Patientenverfügung wirksam erstellen: Fehler vermeiden und Ihre Selbst­bestimmung sichern

Zusammenfassung

Eine wirksame Patientenverfügung sichert Ihre medizinische Selbst­bestimmung, indem sie konkrete und präzise Anweisungen zu Behandlungs­maßnahmen enthält. Sie sollte regelmäßig überprüft und aktualisiert werden, fachliche Beratung in Anspruch nehmen und an einem zugänglichen Ort aufbewahrt werden, damit Ihre Wünsche im Ernstfall respektiert werden können. Durch eine sorgfältige Erstellung entlasten Sie Ihre Angehörigen und behalten die Kontrolle über wichtige Entscheidungen.

Eine Patientenverfügung ist ein unverzichtbares Instrument für Ihre medizinische Selbst­bestimmung. Beunruhigend ist jedoch: Laut einer Studie der Herforder Intensiv­mediziner ist nur etwa jede fünfzigste Patientenverfügung tatsächlich wirksam. Dies liegt oft an fehlenden medizinischen Grund­kenntnissen und unklaren Formulierungen. Im Folgenden erfahren Sie, wie Sie eine rechtlich bindende Patientenverfügung erstellen und welche Fehler Sie dabei vermeiden sollten.

Person schreibt an einem Dokument auf einem Schreibtisch, umgeben von Pflanzen und Sonnenlicht.

Die rechtliche Grundlage: Was eine Patientenverfügung gültig macht

Die Patientenverfügung ist in Deutschland seit 2009 gesetzlich verankert und im § 1827 BGB geregelt. Sie ermöglicht es Ihnen, im Voraus festzulegen, welche medizinischen Behandlungen Sie wünschen oder ablehnen, falls Sie nicht mehr einwilligungs­fähig sein sollten. Der Bundes­gerichtshof hat in wegweisenden Urteilen aus den Jahren 2016 und 2017 präzisiert, dass Patientenverfügungen konkret formuliert sein müssen, um wirksam zu sein.

Damit Ihre Patientenverfügung rechtlich gültig ist, müssen vier grundlegende Voraussetzungen erfüllt sein: Sie müssen zum Zeitpunkt der Erstellung volljährig und einwilligungs­fähig sein, die Verfügung muss schriftlich vorliegen, und Sie müssen sie eigenhändig unterschreiben. Auch bei Erfüllung dieser formalen Kriterien kann Ihre Patientenverfügung unwirksam sein, wenn der Inhalt zu allgemein oder widersprüchlich formuliert ist.

Laienhafte Formulierungen wie “lebensverlängernde Maßnahmen unterlassen”, “würdevolles Sterben” oder “Geräte abschalten, wenn keine Aussicht auf sinnvolles Leben besteht” bieten dem ärztlichen Personal keine klaren Handlungs­anweisungen und überlassen zu viel Interpretations­spielraum. Diese Unbestimmtheit kann im Ernstfall dazu führen, dass Ihre Patientenverfügung nicht umgesetzt wird.

Häufige Fehler bei der Erstellung einer Patientenverfügung

Der grundlegendste Fehler ist, überhaupt keine Patientenverfügung zu erstellen. Dies geschieht häufig aus einer Scheu heraus, sich mit dem eigenen Lebensende auseinanderzusetzen, oder aus dem irrtümlichen Glauben, dass man selbst nicht in eine entsprechende Situation geraten wird. Ohne Patientenverfügung verlieren Sie jedoch die Kontrolle über medizinische Entscheidungen, wenn Sie selbst nicht mehr entscheidungs­fähig sind.

Ein weiterer verbreiteter Irrtum ist die Verwendung standardisierter Vordrucke oder PDF-Muster ohne individuelle Anpassung. Zahlreiche Organisationen bieten kostenlose Vorlagen zum Download an. Diese standardisierten Formulare sind jedoch meist zu allgemein gehalten und können unmöglich alle individuellen Bedürfnisse und Vorstellungen abdecken. Behörden und Ärztekammern wissen um diese Problematik und versehen ihre Vorlagen fast immer mit einem Hinweis wie: “Dieses Formular dient zur allgemeinen Informierung. Es ersetzt keine fachliche Beratung oder spezifische Formulierung.”

Viele Menschen unterschätzen zudem die Bedeutung medizinischer Fachkenntnisse für eine wirksame Patientenverfügung. Ohne ein grundlegendes Verständnis der verschiedenen medizinischen Maßnahmen und ihrer Konsequenzen ist es schwierig, fundierte Entscheidungen zu treffen und diese präzise zu formulieren. Dies führt häufig zu widersprüchlichen Anweisungen, wie beispielsweise der Ablehnung künstlicher Ernährung bei gleichzeitiger Forderung nach allen lebens­erhaltenden Maßnahmen.

Eine einmal erstellte Patientenverfügung sollte regelmäßig überprüft und bei Bedarf aktualisiert werden. Persönliche Einstellungen können sich ändern, und auch der medizinische Fortschritt kann neue Behandlungs­optionen eröffnen. Ohne regelmäßige Aktualisierung besteht die Gefahr, dass Ihre Patientenverfügung nicht mehr Ihrem aktuellen Willen entspricht.

Ein weiteres Problem ist die mangelnde Kommunikation mit Angehörigen oder Bevollmächtigten. Viele Menschen vergessen, ihre Vertrauenspersonen über die Existenz und den Inhalt ihrer Patientenverfügung zu informieren. Im Notfall wissen dann möglicherweise genau die Personen nichts von Ihrer Verfügung, die Ihre Interessen vertreten sollten.

Die fehlende Kombination mit einer Vorsorgevollmacht kann ebenfalls problematisch sein. Eine Patientenverfügung allein reicht oft nicht aus, denn ohne Vorsorge­vollmacht gibt es möglicherweise niemanden, der Ihre in der Patientenverfügung festgelegten Wünsche durchsetzen kann. Während Sie für Ihre Vorsorgevollmacht kein Fachwissen benötigen und lediglich Vertrauenspersonen für verschiedene Lebensbereiche bestimmen müssen, erfordert die Patientenverfügung konkrete Bezüge auf medizinische Behandlungs- und Krankheits­situationen.

Die unzureichende Aufbewahrung stellt ein weiteres Hindernis dar. Die beste Patientenverfügung nützt nichts, wenn sie im Ernstfall nicht gefunden wird. Eine ungeeignete Aufbewahrung oder fehlende Information über den Aufbewahrungsort kann dazu führen, dass Ihre Patientenverfügung nicht berücksichtigt wird.

Ein besonders gravierender Fehler ist der Verzicht auf fachliche Beratung. Die Erstellung einer wirksamen Patientenverfügung ist komplex und anspruchsvoll. Dennoch verzichten viele Menschen auf eine Beratung durch medizinisches Fachpersonal, rechtliche Beratung oder spezialisierte Beratungs­stellen. Dies erhöht das Risiko, dass die Patientenverfügung unwirksam ist.

So erstellen Sie eine wirksame Patientenverfügung

Eine wirksame Patientenverfügung muss konkrete Behandlungs­situationen und medizinische Maßnahmen detailliert beschreiben. Statt allgemeiner Aussagen wie “Ich möchte keine lebensverlängernden Maßnahmen” sollten Sie präzise formulieren: “Ich lehne eine künstliche Beatmung ab, wenn ich mich im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit befinde.” Solche konkreten Formulierungen geben dem medizinischen Personal klare Handlungs­anweisungen und minimieren den Interpretations­spielraum.

Ihre Patientenverfügung sollte mit Ihren persönlichen Daten wie Vor- und Familienname, Geburtsdatum und Adresse beginnen. Diese Informationen stellen sicher, dass die Verfügung eindeutig Ihnen zugeordnet werden kann. Anschließend sollten Sie genau beschreiben, in welchen Situationen die Patientenverfügung gelten soll, etwa bei unheilbaren Erkrankungen im Endstadium, irreversiblem Koma oder fortgeschrittener Demenz.

Der Hauptteil Ihrer Patientenverfügung sollte konkrete Festlegungen zu verschiedenen medizinischen Maßnahmen enthalten. Dazu gehören Ihre Wünsche bezüglich Wiederbelebung, künstlicher Beatmung, künstlicher Ernährung und Flüssigkeits­zufuhr. Auch Ihre Vorstellungen zur Schmerz- und Symptom­behandlung, Antibiotika­gabe und Dialyse sollten Sie präzise formulieren. Ergänzen können Sie Ihre Verfügung mit Wünschen zur Sterbe­begleitung, zum bevorzugten Sterbeort und zu religiösem Beistand.

Besonders wichtig: Lassen Sie sich bei der Erstellung Ihrer Patientenverfügung fachlich beraten. Aufgrund der komplexen rechtlichen und medizinischen Anforderungen ist professionelle Unterstützung durch medizinisches Fachpersonal, rechtliche Beratung oder spezialisierte Beratungs­stellen äußerst hilfreich. Diese Fachleute können Ihnen dabei helfen, Ihre Wünsche korrekt und rechtssicher zu formulieren.

Vergessen Sie nicht, Ihre Patientenverfügung mit dem aktuellen Datum zu versehen und eigenhändig zu unterschreiben. Ohne diese formalen Elemente ist Ihre Patientenverfügung rechtlich nicht gültig. Eine regelmäßige Überprüfung und erneute Unterschrift, etwa alle ein bis zwei Jahre, unterstreicht zudem die Aktualität Ihres Willens.

Aufbewahrung und Zugang: Ihre Patientenverfügung im Notfall parat haben

Die sorgfältige Aufbewahrung Ihrer Patientenverfügung ist genauso wichtig wie ihre korrekte Erstellung. Bewahren Sie das Original an einem sicheren, aber zugänglichen Ort auf und informieren Sie Ihre Angehörigen oder Bevollmächtigten über diesen Aufbewahrungsort. Sinnvoll ist auch, Ihren Hausärztinnen und Hausärzten, Vertrauens­personen und Bevollmächtigten eine Kopie auszuhändigen.

Tragen Sie zudem einen Hinweis auf Ihre Patientenverfügung bei sich, beispielsweise in Form einer Karte im Portemonnaie. So kann im Notfall schnell festgestellt werden, dass eine Patientenverfügung existiert. Eine weitere Möglichkeit ist die Registrierung Ihrer Patientenverfügung im Zentralen Vorsorge­register der Bundes­notarkammer. Dies erleichtert es Betreuungs­gerichten, im Bedarfsfall von Ihrer Verfügung zu erfahren.

Regelmäßige Überprüfung: Ihre Patientenverfügung aktuell halten

Eine Patientenverfügung ist kein statisches Dokument, sondern sollte regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden. Experten empfehlen eine Überprüfung etwa alle zwei Jahre oder bei wesentlichen Veränderungen wie:

Veränderungen Ihrer persönlichen Lebens­umstände oder Ihrer gesundheitlichen Situation können neue Perspektiven und Prioritäten mit sich bringen. Auch neue Erkenntnisse über Krankheiten oder Behandlungs­methoden können eine Anpassung Ihrer Verfügung erforderlich machen. Nicht zuletzt können sich rechtliche Rahmen­bedingungen ändern, was eine Überarbeitung Ihrer Patientenverfügung notwendig machen könnte.

Selbstbestimmt bis zuletzt: Die Bedeutung einer wirksamen Patientenverfügung

Eine sorgfältig erstellte und rechtlich wirksame Patientenverfügung gibt Ihnen die Gewissheit, dass Ihre Wünsche bezüglich medizinischer Behandlungen auch dann respektiert werden, wenn Sie selbst nicht mehr entscheidungs­fähig sind. Sie entlastet zudem Ihre Angehörigen, die sonst möglicherweise schwierige Entscheidungen in Ihrem Namen treffen müssten, ohne Ihren tatsächlichen Willen zu kennen.

Die Auseinandersetzung mit dem Thema mag zunächst unangenehm erscheinen, doch sie schenkt Ihnen und Ihren Angehörigen letztlich Klarheit und Sicherheit. Nehmen Sie sich die Zeit, eine wirksame Patientenverfügung zu erstellen, und scheuen Sie sich nicht, fachliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Es geht um nichts Geringeres als Ihre Selbst­bestimmung in einer der verletzlichsten Phasen Ihres Lebens.

Fazit

Eine Patientenverfügung ist ein wertvolles Instrument, um Ihre medizinische Selbst­bestimmung auch dann zu wahren, wenn Sie selbst nicht mehr entscheiden können. Allerdings reicht es nicht aus, einfach ein Formular auszufüllen oder allgemeine Wünsche zu formulieren. Eine wirksame Patientenverfügung erfordert präzise, konkrete Formulierungen und sollte idealerweise mit fachlicher Unterstützung erstellt werden. Nehmen Sie sich die Zeit, sich mit diesem wichtigen Thema auseinanderzusetzen - für Ihre eigene Sicherheit und die Ihrer Angehörigen.