Palliativmedizin: Was Sie wissen sollten, wenn Sie eine Patientenverfügung erstellen
Zusammenfassung
Die Palliativmedizin konzentriert sich auf die Linderung von Symptomen und die Verbesserung der Lebensqualität bei unheilbaren Erkrankungen, unabhängig von der Lebensphase. In einer Patientenverfügung können Sie festlegen, welche palliativmedizinischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen, wie Schmerztherapie, palliative Sedierung oder den bevorzugten Versorgungsort. Ergänzend bietet eine Vorsorgevollmacht rechtliche Sicherheit, damit Ihre Wünsche auch umgesetzt werden können.
Die Palliativmedizin spielt eine besondere Rolle bei schweren und unheilbaren Erkrankungen, indem sie die Lebensqualität in den Mittelpunkt stellt. Sie konzentriert sich auf die Linderung von belastenden Symptomen und bietet sowohl Betroffenen als auch Angehörigen wertvolle Unterstützung. Für viele Menschen ist es hilfreich zu wissen, dass sie in ihrer Patientenverfügung Wünsche zur palliativmedizinischen Behandlung festhalten können. Dieser Artikel erklärt, was Palliativmedizin genau bedeutet, wie die Versorgung erfolgt und welche Aspekte Sie in Ihrer Patientenverfügung berücksichtigen sollten.

Was bedeutet Palliativmedizin?
Die Palliativmedizin widmet sich Menschen mit schweren und häufig unheilbaren Erkrankungen. Anders als in der kurativ ausgerichteten Medizin steht nicht die Heilung im Vordergrund, sondern die Verbesserung der Lebensqualität. Dazu gehört vor allem die Linderung belastender Symptome wie Schmerzen, Atemnot oder Übelkeit.
Ein Grundprinzip der Palliativmedizin ist der ganzheitliche Blick auf den Menschen: Sie berücksichtigt körperliche, psychische, soziale und spirituelle Aspekte. Das Ziel ist, Betroffenen trotz schwerer Erkrankung ein möglichst selbstbestimmtes und würdevolles Leben zu ermöglichen.
In Deutschland wurde die Palliativmedizin durch das “Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung” (HPG) vom 1. Dezember 2015 fest in der Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung verankert. Damit ist sie kein Sonderdienst, sondern ein fester Bestandteil der medizinischen Versorgung.
Wann kommt Palliativmedizin zum Einsatz?
Palliativmedizinische Versorgung kann in verschiedenen Krankheitsphasen sinnvoll sein - nicht erst am Lebensende. Besonders Menschen mit fortschreitenden, unheilbaren Erkrankungen wie Krebs, schweren Herz- oder Lungenerkrankungen, neurologischen Erkrankungen oder Multiorganversagen können von palliativmedizinischer Betreuung profitieren.
Früher Beginn kann hilfreich sein: Entgegen einer verbreiteten Annahme ist Palliativmedizin nicht auf die letzten Lebenstage oder -wochen beschränkt. Ein frühzeitiger Beginn der palliativmedizinischen Betreuung - parallel zur krankheitsspezifischen Therapie - kann die Lebensqualität erheblich verbessern.
Formen der Palliativversorgung
Die palliativmedizinische Versorgung kann auf verschiedene Weise erfolgen, abhängig von den Bedürfnissen und Wünschen der Betroffenen:
Ambulante Palliativversorgung
Die ambulante Palliativversorgung ermöglicht es Patient:innen, in ihrer gewohnten Umgebung zu bleiben. Sie umfasst zwei Formen:
Die allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV) wird von Hausärzt:innen und ambulanten Pflegediensten mit palliativmedizinischer Grundausbildung durchgeführt[5]. Diese arbeiten oft mit den SAPV-Teams zusammen.
Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) richtet sich an Menschen mit besonders komplexen Symptomen[5]. SAPV-Teams bestehen aus speziell ausgebildeten Ärzt:innen, Pflegefachkräften und weiteren Fachpersonen, die rund um die Uhr erreichbar sind.
Stationäre Palliativversorgung
Wenn die Versorgung zu Hause nicht ausreicht, gibt es folgende Möglichkeiten:
Palliativstationen sind Spezialabteilungen in Krankenhäusern für Patient:innen mit komplexen Symptomen. Ziel ist oft die Stabilisierung des Zustands und die Rückkehr nach Hause.
Hospize sind Einrichtungen für Menschen in ihrer letzten Lebensphase. Der Fokus liegt auf Begleitung, Pflege und Symptomkontrolle in einer wohnlichen Atmosphäre.
Palliative Sedierung - was ist das?
Die palliative Sedierung ist eine besondere Behandlungsoption für Patient:innen mit unerträglichen Symptomen, die anders nicht ausreichend gelindert werden können. Dabei werden Medikamente eingesetzt, die das Bewusstsein vermindern und die betroffene Person in einen schlafähnlichen Zustand versetzen.
Wichtig zu wissen: Die palliative Sedierung zielt nicht darauf ab, das Leben zu verkürzen, sondern unerträgliches Leiden zu lindern. Sie unterscheidet sich grundlegend von der aktiven Sterbehilfe, die in Deutschland nicht erlaubt ist.
Je nach Situation kann die Sedierung zeitweise (intermittierend) erfolgen, um akute Krisen zu überbrücken, oder dauerhaft bis zum natürlichen Lebensende angewendet werden. Die Entscheidung dafür wird stets im engen Austausch zwischen Patient:innen (sofern möglich), Angehörigen und dem Behandlungsteam getroffen.
Kosten und Krankenversicherung
Für gesetzlich Versicherte
Wenn Sie gesetzlich krankenversichert sind, übernimmt Ihre Krankenkasse in der Regel die Kosten für die palliativmedizinische Versorgung. Dazu gehören ärztliche Behandlung und Beratung, Medikamente zur Symptomlinderung, häusliche Krankenpflege, spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV), stationäre Hospizversorgung (mit einem Eigenanteil von 5-10%) und Palliativstationen in Krankenhäusern.
Für privat Versicherte
Wenn Sie privat versichert sind, hängt die Kostenübernahme von Ihrem individuellen Versicherungsvertrag ab. Prüfen Sie Ihre Vertragsbedingungen und klären Sie mit Ihrer Versicherung, welche Leistungen übernommen werden.
Gut zu wissen: Die Kosten für palliativmedizinische Versorgung können erheblich sein - etwa 200 bis 250 Euro pro Tag bzw. 6.000 bis 7.500 Euro pro Monat.
Patientenverfügung und Palliativmedizin
Eine Patientenverfügung ist ein besonders wertvolles Instrument im Kontext der Palliativmedizin. Sie ermöglicht es Ihnen, vorab festzulegen, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen, falls Sie selbst nicht mehr entscheidungsfähig sein sollten[1][2].
Was sollten Sie bezüglich Palliativversorgung in Ihrer Patientenverfügung festhalten?
Klare Definition Ihrer Wünsche: Legen Sie fest, ob und unter welchen Umständen Sie eine palliativmedizinische Versorgung wünschen[3].
Schmerztherapie und Symptomkontrolle: Bestimmen Sie, wie mit Schmerzen und anderen belastenden Symptomen umgegangen werden soll. Möchten Sie eine konsequente Schmerztherapie, auch wenn diese möglicherweise bewusstseinstrübend wirkt oder das Leben verkürzen könnte?
Palliative Sedierung: Entscheiden Sie, ob Sie im Falle unerträglichen Leidens eine palliative Sedierung wünschen.
Lebensverlängernde Maßnahmen: Legen Sie fest, ob und wann auf lebensverlängernde Maßnahmen wie künstliche Beatmung, Wiederbelebung oder künstliche Ernährung verzichtet werden soll[1][3].
Ort der Versorgung: Äußern Sie Ihre Wünsche zum bevorzugten Ort Ihrer Versorgung (z.B. zu Hause, im Hospiz oder im Krankenhaus)[3][5].
Rechtliche Grundlagen
Die rechtliche Grundlage für Patientenverfügungen findet sich in § 1827 BGB[1]. Demnach muss eine Patientenverfügung schriftlich verfasst und von Ihnen persönlich unterschrieben sein sowie konkrete Behandlungssituationen und entsprechende Entscheidungen benennen.
Wichtig: Eine Patientenverfügung muss freiwillig erstellt werden. Niemand kann zur Erstellung verpflichtet werden, und sie darf nicht zur Bedingung eines Vertragsabschlusses (z.B. mit Pflegeeinrichtungen) gemacht werden[1].
Vorsorgevollmacht in Verbindung mit Palliativmedizin
Ergänzend zur Patientenverfügung ist eine Vorsorgevollmacht sinnvoll. Mit ihr bevollmächtigen Sie eine oder mehrere Vertrauenspersonen, in Ihrem Namen Entscheidungen zu treffen, wenn Sie dazu nicht mehr in der Lage sind[1][2].
Im Kontext der Palliativmedizin ist die Vorsorgevollmacht besonders wertvoll, denn sie stellt sicher, dass jemand Ihre Wünsche kennt und vertritt[1]. Sie gibt der bevollmächtigten Person die rechtliche Befugnis, diese Wünsche durchzusetzen und vermeidet, dass ein vom Gericht bestellter Betreuer eingesetzt werden muss.
Beachten Sie: Die bevollmächtigte Person sollte Ihre Werte, Überzeugungen und Wünsche bezüglich medizinischer Behandlungen gut kennen[1][2]. Führen Sie ausführliche Gespräche über Ihre Vorstellungen zu Palliativversorgung und Behandlungsgrenzen.
Palliativmedizin zu Hause
Viele Menschen wünschen sich, ihre letzte Lebenszeit in vertrauter Umgebung zu verbringen. Die ambulante Palliativversorgung macht dies möglich[5].
So funktioniert Palliativversorgung zu Hause
Ein spezialisiertes Palliativteam, bestehend aus Ärzt:innen und Pflegefachkräften, arbeitet eng mit Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin zusammen[5]. Gemeinsam besuchen sie Sie zu Hause, besprechen Ihre Bedürfnisse und aktuellen Probleme, passen die Behandlung entsprechend an, schulen Ihre Angehörigen in pflegerischen Maßnahmen und sind bei Krisen rasch verfügbar.
Voraussetzungen für Palliativversorgung zu Hause
Damit die Versorgung zu Hause gelingen kann, sind folgende Faktoren hilfreich: Unterstützung durch Angehörige oder andere Bezugspersonen, gut eingestellte Symptomkontrolle, Zugang zu spezialisierter Palliativversorgung (SAPV) und eine vorausschauende Planung für mögliche Krisen[5].
Mit einer guten ambulanten Palliativversorgung können Krankenhausaufenthalte oft vermieden werden. In einigen Regionen Deutschlands können dank gut organisierter Palliativteams bis zu 60% der Patient:innen bis zum Lebensende zu Hause bleiben[5].
Kommunikation und Entscheidungsfindung
Eine offene Kommunikation zwischen allen Beteiligten ist ein wesentlicher Bestandteil der Palliativmedizin. Dazu gehören Gespräche über Wünsche und Grenzen, gemeinsame Entscheidungsfindung und regelmäßige Überprüfung der Behandlungsziele, da sich Einstellungen und Bedürfnisse ändern können.
Bei Kindern, Jugendlichen und nicht (mehr) einwilligungsfähigen jungen Erwachsenen können die gesetzlichen Vertreter, meist die Eltern, festlegen, welche Maßnahmen im Notfall ergriffen werden sollen[2]. Diese Vorausverfügung gibt sowohl den Patient:innen und gesetzlichen Vertretern als auch den behandelnden Ärzt:innen eine gewisse Sicherheit.
Selbstbestimmung und Patientenrechte
In der Palliativmedizin steht das Selbstbestimmungsrecht der Patient:innen im Mittelpunkt[4]. Das bedeutet, dass Sie das Recht haben, jede Behandlung abzulehnen, auch wenn dies zu einer Verkürzung des Lebens führen könnte. Ihr Wille - ob aktuell geäußert oder vorab in einer Patientenverfügung festgehalten - muss respektiert werden[4]. Behandlungen gegen Ihren Willen sind rechtlich nicht zulässig, auch wenn sie medizinisch sinnvoll erscheinen.
Fazit: Die Bedeutung rechtzeitiger Vorsorge
Die Auseinandersetzung mit den Themen Palliativmedizin und Patientenverfügung mag zunächst beunruhigend erscheinen. Sie bietet jedoch die Chance, selbstbestimmt zu entscheiden, welche Behandlung Sie im Fall schwerer Erkrankung wünschen oder ablehnen[4]. Eine gut durchdachte Patientenverfügung, ergänzt durch eine Vorsorgevollmacht, gibt sowohl Ihnen als auch Ihren Angehörigen und dem Behandlungsteam Sicherheit und Orientierung[1][2].
Die Palliativmedizin kann dabei helfen, auch bei schwerer Krankheit Lebensqualität zu erhalten und würdevoll zu leben - bis zuletzt. Nehmen Sie sich Zeit für diese wichtigen Entscheidungen und suchen Sie das Gespräch mit Ihren Angehörigen und medizinischen Fachpersonen. Eine Patientenverfügung sollte regelmäßig überprüft und bei Bedarf aktualisiert werden, um sicherzustellen, dass sie Ihren aktuellen Wünschen entspricht[1][5].