Pflegehilfsmittel beantragen: Ein praktischer Leitfaden für Pflegebedürftige und Angehörige
Zusammenfassung
Pflegehilfsmittel erleichtern die häusliche Pflege und können von der Pflegeversicherung beantragt werden, wenn ein Pflegegrad vorliegt. Verbrauchsprodukte wie Einmalhandschuhe oder Desinfektionsmittel werden bis zu 40 Euro monatlich übernommen, während technische Hilfsmittel wie Pflegebetten meist leihweise bereitgestellt werden. Der Antrag ist unkompliziert und kann formlos bei der Pflegekasse gestellt werden.
Pflegehilfsmittel können den Alltag mit Pflegebedürftigkeit erheblich erleichtern - sowohl für die Betroffenen selbst als auch für pflegende Angehörige. Dieser Artikel erklärt, welche Hilfsmittel Ihnen zustehen, wie Sie diese beantragen und welche finanziellen Unterstützungen die Pflegeversicherung bietet. Mit den richtigen Hilfsmitteln kann die häusliche Pflege deutlich einfacher werden und die Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person länger erhalten bleiben.

Was sind Pflegehilfsmittel?
Pflegehilfsmittel sind Geräte und Materialien, die für die häusliche Pflege notwendig sind. Sie sollen die Pflege erleichtern, die Beschwerden der pflegebedürftigen Person lindern oder zu einer selbstständigeren Lebensführung beitragen[1][2]. Die gesetzliche Grundlage für den Anspruch auf Pflegehilfsmittel ist im § 40 SGB XI verankert[4][6].
Die Pflegeversicherung unterscheidet zwischen zwei Arten von Pflegehilfsmitteln:
Technische Pflegehilfsmittel
Hierzu zählen wiederverwendbare Geräte und Gegenstände wie:
Diese Hilfsmittel werden in der Regel leihweise und kostenfrei zur Verfügung gestellt. Bei Neuanschaffungen zahlen Sie einen Eigenanteil von 10 Prozent, maximal jedoch 25 Euro pro Hilfsmittel[5].
Verbrauchsprodukte zum einmaligen Gebrauch
Darunter fallen Produkte, die regelmäßig verbraucht werden, wie:
Für diese Verbrauchsprodukte übernimmt die Pflegekasse monatlich Kosten in Höhe von bis zu 40 Euro[3][4][5].
Wer hat Anspruch auf Pflegehilfsmittel?
Der Anspruch auf Pflegehilfsmittel besteht unter folgenden Voraussetzungen:
Pflegegrad 1 oder höher: Sobald ein Pflegegrad festgestellt wurde, haben Sie grundsätzlich Anspruch auf Pflegehilfsmittel[3].
Häusliche Pflege: Die pflegebedürftige Person muss zu Hause oder in einer ambulanten Pflegeeinrichtung betreut werden. In einem Pflegeheim übernimmt die Einrichtung die Bereitstellung der notwendigen Hilfsmittel[3][6].
Unabhängig von der Art der Pflege: Es spielt keine Rolle, ob die Pflege durch Angehörige, Freund:innen oder einen ambulanten Pflegedienst erfolgt[3].
Der Anspruch besteht unabhängig vom Pflegegrad - auch mit Pflegegrad 1 haben Sie ein Recht auf die notwendigen Hilfsmittel[2][3].
So beantragen Sie Pflegehilfsmittel
Der Antrag auf Pflegehilfsmittel ist einfacher, als viele denken. Hier erfahren Sie, wie Sie Schritt für Schritt vorgehen sollten:
1. Antrag bei der Pflegekasse stellen
Sobald ein Pflegegrad vorliegt, können Sie einen Antrag bei Ihrer Pflegekasse stellen. Dies ist auf verschiedenen Wegen möglich:
Formloser Antrag: Ein einfaches Schreiben, in dem Sie Ihren Bedarf an Pflegehilfsmitteln angeben, reicht in vielen Fällen aus[3][5].
Persönlich, postalisch oder elektronisch: Der Antrag kann per Post gesendet, persönlich in der Geschäftsstelle abgegeben oder - bei vielen Pflegekassen - auch elektronisch (z.B. per E-Mail oder über ein sicheres Kontaktformular) eingereicht werden[5].
Über Anbieter: Einige spezialisierte Anbieter übernehmen für Sie den gesamten Antragsprozess und minimieren den bürokratischen Aufwand[3][4].
Wichtig: Ein ärztliches Rezept ist für die meisten Pflegehilfsmittel nicht erforderlich. Es genügt, wenn Sie der Pflegekasse Ihren Bedarf mitteilen[2][6].
2. Pflegegrad nachweisen
Um den Antrag bearbeiten zu können, muss der Pflegegrad nachgewiesen werden. Dies geschieht in der Regel durch die Pflegekasse, die den Pflegegrad anhand eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) festgestellt hat[3].
3. Empfehlungen nutzen
In vielen Fällen müssen Sie den Erstantrag gar nicht selbst stellen:
Empfehlungen im Pflegegutachten: Während der Begutachtung durch den Medizinischen Dienst werden oft bereits Empfehlungen für benötigte Pflegehilfsmittel ausgesprochen. Diese Empfehlungen gelten - mit Ihrer Zustimmung - automatisch als Antrag[1][5].
Empfehlungen durch Pflegefachkräfte: Auch Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Tätigkeit konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittelversorgung abgeben, die als Antrag gelten[1][5].
4. Bearbeitungsfristen beachten
Die Pflegekasse muss über Ihren Antrag innerhalb bestimmter Fristen entscheiden:
Drei Wochen: Grundsätzliche Bearbeitungsfrist nach Antragseingang[1].
Fünf Wochen: Wenn für die Entscheidung eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst beteiligt werden muss[1].
Kann die Pflegekasse diese Fristen nicht einhalten, muss sie Sie rechtzeitig schriftlich informieren und dies begründen. Erfolgt keine Mitteilung, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist automatisch als genehmigt[1].
Praktische Tipps für eine erfolgreiche Beantragung
Damit Ihr Antrag auf Pflegehilfsmittel reibungslos genehmigt wird, sollten Sie folgende Tipps beachten:
Bei der Antragstellung
Konkretes Hilfsmittel nennen: Beantragen Sie nicht allgemein “Hilfsmittel”, sondern nennen Sie das konkrete Produkt, z.B. “Pflegebett” oder “Einmalhandschuhe”[2].
Begründung liefern: Erklären Sie, warum Sie dieses Hilfsmittel benötigen und wie es die Pflege erleichtert oder zur Selbstständigkeit beiträgt[2].
Größere Hilfsmittel: Bei größeren Hilfsmitteln wie Pflegebetten kann eine ärztliche Verordnung hilfreich oder sogar notwendig sein. Reichen Sie in diesem Fall das Rezept zusammen mit einem Kostenvoranschlag des Leistungserbringers (z.B. Sanitätshaus) ein[6].
Bei Verbrauchsprodukten
Genaue Produkte spezifizieren: Geben Sie bei Verbrauchsprodukten genau an, welche Artikel Sie benötigen (z.B. Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe in bestimmter Größe)[2].
Monatliches Budget nutzen: Denken Sie daran, dass Sie ein monatliches Budget von bis zu 40 Euro für Verbrauchsprodukte haben. Dieses sollten Sie optimal ausschöpfen[3][4].
Sonderfall: Medizinische Hilfsmittel
Hilfsmittel, die aus medizinischen Gründen benötigt werden (z.B. Gehilfen, Rollstühle), werden nicht von der Pflegeversicherung, sondern von der Krankenversicherung übernommen. Hierfür ist ein ärztliches Rezept erforderlich[2][6].
Finanzielle Aspekte und Eigenbeteiligung
Bei der Kostenübernahme für Pflegehilfsmittel gibt es einige wichtige finanzielle Aspekte zu beachten:
Kostenübernahme bei Verbrauchsprodukten
Die Pflegekasse übernimmt monatlich Kosten für Verbrauchsprodukte in Höhe von bis zu 40 Euro. Diese Pauschale wird nicht automatisch ausgezahlt, sondern muss zweckgebunden für entsprechende Produkte verwendet werden[3][4].
Eigenbeteiligung bei technischen Pflegehilfsmitteln
Leihweise überlassene Hilfsmittel: Werden technische Pflegehilfsmittel leihweise zur Verfügung gestellt, fallen in der Regel keine Zuzahlungen an[2][5].
Neuanschaffungen: Bei Neuanschaffungen zahlen Sie einen Eigenanteil von 10 Prozent der Kosten, maximal jedoch 25 Euro pro Hilfsmittel[5].
Vereinfachte Abrechnung durch Dienstleister
Viele spezialisierte Anbieter bieten einen Service an, bei dem sie den gesamten Prozess der Beantragung und Abrechnung mit der Pflegekasse übernehmen. So erhalten Sie Ihre benötigten Pflegehilfsmittel, ohne sich selbst um die Abrechnung kümmern zu müssen[3][4].
Fazit: Wissen spart Zeit und Kräfte
Mit den richtigen Pflegehilfsmitteln können Sie die häusliche Pflege deutlich erleichtern und die Lebensqualität der pflegebedürftigen Person verbessern. Der Antrag ist in vielen Fällen einfacher als gedacht - oft reicht ein formloses Schreiben an die Pflegekasse. Nutzen Sie Ihren gesetzlichen Anspruch und scheuen Sie sich nicht, Unterstützung bei der Antragstellung in Anspruch zu nehmen.
Denken Sie daran: Ein gut begründeter Antrag mit konkreter Benennung der benötigten Hilfsmittel hat die besten Erfolgsaussichten. Und bei Ablehnung haben Sie immer die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen.
Mit den richtigen Pflegehilfsmitteln können sowohl die pflegebedürftige Person als auch die pflegenden Angehörigen ihren Alltag leichter bewältigen - ein wichtiger Schritt zu mehr Selbstständigkeit und Lebensqualität trotz Pflegebedürftigkeit.