Patientenverfügung: Ihr Wille zählt - selbstbestimmt vorsorgen
Zusammenfassung
Eine Patientenverfügung ermöglicht es Ihnen, vorab festzulegen, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen, falls Sie Ihren Willen nicht mehr äußern können. Sie sichert Ihr Selbstbestimmungsrecht und entlastet Angehörige von schwierigen Entscheidungen. Eine präzise Formulierung, regelmäßige Aktualisierung und Kombination mit einer Vorsorgevollmacht erhöhen die Rechtssicherheit und praktische Umsetzbarkeit.
Eine Patientenverfügung ist ein zentrales Vorsorgedokument, mit dem Sie vorab festlegen können, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen, falls Sie einmal nicht mehr selbst entscheiden können. Mit diesem Dokument sichern Sie Ihr Selbstbestimmungsrecht auch in Situationen, in denen Sie Ihren Willen nicht mehr äußern können.

Was ist eine Patientenverfügung und wofür brauchen Sie sie?
Eine Patientenverfügung ist eine schriftliche Erklärung, in der Sie für den Fall Ihrer Einwilligungsunfähigkeit festlegen, welche medizinischen Maßnahmen bei Ihnen durchgeführt oder unterlassen werden sollen[2]. Dies kann nach einem Unfall, bei schwerer Krankheit oder im Alter der Fall sein, wenn Sie Ihren Willen nicht mehr selbst mitteilen können.
Ohne Patientenverfügung dürfen weder Ehepartner:innen noch Angehörige festlegen, ob und wie Ihre Behandlung fortgesetzt oder beendet werden soll[2]. Stattdessen müsste Ihr mutmaßlicher Wille ermittelt werden, was in der Praxis sehr schwierig sein kann, besonders wenn Angehörige unterschiedliche Meinungen vertreten. Im ungünstigsten Fall müsste ein:e Betreuer:in - möglicherweise eine fremde Person - vom Gericht bestellt werden[2].
Rechtliche Grundlagen der Patientenverfügung
Die gesetzliche Grundlage der Patientenverfügung in Deutschland ist in § 1827 BGB verankert[10]. Die Würde des Menschen (Art. 1 Grundgesetz) und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Grundgesetz) bilden dabei die verfassungsrechtliche Basis für Ihr Selbstbestimmungsrecht in medizinischen Fragen[12].
Wichtig zu wissen: Der Bundesgerichtshof hat 2016 in einem grundlegenden Urteil entschieden, dass pauschale Formulierungen wie “keine lebensverlängernden Maßnahmen” nicht ausreichen[9][11]. Eine wirksame Patientenverfügung muss konkrete Behandlungsanweisungen für bestimmte Situationen enthalten.
Für wen ist eine Patientenverfügung sinnvoll?
Eine Patientenverfügung ist für jeden volljährigen Menschen sinnvoll[4]. Niemand kann vorhersehen, wann durch Unfall oder Krankheit eine Situation eintreten könnte, in der man seinen Willen nicht mehr äußern kann.
Besonders sinnvoll ist eine Patientenverfügung für:
- Menschen mit chronischen Erkrankungen
- Ältere Personen
- Menschen mit bestimmten religiösen oder ethischen Überzeugungen
- Personen, die ihre Angehörigen von schwierigen Entscheidungen entlasten möchten
Was gehört in eine wirksame Patientenverfügung?
Damit Ihre Patientenverfügung rechtlich bindend ist, sollten folgende Punkte enthalten sein:
1. Persönliche Angaben
- Name, Geburtsdatum und Wohnort[4]
2. Konkrete Situationen
Beschreiben Sie genau, für welche Situationen Ihre Verfügung gelten soll, beispielsweise:
- Wenn Sie sich “im unmittelbaren Sterbeprozess befinden”[4]
- Bei “unheilbarer, tödlich verlaufender Krankheit im Endstadium”[4]
- Bei schwerer Demenz
- Bei irreversiblem Koma
3. Konkrete Behandlungswünsche
Legen Sie fest, welche Maßnahmen Sie in den beschriebenen Situationen wünschen oder ablehnen:
- Künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr
- Künstliche Beatmung
- Wiederbelebungsmaßnahmen
- Schmerzbehandlung
- Antibiotika bei Infektionen
- Dialyse bei Nierenversagen[4][11]
4. Persönliche Wertvorstellungen
Ergänzen Sie Aussagen zu Ihren persönlichen Überzeugungen und Wertvorstellungen, die bei der Auslegung Ihres Willens helfen können[4].
Formale Voraussetzungen für die Wirksamkeit
Damit Ihre Patientenverfügung rechtlich bindend ist, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Schriftform: Die Patientenverfügung muss schriftlich erstellt und mit Datum und eigenhändiger Unterschrift versehen sein[4][11].
- Einwilligungsfähigkeit: Sie müssen zum Zeitpunkt der Erstellung einwilligungsfähig sein[4][12].
- Volljährigkeit: Nur volljährige Personen können eine rechtlich wirksame Patientenverfügung erstellen[4][10].
- Konkrete Formulierungen: Nach dem BGH-Urteil von 2016 müssen Sie konkrete Behandlungsentscheidungen für bestimmte Situationen treffen[9][11].
Eine notarielle Beglaubigung ist nicht zwingend erforderlich, kann aber die Rechtssicherheit erhöhen[11].
Praktische Tipps für Ihre Patientenverfügung
Aufbewahrung und Auffindbarkeit
Sorgen Sie dafür, dass Ihre Patientenverfügung im Ernstfall schnell gefunden wird:
- Bewahren Sie das Original an einem bekannten Ort auf
- Informieren Sie Angehörige, Ihre:n Hausärzt:in und Vertrauenspersonen
- Tragen Sie einen Hinweis im Portemonnaie bei sich
- Sie können die Patientenverfügung auch im Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren lassen[4]
Regelmäßige Aktualisierung
Überprüfen Sie Ihre Patientenverfügung regelmäßig und bestätigen Sie mit Datum und Unterschrift, dass sie weiterhin Ihrem Willen entspricht. Vernichten Sie dabei veraltete Dokumente, um Missverständnisse zu vermeiden[4].
Kombination mit Vorsorgevollmacht
Eine Patientenverfügung sollte mit einer Vorsorgevollmacht kombiniert werden. Mit der Vorsorgevollmacht bevollmächtigen Sie eine Vertrauensperson, Ihren in der Patientenverfügung niedergelegten Willen durchzusetzen[2][4][10].
Fachliche Beratung in Anspruch nehmen
Lassen Sie sich bei der Erstellung Ihrer Patientenverfügung beraten:
- Von Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt zu medizinischen Fragen
- Von einer Rechtsanwältin/einem Rechtsanwalt zu rechtlichen Aspekten
- Von Beratungsstellen (z.B. Hospizdienste, Verbraucherzentrale)
Wie wird Ihre Patientenverfügung umgesetzt?
Wenn Sie Ihren Willen nicht mehr selbst äußern können, wird Ihre Patientenverfügung wirksam:
- Das medizinische Personal muss nach einer Patientenverfügung fragen und diese beachten[10].
- Ihre bevollmächtigte Vertrauensperson oder ein:e gerichtlich bestellte:r Betreuer:in muss Ihrem in der Patientenverfügung festgelegten Willen Geltung verschaffen[10].
- Bei Unklarheiten wird ein Gespräch zwischen Ärzt:innen und Ihrer Vertrauensperson geführt.
- In besonders strittigen Fällen kann das Betreuungsgericht eingeschaltet werden.
Häufige Irrtümer über Patientenverfügungen
Irrtum 1: “Meine Angehörigen entscheiden automatisch für mich”
Falsch! Ohne Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht haben Ihre Angehörigen kein automatisches Entscheidungsrecht[2][4].
Irrtum 2: “Eine Patientenverfügung ist nur für ältere Menschen nötig”
Falsch! Unfälle oder plötzliche Erkrankungen können in jedem Alter eintreten. Eine frühzeitige Vorsorge ist für alle Erwachsenen sinnvoll.
Irrtum 3: “Mit einer Patientenverfügung verzichte ich auf medizinische Behandlung”
Falsch! In einer Patientenverfügung können Sie sowohl bestimmte Behandlungen ablehnen als auch ausdrücklich wünschen[4].
Irrtum 4: “Allgemeine Formulierungen reichen aus”
Falsch! Nach dem BGH-Urteil von 2016 müssen konkrete Behandlungsentscheidungen für bestimmte Situationen festgelegt werden[9][11].
Irrtum 5: “Eine einmal erstellte Patientenverfügung gilt unverändert”
Falsch! Es ist wichtig, die Patientenverfügung regelmäßig zu überprüfen und zu aktualisieren[4].
So erstellen Sie Ihre Patientenverfügung: Schritt für Schritt
- Informieren Sie sich über medizinische Maßnahmen und deren Auswirkungen.
- Sprechen Sie mit Angehörigen und Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt über Ihre Wünsche.
- Formulieren Sie präzise, welche Behandlungen Sie in welchen Situationen wünschen oder ablehnen.
- Unterschreiben Sie das Dokument mit Datum und Ihrem Namen.
- Erstellen Sie zusätzlich eine Vorsorgevollmacht für eine Vertrauensperson.
- Informieren Sie Ihre Vertrauenspersonen und Ihre Ärztin/Ihren Arzt über Ihre Patientenverfügung.
- Bewahren Sie die Dokumente an einem gut auffindbaren Ort auf.
- Überprüfen Sie Ihre Patientenverfügung regelmäßig.
Fazit: Selbstbestimmt vorsorgen
Eine Patientenverfügung gibt Ihnen die Sicherheit, dass Ihre Behandlungswünsche auch dann respektiert werden, wenn Sie sich nicht mehr selbst äußern können[10]. Sie entlastet zudem Ihre Angehörigen, die sonst mit schwierigen Entscheidungen konfrontiert wären[2].
Nehmen Sie sich die Zeit, dieses wichtige Dokument sorgfältig zu erstellen - es ist ein wertvolles Instrument zur Wahrung Ihrer Selbstbestimmung in medizinischen Fragen.