Patientenverfügung: Eine Frage der Ethik?

Patientenverfügung.digital

erstellt am:

2019-01-28

letzte Änderung:

2020-05-10

Die moderne Medizin kann viele Krankheiten und Verletzungen erfolgreich behandeln, die früher zum Tod geführt hätten. Das bringt nicht nur Chancen und Hoffnungen für viele Menschen – auch eine Verlängerung des Leidens ist möglich. In diesem Artikel beleuchten wir die Patientenverfügung aus der ethischen Perspektive.

Worum geht es in der ethischen Diskussion?

Selbstbestimmung gehört zu den Grundrechten des Menschen. Die ethische Diskussionen über die Patientenverfügung konzentriert sich demnach vor allem auf den moralischen und rechtlichen Anspruch des Patienten auf Selbstbestimmung – und die ärztliche Fürsorgepflicht, die mit der Selbstbestimmung des Patienten nicht immer vereinbar ist. Ein solcher Widerspruch kann in der Praxis zu schwierigen Entscheidungen führen – vor allem, wenn der Patientenwille nicht eindeutig formuliert ist.

Tipp: Wenn Sie sich mit Patientenverfügung noch nicht auseinandergesetzt haben, empfehlen wir unsere Artikel: 10 wichtige Fragen zur Patientenverfügung oder 10 häufige Irrtümer über die Patientenverfügung.

Wie passen Selbstbestimmung und ärztliche Fürsorge zusammen?

Ärzte müssen alles in ihrer Macht stehende tun, um das Leben eines Patienten zu retten. Bis ins 20. Jahrhundert haben Ärzte demnach für Patienten Entscheidungen über Behandlungsmaßnahmen getroffen. Das hat sich in den letzten Jahrzehnten stark geändert: Mittlerweile ist das Recht auf Selbstbestimmung die Grundlage für medizinische Entscheidungen – und der Patientenwille steht in jedem Fall über Empfehlungen von Ärzten und Pflegenden.

So endet die ärztliche Verpflichtung zur Lebenserhaltung, wenn der Patient diese nicht mehr wünscht. Führt ein Arzt dennoch eine vom Patienten ausdrücklich abgelehnte Maßnahme durch, macht sich der Arzt unter deutschem Recht strafbar.

Was passiert bei nicht eindeutigem Patientenwillen?

Unklare Patientenverfügungen stellen Ärzte vor schwierigen Entscheidungen. In einem solchen Fall müssen Ärzte und/oder Angehörige den mutmaßlichen Patientenwillen bestimmen. Das ist in vielen Fällen äußerst schwierig.

Wichtig: Wenn Ihre Patientenverfügung zu allgemein formuliert ist, ist sie nicht gültig (gemäß der letzten Urteilen des Bundesgerichtshofs). Nur spezifische und konkrete Patientenverfügungen sind rechtlich bindend! Meiden Sie daher Formulare zum Ankreuzen.

Welche ethischen Kritikpunkte gibt es?

  • Vor allem die rechtliche Verbindlichkeit von Patientenverfügungen wird kritisiert. Das Argument? Viele Patienten können ihre zukünftige Situation nach einer Erkrankung oder einem Unfall nicht ausreichend einschätzen, um über medizinische oder pflegerische Behandlungen zu entscheiden. Selbst Ärzte können den Krankheitsverlauf häufig nicht vorhersehen, vor allem bei Patienten im Wachkoma ist eine Prognose schwierig.
  • Werte und Einstellungen einer Person können sich mit der Zeit verändern. Wenn ein Patient vor 20 Jahren eine Patientenverfügung verfasst hat und nun im Koma liegt – wie sicher ist es, dass der damals verfasste Wille mit den aktuellen Wünschen des Patienten übereinstimmt? Um solche Zweifel zu vermeiden, sollten Sie Ihre Patientenverfügung in regelmäßigen Abständen aktualisieren.
  • Neuronale Erkrankungen können die Persönlichkeit verändern. In einigen Fällen kann die Persönlichkeitsveränderung so stark sein, dass man von zwei verschiedenen Personen sprechen müsse. Sollte die Patientenverfügung selbst in einem solchen Fall noch wirksam sein? Schließlich wurde der Wille eigentlich von einer Person erstellt, die mit dem jetzigen Menschen nichts mehr zu tun hat.

Übrigens: Besonders kontrovers wird das Thema Patientenverfügung und Patientenautonomie in der Psychiatrie diskutiert – schließlich gibt es dort Zwangsbehandlungen. Was ist dann ausschlaggebend? Der aktuelle oder der erklärte Wille des Patienten?

Worum geht es beim „würdevollen Sterben“?

Das würdevolle Sterben ist ebenfalls ein kontrovers diskutiertes Thema – schließlich versteht jeder Mensch etwas anderes unter dem Begriff. Grundsätzlich geht es um ein angenehmes Lebensende – dies definiert sich einerseits durch ärztliche Ethik und andererseits durch Selbstbestimmung des Patienten.

Ärztliche Ethik ist jedoch nicht immer mit dem Wunsch des Patienten vereinbar: Während Ärzte das Leben möglichst lange erhalten möchten, bevorzugen schwerkranke Patienten in vielen Fällen ein schnelles Ende des Leidens. Die Diskussionen überschneiden sich häufig mit der ethischen Frage der Sterbehilfe.

Wie lässt sich Ethik, Sterbehilfe und Patientenverfügung vereinbaren?

Eine aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten. Sie können jedoch den Wunsch nach passiver Sterbehilfe (zum Beispiel durch Abschalten von lebenserhaltenden Geräten in bestimmten Situationen) äußern. Auch aus ärztlicher Ethik kann Sterbehilfe in bestimmten Fällen ein würdevolles Sterben ermöglichen. Zum Beispiel verstößt die passive Sterbehilfe nicht gegen moralische Werte, wenn der Patient ohnehin keine Chancen auf Heilung hätte und/oder durch lebensverlängernde Maßnahmen nur unnötig leiden würde.

Fazit

Die ethische Debatte über Patientenverfügungen dreht sich vor allem um Patientenautonomie und das Recht auf Selbstbestimmung. Dieses Grundrecht passt nicht immer mit der ärztlichen Fürsorgepflicht zusammen, was – vor allem bei unklaren Patientenwillen – zu schwierigen moralischen Entscheidungen führen kann. Deshalb sollten Sie sich für Ihre Patientenverfügung unbedingt ausreichend Zeit nehmen. Überlegen Sie genau, welche medizinischen und pflegerischen Maßnahmen Sie in welchen Situationen wünschen oder ablehnen. Je genauer und detaillierter Ihre Patientenverfügung ist, desto weniger Fragen bleiben im Ernstfall offen!

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