Patientenverfügung und Sterbehilfe: Rechtliche Situation in Deutschland

Zusammenfassung

In Deutschland regelt die Patientenverfügung, welche medizinischen Maßnahmen im Ernstfall gewünscht oder abgelehnt werden, und ermöglicht so die Wahrung der Selbstbestimmung. Während aktive Sterbehilfe verboten ist, sind passive und indirekte Sterbehilfe sowie die Beihilfe zur Selbsttötung unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Eine Patientenverfügung, ergänzt durch eine Vorsorgevollmacht, bietet klare Orientierung und schützt sowohl Betroffene als auch Angehörige in schwierigen Entscheidungssituationen.

In Deutschland gibt es klare Regelungen zu Patien­ten­ver­fü­gungen und verschiedenen Formen der Sterbe­hilfe. Diese Bestimmungen betreffen Menschen in schwierigen gesund­heit­lichen Situationen und deren Angehörige gleicher­maßen. Der folgende Artikel informiert Sie über die aktuellen recht­lichen Grund­lagen, Mög­lich­keiten und Grenzen bei diesen sensiblen Themen.

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  • Mit einer Patienten­verfügung bestimmen Sie vorab, welche Behand­lungen Sie zulassen oder ablehnen, falls Sie nicht mehr selbst entscheiden können.
  • Die Vorschrift § 1827 BGB verlangt Schrift­form, Voll­jährigkeit und Ein­willigungs­fähigkeit für die Gültig­keit Ihres Dokuments.
  • Eine notarielle Beur­kundung ist freiwillig, ärzt­licher Rat kann beim präzisen Formulieren helfen.
  • Sie dürfen Ihre Patienten­verfügung jederzeit formlos widerrufen.
  • Legen Sie fest, ob Sie künstliche Beatmung, Ernäh­rung, Wieder­belebung, Schmerz­therapie oder den Abbruch aussichts­loser Maß­nahmen wünschen.
  • Eine Vorsorge­vollmacht stärkt eine von Ihnen benannte Vertrauens­person dabei, Ihren Willen durch­zusetzen.
  • Ohne Vorsorge­vollmacht bestellt das Gericht eine:n Betreuer:in; eine Betreuungs­verfügung lässt Sie diese Person vorab bestimmen.
  • Aktive Sterbe­hilfe bleibt als „Tötung auf Verlangen“ strafbar und wird mit Freiheits­strafe geahndet.
  • Passive Sterbe­hilfe - das Unterlassen oder Abbrechen lebens­erhaltender Behandlung auf Wunsch - ist erlaubt.
  • Indirekte Sterbe­hilfe erlaubt starke Schmerz­mittel, auch wenn sie unbeabsichtigt das Leben verkürzen.
  • Der assistierte Suizid ist nach dem Urteil des Bundes­verfassungs­gerichts von 2020 straffrei, solange die sterbe­willige Person das Mittel selbst einnimmt.
  • Eine klar formulierte Patienten­verfügung entlastet Angehörige, Pflege­fachkräfte und das ärzt­liche Team in schwierigen Situationen.

Patien­ten­ver­fü­gung: Rechtliche Grund­lagen und Voraus­setzungen

Eine Patien­ten­ver­fü­gung ist ein recht­liches Dokument, in dem Sie festlegen können, welche medi­zi­nischen Maß­nahmen Sie wünschen oder ablehnen, falls Sie selbst nicht mehr entscheiden können[4]. Die gesetz­liche Grund­lage hierfür bildet der § 1827 BGB[6].

Formelle Anfor­derungen an eine Patien­ten­ver­fü­gung

Damit Ihre Patien­ten­ver­fü­gung recht­lich wirksam ist, müssen laut § 1827 Abs. 1 BGB drei Voraus­setzungen erfüllt sein[2]:

  1. Schrift­form: Die Patien­ten­ver­fü­gung muss schrift­lich verfasst sein. Münd­liche Erklä­rungen werden allen­falls im Rahmen der Ermitt­lung des mut­maß­lichen Willens berück­sichtigt.

  2. Ein­wil­ligungs­fähig­keit: Bei der Erstel­lung müssen Sie in der Lage sein, die Trag­weite Ihrer Ent­schei­dungen zu verstehen.

  3. Voll­jährig­keit: Nur Personen ab 18 Jahren können eine rechts­wirk­same Patien­ten­ver­fü­gung erstellen.

Eine notarielle Beur­kundung ist nicht zwin­gend not­wendig, kann aber für den Nach­weis der Ein­wil­ligungs­fähig­keit sinn­voll sein. Auch eine ärzt­liche Beratung ist keine Pflicht, wird aber empfohlen, um mög­liche Behand­lungs­situationen fach­gerecht zu erfassen[2].

Erstel­lung und Inhalte einer Patien­ten­ver­fü­gung

Sie können eine Patien­ten­ver­fü­gung selbst verfassen, ohne einen Fach­anwalt oder Notar hinzu­ziehen zu müssen. Hilf­reich sind dabei Muster oder Vor­lagen, wie sie beispiels­weise das Bundes­ministerium für Justiz zur Ver­fü­gung stellt[4].

In Ihrer Patien­ten­ver­fü­gung können Sie fest­legen:

Wich­tig zu wissen: Eine Patien­ten­ver­fü­gung kann jeder­zeit formlos wider­rufen werden[6]. Zudem darf niemand zur Errich­tung einer Patien­ten­ver­fü­gung ver­pflichtet werden, und die Vorlage einer solchen darf nicht zur Bedingung eines Vertrags­schlusses gemacht werden[6].

Ergän­zung durch Vorsorge­voll­macht

Für einen umfas­senden Vorsorge­schutz ist es ratsam, neben der Patien­ten­ver­fü­gung auch eine Vorsorge­voll­macht zu erstel­len. Mit dieser bestimmen Sie eine Person, die für Sie Ent­schei­dungen treffen kann, wenn Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind[4]. Diese Person kennt ideal­erweise Ihre Wünsche und kann sich nach­drück­lich für deren Umset­zung ein­setzen, falls Ihre Patien­ten­ver­fü­gung nicht ein­deutig sein sollte[4].

Ohne Vorsorge­voll­macht müsste im Zweifel ein:e Betreuer:in gericht­lich bestellt werden. Hier können Sie mit einer Betreu­ungs­ver­fü­gung vorab eine Person Ihres Vertrauens vor­schlagen[4].

Sterbe­hilfe in Deutschland: Formen und recht­liche Situation

In der Diskussion über Sterbe­hilfe werden verschie­dene Formen unter­schieden, die recht­lich unter­schied­lich bewertet werden. Das Thema berührt ethische, reli­giöse und recht­liche Fragen gleicher­maßen und steht immer wieder im Fokus gesell­schaft­licher Debatten.

Aktive Sterbe­hilfe: In Deutschland verboten

Die aktive Sterbe­hilfe, auch als “aktive direkte Sterbe­hilfe” bezeichnet, meint die absicht­liche Beschleu­nigung des Todes­eintritts bei einem Menschen[1]. Hierbei ver­abreicht eine dritte Person dem oder der Patient:in auf aus­drück­liches Verlangen ein Medi­kament, das in kurzer Zeit zum Tod führt[12].

Recht­liche Einord­nung: Diese Form der Sterbe­hilfe ist in Deutschland als “Tötung auf Verlangen” nach § 216 StGB verboten und wird mit Frei­heits­strafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft[11][12]. An diesem Verbot hat auch das Urteil des Bundes­verfas­sungs­gerichts zur Beihilfe zur Selbst­tötung nichts geändert[11].

In Europa ist die aktive Sterbe­hilfe nur in wenigen Ländern legal, darunter die Nieder­lande, Luxem­burg, Spanien und Belgien[3].

Passive Sterbe­hilfe: Erlaubt auf Wunsch des Patienten

Als passive Sterbe­hilfe wird der Verzicht auf lebens­verlän­gernde Maß­nahmen bezeichnet. Dabei werden bestimmte medi­zi­nische Maß­nahmen auf Wunsch der erkrankten Person unter­lassen oder abge­brochen[3][12]. Dies kann beispiels­weise den Verzicht auf Ernäh­rung, Blut­trans­fusion oder Beat­mung um­fassen[3].

Recht­liche Einord­nung: Die passive Sterbe­hilfe ist in Deutschland nicht straf­bar, wenn sie dem aus­drück­lichen Willen der betrof­fenen Person entspricht[12]. Dieser Wille kann in einer Patien­ten­ver­fü­gung fest­gelegt sein.

Indirekte Sterbe­hilfe: Schmerzlinderung mit möglicher Lebensverkürzung

Bei der indirekten Sterbe­hilfe steht die Schmerz­linderung im Vorder­grund. Hierbei werden Medi­kamente zur Symptom­linderung ein­gesetzt, bei denen als Neben­wirkung eine unbeab­sich­tigte Lebens­ver­kürzung in Kauf genommen wird[1][3]. Diese Form wird auch als “Thera­pien am Lebens­ende” bezeichnet[12].

Recht­liche Einord­nung: Die indirekte Sterbe­hilfe ist in Deutschland erlaubt[3][12]. Sie unter­scheidet sich von der aktiven direkten Sterbe­hilfe durch die Intention des Handeln­den und den Zeit­punkt des Handelns[1].

Beihilfe zur Selbst­tötung: Nach Urteil des Bundes­verfas­sungs­gerichts straffrei

Bei der Beihilfe zur Selbst­tötung (assis­tierter Suizid) wird Hilfe bei der Selbst­tötung geleistet, etwa indem einer lebens­müden Person ein tödlich wirken­des Mittel zur Ver­fügung gestellt wird, das diese dann eigenständig einnimmt[11][12].

Recht­liche Einord­nung: Das Bundes­verfas­sungs­gericht hat in seinem Urteil vom 26. Februar 2020 ent­schieden, dass jeder Mensch ein Recht auf selbst­bestimmtes Sterben hat, das auch die Frei­heit ein­schließt, sich das Leben zu nehmen und dabei auf die frei­willige Hilfe Dritter zurück­zugreifen[12]. Das Verbot der “geschäfts­mäßigen Förderung der Selbst­tötung” wurde für nichtig erklärt[12].

Vereine und Ärzt:innen dürfen somit Patient:innen beim Sterben helfen, sind dazu aber nicht ver­pflichtet. Sie können nach ihrem Gewissen ent­scheiden. Wichtig ist, dass die sterbe­willige Person das tödliche Medikament im letzten Schritt selbst einnimmt[12].

Patien­ten­ver­fü­gung und Sterbe­hilfe: Recht­liche Schnitt­stellen

Eine Patien­ten­ver­fü­gung kann wichtige Fest­legungen zu Fragen der Sterbe­hilfe ent­halten. Sie können damit Ihren Willen bezüg­lich lebens­erhal­tender Maß­nahmen bereits im Voraus dokumen­tieren und so für den Fall vorsorgen, dass Sie selbst nicht mehr entscheiden können.

Mögliche Regelungen zur Sterbehilfe in der Patientenverfügung

In Ihrer Patien­ten­ver­fü­gung können Sie fest­legen, welche Maß­nahmen Sie wünschen und welche Sie ablehnen[12]. Dies schließt auch palliativ­medizi­nische Maß­nahmen ein, bei denen eine Lebens­verkürzung als Neben­wirkung auf­treten kann (indirekte Sterbe­hilfe)[12].

Sie können zudem bestimmen, dass bereits begonnene lebens­erhal­tende Maß­nahmen wieder abge­brochen werden sollen, wenn sie keinen Erfolg mehr versprechen. Der Bundes­gerichtshof hat in einer Ent­scheidung vom 18. August 2010 (Az. 2 StR 454/09) klar­gestellt, dass der Abbruch einer medizi­nischen Maß­nahme straf­los ist und nicht als aktive Sterbe­hilfe, sondern als Unter­lassen der Fort­führung zu bewerten ist[12].

Zu beachten: Es empfiehlt sich, bei der Erstellung Ihrer Patien­ten­ver­fü­gung ärzt­lichen Rat einzu­holen, um mög­liche Wider­sprüche zwischen einzelnen Bestim­mungen zu vermeiden und medizi­nische Szenarien fach­gerecht zu beschreiben[12].

Fazit: Selbst­bestimmung am Lebens­ende durch Vorsorge

Die Patien­ten­ver­fü­gung ist ein wesent­liches Instrument, um Ihre Selbst­bestim­mung auch in Zeiten gesund­heit­licher Ein­schränkungen zu wahren. Mit ihr können Sie Ihren Willen bezüg­lich medizi­nischer Behand­lungen für Situa­tionen fest­legen, in denen Sie selbst nicht mehr entschei­dungs­fähig sind.

Die deutsche Rechts­lage unter­scheidet klar zwischen verschie­denen Formen der Sterbe­hilfe. Während die aktive Sterbe­hilfe verboten bleibt, sind passive und indirekte Sterbe­hilfe unter bestimmten Bedin­gungen erlaubt. Auch die Beihilfe zur Selbst­tötung ist nach dem Urteil des Bundes­verfas­sungs­gerichts straf­frei.

Eine sorg­fäl­tig erstellte Patien­ten­ver­fü­gung, idealerweise ergänzt durch eine Vorsorge­voll­macht, kann dazu beitragen, dass Ihre persön­lichen Wünsche respek­tiert werden und Ihre Ange­hörigen in schwie­rigen Entschei­dungs­situationen nicht allein gelassen werden. Sie schafft Klar­heit für alle Betei­ligten und kann helfen, unnötige Kon­flikte zu vermeiden.

Nehmen Sie sich Zeit für diese wichtigen Entschei­dungen und lassen Sie sich bei Bedarf von medizi­nischen und juris­tischen Fach­leuten beraten. Ihre Selbst­bestim­mung und Würde verdienen diese Aufmerk­samkeit - gerade am Lebens­ende.