Pflegebedürftigkeit: Grund­lagen, recht­liche Rahmen­bedin­gungen und Unter­stützungs­möglich­keiten

Zusammenfassung

Pflege­bedürftig­keit betrifft Menschen jeden Alters und stellt sowohl Betroffene als auch Angehörige vor große Heraus­forderungen. Mit Kenntnis der rechtlichen Grund­lagen, einer guten Organi­sation des Pflege­alltags und der Nutzung von Unter­stützungs­angeboten können diese Belastungen besser bewältigt werden. Eine Patienten­verfügung hilft zudem, persönliche Wünsche für medizinische Maßnahmen klar festzulegen und Angehörige zu entlasten.

Die Pflege eines Angehörigen oder die eigene Pflegebedürftigkeit stellt viele Menschen vor große Herausforderungen. Etwa 4,13 Millionen Menschen in Deutschland sind pflege­bedürftig, wobei 80 Prozent zu Hause gepflegt werden - meist von Familien­mitgliedern[2]. Mit dem Wissen über die rechtlichen Grundlagen und praktischen Hilfestellungen können Sie sich gut auf diese Situation vorbereiten oder den bestehenden Pflegealltag besser bewältigen.

Arzt im Gespräch mit älterer Person am Tisch, Dokumente und Laptop, Umgebung mit Pflanzen und Regalen.

Was bedeutet Pflege­bedürftig­keit?

Der Begriff der Pflege­bedürftig­keit ist in Deutschland durch das Sozial­gesetz­buch (SGB XI) klar definiert. Die Paragraphen 14 und 15 SGB XI beschreiben, wann ein Mensch gesetzlich als pflegebedürftig gilt und wie diese Einstufung beurteilt wird[12].

Pflegebedürftig bedeutet, dass eine Person aufgrund von körperlichen, geistigen oder seelischen Beein­trächti­gungen langfristig oder dauerhaft Unterstützung bei alltäglichen Tätigkeiten benötigt. Diese Ein­schränkungen können durch Krankheiten, Be­hinde­rungen oder alters­bedingte Ver­änderungen verursacht sein[12].

Pflege­bedürftig­keit kann jeden treffen

Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass Pflege­bedürftig­keit nur ältere Menschen betrifft. Tatsächlich kann jeder - unabhängig vom Alter - pflegebedürftig werden[12]. Auch Kinder und Jugendliche können betroffen sein, wobei deren besondere Bedürfnisse in der pflegerischen Versorgung oft nicht genügend Beachtung finden.

Ursachen für Pflege­bedürftig­keit

Menschen können aus verschiedenen Gründen pflegebedürftig werden:

  • Chronische Erkrankungen mit fort­schreitenden Ein­schränkungen
  • Schwere Krebs­erkrankungen
  • Körperliche oder geistige Be­hinderungen
  • Alters­bedingte Ein­schränkungen
  • Neuro­logische Erkrankungen wie Demenz oder Parkinson
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Gelenk­probleme und Mobilitäts­einschränkungen[12]

Für die gesetzliche Einstufung nach § 15 SGB XI werden allerdings nicht die Ursachen selbst, sondern deren Auswirkungen auf die Selbst­ständig­keit im Alltag bewertet.

Rechtliche Grund­lagen der Pflege in Deutschland

Die soziale Pflege­versicherung bildet das Fundament der gesetzlichen Regelungen zur Pflege. Im elften Buch Sozial­gesetz­buch (SGB XI) sind alle Vorschriften verankert, die die Rechte und Pflichten von Versicherten, Angehörigen, Pflege­personal und -ein­richtungen sowie den Pflege­kassen regeln[11].

Die wichtigsten gesetzlichen Regelungen

§ 14 SGB XI: Begriff der Pflege­bedürftig­keit

Dieser Paragraph definiert, wer Leistungen der Pflege­versicherung in Anspruch nehmen darf. Maßgeblich für die Feststellung der Pflege­bedürftig­keit sind sechs Bereiche:

  • Mobilität
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  • Verhaltens­weisen und psychische Problem­lagen
  • Selbst­versorgung
  • Bewältigung von krankheits- und therapie­bedingten An­forderungen
  • Gestaltung des Alltags­lebens[11]

§ 36 SGB XI: Pflege­sach­leistungen

Dieser Paragraph regelt die finanziellen Mittel, die von Betroffenen ab Pflege­grad 2 für professionelle Pflege im häuslichen Umfeld genutzt werden können[11].

Einstufung der Pflege­bedürftig­keit und Pflege­grade

Um Leistungen der Pflege­versicherung zu erhalten, muss zunächst die Pflege­bedürftig­keit fest­gestellt werden. Dies geschieht durch eine Begutachtung des Medi­zinischen Dienstes (MD) anhand des Neuen Begut­achtungs­assessments (NBA)[11].

Die Pflege­bedürftig­keit wird in fünf Pflege­grade eingeteilt, die den Umfang der Unter­stützungs­bedürfnis­se widerspiegeln. Je höher der Pflege­grad, desto umfang­reicher sind die möglichen Leistungen der Pflege­versicherung.

Heraus­forderungen für pflegende Angehörige

Die Übernahme von Pflege­aufgaben bedeutet für Angehörige meist einen erheblichen Einschnitt in den eigenen Lebens­alltag. Neben praktischen Verände­rungen wie der Neu­strukturierung des Tages­ablaufs kommen oft emotionale und finanzielle Belastungen hinzu[2].

Pflegende Angehörige müssen sich zudem mit neuen Auf­gaben vertraut machen:

  • Erwerb von Wissen zum Krankheits­bild
  • Unter­stützung bei Körper­pflege, Ernährung und Mobilität
  • Umgang mit kognitiven Ein­schränkungen der pflege­bedürftigen Person
  • Organi­sation von externen Hilfs­angeboten[2]

Praktische Tipps zur Organi­sation des Pflege­alltags

Eine gute Organi­sation kann die Lebens­qualität aller Beteiligten verbessern und die Belastungen reduzieren.

Priori­täten setzen

Erstellen Sie täglich eine Liste mit den wichtigsten Aufgaben. Dies hilft Ihnen, den Fokus zu bewahren und die dringendsten Bedürfnisse zu erfüllen[5].

Tages­struktur schaffen

Planen Sie feste Zeiten für Pflege­aufgaben, Mahlzeiten und Pausen ein. Eine klare Struktur schafft Routine und Stabilität im Alltag - sowohl für Sie als auch für die pflege­bedürftige Person[5].

Aufgaben verteilen

Scheuen Sie sich nicht, andere Familien­mitglieder oder Freunde um Unter­stützung zu bitten. Gemeinsam lässt sich die Belastung besser tragen[5].

Hilfs­mittel kennen und nutzen

Informieren Sie sich über Hilfs­mittel wie Roll­stühle oder Gehhilfen, die den Pflege­alltag erleichtern können. Diese können die körperliche Belastung erheblich reduzieren[5].

Vor­sorge durch Patienten­verfügung

Eine Patienten­verfügung ist besonders für pflege­bedürftige Menschen und deren Angehörige von Bedeutung. Mit diesem Dokument können Sie vorsorglich festlegen, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen, falls Sie sich selbst nicht mehr äußern können[6].

Gesetzliche Grund­lage der Patienten­verfügung

Die Patienten­verfügung ist im § 1827 BGB gesetzlich verankert. Dieses Gesetz stellt sicher, dass Ihr Wille auch dann respektiert wird, wenn Sie ihn aktuell nicht mehr äußern können[3].

Was gehört in eine Patienten­verfügung?

Verwenden Sie keine allgemeinen Formu­lierungen, sondern beschreiben Sie konkret:

Formale Anforderungen

Eine Patienten­verfügung muss schriftlich verfasst und durch Ihre eigen­händige Unterschrift oder durch ein notariell beglaubigtes Hand­zeichen unterzeichnet werden. Sie können Ihre Verfügung jederzeit formlos widerrufen[6].

Unter­stützungs­angebote für Pflege­bedürftige und Angehörige

Als pflegende:r Angehörige:r sollten Sie die verfügbaren Hilfs­angebote kennen und in Anspruch nehmen:

  • Pflege­beratungs­stellen: Bieten kosten­lose Beratung zu allen Fragen rund um die Pflege
  • Pflege­dienste: Können bestimmte Pflege­aufgaben über­nehmen
  • Tages­pflege: Entlastet Angehörige tagsüber
  • Kurz­zeit­pflege: Ermöglicht Aus­zeiten für pflegende Angehörige
  • Selbst­hilfe­gruppen: Bieten emotionalen Rückhalt und praktischen Erfahrungs­austausch

Fazit: Mit guter Vorbereitung den Pflege­alltag meistern

Pflege­bedürftig­keit stellt Betroffene und Angehörige vor große Heraus­forderungen. Mit Kenntnis der rechtlichen Grund­lagen, einer guten Organi­sation des Pflege­alltags und der Inanspruch­nahme von Unter­stützungs­angeboten lässt sich diese Situation jedoch gut bewältigen.

Eine frühzeitige Auseinander­setzung mit dem Thema und das Erstellen einer Patienten­verfügung können zudem helfen, die eigenen Wünsche für den Fall einer Pflege­bedürftig­keit fest­zuhalten. So behalten Sie auch in schwierigen Zeiten die Kontrolle über Ihre medizinische Versorgung und können Ihre Angehörigen entlasten.