Der Pflegeheimvertrag: Ihre Rechte und Pflichten bei der stationären Pflege

Zusammenfassung

Ein Pflegeheimvertrag regelt die Leistungen, Kosten und Rechte im Zusammenhang mit der stationären Pflege und ist gesetzlich durch das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) vorgeschrieben. Er muss schriftlich abgeschlossen werden und vorvertragliche Informationen wie Leistungsumfang, Kostenaufstellung und Wohnraumbeschreibung enthalten. Wichtig ist, dass alle Vereinbarungen klar definiert sind, um spätere Missverständnisse oder Konflikte zu vermeiden.

Der Umzug in ein Pflege­heim stellt einen bedeutenden Ein­schnitt in das bisherige Leben dar. Der Pflege­heim­vertrag bildet dabei die recht­liche Grund­lage für den Auf­enthalt und die Pflege in einer stationären Ein­richtung. Dieser Artikel gibt Ihnen einen Über­blick über die wich­tigsten Punkte, die Sie zum Thema wissen sollten.

Zwei Personen in einem Büro, die einen Vertrag abschließen und sich die Hand geben.

Was ist ein Pflege­heim­vertrag?

Ein Pflege­heim­vertrag (auch Wohn- und Betreuungs­vertrag oder Heim­vertrag genannt) ist eine schrift­liche Ver­ein­barung zwischen dem Pflege­heim (als Unter­nehmer) und der pflege­bedürftigen Person (als Ver­braucher:in). Er regelt, unter welchen Be­dingungen der Heim­betreiber sich verpflichtet, Wohn­raum sowie Pflege- und Betreuungs­leistungen anzu­bieten[2].

Wichtig: Der Vertrag muss zwingend in Papier­form vor­liegen und von beiden Seiten unter­schrieben werden. Ein Vertrags­abschluss auf elektro­nischem Weg (z.B. per E-Mail) ist aus­geschlossen[16].

Rechtliche Grundlagen des Pflege­heim­vertrags

Die gesetz­liche Basis für den Pflege­heim­vertrag bildet das Wohn- und Betreuungs­vertrags­gesetz (WBVG), das seit dem 1. Januar 2009 bundes­weit gilt. Es schützt Menschen, die in Pflege­ein­richtungen leben, vor Benach­teiligungen[2][11].

Das WBVG regelt unter anderem:

  • Informations­pflichten des An­bieters vor Vertrags­abschluss
  • Anpassungs­möglichkeiten bei Änderung des Pflege­bedarfs
  • Voraus­setzungen für Kosten­erhöhungen
  • Kündigungs­bedingungen
  • Pflicht­inhalte des Vertrags[2]

Ergänzt wird das WBVG durch die Heim­gesetze der einzelnen Bundes­länder, die bau­liche Vorgaben, Einrichtungs­standards und Personal­schlüssel festlegen[2].

Vor­vertragliche Informations­pflichten

Bevor Sie einen Pflege­heim­vertrag unter­schreiben, muss der Heim­betreiber Sie umfassend über das Angebot informieren. Diese soge­nannten vor­vertraglichen Informationen müssen:

  • schriftlich vorliegen
  • rechtzeitig vor Vertrags­abschluss über­mittelt werden
  • in leicht verständlicher Sprache verfasst sein[13][18]

Die vor­vertraglichen Informationen müssen folgende Punkte enthalten:

  • Beschreibung des Gebäudes und seiner Aus­stattung
  • Größe und Aus­stattung des zur Verfügung gestellten Wohn­raums
  • Art und Anzahl der Mahl­zeiten
  • Art, Inhalt und Umfang der Pflege- und Betreuungs­leistungen
  • Die jeweiligen Kosten für alle Leistungen[13][16]

Praxis­tipp: Lesen Sie die vor­vertraglichen Informationen sorg­sam durch. Der Heim­betreiber ist an diese Angaben gebunden - Sie können sich später darauf berufen[13].

Inhalte des Pflege­heim­vertrags

Ein gültiger Pflege­heim­vertrag muss bestimmte Mindest­angaben enthalten:

1. Angaben zu den Ver­trags­partnern

Vorsicht bei der Unterschrift: Wenn Sie für ein Familien­mitglied unter­schreiben, sollten Sie dies mit dem Zusatz “in Ver­tretung” oder “als Bevoll­mächtigte:r” kenn­zeichnen. Ansonsten könnten Sie persönlich haft­bar gemacht werden[18].

2. Wohnraum und Aus­stattung

  • Genaue Bezeichnung des zu­gewiesenen Zimmers (am besten mit Nummer)
  • Quadrat­meter­angabe
  • Beschreibung der Aus­stattung
  • Angabe zur Nutzung der Gemein­schafts­räume[18]

3. Pflege- und Betreuungs­leistungen

  • Detaillierte Beschreibung der Leistungen
  • Art, Inhalt und Umfang der Pflege
  • Zusätzliche Betreuungs­angebote[16]

4. Verpflegung

  • Art und Anzahl der Mahl­zeiten
  • Spezielle Kostformen (z.B. Diät­kost)[13]

5. Kosten und Zahlungs­modalitäten

  • Genaue Auf­schlüsselung aller Kosten­bestand­teile
  • Zahlungs­weise und Zahlungs­zeit­punkt
  • Regelungen zu Kosten­erhöhungen[16][18]

6. Kündigungs­regelungen

  • Fristen und Modalitäten für eine ordentliche Kündigung
  • Gründe für eine außer­ordentliche Kündigung[2]

Kosten und Finan­zierung

Die Kosten für einen Pflege­heim­platz setzen sich aus mehreren Bestand­teilen zusammen:

  1. Pflege­kosten: Ein Teil wird durch die Pflege­versicherung über­nommen. Die Höhe hängt vom Pflege­grad ab:

    • Pflege­grad 1: Zuschuss von 131 Euro
    • Pflege­grad 2: 805 Euro
    • Pflege­grad 3: 1.319 Euro
    • Pflege­grad 4: 1.855 Euro
    • Pflege­grad 5: 2.096 Euro[19]
  2. Einrichtungs­einheitlicher Eigen­anteil (EEE): Dieser ist für alle Bewohner:innen eines Heims unab­hängig vom Pflege­grad gleich. Die Pflege­kasse gewährt seit Januar 2024 Zuschüsse, die mit der Aufenthalts­dauer steigen:

    • ab dem 1. Monat: 15% Zuschuss
    • ab dem 13. Monat: 30% Zuschuss
    • ab dem 24. Monat: 50% Zuschuss
    • ab dem 37. Monat: 75% Zuschuss[17]
  3. Unterkunft und Verpflegung: Diese Kosten müssen vollständig selbst getragen werden.

  4. Investitions­kosten: Kosten für Instand­haltung und Modernisierung der Einrichtung.

  5. Ausbildungs­kosten: Umlage für die Ausbildung des Pflege­personals[17].

Praxis­beispiel: Im Bundes­durchschnitt betrugen die Eigen­anteile 2024 im ersten Aufenthalts­jahr 2.871 Euro monatlich. Mit zunehmender Aufenthalts­dauer sinkt dieser Betrag durch die Zuschüsse der Pflege­kasse[17].

Tipps für den Vertrags­abschluss

Vor der Unterschrift:

  • Vergleichen Sie mehrere Angebote: Preise und Leistungen können erheblich variieren.
  • Lassen Sie sich Zeit: Studieren Sie die vor­vertraglichen Informationen genau.
  • Nehmen Sie eine vertraute Person mit: Vier Augen sehen mehr als zwei.
  • Achten Sie auf versteckte Kosten: Hinter­fragen Sie pauschale Zusatz­kosten.
  • Prüfen Sie die Kündigungs­regelungen: Wie schnell können Sie im Notfall kündigen?

Bei der Vertrags­unterschrift:

  • Richtige Vertrags­partner: Der pflege­bedürftige Mensch sollte Vertrags­partner sein. Die Verbraucher­zentrale empfiehlt: “Vertrags­partner sollte nur der Pflege­bedürftige selbst sein. Stehen zum Beispiel Angehörige mit im Vertrag, kann der Pflege­dienst auch von ihnen Geld fordern.”[15]
  • Bei Vertretung: Unter­schreiben Sie mit dem Zusatz “in Vertretung” oder “als Bevoll­mächtigte:r”[18].

Kündigungs­möglichkeiten

Der Pflege­heim­vertrag kann von beiden Seiten gekündigt werden:

Kündigung durch Bewohner:innen:

  • Ordentliche Kündigung: Jederzeit möglich mit einer Frist von meist 4 Wochen zum Monats­ende (genaue Frist im Vertrag prüfen)
  • Außer­ordentliche Kündigung: Bei erheblichen Pflicht­verletzungen des Heims, schwer­wiegenden Mängeln oder deutlichen Kosten­erhöhungen ohne Einhaltung einer Frist[2]
  • Sonder­kündigungs­recht: Wenn vor­vertragliche Informationen nicht oder nicht recht­zeitig bereit­gestellt wurden[18]

Kündigung durch das Heim:

Das Heim kann nur in begründeten Fällen kündigen, etwa wenn:

  • der Betrieb ein­gestellt wird
  • die Ein­richtung nicht mehr für die erforder­liche Pflege geeignet ist
  • Zahlungs­verpflichtungen erheblich verletzt werden
  • das Vertrauens­verhältnis nachhaltig gestört ist[2]

Checkliste: Das sollten Sie beim Pflege­heim­vertrag beachten

□ Vor­vertragliche Informationen erhalten und geprüft?
□ Kosten­zusammen­setzung transparent und nachvoll­ziehbar?
□ Leistungen klar und detailliert beschrieben?
□ Zusatz­leistungen und deren Kosten eindeutig definiert?
□ Kündigungs­fristen und -bedingungen an­gemessen?
□ Bei Vertretung: Zusatz “in Vertretung” ange­geben?
□ Kosten­erhöhungs­klauseln geprüft?
□ Haus­ordnung und zusätzliche Regeln bekannt?

Der Pflege­heim­vertrag schafft Rechts­sicherheit für beide Seiten und hilft, spätere Konflikte zu vermeiden. Wenn Sie unsicher sind, holen Sie sich Rat bei einer unab­hängigen Beratungs­stelle wie der Verbraucher­zentrale oder dem BIVA-Pflege­schutz­bund.