Patientenverfügung und Reanimation: Was Sie bei medizinischen Notfällen beachten sollten
Zusammenfassung
Answer
Eine Patientenverfügung ermöglicht es Ihnen, festzulegen, ob und unter welchen Umständen Reanimationsmaßnahmen durchgeführt werden sollen. Damit Ihre Wünsche im Notfall beachtet werden, muss die Verfügung klar, konkret und schnell auffindbar sein. Ergänzen Sie diese durch eine Vorsorgevollmacht und informieren Sie Vertrauenspersonen, um sicherzustellen, dass Ihr Wille respektiert wird.
- Rechtliche Grundlage der Patientenverfügung
- Reanimation in der Patientenverfügung: Besondere Herausforderungen
- Anforderungen an eine wirksame Patientenverfügung
- Wie Rettungsdienste mit Patientenverfügungen umgehen
- Praktische Empfehlungen für Ihre Patientenverfügung
- Warum eine Vorsorgevollmacht unerlässlich ist
- Die Chancen nach einer erfolgreichen Reanimation
- Fazit
Eine Patientenverfügung gibt Ihnen die Möglichkeit, Ihre Wünsche für medizinische Behandlungen festzuhalten, falls Sie eines Tages nicht mehr selbst entscheiden können. Bei einer Reanimation (Wiederbelebung) kann Ihre Patientenverfügung über Leben und Tod entscheiden. Dieser Artikel erklärt, worauf Sie achten sollten, damit Ihre Wünsche zur Reanimation auch im Notfall beachtet werden.

Rechtliche Grundlage der Patientenverfügung
Die Patientenverfügung ist in Deutschland gesetzlich in § 1827 BGB geregelt. Nach diesem Gesetz kann jede einwilligungsfähige und volljährige Person schriftlich festlegen, welche medizinischen Maßnahmen bei einer späteren Einwilligungsunfähigkeit durchgeführt oder unterlassen werden sollen. Eine solche Verfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden, auch durch Gesten oder verbale Äußerungen.[12]
Medizinisches Fachpersonal ist rechtlich an Ihre Patientenverfügung gebunden. Das heißt, Ärzt:innen und Pflegefachkräfte müssen Ihren Willen respektieren und umsetzen, sofern die Verfügung auf die aktuelle Situation anwendbar ist. Auch Ihre Bevollmächtigten oder rechtlichen Betreuer:innen sind verpflichtet, Ihrem Willen Ausdruck und Geltung zu verschaffen.[2][4]
Reanimation in der Patientenverfügung: Besondere Herausforderungen
Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jede Sekunde. Dies stellt für die Anwendung einer Patientenverfügung eine besondere Herausforderung dar. Das Rettungspersonal steht unter enormem Zeitdruck und kann nicht ausführlich Dokumente prüfen. Gleichzeitig handelt es sich bei der Entscheidung für oder gegen Reanimationsmaßnahmen um eine der folgenreichsten Festlegungen in einer Patientenverfügung.[10]
Wann Ihre Patientenverfügung im Notfall beachtet wird: Der Abbruch oder das Unterlassen von Reanimationsmaßnahmen ist nur zulässig, wenn Ihre Patientenverfügung die vorliegende Situation präzise beschreibt und eindeutige Anweisungen enthält. Allgemeine Aussagen wie “keine lebensverlängernden Maßnahmen” reichen nicht aus, um Reanimationsmaßnahmen zu unterlassen.[10][11]
Anforderungen an eine wirksame Patientenverfügung
Damit Ihre Wünsche zur Reanimation im Notfall beachtet werden können, muss Ihre Patientenverfügung folgende Kriterien erfüllen:
1. Klare und konkrete Formulierungen
Eine Patientenverfügung genügt den gesetzlichen Anforderungen nur, wenn sie einerseits die Behandlungssituation beschreibt (z.B. Krebserkrankung mit Metastasen) und andererseits die ärztliche Maßnahme (z.B. künstliche Beatmung) konkret benennt.[11] Für die Reanimation bedeutet das: Sie sollten genau angeben, in welchen Situationen Sie eine Wiederbelebung ablehnen oder wünschen. Vermeiden Sie allgemeine Floskeln wie “wenn das Leben keinen Sinn mehr macht” oder “um unnötiges Leiden zu verhindern” - diese machen Ihre Patientenverfügung rechtlich unwirksam.[10]
2. Schnelle Auffindbarkeit
Bedenken Sie: Im Notfall bleibt keine Zeit, lange Dokumente zu lesen. Rettungsdienste beginnen daher im Zweifel mit der Reanimation und brechen diese erst ab, wenn eine eindeutige Patientenverfügung vorliegt oder ein Arzt die Entscheidung zum Therapieabbruch trifft.[10]
Ein Notfallausweis, der auf Ihre Patientenverfügung hinweist und Ihre wesentlichen Entscheidungen zur Reanimation enthält, kann hier hilfreich sein. Bewahren Sie diesen an einem leicht zugänglichen Ort auf, wie etwa in Ihrer Brieftasche oder neben Ihrem Ausweis.[10]
3. Regelmäßige Aktualisierung
Überprüfen Sie Ihre Patientenverfügung regelmäßig und bestätigen Sie mit Datum und Unterschrift, dass diese weiterhin Ihrem Willen entspricht. Dies erhöht die Rechtssicherheit und verhindert Zweifel an der Aktualität Ihrer Wünsche.[12]
Wie Rettungsdienste mit Patientenverfügungen umgehen
Die Praxis zeigt: Der Umgang mit Patientenverfügungen im Rettungsdienst ist oft schwierig. Folgende Grundsätze werden meist angewandt:
Bei Zweifeln wird reanimiert: Wenn Ihre Patientenverfügung nicht sofort verfügbar ist oder Zweifel bestehen, ob sie auf die aktuelle Situation zutrifft, beginnt das Rettungsteam zunächst mit der Reanimation.[10]
Eindeutige Ablehnung wird respektiert: Wenn Sie eine eindeutige Notfall-Patientenverfügung haben, in der Sie klar und schnell erkennbar jegliche Wiederbelebungsmaßnahme ablehnen, darf das Rettungsteam keine Reanimation versuchen bzw. muss diese sofort abbrechen, sobald der entsprechende Wille bekannt wird.[10]
Ärztliche Entscheidung bei Therapieabbruch: Den endgültigen Abbruch einer Reanimation und die Todesfeststellung sollte idealerweise ein Arzt vornehmen. Diese Entscheidung kann auch am Einsatzort getroffen werden und ist nicht an eine Klinikaufnahme gebunden.[10]
Sonderfall: Selbst gerufener Notarzt
Eine besondere Situation entsteht, wenn Sie selbst den Notarzt gerufen haben und dann einen Herzstillstand erleiden. In diesem Fall gehen viele Notärzt:innen davon aus, dass Sie in dieser konkreten Situation eine Behandlung wünschen - auch wenn eine Patientenverfügung vorliegt, die Reanimationsmaßnahmen generell ablehnt. Sie können in Ihrer Patientenverfügung explizit auf diesen Sonderfall eingehen.[2]
Praktische Empfehlungen für Ihre Patientenverfügung
Um sicherzustellen, dass Ihre Wünsche bezüglich Reanimation respektiert werden, empfehlen wir:
Konkrete Formulierungsbeispiele
Statt allgemeiner Aussagen wie “keine lebensverlängernden Maßnahmen” sollten Sie konkrete Situationen und Maßnahmen beschreiben, zum Beispiel:
“Für den Fall eines Atem- und/oder Herzstillstands lehne ich jegliche Maßnahmen der Wiederbelebung ab. Stattdessen wünsche ich, dass dann mein Sterben zugelassen wird.”[2]
Oder noch konkreter: “Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand aufgrund meiner fortgeschrittenen Herzerkrankung lehne ich Reanimationsmaßnahmen wie Herzdruckmassage, Defibrillation und künstliche Beatmung ab.”
Ärztliche Beratung einholen
Lassen Sie sich bei der Erstellung Ihrer Patientenverfügung ärztlich beraten. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Verfügung medizinisch sinnvolle und verständliche Formulierungen enthält.[12] Eine solche Beratung hilft Ihnen, die medizinischen Konsequenzen Ihrer Entscheidungen besser zu verstehen.
Gespräche mit Angehörigen führen
Informieren Sie Ihre Angehörigen und Vertrauenspersonen über Ihre Patientenverfügung und deren Aufbewahrungsort. Erklären Sie ihnen Ihre Wünsche und Vorstellungen, damit sie diese im Notfall dem Rettungspersonal mitteilen können.[6]
Warum eine Vorsorgevollmacht unerlässlich ist
Eine Patientenverfügung allein reicht in vielen Fällen nicht aus. Ergänzen Sie diese durch eine Vorsorgevollmacht, in der Sie eine oder mehrere Vertrauenspersonen benennen, die Ihren Willen durchsetzen können.[6][10]
Beachten Sie: Ohne Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung dürfen weder Partner:innen noch andere Angehörige für Sie entscheiden. Stattdessen müsste ein Betreuungsgericht eine:n Betreuer:in bestellen, was Zeit kostet und möglicherweise nicht in Ihrem Sinne ist.[6]
Die bevollmächtigte Person sollte Ihren Willen genau kennen und bereit sein, diesen auch gegen eventuelle Widerstände durchzusetzen. Besprechen Sie Ihre Wünsche daher ausführlich mit Ihrer Vertrauensperson.
Die Chancen nach einer erfolgreichen Reanimation
Die Entscheidung für oder gegen Reanimationsmaßnahmen sollte auch vor dem Hintergrund der möglichen Erfolgsaussichten getroffen werden. Das Abschätzen der individuellen Prognose ist schwierig, und die Chancen für ein gutes Überleben nach einem Kreislaufstillstand sind in vielen Fällen niedrig.[4]
Nach einer erfolgreichen Reanimation werden Betroffene häufig zunächst auf einer Intensivstation behandelt und beatmet. Die weitere Erholung hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem von der Dauer des Kreislaufstillstands, dem Alter und Vorerkrankungen.[2]
Fazit
Eine Patientenverfügung kann Ihren Willen bezüglich Reanimationsmaßnahmen wirksam zum Ausdruck bringen - wenn sie klar, konkret und aktuell ist. Besonders in Notfallsituationen ist es entscheidend, dass Ihre Verfügung schnell erfassbar und eindeutig formuliert ist.
Ergänzen Sie Ihre Patientenverfügung durch eine Vorsorgevollmacht und informieren Sie Ihre Angehörigen über Ihre Wünsche. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema kann belastend sein, gibt Ihnen aber die Möglichkeit, selbstbestimmt über Ihre medizinische Behandlung am Lebensende zu entscheiden und entlastet Ihre Angehörigen in schwierigen Situationen.