Patientenverfügung für Kinder: Das müssen Eltern wissen

Patientenverfügung.digital

erstellt am:

2019-08-05

letzte Änderung:

2020-05-30

Können Minderjährige selbst über medizinische Maßnahmen entscheiden? Was passiert, wenn sich Eltern über die Behandlungswünsche des Kindes hinwegsetzen? Diese und weitere Fragen beantworten wir Ihnen in diesem Artikel.

Patientenverfügung für Kinder

Kinder können keine Patientenverfügung verfassen

Grundsätzlich können Minderjährige in Deutschland einem medizinischen Eingriff zustimmen oder ablehnen. Das entschied der Bundesgerichtshof bereits 1958 – zumindest „wenn der Minderjährige nach seiner geistigen und sittlichen Reife die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs und seiner Gestattung zu ermessen vermag."

Die moderne Patientenverfügung berücksichtigt dies jedoch nicht.  Nach § 1901a Abs. 1 S. 1 BGB muss der Verfasser einer Patientenverfügung volljährig sein. Demnach können Kinder grundsätzlich keine Patientenverfügung verfassen. Das wirft einige Fragen auf – zum Beispiel:

  • Wie können schwerkranke Minderjährige in Deutschland eine verbindliche Entscheidung über das eigene Lebensende treffen?
  • Was passiert, wenn der behandelnde Arzt sich an eine nicht wirksame Patientenverfügung eines Minderjährigen orientiert?
  • Macht sich der behandelnde Arzt strafbar, wenn er sich über die Wünsche des Minderjährigen hinwegsetzt?
  • Wie wird das verfassungsrechtliche Selbstbestimmungsrecht für Minderjährige dann umgesetzt?

Übrigens: Unsere Nachbarstaaten zeigen, dass es auch anders geht. In Österreich kann zum Beispiel jeder normal entwickelte Minderjährige ab 14 Jahren eine Patientenverfügung verfassen. Die Schweiz koppelt die Patientenverfügung ebenfalls nicht an die Volljährigkeit, sondern an die Urteilsfähigkeit der Minderjährigen.

So können sich Minderjährige absichern

Wenn Minderjährige einwilligungsfähig sind, ist eine entsprechende Verfügung trotzdem möglich. Dann sind nicht die Entscheidungen Dritter maßgeblich – nach rechtlicher Sicht spielen dann vor allem die Wünsche des Minderjährigen eine Rolle. Gemäß Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes steht diese Einwilligung auch vor dem Sorge- und Stellvertretungsrecht der Eltern.

Neben der Einwilligungsfähigkeit gibt es keine gesetzlichen Vorgaben für eine solche Erklärung. Wie bei einer Patientenverfügung sollten die Minderjährigen ihre Behandlungswünsche jedoch schriftlich verfassen.

Wichtig: Trotzdem handelt es sich dabei um keine gesetzlich bindende Patientenverfügung – inwiefern die Wünsche des Minderjährigen im Ernstfall tatsächlich berücksichtigt werden, ist mindestens zweifelhaft. Zudem müssen Eltern den Behandlungswunsch nicht beachten, wenn das Kind später nicht mehr einwilligungsfähig ist.

Tipps für Eltern bei nicht einwilligungsfähigen Kindern

Was passiert, wenn das Kind aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr einwilligungsfähig ist? Hier sind 4 grundlegende Tipps:

  • Eltern können eine entsprechende Verfügung in Absprache mit den Ärzten erstellen. Die Verfügung sollte so konkret wie möglich formuliert werden. Daher sollte man allgemeine Muster und Vorlagen meiden. Die Verfügung sollte auch beinhalten, warum man verschiedene Maßnahmen möchte oder ablehnt – und die bisherige Krankheitsgeschichte der Kinder kurz zusammenfassen.

  • Viele Eltern sind verständlicherweise überfordert, wenn es um einen möglichen Abbruch von lebenserhaltenden Maßnahmen des eigenen Kindes geht. Hier ist es an den Ärzten, die Eltern zu entlasten – und zu erklären, dass es nicht nur um eine elterliche, sondern für das Wohl des Kindes auch um eine medizinisch sinnvolle Entscheidung geht.

  • Eltern sollten gemeinsam mit den behandelnden Ärzten festlegen, was bei verschiedenen Verläufen der Krankheit medizinisch zu tun ist. Wenn das Kind einvernehmungsfähig ist,  sollten die Wünsche des Kindes dabei natürlich berücksichtigt werden.

  • Eltern eines schwerkranken Kindes sollten mit Ärzten regelmäßig über den möglichen Verhandlungsverlauf sprechen – und bei Bedarf Wünsche bezüglich der Behandlung und Pflege anpassen. Wir empfehlen ein solches Gespräch alle 6 Monate – schließlich können sich Wünsche und Behandlungsmethoden ändern.

Übrigens: Ein Betreuer oder ein Vorsorgebevollmächtigter hat grundsätzlich die Pflicht, einer Patientenverfügung Geltung zu verschaffen. Eltern eines minderjährigen Kindes haben eine solche Verpflichtung nicht. Die Eltern müssen beim Sorgerecht lediglich die wachsenden Fähigkeiten und die Selbstständigkeit des Kindes berücksichtigen (§ 1626 Abs. 2 BGB).

Was passiert bei einem Streitfall?

Eltern widersprechen der Behandlungserklärung eines Minderjährigen und weisen den Arzt an, sich über die Entscheidung des Minderjährigen hinwegzusetzen? Dann entscheidet meist das Gericht. Dabei steht das Kindswohl im Fokus – in vielen Fällen kann das Gericht dem Willen des Minderjährigen Geltung verschaffen. Grundsätzlich strebt das Gericht nach einer Balance zwischen Selbstbestimmungsrecht und Recht der Personensorge der Eltern.

Fazit

Auch ohne Patientenverfügung können Minderjährige in Deutschland ihre Wünsche bezüglich der eigenen Behandlung festlegen. Dabei ist ein Gespräch mit den behandelnden Ärzten wichtig – und natürlich muss der Minderjährige die Tragweite seiner Entscheidung zu 100% begreifen. Bei nicht einwilligungsfähigen Kindern, sollten Eltern in Absprache mit den behandelnden Ärzten über die Behandlung entscheiden.

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