Patientenverfügungen in Deutschland: Verbreitung und demografische Faktoren
Zusammenfassung
- 37,3 % der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland haben eine Patientenverfügung erstellt (Stand 2022).
- 91,5 % der Menschen in Deutschland kennen das Konzept der Patientenverfügung.
- 50 % der Frauen über 50 Jahren haben eine Patientenverfügung, im Vergleich zu 39,2 % der Männer in derselben Altersgruppe.
- Der Anteil von Menschen mit Patientenverfügung stieg von 28 % (2014) auf 37,3 % (2022).
- Im Jahr 2020 waren etwa 3,5 Millionen Patientenverfügungen im Zentralen Vorsorgeregister eingetragen (nur mit Vorsorgevollmacht).
- Menschen mit höherem Bildungsgrad erstellen häufiger eine Patientenverfügung als Personen mit niedrigerem Bildungsniveau.
- 79,2 % der Menschen ohne Migrationshintergrund stimmen der Idee einer Patientenverfügung zu, im Vergleich zu 71,6 % der Menschen mit Migrationshintergrund.
- Während der COVID-19-Pandemie wurde ein Anstieg an Interesse und Anpassungen bei Patientenverfügungen festgestellt, genaue Zahlen sind jedoch noch nicht umfassend erforscht.
- Wie viele Menschen in Deutschland haben eine Patientenverfügung?
- Demografische Unterschiede: Wer hat eine Patientenverfügung?
- Entwicklung in den letzten zehn Jahren
- Einfluss der COVID-19-Pandemie
- Menschen mit Migrationshintergrund
- Regionale Unterschiede in Deutschland
- Warum nur ein geringer Anstieg?
- Fazit: Patientenverfügungen gewinnen an Bedeutung
Die Patientenverfügung ist ein wichtiges Instrument, mit dem Sie im Voraus festlegen können, welche medizinischen Maßnahmen Sie in bestimmten Situationen wünschen oder ablehnen. Aktuell haben etwa 37,3 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland eine Patientenverfügung erstellt, während 91,5 Prozent der Menschen angeben, dieses Vorsorgeinstrument zu kennen. Die Verbreitung hängt stark von demografischen Faktoren wie Alter, Geschlecht und Bildung ab. Besonders durch die COVID-19-Pandemie ist die Bedeutung dieser Vorsorgeform deutlich ins Bewusstsein gerückt.

Wie viele Menschen in Deutschland haben eine Patientenverfügung?
Die genaue Anzahl der in Deutschland verfassten Patientenverfügungen ist nicht vollständig bekannt, da keine zentrale Erfassung existiert. Nach einer vorsichtigen Schätzung der Bundesregierung waren im Jahr 2020 etwa 3,5 Millionen Patientenverfügungen registriert[1]. Diese Zahl berücksichtigt jedoch nur Patientenverfügungen, die in Verbindung mit einer Vorsorgevollmacht beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer eingetragen wurden. Die tatsächliche Anzahl dürfte deutlich höher liegen.
Eine repräsentative Studie aus dem Jahr 2022 ergab, dass 37,3 Prozent der Befragten angaben, eine Patientenverfügung erstellt zu haben[6]. Etwa ein weiteres Drittel plante, in nächster Zeit eine Patientenverfügung zu verfassen. Dies zeigt, dass das Bewusstsein für diese Vorsorgeform in der Bevölkerung durchaus vorhanden ist.
Demografische Unterschiede: Wer hat eine Patientenverfügung?
Alter als entscheidender Faktor
Das Alter spielt eine wesentliche Rolle bei der Frage, ob jemand eine Patientenverfügung erstellt hat. Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit deutlich an. Während in jüngeren Altersgruppen nur wenige Menschen eine Patientenverfügung haben, verfügt bei den über 50-Jährigen fast jede zweite Person über dieses Dokument[7]. Besonders in der Gruppe der über 70-Jährigen ist der Anteil am höchsten, was mit der steigenden Auseinandersetzung mit Fragen der Gesundheitsvorsorge im Alter zusammenhängt.
Geschlechterunterschiede
Interessanterweise zeigen sich auch deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Frauen über 50 Jahre haben häufiger eine Patientenverfügung erstellt als Männer der gleichen Altersgruppe. Konkret verfügen etwa 50 Prozent der Frauen über 50 Jahren über eine Patientenverfügung, während es bei den Männern nur etwa 39,2 Prozent sind[7]. Diese Differenz spiegelt möglicherweise ein allgemein höheres Gesundheitsbewusstsein und eine stärkere Vorsorgeorientierung bei Frauen wider.
Bildungsgrad als Einflussfaktor
Der Bildungsgrad einer Person wirkt sich ebenfalls auf die Wahrscheinlichkeit aus, eine Patientenverfügung zu haben. Studien belegen einen statistisch signifikanten, wenn auch schwachen Zusammenhang zwischen formaler Bildung und sowohl der Bekanntheit als auch der Verbreitung von Patientenverfügungen[6]. Menschen mit höherem Bildungsabschluss sind besser über die Möglichkeiten der Patientenverfügung informiert und nutzen diese auch häufiger. Dies könnte mit einem besseren Zugang zu Informationen sowie einer höheren Affinität zu schriftlichen Dokumenten zusammenhängen.
Entwicklung in den letzten zehn Jahren
Die Verbreitung von Patientenverfügungen hat in den vergangenen zehn Jahren stetig zugenommen. Während 2014 etwa 28 Prozent der Bevölkerung eine Patientenverfügung besaßen, stieg dieser Anteil bis 2022 auf 37,3 Prozent[6]. Diese Entwicklung zeigt ein wachsendes Bewusstsein für Selbstbestimmung am Lebensende.
Auch das Zentrale Vorsorgeregister verzeichnet einen stetigen Anstieg der Eintragungen. Im Jahr 2019 waren von 393.092 Neueintragungen 312.331 (79 Prozent) mit einer Patientenverfügung verbunden[1]. In den Jahren zwischen 2009 und 2018 lag dieser Anteil regelmäßig zwischen 74 und 76 Prozent, was auf eine hohe Konstanz in der Kopplung von Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung hindeutet.
In einer früheren Umfrage des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes aus dem Jahr 2017 gaben bereits 43 Prozent der Befragten an, eine Patientenverfügung zu besitzen, was einen deutlichen Anstieg gegenüber 2012 (26 Prozent) darstellte[6]. Die unterschiedlichen Prozentzahlen der verschiedenen Studien erklären sich durch verschiedene Befragungsmethoden und untersuchte Bevölkerungsgruppen.
Einfluss der COVID-19-Pandemie
Die COVID-19-Pandemie hat das Thema Patientenverfügung verstärkt ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Angesichts des möglichen schweren Verlaufs einer COVID-19-Erkrankung haben viele Menschen über ihre Behandlungswünsche nachgedacht und entsprechende Vorsorgemaßnahmen getroffen.
Organisationen wie die Malteser haben darauf reagiert und ihre Musterformulare für Patientenverfügungen um spezifische Regelungen für COVID-19 erweitert[8]. Damit sollten Kernfragen zielgerichtet beantwortet werden können, etwa zur Verlegung in ein Krankenhaus, zur intensivmedizinischen Behandlung oder zur künstlichen Beatmung - Themen, die durch die Pandemie besondere Bedeutung erlangten.
Besonders für Risikogruppen wurde die Patientenverfügung während der Pandemie zu einem wichtigen Instrument, um selbstbestimmt über mögliche Behandlungsschritte entscheiden zu können[3]. Die genauen Auswirkungen der Pandemie auf die Verbreitungszahlen von Patientenverfügungen sind noch nicht umfassend erforscht, aber Expert:innen nehmen einen weiteren Anstieg an[6].
Menschen mit Migrationshintergrund
Ein interessanter Aspekt bei der Verbreitung von Patientenverfügungen zeigt sich im Vergleich zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Studien belegen, dass Personen mit Migrationshintergrund die Patientenverfügung seltener bekannt ist als Menschen ohne Migrationshintergrund[6]. Obwohl sich hinsichtlich des tatsächlichen Vorhandenseins einer Patientenverfügung kein signifikanter Unterschied nachweisen lässt, zeigen sich Differenzen in der Einstellung dazu.
So weisen Menschen ohne Migrationshintergrund mit 79,2 Prozent signifikant höhere Zustimmungswerte zur Patientenverfügung auf als Menschen mit Migrationshintergrund (71,6 Prozent)[6]. Diese Unterschiede könnten auf kulturelle Faktoren, sprachliche Barrieren oder unterschiedliche Vorstellungen über Gesundheitsvorsorge und Lebensende zurückzuführen sein.
Diese Erkenntnisse verdeutlichen, wie wichtig kulturell sensible Informations- und Beratungsangebote sind, um allen Bevölkerungsgruppen einen gleichberechtigten Zugang zu Vorsorgeinstrumenten zu ermöglichen.
Regionale Unterschiede in Deutschland
Zu regionalen Unterschieden in der Verbreitung von Patientenverfügungen innerhalb Deutschlands liegen bisher kaum wissenschaftlich fundierte Daten vor. Obwohl die zitierten Studien teilweise regionale Verteilungen der Befragten berücksichtigen, werden keine spezifischen Unterschiede zwischen Bundesländern oder zwischen städtischen und ländlichen Regionen herausgearbeitet.
Zu vermuten ist, dass Faktoren wie die lokale Gesundheitsinfrastruktur, regionale Beratungsangebote und kulturelle Unterschiede zwischen den Bundesländern einen Einfluss auf die Verbreitung haben könnten. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf, um gezielt regional angepasste Informationskampagnen entwickeln zu können.
Warum nur ein geringer Anstieg?
Trotz des wachsenden Bewusstseins ist der Anstieg der Patientenverfügungen in den letzten Jahren vergleichsweise moderat ausgefallen. Zwischen verschiedenen Erhebungszeitpunkten zeigen sich teilweise nur geringe Zuwächse von wenigen Prozentpunkten. Dies kann verschiedene Gründe haben:
Die hohe Komplexität des Themas stellt für viele Menschen eine Hürde dar. Eine Patientenverfügung zu erstellen, erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit schwierigen Fragen zu Krankheit und Lebensende - Themen, die viele Menschen gerne aufschieben.
Zudem besteht oft Unsicherheit über die rechtlichen Anforderungen und die korrekte Formulierung. Obwohl das Patientenrechtegesetz seit 2013 die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen stärkt[11], fehlt vielen das Wissen über die konkreten Voraussetzungen.
Auch fehlt es manchmal an der entsprechenden Beratung. Viele Menschen wissen nicht, an wen sie sich für Unterstützung bei der Erstellung einer Patientenverfügung wenden können. Die Befragten in einer Studie zeigten sich unsicher, ob sie zum Hausarzt gehen oder andere Beratungsstellen aufsuchen sollten[9].
Ein weiterer Faktor könnte sein, dass Menschen zwar die Absicht haben, eine Patientenverfügung zu erstellen, die tatsächliche Umsetzung jedoch immer wieder aufschieben. Wie ein Befragter es ausdrückte: “Denken tut man ja viel, aber immer kommt was dazwischen, aber vor habe ich es auf jeden Fall.”[9]
Fazit: Patientenverfügungen gewinnen an Bedeutung
Die Patientenverfügung hat in den letzten Jahren als Instrument der selbstbestimmten Vorsorge deutlich an Bedeutung gewonnen. Heute kennen über 90 Prozent der Bevölkerung diese Möglichkeit, und mehr als ein Drittel hat bereits eine Patientenverfügung erstellt.
Besonders ältere Menschen, Frauen und Personen mit höherer Bildung nutzen dieses Vorsorgeinstrument. Die COVID-19-Pandemie hat das Bewusstsein für die Wichtigkeit einer Patientenverfügung zusätzlich geschärft und spezifische Anpassungen in den Formularen angeregt.
Gleichzeitig zeigen sich gesellschaftliche Unterschiede, etwa zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, die bei der Gestaltung von Informations- und Beratungsangeboten berücksichtigt werden sollten. Der Trend zu mehr Selbstbestimmung am Lebensende wird vermutlich anhalten, während rechtliche Rahmenbedingungen und gesellschaftliche Diskussionen das Thema weiter prägen werden.
Für Sie persönlich kann es sinnvoll sein, sich frühzeitig mit dem Thema Patientenverfügung auseinanderzusetzen - unabhängig von Ihrem Alter oder Gesundheitszustand. Eine gute Beratung, etwa durch Ihren Hausarzt oder spezialisierte Beratungsstellen, kann Ihnen helfen, eine auf Ihre individuellen Wünsche zugeschnittene Patientenverfügung zu erstellen.