, jemandem “aus selbstsüchtigen Beweggründen” beim Suizid zu helfen - solange der helfenden Person aber kein selbstsüchtiger Beweggrund vorgeworfen werden kann, bleibt sie straffrei. Mediziner:innen dürfen einer unheilbar kranken Person eine tödliche Dosis eines Medikaments beschaffen, die diese dann selbst einnehmen muss[7].

Frankreich

In Frankreich dürfen Ärzt:innen einen unheilbar kranken Patienten “sterben lassen”, sein Leben aber nicht aktiv beenden. Das bedeutet, die Patient:innen dürfen auf eigenen Wunsch schmerzstillende Mittel erhalten, auch wenn ihr Tod durch die Medikamente möglicherweise beschleunigt wird[7]. Patientenverfügungen sind in Frankreich nicht rechtlich bindend und bedürfen einer ärztlichen Bestätigung[3].

Großbritannien

In Großbritannien sind Patientenverfügungen rechtlich bindend, während aktive Sterbehilfe und assistierter Suizid unzulässig sind[3]. Gemäß dem “Mental Capacity Act” können Sie entweder eine allgemeine Willens­erklärung verfassen, die als Richtlinie für Ärzt:innen dient, oder eine erweiterte Verfügung, die für das medizinische Personal verpflichtend ist. Eine Registrierung der Verfügung ist notwendig.

Österreich

In Österreich können Sie eine “beachtliche Willens­erklärung” verfassen, an die sich Ärzt:innen nicht halten müssen. Alternativ können Sie eine verbindliche Patientenverfügung erstellen - dafür müssen Sie sich ärztlich beraten lassen und die Verfügung gemeinsam mit einer juristischen Fachkraft verfassen. Die österreichische Patientenverfügung ist allerdings nur 8 Jahre gültig.

Praktische Empfehlungen für Reisende und Auslands­bewohner:innen

Wenn Sie ins Ausland reisen oder dort leben, sollten Sie folgende Aspekte berücksichtigen:

Informieren Sie sich über die lokalen Regelungen: Beschäftigen Sie sich mit den nationalen Gegebenheiten zur Patientenverfügung oder ähnlichen im jeweiligen Land gültigen Vorsorge­dokumenten[2]. Dies ist besonders wichtig, wenn Sie dauerhaft im Ausland leben.

Lassen Sie Ihre Patientenverfügung übersetzen: Eine beglaubigte Übersetzung Ihrer Patientenverfügung in die Landes­sprache kann im Notfall Zeit sparen und sicherstellen, dass das medizinische Personal Ihre Wünsche schneller versteht[2].

Erstellen Sie gegebenenfalls eine landespezifische Verfügung: In vielen Ländern können Sie eine Patientenverfügung oder ähnliche Vorsorge­dokumente nach den dort geltenden Gesetzen verfassen. Dies ist insbesondere für Menschen sinnvoll, die dauerhaft im Ausland leben.

Führen Sie Ihre Verfügung auf Reisen mit: Auch wenn die rechtliche Verbindlichkeit im Ausland nicht gegeben ist, sollten Sie Ihre Patienten­verfügung (und/oder einen Notfall­ausweis) bei Reisen mitführen[3].

Berücksichtigen Sie kulturelle Unterschiede: In manchen Ländern werden medizinische Entscheidungen nicht immer aus ethischen Gründen getroffen, wie wir es in Deutschland gewohnt sind. Besonders in Ländern mit weniger entwickelter Infrastruktur können die medizinischen Möglichkeiten begrenzt sein[2].

Fazit: Vorausschauende Planung ist entscheidend

Obwohl eine deutsche Patientenverfügung im Ausland keine rechtliche Bindungs­wirkung entfaltet, bleibt sie ein wichtiges Instrument, um Ihre Behandlungs­wünsche zu kommunizieren. Für Menschen, die viel reisen oder im Ausland leben, empfiehlt sich eine vorausschauende Planung, die die rechtlichen Besonderheiten des jeweiligen Landes berücksichtigt.

Die Unterschiede in den rechtlichen Rahmenbedingungen zur Sterbehilfe zeigen, wie unterschiedlich der Umgang mit Selbst­bestimmung am Lebens­ende international gehandhabt wird. Von den liberalen Regelungen in den Niederlanden und Belgien bis hin zu restriktiveren Ansätzen in anderen Ländern besteht ein breites Spektrum.

Letztendlich geht es bei diesem sensiblen Thema um Ihre persönliche Selbst­bestimmung und darum, dass Ihre Wünsche respektiert werden - unabhängig davon, in welchem Land Sie sich befinden. Eine gute Vorbereitung und Information kann dazu beitragen, dass Ihre Vorstellungen auch im Ausland berücksichtigt werden können.