Probleme im Pflegeheim: Was Bewohner:innen und Angehörige tun können

Zusammenfassung

Probleme in Pflegeheimen, wie Mängel bei der Betreuung oder am Wohnraum, sind häufig auf Personalmangel und organisatorische Herausforderungen zurückzuführen. Bewohner:innen und Angehörige können durch systematisches Vorgehen, sorgfältige Dokumentation und Gespräche mit Pflegepersonal oder Heimleitung Verbesserungen einfordern, bei Bedarf rechtliche Schritte einleiten und Unterstützung von Pflegekassen oder Beratungsstellen nutzen. Eine aktive Auseinandersetzung mit Mängeln trägt dazu bei, die Lebensqualität der Betroffenen zu sichern und die Pflege insgesamt zu verbessern.

In Deutschland leben etwa eine Million Menschen in knapp 12.000 vollstationären Pflege­einrichtungen[6]. Die Qualität der Betreuung und Pflege beeinflusst die Lebens­qualität der Bewohner:innen maßgeblich. Leider kommt es immer wieder zu Mängeln, die sowohl die Pflege und Betreuung als auch die räumlichen Bedingungen betreffen können. Die angespannte Situation im Pflege­sektor verschärft diese Problematik: Jährlich steigt die Zahl der Pflege­bedürftigen um etwa 326.000 Personen, während vier von fünf Pflege­einrichtungen im Jahr 2023 ihr Angebot einschränken mussten, weil Personal fehlt[2]. Dieser Artikel zeigt Ihnen, wie Sie als Bewohner:in oder Angehörige:r bei Problemen im Pflege­heim vorgehen können und welche Rechte Sie haben.

Pflegekräfte und Angehörige besprechen in heller Umgebung am Tisch wichtige Themen zur Pflege und Betreuung.

Die aktuelle Lage in deutschen Pflegeheimen

Die Situation in deutschen Pflegeheimen ist angespannt. Seit 2017 liegt der jährliche Anstieg der Pflegebedürftigen bei durchschnittlich 326.000 Personen pro Jahr[2]. Prognosen gehen davon aus, dass die Zahl der Pflegebedürftigen von derzeit rund fünf Millionen auf sechs Millionen bis 2040 steigen wird[2]. Gleichzeitig mussten 72 Prozent der Pflegeheime ihr Leistungsangebot einschränken, während 89 Prozent der ambulanten Dienste Neukunden ablehnen mussten - mit der Folge, dass pflegebedürftige Menschen unversorgt bleiben[2].

Der Personalmangel zeigt sich auch in der Qualität der Versorgung. Pflegefachkräfte haben weniger Zeit für die einzelnen Bewohner:innen, wodurch es häufiger zu Mängeln kommen kann. Die wirtschaftliche Lage der Pflegeheime hat sich zwischen 2015 und 2017 zwar leicht verschlechtert, dennoch gilt sie insgesamt als relativ gut. Etwa 4 Prozent der Einrichtungen lagen 2017 im “roten Bereich” mit erhöhter Insolvenzgefahr, während 24 Prozent einen Jahresverlust verzeichneten[5].

Typische Mängel in Pflegeheimen

Bevor Sie handeln, sollten Sie die Art der Mängel genauer betrachten. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Mängeln bei der Pflege und Betreuung sowie Mängeln am Wohnraum.

Mängel bei Pflege und Betreuung

Bei der Pflege und Betreuung treten verschiedene Probleme auf. Bewohner:innen und Angehörige berichten häufig von mangelhafter Körper­pflege oder dass Inkontinenz­vorlagen nicht rechtzeitig gewechselt werden[3][6]. Regelmäßige Stürze ohne ausreichende Präventions­maßnahmen stellen ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko dar. Die Qualität und Temperatur der Mahlzeiten kann ebenfalls zu Beanstandungen führen, wenn Essen kalt serviert wird oder nicht den Ernährungs­bedürfnissen entspricht[3][6].

Besonders kritisch sind Fixierungen ohne medizinische Notwendigkeit, fehlerhafte Medikamenten­gabe und unzureichende Betreuung[3]. Auch die Überschreitung persönlicher Grenzen und ein respektloser Umgang mit Bewohner:innen zählen zu den schwerwiegenden Mängeln. Diese Probleme können die Lebens­qualität und Gesundheit erheblich beeinträchtigen. In Zeiten von Personalmangel nehmen solche Pflegemängel leider zu, da die verbliebenen Pflegekräfte unter enormem Zeitdruck arbeiten.

Mängel am Wohnraum

Die Wohn­bedingungen können ebenfalls Anlass zur Beschwerde geben. Unsaubere Zimmer und Gemeinschafts­räume, anhaltende unangenehme Gerüche oder defekte Möbel und sanitäre Anlagen beeinträchtigen den Wohnkomfort[3]. Auch unzureichende Heizung oder Belüftung sowie Lärm­belästigungen können das Wohl­befinden der Bewohner:innen stark beeinflussen.

Diese Mängel am Wohnraum fallen rechtlich in den Bereich des Mietrechts und können daher anders behandelt werden als Pflege­mängel[6]. Nach Angaben der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein liegen Mängel am Wohnraum vor, wenn die Räumlichkeiten nicht die Beschaffenheit aufweisen, die sie für den Gebrauch als Wohn- oder Gemeinschaftsraum haben müssten[6].

Was Sie bei auftretenden Mängeln tun können

Wenn Sie Mängel feststellen, empfiehlt sich ein stufenweises Vorgehen. Nehmen Sie Probleme nicht einfach hin, sondern suchen Sie aktiv nach Lösungen. Im Folgenden finden Sie einen Stufenplan für Ihr Vorgehen.

1. Probleme dokumentieren

Der erste Schritt bei anhaltenden Problemen ist die sorgfältige Dokumentation. Notieren Sie, wann welche Mängel aufgetreten sind. Bei sichtbaren Problemen können Fotos oder Videos die Situation belegen. Ein Tagebuch über die Vorfälle mit Datum, Uhrzeit und Beschreibung des Problems bildet eine wertvolle Grundlage für alle weiteren Schritte.

Als Angehörige:r können Sie auch eine Begleit­person zum Besuch mitnehmen, die die Situation als Zeug:in bestätigen kann. Die Verbraucherzentrale betont, dass diese Dokumentation besonders relevant wird, wenn später rechtliche Schritte nötig werden sollten[6]. Vermerken Sie auch, wer vom Personal anwesend war und wie auf das Problem reagiert wurde.

2. Beschwerde beim Pflegepersonal

Sprechen Sie zunächst mit dem zuständigen Pflege­personal[3]. Oft lassen sich Probleme auf Miss­verständnisse oder Kommunikations­lücken zurückführen, die sich in einem persönlichen Gespräch klären lassen. Schildern Sie sachlich Ihre Beobachtungen und vermeiden Sie Vorwürfe[3].

Für ein konstruktives Gespräch mit dem Pflege­personal bleiben Sie sachlich und respektvoll, benennen konkrete Vorfälle und zeigen Verständnis für die herausfordernde Arbeits­situation. Fragen Sie nach möglichen Lösungen und vereinbaren Sie einen Folge­termin zur Überprüfung. Es wird empfohlen, das Gespräch nicht direkt in einer Konflikt­situation zu führen, sondern etwas später in einer ruhigeren Atmosphäre[3].

3. Beschwerde bei der Heimleitung

Wenn das Gespräch mit dem Pflege­personal keine Verbesserung bringt, wenden Sie sich an die Heim­leitung[3]. Eine gute Vorbereitung dieses Gesprächs ist entscheidend: Fassen Sie die Probleme schriftlich zusammen, bringen Sie Ihre Dokumentation mit und formulieren Sie klare Erwartungen und Forderungen.

Setzen Sie eine angemessene Frist für Verbesserungen und vereinbaren Sie einen konkreten Folge­termin. Ein Beispiel aus der Praxis zeigt: Wenn die Sauberkeit nicht stimmt, können Sie eine bestimmte Reinigungs­häufigkeit vereinbaren, diese überprüfen und einen Termin für eine Nach­besprechung festlegen, etwa 14 Tage später[3]. Die Heim­leitung trägt die Verantwortung für die Qualität der Einrichtung und muss auf berechtigte Beschwerden reagieren.

4. Pflegekasse und Heimaufsicht einschalten

Führen auch Gespräche mit der Heim­leitung nicht zum Erfolg, können Sie sich an die Pflege­kasse und die Heim­aufsicht wenden. Die Heim­aufsicht ist für die Kontrolle von Pflege­einrichtungen zuständig und kann bei schwerwiegenden Mängeln eingreifen.

Verfassen Sie ein Beschwerde­schreiben mit allen relevanten Informationen, fügen Ihre Dokumentation bei und schildern, welche Schritte Sie bereits unternommen haben. Bitten Sie um eine schriftliche Rück­meldung, damit Sie den Fortgang nachvollziehen können. Die Pflege­kasse kann unter Umständen auch eine außerordentliche Qualitäts­prüfung durch den Medizinischen Dienst veranlassen, was eine unabhängige Begutachtung der Situation ermöglicht[6].

5. Rechtliche Schritte einleiten

Als letzten Schritt können Sie rechtliche Schritte einleiten[6]. Dies kann die Einschaltung eines Rechts­anwalts, die Minderung des Heim­entgelts oder die Geltend­machung von Schadens­ersatz- und Schmerzens­geld­forderungen umfassen. Bei anhaltenden schwerwiegenden Mängeln steht Ihnen zudem ein außerordentliches Kündigungs­recht zu[6].

In diesem Fall sollten Sie sich unbedingt beraten lassen, da ein Umzug gerade für ältere Menschen eine große Belastung darstellen kann. Die rechtlichen Möglichkeiten variieren je nach Art und Schwere der Mängel, weshalb eine fach­kundige Beratung in diesem Stadium hilfreich ist. Auch die Universalschlichtungsstelle des Bundes kann bei Konflikten mit dem Pflegeheim eine gute Anlaufstelle sein.

Rechtliche Möglichkeiten

Als Bewohner:in eines Pflege­heims haben Sie verschiedene rechtliche Möglichkeiten, wenn Mängel auftreten. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein weist darauf hin, dass bei Mängeln im Pflegeheim die Bewohner:innen unter bestimmten Voraussetzungen das Recht haben, das Heimentgelt zu mindern[6].

Minderung des Heimentgelts

Bei Mängeln in der Pflege oder am Wohnraum haben Sie als Bewohner:in das Recht, das Heim­entgelt zu mindern[6]. Die Höhe der Minderung hängt von der Schwere der Mängel ab. Eine rechtliche Beratung ist hierbei empfehlenswert, um die angemessene Minderungs­höhe zu bestimmen.

Das Minderungs­recht gilt sowohl für Mängel am Wohnraum, die sich aus dem Mietrecht ableiten lassen, als auch für Mängel bei Pflege­leistungen, die auf dem Dienstleistungs­vertrag basieren[6]. Die Minderung sollte schriftlich erklärt und begründet werden. Denken Sie daran, dass die Minderung erst nach erfolgloser Aufforderung zur Mängelbeseitigung und nach Ablauf einer angemessenen Frist geltend gemacht werden sollte.

Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen

Bei schwerwiegenden Mängeln, die zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen, können Sie Schadens­ersatz und Schmerzens­geld fordern[6]. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein betont, dass je nach Schwere der Mängel Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen das gute Recht der Betroffenen sein können[6].

Für solche Forderungen ist die Dokumentation der Mängel und ihrer Folgen besonders relevant. Ein ärztliches Attest, das den Zusammenhang zwischen dem Mangel und dem gesundheitlichen Schaden bestätigt, kann sehr hilfreich sein. Bei solchen Forderungen ist die Unterstützung durch einen auf Pflege­recht spezialisierten Rechts­anwalt oft notwendig.

Kündigung des Heimvertrags

Bei anhaltenden schwerwiegenden Mängeln können Sie den Heim­vertrag außerordentlich kündigen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass ein Umzug gerade für pflege­bedürftige Menschen belastend sein kann und ein neuer Heim­platz gefunden werden muss.

Die Kündigung sollte schriftlich erfolgen und die Gründe genau darlegen. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, zunächst eine Frist zur Behebung der Mängel zu setzen, bevor der Vertrag gekündigt wird. Auch hier kann eine rechtliche Beratung sehr wertvoll sein, um alle Aspekte abzuwägen und die richtige Entscheidung zu treffen.

Was tun bei Schließung eines Pflegeheims?

Im vergangenen Jahr wurden 66 Pflege­heime in Deutschland geschlossen, hauptsächlich wegen Personal­mangels oder finanzieller Probleme[11]. Der VdK berichtet, dass mehrheitlich Pflegeheime schließen, die sich in der Hand privater Träger befinden[11]. Wenn Ihrem Pflege­heim die Schließung droht oder der Betreiber den Vertrag kündigt, müssen Sie schnell handeln.

Schnelles Handeln bei Kündigung

Pflege­unternehmen können den Heim­vertrag spätestens zum dritten Werktag eines Monats zum Ende des nächsten Monats kündigen[11]. Das bedeutet, dass Sie möglicherweise nur zwei Monate Zeit haben, eine neue Unterkunft zu finden. Diese kurze Frist kann für pflege­bedürftige Menschen und ihre Angehörigen eine große Herausforderung darstellen.

Der VdK warnt: “Jede Schließung stellt die Bewohnerinnen und Bewohner vor grundsätzliche Probleme in der Versorgung und bringt sehr viel Verunsicherung für die Betroffenen und ihre Angehörigen mit sich”[11]. Daher ist es wesentlich, sofort mit der Suche nach Alternativen zu beginnen und sich Unterstützung zu holen.

Suche nach Alternativen

Die sofortige Suche nach einem neuen Heim­platz oder alternativen Wohnformen ist entscheidend. Als Alternativen kommen verschiedene Optionen in Betracht: Ein anderes Pflege­heim kann eine direkte Lösung sein. Betreutes Wohnen könnte in Frage kommen, falls der Pflege­bedarf nicht zu hoch ist.

Ambulant betreute Wohn­gemeinschaften bieten eine familiärere Atmosphäre bei gleichzeitiger fachlicher Betreuung. Die häusliche Pflege durch einen ambulanten Pflege­dienst ist möglich, wenn Angehörige unterstützen können. Jede dieser Optionen hat Vor- und Nachteile, die abhängig von der individuellen Situation abgewogen werden müssen.

Beratungsmöglichkeiten

In dieser Situation sollten Sie sich unbedingt beraten lassen. Der VdK empfiehlt, sich bei einer akuten Notlage schnell beraten zu lassen, beispielsweise bei der Pflegekasse, einem Pflegestützpunkt vor Ort oder bei der Verbraucherzentrale[11]. In diesem Beratungsgespräch sollte geklärt werden, inwiefern eine angemessene Ersatzeinrichtung in Anspruch genommen werden kann und ob unter Umständen Umzugskosten erstattet werden können[11].

Pflege­stützpunkte bieten kostenlose und unabhängige Beratung zu allen Fragen rund um die Pflege. Sozial­dienste in Kranken­häusern können bei der Vermittlung eines Heim­platzes helfen, besonders wenn eine Krankenhausbehandlung vorausgegangen ist. Unter Umständen können auch Umzugs­kosten erstattet werden, wenn das Pflege­heim schließt. Dies sollten Sie mit Ihrer Pflege­kasse klären.

Fazit

Probleme im Pflege­heim müssen nicht hingenommen werden. Als Bewohner:in oder Angehörige:r haben Sie verschiedene Möglichkeiten, auf Mängel zu reagieren und Verbesserungen einzufordern. Ein systematisches Vorgehen, eine sorgfältige Dokumentation der Probleme und das Gespräch mit den Verantwortlichen sind die ersten Schritte, bevor rechtliche Maßnahmen ergriffen werden.

Die aktuelle Situation in der Pflegebranche mit steigendem Bedarf und gleichzeitigem Personal­mangel bleibt eine Herausforderung. Durch den jährlichen Anstieg der Pflegebedürftigen um durchschnittlich 326.000 Personen und die Prognose, dass bis 2040 etwa sechs Millionen Menschen pflegebedürftig sein werden, verschärft sich die Lage weiter[2].

Für Bewohner:innen und Angehörige ist es daher umso bedeutsamer, ihre Rechte zu kennen und wahrzunehmen. Eine aktive Auseinandersetzung mit Mängeln kann nicht nur die persönliche Situation verbessern, sondern trägt auch dazu bei, die Qualität in Pflege­heimen insgesamt zu verbessern und ein würdevolles Leben im Alter zu ermöglichen.