Polnische Pflegekräfte: Alles Wissenswerte zur Betreuung im eigenen Zuhause
Zusammenfassung
Die Beschäftigung einer osteuropäischen Betreuungskraft, oft aus Polen, ermöglicht pflegebedürftigen Menschen, in ihrem gewohnten Zuhause zu bleiben. Diese Kräfte übernehmen Grundpflege und hauswirtschaftliche Tätigkeiten, dürfen jedoch keine medizinische Behandlungspflege leisten. Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit sind klare rechtliche Regelungen, gute Deutschkenntnisse und sorgfältige Vorbereitung entscheidend.
- Was bedeutet der Begriff "Polnische Pflegekraft"?
- Welche Aufgaben übernehmen polnische Pflegekräfte?
- Rechtliche Grundlagen der Beschäftigung
- Vorteile der Betreuung durch polnische Pflegekräfte
- Herausforderungen bei der Beschäftigung polnischer Pflegekräfte
- Vorbereitung auf die Ankunft einer polnischen Pflegekraft
- Typischer Ablauf und Organisation
- Worauf Sie bei der Auswahl achten sollten
- Besondere Betreuungssituationen
- Fazit
In Deutschland leben schätzungsweise 400.000 bis 700.000 Betreuungskräfte aus Osteuropa, wobei die meisten aus Polen stammen und überwiegend weiblich sind[11]. Wenn Angehörige pflegebedürftig werden, suchen viele Familien nach Lösungen, die ein Verbleiben in der gewohnten Umgebung ermöglichen. Häusliche Betreuung durch eine polnische Pflegekraft bietet hierfür eine Alternative zum Pflegeheim. Dieser Artikel informiert Sie über rechtliche Rahmenbedingungen, Aufgabenbereiche und praktische Aspekte dieser Betreuungsform.

Was bedeutet der Begriff "Polnische Pflegekraft"?
Der Begriff “Polnische Pflegekraft” hat sich als Sammelbezeichnung für eine bestimmte Form der Seniorenbetreuung etabliert: Eine Person aus Osteuropa wohnt im Haushalt eines älteren oder pflegebedürftigen Menschen, um Betreuung, Unterhaltung und gegebenenfalls Pflege zu leisten[11]. Dabei kommen die Betreuungspersonen keineswegs ausschließlich aus Polen, sondern auch aus anderen osteuropäischen Ländern wie Bulgarien, Kroatien, Rumänien, der Slowakei, Tschechien, Ungarn und zunehmend aus der Ukraine[11].
Wichtig zu wissen: Bei den sogenannten “polnischen Pflegekräften” handelt es sich in der Regel nicht um examinierte Pflegefachkräfte, sondern um Betreuungskräfte[11]. Sie können grundpflegerische Tätigkeiten übernehmen, sind jedoch nicht für medizinische Behandlungspflege qualifiziert oder berechtigt[5][11].
Unterschied zwischen Betreuungskraft und Pflegefachkraft
Im deutschen Gesundheitssystem gibt es eine klare Abgrenzung:
Betreuungskräfte dürfen Grundpflege leisten (waschen, anziehen, Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme) und hauswirtschaftliche Tätigkeiten übernehmen[5][11].
Pflegefachkräfte sind hingegen für die medizinische Behandlungspflege zuständig, etwa Medikamentengabe, Blutdruckmessung oder das Anlegen von Kompressionsstrümpfen[11].
Falls eine pflegebedürftige Person also Hilfe bei medizinischen Maßnahmen benötigt, müssen Sie zusätzlich zur osteuropäischen Betreuungskraft einen ambulanten Pflegedienst beauftragen[11].
Welche Aufgaben übernehmen polnische Pflegekräfte?
Die Tätigkeiten einer Betreuungskraft aus Osteuropa konzentrieren sich hauptsächlich auf zwei Bereiche:
Grundpflege und körperliche Hilfestellung
- Unterstützung bei der Körperpflege
- Hilfe beim An- und Auskleiden
- Begleitung beim Verlassen und Aufsuchen des Hauses
- Unterstützung beim Treppensteigen
- Hilfe bei der Mundpflege
- Unterstützung beim Toilettengang
- Hilfe beim Duschen oder Baden
- Unterstützung bei der Haarpflege und beim Rasieren
- Hilfe bei der Nahrungsaufnahme[5][11]
Hauswirtschaftliche Versorgung und Alltagsbegleitung
- Zubereitung von Mahlzeiten
- Einkäufe und Besorgungen
- Begleitung bei Arztbesuchen
- Reinigung der Wohnung
- Waschen und Bügeln
- Versorgung von Haustieren und Pflanzen
- Terminvereinbarungen mit Ärzt:innen oder sozialen Einrichtungen
- Strukturierung des Tagesablaufs
- Freizeitgestaltung wie Spaziergänge, Vorlesen und Unterhaltung[5][11]
Rechtliche Grundlagen der Beschäftigung
Arbeitsnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU
Seit dem 1. Mai 2011 gilt für Bürger:innen aus EU-Mitgliedstaaten wie Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei die sogenannte Arbeitsnehmerfreizügigkeit[4]. Dies bedeutet, dass sie ohne gesonderte Arbeitserlaubnis in deutschen Privathaushalten angestellt werden dürfen. Für Personen aus Rumänien und Bulgarien gilt diese Regelung seit dem 1. Januar 2014, für kroatische Staatsangehörige seit dem 1. Juli 2015[4].
Beschäftigungsmodelle
Für die legale Beschäftigung einer osteuropäischen Betreuungskraft gibt es zwei gängige Modelle:
1. Entsendemodell
Beim Entsendemodell beauftragen Sie ein osteuropäisches Unternehmen, eine Betreuungskraft nach Deutschland zu “entsenden”[11]. Die Betreuungsperson bleibt beim ausländischen Unternehmen angestellt, und Sie schließen einen Dienstleistungsvertrag mit diesem Arbeitgeber ab. Häufig ist eine deutsche Vermittlungsagentur zwischengeschaltet.
Wichtig: Achten Sie darauf, dass folgende Dokumente vorliegen:
- Gültige Krankenversicherung
- Sozialversicherungsausweis (A1-Dokument)[11]
Die Entsendung ist auf zwei Jahre beschränkt, wobei die meisten Betreuungskräfte kürzer in Deutschland bleiben[11].
2. Arbeitgebermodell
Alternativ können Sie eine ausländische Betreuungskraft selbst anstellen[11]. Als Arbeitgeber sind Sie dann verantwortlich für:
- Kranken-, Unfall- und Pflegeversicherung der Betreuungskraft
- Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge
Im Gegenzug können Sie Tätigkeiten, Arbeitszeiten und Verhaltensregeln selbst festlegen - unter Beachtung des gesetzlichen Arbeitsschutzes und der Arbeitszeitregelungen[11].
Vorteile der Betreuung durch polnische Pflegekräfte
Die Beschäftigung einer Betreuungskraft aus Osteuropa bietet mehrere Vorteile:
Verbleib in der gewohnten Umgebung
Pflegebedürftige Menschen möchten ihr gewohntes Umfeld meist nicht verlassen[11]. Mit einer osteuropäischen Betreuungskraft können sie in ihrem eigenen Zuhause bleiben, was für viele ein wichtiger Faktor für Wohlbefinden und Lebensqualität ist.
Individuelle und zeitintensive Betreuung
Im Gegensatz zu Pflegeheimen, wo sich das Personal um viele Menschen gleichzeitig kümmern muss, kann sich eine osteuropäische Betreuungskraft intensiv um die zu betreuende Person kümmern[12]. So bleibt mehr Zeit für Gespräche und die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse.
Günstigere Kosten im Vergleich zu deutschen Betreuungskräften
Osteuropäische Betreuungskräfte sind in der Regel kostengünstiger als vergleichbare deutsche Angebote[12]. Dies macht die 24-Stunden-Betreuung für viele Familien erst finanzierbar.
Herausforderungen bei der Beschäftigung polnischer Pflegekräfte
Bei der Entscheidung für eine osteuropäische Betreuungskraft sollten Sie auch mögliche Schwierigkeiten berücksichtigen:
Häufige Kritikpunkte
In der Praxis werden folgende Probleme am häufigsten genannt:
- Fehlende Aufklärung über den tatsächlichen Leistungsumfang
- Illegale Anstellungsverhältnisse
- Nichteinhaltung der Arbeitszeiten
- Geringe Deutschkenntnisse
- Versteckte Kosten
- Häufige Wechsel der Betreuungskräfte[2]
Ursachen für Probleme: Diese Schwierigkeiten entstehen meist durch mangelnde pflegefachliche Kompetenz, organisatorische Probleme oder zu starke Gewinnorientierung des Vermittlers[2].
Missverständnisse über den Leistungsumfang
Ein häufiges Missverständnis bei der Betreuung durch osteuropäische Pflegekräfte ist die Erwartung, dass diese auch medizinische Behandlungspflege erbringen können[2]. Wie bereits erwähnt, dürfen Betreuungskräfte keine medizinischen Maßnahmen durchführen - hierfür ist ein ambulanter Pflegedienst notwendig.
Sprachliche Barrieren
Gute Deutschkenntnisse der Betreuungsperson sind entscheidend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Mangelnde Sprachkenntnisse können zu Kommunikationsproblemen und Missverständnissen führen, die den Betreuungsalltag erschweren[2].
Vorbereitung auf die Ankunft einer polnischen Pflegekraft
Räumliche Voraussetzungen
Für die Unterbringung einer osteuropäischen Betreuungskraft benötigen Sie:
- Ein abschließbares Zimmer mit Bett und Schrank
- Ein Badezimmer zur Mitbenutzung
- Einen Internetanschluss zur Mitbenutzung[12][3]
Informationsweitergabe
Für einen reibungslosen Start der Betreuung ist es hilfreich, folgende Informationen bereitzustellen:
- Beschreibung der zu betreuenden Person (Charakter, Gewohnheiten, etc.)
- Familiäre Beziehungen
- Tages- und Wochenplan
- Wichtige Informationen zu Erkrankungen
- Ernährungsvorlieben
- Orientierungshilfen für die Wohnung
- Informationen zur Umgebung
- Umgang mit dem Haushaltsgeld
- Ansprechpartner:innen vor Ort mit Kontaktdaten
- Übersetzungshilfen (App oder Wörterbuch)
- Erklärung der Haushaltsgeräte
- Informationen zur Internetnutzung
- Erklärung von Notklingel oder Hausnotruf
- Regelungen zur Auto- und Fahrradnutzung[3]
Typischer Ablauf und Organisation
Aufenthaltsdauer und Wechselrhythmus
In der Regel bleiben osteuropäische Betreuungskräfte sechs bis acht Wochen in Deutschland, bevor ein Wechsel stattfindet[12]. Um eine kontinuierliche Betreuung über längere Zeiträume zu gewährleisten, können mehrere Betreuungspersonen im Wechsel beauftragt werden.
Arbeitszeiten und Freizeit
In einer geregelten Anstellung dürfen 38,5 Stunden Wochenarbeitszeit nicht überschritten werden[12]. Bei selbstständiger Tätigkeit entfällt diese Begrenzung der Arbeitszeit. Dennoch sollten Sie beachten, dass auch den Betreuungskräften freie Tage zustehen. Es ist sinnvoll, diese mit den Besuchstagen der Angehörigen abzustimmen[12].
Worauf Sie bei der Auswahl achten sollten
Bei der Entscheidung für eine osteuropäische Betreuungskraft sollten Sie folgende Aspekte berücksichtigen:
Rechtliche Absicherung
- Überprüfen Sie, ob die Betreuungskraft das A1-Dokument besitzt
- Stellen Sie sicher, dass Mindestlohn und Arbeitszeitregelungen eingehalten werden
- Beim Arbeitgebermodell: Erfüllen Sie alle Meldepflichten
- Halten Sie alle Vereinbarungen schriftlich fest[11]
Qualifikationen und persönliche Passung
- Hat die Person Erfahrung in der Grundpflege? (Fordern Sie gegebenenfalls Referenzen an)
- Sind die Deutschkenntnisse ausreichend?
- Stimmt die “Chemie” zwischen der zu betreuenden Person und der Betreuungskraft?[11]
Auswahl der Vermittlungsagentur
- Klären Sie vorab alle Kosten
- Prüfen Sie die Agentur auf Transparenz und Zertifikate
- Achten Sie auf Qualitätsmerkmale wie die von Stiftung Warentest empfohlene Zertifizierung nach DIN SPEC 33454[2]
Besondere Betreuungssituationen
Betreuung bei Demenz und Alzheimer
Gerade bei Menschen mit Demenz oder Alzheimer kann die Betreuung im eigenen Zuhause vorteilhaft sein. Die individuelle Pflege bietet die Möglichkeit, durch Beschäftigung und Motivierung zum eigenständigen Handeln die kognitive Leistungsfähigkeit zu trainieren[12].
Ein weiterer Vorteil gegenüber ambulanten Pflegediensten, die häufig mit wechselndem Personal arbeiten: Die Betreuungskraft lernt die Besonderheiten des Haushalts und die individuellen Wünsche der pflegebedürftigen Person kennen[12].
Fazit
Die Beschäftigung einer osteuropäischen Betreuungskraft kann eine gute Lösung sein, wenn pflegebedürftige Angehörige in ihrem gewohnten Umfeld bleiben möchten. Der rechtliche Rahmen bietet verschiedene Möglichkeiten der legalen Beschäftigung, wobei sowohl das Entsendemodell als auch das Arbeitgebermodell Vor- und Nachteile haben.
Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist es wichtig, die Grenzen der Tätigkeiten zu kennen - insbesondere die Tatsache, dass keine medizinische Behandlungspflege geleistet werden darf. Ebenso entscheidend sind eine sorgfältige Auswahl der Vermittlungsagentur, klare Absprachen über den Leistungsumfang und die Schaffung guter Rahmenbedingungen für die Betreuungskraft.
Mit der richtigen Vorbereitung und Beachtung der rechtlichen Vorgaben kann die Betreuung durch eine osteuropäische Pflegekraft eine wertvolle Unterstützung sein, die pflegebedürftigen Menschen ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden ermöglicht.