Pflichtteilsergänzungsanspruch – einfach erklärt

Patientenverfügung.digital

erstellt am:

2022-03-21

letzte Änderung:

2023-01-09

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch kann beim Nachlass und Schenkungen eine wichtige Rolle spielen. In diesem Artikel erklären wir Ihnen, was hinter dem Begriff steckt und beantworten Ihnen die wichtigsten Fragen.

Pflichtteilsergänzungsanspruch

Was ist ein Pflichtteilsergänzungsanspruch?

Das Prinzip des Pflichtteilsergänzungsanspruchs ist schnell erklärt: Wenn Sie Ihren Nachlass als Erblasser durch Schenkungen verringern, können enterbte Pflichtteilsberechtigte die Höhe der Schenkung als Pflichtteilsergänzung geltend machen (gemäß § 2325 Bundesgesetzbuch). Dann wird der Pflichtteil so berechnet, als hätte die Schenkung nicht stattgefunden. Man spricht auch von einem fiktiven Nachlass.

Wichtig: Pflichtteilsansprüche entstehen, wenn ein Erblasser gesetzliche Erben (zum Beispiel Kinder, Ehegatten, Eltern) enterbt. Das ist mit einem Testament oder Erbvertrag möglich.

Warum gibt es den Pflichtteilsergänzungsanspruch?

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch soll verhindern, dass der Erblasser die Höhe des Pflichtteils durch Schenkungen reduziert. Es geht also um einen rechtlichen „Schutz“ der Pflichtteilsberechtigten.

In § 2325 im Bundesgesetzbuch (BGB) heißt es:

„Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.“

Wie ist eine Schenkung definiert?

Das Bundesgesetzbuch (§ 516) definiert den Begriff der Schenkung so:

"Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist eine Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt."

Das bedeutet: Wenn Sie jemanden aus Ihrem Vermögen ohne Gegenleistung etwas schenken, ist das eine Schenkung. Dabei unterscheidet man zwischen verschiedenen Schenkungsarten, die wir Ihnen im Folgenden vorstellen.

Welche Schenkungsarten gibt es?

Gemischte Schenkung

Bei einer gemischte Schenkung gibt es eine Gegenleistung. Allerdings entspricht diese Gegenleistung nicht dem Wert der Schenkung. Ein Beispiel: Sie „schenken“ eine Immobilie in Höhe von 300.000 Euro und erhalten dafür 100.000 Euro. Dann würde ein Pflichtteilsergänzungsanspruch in Höhe von 200.000 Euro entstehen.

Zuwendungen unter Ehepartnern

Bei einer Zuwendung unter Ehegatten schenken sich Ehepartner untereinander einen Vermögenswert. Aus rechtlicher Sicht gelten solche Zuwendungen in einer Ehe nicht als Schenkung – werden im Pflichtteilsrecht allerdings wie Schenkungen behandelt. Außerdem können Zuwendungen (und damit einhergehende Vermögensverschiebungen) zu Änderungen des Güterstands führen.

Lebensversicherungen

Eine Bezugsberechtigung einer Lebensversicherung gilt im Normall ebenfalls als Schenkung. Wie genau die Schenkung bewertet wird, kann sich je nach Lebensversicherungsvertrag unterscheiden.

Stiftungen

Wenn Sie als Erblasser Vermögen an eine Stiftung übergeben bzw. spenden, handelt es sich ebenfalls um eine Schenkung. Das ist auch der Fall, wenn der Betrag an eine Familienstiftung geht.

Welche Schenkungen werden beim Pflichtteilsergänzungsanspruch beachtet?

  • Für den Pflichtteilsergänzungsanspruch gilt eine 10-Jahres-Frist. Das bedeutet: Nur Schenkungen innerhalb der letzten 10 Lebensjahre des Erblassers werden berücksichtigt.

  • Der Wert einer Schenkung mindert sich jährlich um 10 Prozent. Je länger eine Schenkung zurückliegt, desto weniger Wert wird demnach für den Pflichtteilsergänzungsanspruch berechnet. Demnach wird eine Schenkung nur voll berücksichtigt, wenn die Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall stattgefunden hat.

Wichtig: Bei Ehegatten gibt es eine besondere Regelung der 10-Jahres-Frist. Die Frist startet nämlich erst, wenn die Ehepartner nicht mehr verheiratet sind. So kann selbst eine gegenseitige Schenkung der Ehepartner vor 30 Jahren noch zu den Pflichtteilsergänzungsansprüchen gezählt werden.

Welche Fristen gibt es außerdem?

Für Pflichtteilsansprüche und Pflichtteilsergänzungsansprüche gilt eine dreijährige Verjährungsfrist. In dieser Zeit müssen Sie Ihren Anspruch geltend machen. Die Frist beginnt, wenn der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis von Erbfall und der letztwilligen Verfügung (beispielsweise Enterbung im Testament) hat bzw. diese haben sollte („grob fahrlässige Unkenntnis“).

Wie erfahren Enterbte von einer Schenkung?

Der Erblasser muss Angehörige und Erben weder über Enterbungen noch Schenkungen informieren. Allerdings müssen Erben ein Nachlassverzeichnis erstellen und dort auch Schenkungen und Vermögensübertragungen aufführen. Zudem haben Enterbte gemäß dem Pflichtteilsrecht umfassende Ansprüche auf Auskünfte und Wertermittlungen.

Gibt es Alternativen zur Schenkung für Erblasser?

Wer den Pflichtteil gesetzlicher Erben mindern möchte, kann nicht viel tun. Sie können versuchen, einen Verzicht auf den Pflichtteil mit enterbten Angehörigen zu vereinbaren. Oder die Höhe der Pflichtteile durch einen Güterstandswechsel, Heirat, Adoption oder Verkauf gegen Leibrente verändern.

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