Patientenverfügung ändern oder widerrufen: Was Sie wissen sollten

Zusammenfassung

Eine Patienten­verfügung kann jederzeit geändert oder widerrufen werden, solange Sie ein­willigungs­fähig sind. Änderungen sollten schriftlich festgehalten und präzise formuliert werden, während ein Widerruf auch formlos möglich ist. Informieren Sie unbedingt Ihre Angehörigen, Vertrauens­personen und behandelnden Ärzt:innen über Änderungen oder den Widerruf, um Missverständnisse zu vermeiden.

Die Patienten­verfügung ist ein wichtiges Dokument, das Ihren Willen für medizinische Behandlungen festhält, wenn Sie sich selbst nicht mehr äußern können. Doch was geschieht, wenn sich Ihre Ansichten ändern oder Sie die Verfügung ganz zurück­nehmen möchten? Dieser Artikel erklärt, wie Sie Ihre Patienten­verfügung ändern oder widerrufen können und welche rechtlichen Rahmen­bedingungen dabei zu beachten sind.

Schreibtisch mit Laptop, Dokumentenstapel und Pflanzen im Sonnenlicht, Person unterschreibt ein Papier.

Die rechtlichen Grundlagen einer Patienten­verfügung

Eine Patienten­verfügung ist eine schriftliche Erklärung, in der Sie als ein­willigungs­fähiger Erwachsener im Voraus festlegen, ob Sie bestimmten medizinischen Maßnahmen zustimmen oder diese ablehnen. Die gesetzliche Grundlage bildet der § 1827 BGB (früher § 1901a BGB). Für die rechtliche Gültigkeit einer Patienten­verfügung müssen nur wenige Kriterien erfüllt sein[3]:

Eine notarielle Beglaubigung ist für die Wirksam­keit nicht zwingend erforderlich. Die Patienten­verfügung wird mit Datum und Ihrer eigen­händigen Unterschrift wirksam[2]. Der Bundes­gerichtshof hat allerdings 2016 entschieden, dass pauschale Formulierungen wie “keine lebens­erhaltenden Maßnahmen” nicht ausreichen. Ihre Anweisungen sollten möglichst konkret sein[2].

Unterschied zwischen Gültigkeit und Wirksam­keit

Ein wichtiger Aspekt, den viele Menschen übersehen: Es gibt einen Unterschied zwischen der rechtlichen Gültigkeit und der praktischen Wirksam­keit einer Patienten­verfügung[3].

Rechtliche Gültigkeit: Ihre Patienten­verfügung ist rechtlich gültig, wenn sie schriftlich vorliegt, von Ihnen unterschrieben wurde und Sie bei der Erstellung volljährig und ein­willigungs­fähig waren[3].

Praktische Wirksam­keit: Trotz rechtlicher Gültigkeit könnte Ihre Verfügung im Ernstfall falsch ausgelegt werden, wenn Ihr Wille nicht präzise genug formuliert wurde. Der Inhalt wird im Anwendungs­fall immer auf die Passgenauig­keit zur aktuell eingetretenen Situation geprüft[3].

Wann und warum eine Patienten­verfügung ändern?

Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen ihre Patienten­verfügung ändern möchten:

  • Ihre persönliche Einstellung zu bestimmten medizinischen Maßnahmen hat sich geändert
  • Neue medizinische Möglich­keiten sind verfügbar geworden
  • Ihre Lebens­umstände haben sich grund­legend verändert
  • Sie möchten Ihre Formulierungen präzisieren, damit Ihr Wille klarer zum Ausdruck kommt

Eine regelmäßige Überprüfung der Patienten­verfügung - etwa alle zwei Jahre - ist sinnvoll, um sicher­zustellen, dass sie noch Ihren aktuellen Wünschen entspricht.

So ändern Sie Ihre Patienten­verfügung

Wenn Sie Ihre Patienten­verfügung ändern möchten, sollten Sie folgende Schritte beachten:

  1. Erneutes medizinisches Beratungs­gespräch führen

    Eine geänderte Patienten­verfügung entspricht im Ablauf dem Erstellen einer neuen Verfügung. Sie brauchen also ein medizinisches Gespräch sowie eine rechtliche Beratung, um die Änderungen geltend zu machen[12].

  2. Änderungen schriftlich festhalten

    Dokumentieren Sie Ihre Änderungs­wünsche schriftlich und versehen Sie diese mit Datum und Unterschrift.

  3. Bei umfang­reichen Änderungen: neue Verfügung erstellen

    Bei größeren Änderungen ist es oft übersicht­licher, eine komplett neue Patienten­verfügung zu verfassen, anstatt die bestehende zu ergänzen.

  4. Angehörige und Vertrauens­personen informieren

    Teilen Sie Ihren Angehörigen, Bevoll­mächtigten und Vertrauens­personen mit, dass Sie Ihre Patienten­verfügung geändert haben.

  5. Alte Exemplare einsammeln oder deutlich als ungültig kennzeichnen

    Um Missverständnisse zu vermeiden, sollten Sie alle alten Versionen Ihrer Patienten­verfügung als ungültig kennzeichnen oder vernichten.

Als Erneuerung gilt auch eine nachträgliche Änderung oder Ergänzung einzelner Inhalte. Zur Erneuerung bedarf es neuerlich einer ärztlichen Aufklärung[6].

Widerruf einer Patienten­verfügung - so gehen Sie vor

Der Widerruf einer Patienten­verfügung ist deutlich einfacher als eine Änderung. Sie können Ihre Patienten­verfügung jederzeit formlos widerrufen[11][12]:

Formloser Widerruf möglich

Der Widerruf kann schriftlich, mündlich oder auch durch schlüssiges Verhalten (z.B. Kopfnicken oder -schütteln) erfolgen[11]. Sie können die Patienten­verfügung auch einfach durch­streichen oder als ungültig beschriften[12].

Voraussetzung: Einwilligungs­fähigkeit

Für einen wirksamen Widerruf müssen Sie ein­willigungs­fähig sein. Das bedeutet, Sie müssen die Tragweite Ihrer Entscheidung verstehen und beurteilen können[11].

Behandelnde Ärzt:innen informieren

Besonders wichtig: Stellen Sie sicher, dass Ihre behandelnden Ärzt:innen vom Widerruf erfahren. Wenn der Widerruf nicht bekannt ist, wird die Patienten­verfügung weiterhin als gültig betrachtet[11].

Angehörige und Vertrauens­personen einbeziehen

Informieren Sie unbedingt auch Ihre Angehörigen und Vertrauens­personen über den Widerruf Ihrer Patienten­verfügung[12].

Wichtig: Ein Betreuer kann Ihre Verfügung nicht widerrufen

Ein Widerruf durch Betreuer:innen oder Bevoll­mächtigte ist nicht zulässig[11]. Wenn diese Personen Zweifel an der Wirksam­keit Ihrer Verfügung haben, müssen sie Ihren mutmaßlichen Willen ermitteln und auf dieser Grundlage eine Entscheidung treffen, die auch im Widerspruch zur Patienten­verfügung stehen kann.

Verschiedene Ausführungen Ihrer Patienten­verfügung

Es ist ratsam, mehrere Exemplare Ihrer Patienten­verfügung an unterschiedlichen Orten zu hinterlegen:

  • Ein Exemplar bei Ihren persönlichen Unterlagen
  • Ein Exemplar bei Ihrer Hausärzt:in
  • Ein Exemplar bei Ihrer bevoll­mächtigten Person oder rechtlichen Betreuer:in
  • Ein Exemplar bei nahen Angehörigen

Bei einer Änderung oder einem Widerruf müssen Sie daran denken, alle Exemplare einzusammeln oder die betreffenden Personen zu informieren.

Praktische Tipps für den Umgang mit Ihrer Patienten­verfügung

Regelmäßige Überprüfung

Überprüfen Sie Ihre Patienten­verfügung regelmäßig - idealerweise alle ein bis zwei Jahre - und bestätigen Sie mit Ihrer Unterschrift und aktuellem Datum, dass sie weiterhin Ihrem Willen entspricht.

Konkrete Formulierungen verwenden

Der Bundes­gerichtshof hat 2016 entschieden, dass pauschale Formulierungen wie “keine lebens­erhaltenden Maßnahmen” nicht ausreichen[2]. Formulieren Sie daher möglichst konkret, welche Maßnahmen Sie in welchen Situationen wünschen oder ablehnen.

Kombination mit Vorsorge­vollmacht sinnvoll

Eine Patienten­verfügung sollte idealerweise mit einer Vorsorge­vollmacht kombiniert werden, damit eine Person Ihres Vertrauens Ihre Wünsche durchsetzen kann[5].

Fazit: Ihre Patienten­verfügung ist kein starres Dokument

Eine Patienten­verfügung ist ein lebendiges Dokument, das sich mit Ihren Wünschen und Bedürfnissen weiter­entwickeln kann. Sie haben jederzeit das Recht, Ihre Verfügung zu ändern oder zu widerrufen, solange Sie ein­willigungs­fähig sind. Durch regelmäßige Überprüfung stellen Sie sicher, dass Ihre Patienten­verfügung weiterhin Ihren aktuellen Wünschen entspricht und im Ernstfall wirksam ist.

Nehmen Sie sich die Zeit, Ihre Patienten­verfügung sorgfältig zu formulieren und bei Bedarf anzupassen - denn nur so können Sie sicher sein, dass Ihre persönlichen Wünsche für medizinische Behandlungen auch dann respektiert werden, wenn Sie sich selbst nicht mehr äußern können.