Patientenverfügung und ärztliche Beratung: Fragen und Antworten

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Zusammenfassung

Eine Patienten­verfügung legt fest, welche medizinischen Maßnahmen Sie im Fall Ihrer Einwilligungs­unfähigkeit wünschen oder ablehnen. Eine ärztliche Beratung hilft dabei, die Verfügung präzise und rechtssicher zu formulieren, medizinische Szenarien besser zu verstehen und Ihre Wünsche klar auszudrücken. Durch die Dokumentation der Beratung wird die Umsetzbarkeit Ihrer Verfügung zusätzlich gestärkt.

Die Patientenverfügung ermöglicht Ihnen, medizinische Entscheidungen für Situationen festzulegen, in denen Sie sich nicht mehr selbst äußern können. Ärztliche Beratung spielt dabei eine wesentliche Rolle. In diesem Artikel erfahren Sie, wie medizinische Fachkräfte Sie bei der Erstellung unterstützen können, welche Aspekte in der Beratung zu berücksichtigen sind und wie Sie gemeinsam eine wirksame Patientenverfügung erstellen.

Arzt im Gespräch mit einer Patientin in einem hellen, modern eingerichteten Büro mit Dokumenten auf dem Tisch.

Was ist eine Patientenverfügung und warum ist ärztliche Beratung sinnvoll?

Eine Patienten­verfügung ist eine schriftliche Erklärung, in der Sie für den Fall Ihrer Einwilligungs­unfähigkeit festlegen, ob Sie in bestimmte medizinische Maßnahmen einwilligen oder diese ablehnen. Mit diesem Dokument können Sie beispielsweise entscheiden, ob und wann lebensverlängernde Maßnahmen wie maschinelle Beatmung oder künstliche Ernährung erfolgen sollen[2].

Die rechtliche Grundlage für die Patienten­verfügung findet sich in Deutschland in § 1827 BGB, der seit 2009 gilt[1].

Eine fachärztliche Beratung ist zwar keine Pflicht, aber aus mehreren Gründen hilfreich:

  • Medizinische Fachkräfte erklären Ihnen die genaue Bedeutung verschiedener Behandlungsmaßnahmen
  • Sie können medizinische Szenarien besser verstehen und einschätzen
  • Ihre Wünsche werden in fachlich korrekte und verständliche Formulierungen übersetzt
  • Missverständnisse bei der Interpretation werden reduziert

Welche konkreten Vorteile bietet eine ärztliche Beratung?

Die Beratung durch Ärzt:innen verbessert die Qualität und Anwendbarkeit Ihrer Patienten­verfügung erheblich:

  1. Präzisere Formulierungen: Allgemeine Aussagen wie “keine lebensverlängernden Maßnahmen” können unterschiedlich interpretiert werden. Medizinisches Fachpersonal hilft Ihnen, konkrete Situationen und Maßnahmen genau zu beschreiben[5].

  2. Fundierte Entscheidungen: Die Beratung ermöglicht Ihnen, die Folgen Ihrer Festlegungen besser zu verstehen und faktenbasiert zu entscheiden.

  3. Höhere Rechtssicherheit: Eine nach ärztlicher Beratung erstellte Patienten­verfügung hat in der Praxis oft mehr Gewicht, da sie Ihre informierte Entscheidung dokumentiert[1].

  4. Bessere Umsetzbarkeit: Ärzt:innen wissen, welche Formulierungen für das Behandlungs­team klar verständlich sind und wie Ihre Wünsche medizinisch umgesetzt werden können.

Wer kann Sie bei der Erstellung einer Patienten­verfügung beraten?

Für eine medizinische Beratung zur Patienten­verfügung können Sie sich an verschiedene Fachkräfte wenden:

  • Hausärzt:innen: Sie kennen in der Regel Ihre Kranken­geschichte und können persönlich auf Ihre Situation eingehen[7].
  • Fachärzt:innen: Bei bestehenden Erkrankungen können spezialisierte Mediziner:innen besonders wertvolle Hinweise geben.
  • Kliniksozialdienste: Diese bieten oft kostenlose Beratung an und vermitteln bei Bedarf weitere Ansprechpersonen.
  • Hospizvereine: Sie haben besondere Erfahrung mit Entscheidungen am Lebensende und bieten meist kostenfreie Beratung.

Manche Kranken­kassen übernehmen die Kosten für eine solche Beratung oder bieten eigene Beratungs­angebote an.

Welche medizinischen Aspekte sollten Sie mit Fachpersonal besprechen?

In der ärztlichen Beratung sollten folgende Themen angesprochen werden:

Bei chronischen Erkrankungen sollten Sie zusätzlich krankheits­spezifische Szenarien besprechen, die für Sie relevant sein könnten[1][5].

Wie können Ärzt:innen Ihnen bei der Formulierung helfen?

Medizinisches Fachpersonal unterstützt Sie bei der sprachlichen Gestaltung Ihrer Patienten­verfügung:

  • Erklärung medizinischer Fachbegriffe: Was bedeuten Termini wie “palliative Sedierung” oder “intensiv­medizinische Maßnahmen” genau?
  • Differenzierte Beschreibungen: Statt pauschaler Ablehnungen helfen Ärzt:innen, Ihre Wünsche nuanciert auszudrücken.
  • Vermeidung von Widersprüchen: Fachkräfte erkennen unbeabsichtigte gegensätzliche Aussagen in Ihrem Dokument.
  • Indikations­bezogene Formulierungen: Ihre Wünsche werden an konkrete medizinische Situationen und Prognosen geknüpft.

Beispiel für eine fachlich präzise Formulierung:
“Sollte ich aufgrund einer Gehirnschädigung meine Fähigkeit, Einsichten zu gewinnen und Entscheidungen zu treffen, verloren haben und nach ärztlicher Überzeugung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit trotz ausgeschöpfter medizinischer Möglichkeiten keine Besserung mehr zu erwarten sein, so wünsche ich keine künstliche Ernährung und Flüssigkeits­zufuhr über eine Magensonde.”

Was kostet eine ärztliche Beratung zur Patienten­verfügung?

Die Kosten für eine ärztliche Beratung variieren:

  • Einige Hausärzt:innen beraten ihre Patient:innen im Rahmen der regulären Sprechstunde oft ohne zusätzliche Kosten.
  • Bei umfassenderen Beratungen können Kosten zwischen 50 und 150 Euro entstehen.
  • Manche Kranken­kassen übernehmen die Kosten teilweise oder vollständig - fragen Sie vorher bei Ihrer Krankenkasse nach.
  • Hospizvereine und kirchliche Beratungs­stellen bieten oft kostenfreie Beratungen an.

Fragen Sie vorab nach den Kosten und ob eine Abrechnung über die Kranken­kasse möglich ist.

Wie läuft ein Beratungs­gespräch zur Patienten­verfügung ab?

Das Gespräch mit medizinischem Fachpersonal gliedert sich meist in mehrere Phasen:

  1. Aufklärung über die Grundlagen: Die Ärztin oder der Arzt erklärt, was eine Patienten­verfügung ist und wozu sie dient.

  2. Erörterung Ihrer persönlichen Werte: Welche Vorstellungen haben Sie von Lebens­qualität? Welche Situationen möchten Sie vermeiden?

  3. Besprechung medizinischer Szenarien: Die Fachkraft erklärt typische Situationen am Lebensende und mögliche Behandlungs­optionen.

  4. Formulierungs­hilfen: Gemeinsam werden passende Formulierungen für Ihre Wünsche erarbeitet.

  5. Dokumentation der Beratung: Die erfolgte Beratung wird in der Patienten­verfügung vermerkt oder durch ein ärztliches Attest bestätigt.

Ein solches Gespräch kann 30 bis 60 Minuten dauern. Manchmal sind mehrere Gespräche sinnvoll, um alle Aspekte zu klären.

Welche Fragen können Sie im Gespräch mit Ärzt:innen stellen?

Folgende Fragen helfen Ihnen, das Maximum aus der ärztlichen Beratung zu ziehen:

  • “Welche Behandlungs­optionen gibt es bei meinen spezifischen Erkrankungen?”
  • “Was bedeutet ‘künstliche Ernährung’ genau und wie fühlt sich das für Patient:innen an?”
  • “In welchen Fällen haben lebens­erhaltende Maßnahmen eine realistische Chance auf Besserung?”
  • “Wie kann eine gute Schmerz­behandlung aussehen, ohne mein Leben unnötig zu verlängern?”
  • “Wie kann ich sicherstellen, dass meine Patienten­verfügung im Notfall beachtet wird?”
  • “Welche Formulierungen sind aus Ihrer Erfahrung besonders klar verständlich?”
  • “Wie kann ich meine Verfügung aktuell halten?”

Notieren Sie Ihre Fragen am besten vorab, damit Sie nichts vergessen.

Wie dokumentieren Sie die ärztliche Beratung in Ihrer Patienten­verfügung?

Die Dokumentation der erfolgten Beratung stärkt die Rechtssicherheit Ihrer Patienten­verfügung:

  1. Vermerken Sie das Beratungs­gespräch in Ihrer Verfügung mit Datum und Namen der beratenden Person:
    “Diese Patienten­verfügung wurde nach ärztlicher Beratung durch Dr. [Name] am [Datum] erstellt.”

  2. Bitten Sie um ein kurzes Attest der beratenden Ärztin oder des Arztes, das bescheinigt, dass Sie zum Zeitpunkt der Beratung einwilligungs­fähig waren und die medizinischen Aspekte verstanden haben.

  3. Fügen Sie das Attest Ihrer Patienten­verfügung bei.

Diese Dokumentation kann späteren Zweifeln an Ihrer Einwilligungs­fähigkeit oder an Ihrem Verständnis der medizinischen Aspekte vorbeugen[1][6].

Was passiert, wenn medizinisches Personal Ihre Patienten­verfügung nicht beachtet?

Eine wirksame Patienten­verfügung ist für alle Beteiligten verbindlich:

  • Ärzt:innen und Pflege­fachkräfte müssen sich an Ihre Verfügung halten, wenn die darin beschriebene Situation eingetreten ist[5].
  • Auch Ihre Bevollmächtigten oder rechtlichen Betreuer:innen sind an Ihre Festlegungen gebunden[11].

Falls Ihre Patienten­verfügung nicht beachtet wird, können Sie bzw. Ihre Vertrauens­person:

  • Das Gespräch mit der ärztlichen Leitung suchen
  • Eine zweite medizinische Meinung einholen
  • In schwerwiegenden Fällen das Betreuungs­gericht einschalten

Bei Zweifeln, ob die in der Patienten­verfügung beschriebene Situation tatsächlich vorliegt, müssen Ärzt:innen und rechtliche Vertreter:innen gemeinsam den Patienten­willen ermitteln[3][11].

Praktische Tipps für das Gespräch mit Ärzt:innen zur Patienten­verfügung

Für ein gelungenes Beratungs­gespräch:

  • Bereiten Sie sich vor: Machen Sie sich vorab Gedanken über Ihre Wünsche und Werte
  • Nehmen Sie eine Vertrauens­person mit: Vier Ohren hören mehr als zwei
  • Bringen Sie relevante Unterlagen mit: Bestehende Erkrankungen, Medikations­pläne, Arztbriefe
  • Machen Sie sich Notizen: So behalten Sie alle besprochenen Punkte im Blick
  • Fragen Sie nach: Bitten Sie um Erklärung, wenn Sie etwas nicht verstehen
  • Lassen Sie sich Zeit: Treffen Sie keine überhasteten Entscheidungen
  • Vereinbaren Sie bei Bedarf einen Folgetermin: Manche Fragen benötigen Bedenkzeit

Nach dem Gespräch können Sie einen Entwurf Ihrer Patienten­verfügung erstellen und diesen bei einem Folgetermin nochmals mit der Ärztin oder dem Arzt besprechen.

Eine mit ärztlicher Beratung erstellte Patienten­verfügung gibt Ihnen die Gewissheit, dass Ihre Wünsche klar formuliert sind und im Ernstfall berücksichtigt werden. So können Sie sicher sein, dass Ihre Selbst­bestimmung auch dann gewahrt bleibt, wenn Sie sich nicht mehr selbst äußern können[2][12].