Organspende in Deutschland: Aktuelle Zahlen, Fakten und Hintergründe
Zusammenfassung
- Postmortale Organspender:innen (2023): 965 Personen (11,4 Spender:innen pro Million Einwohner:innen).
- Entnommene Organe (2023): 2.877 Organe (durchschnittlich 3 Organe pro Spender:in).
- Warteliste: Ca. 8.500 Menschen warten auf ein Organ; täglich sterben etwa 3 Personen auf der Warteliste.
- Lebendspenden (2023): 608 Nieren- und 50 Leber-Lebendspenden (18 % aller Transplantationen).
- Organspendeausweis: Nur 40 % der Deutschen besitzen einen Ausweis; Frauen häufiger als Männer (45 % vs. 34 %).
- Einstellung zur Organspende: 84 % der Bevölkerung stehen der Organspende positiv gegenüber.
- Internationale Vergleiche: Deutschland: 10,3 Spender:innen pro Million Einwohner:innen (2022); Spanien: 46,0 Spender:innen pro Million Einwohner:innen.
- Erfolgsaussichten bei Lebendspenden: Nach fünf Jahren funktionieren noch 93 % der Nieren und 78 % der Lebern aus Lebendspenden.
- Aktuelle Zahlen zur Organspende in Deutschland
- Warteliste und Bedarf an Spenderorganen
- Demografische Faktoren bei der Organspende
- Internationale Vergleiche
- Organspendebereitschaft und Organspendeausweis
- Lebendspende - eine wertvolle Alternative
- Gesetzliche Rahmenbedingungen und neue Entwicklungen
- Ihre Entscheidung zählt
Die Organspende kann Leben retten oder die Lebensqualität schwer kranker Menschen erheblich verbessern. Dennoch besteht in Deutschland nach wie vor ein großer Mangel an Spenderorganen. Dieser Artikel bietet Ihnen einen umfassenden Überblick über die aktuelle Situation der Organspende, relevante Statistiken und praktische Informationen, die Ihnen bei Ihrer persönlichen Entscheidungsfindung helfen können.

Aktuelle Zahlen zur Organspende in Deutschland
Nach einem Rückgang im Jahr 2022 ist die Zahl der Organspender:innen in Deutschland wieder leicht angestiegen. Im Jahr 2023 gab es bundesweit 965 postmortale Organspender:innen, was einem Anstieg von 96 Personen im Vergleich zum Vorjahr entspricht[1]. Die Spenderzahl entspricht etwa 11,4 Spender:innen pro Million Einwohner:innen[1].
Insgesamt wurden 2023 in ganz Deutschland 2.877 Organe postmortal entnommen[1]. Dies bedeutet, dass pro Spender:in durchschnittlich etwa drei Organe entnommen wurden. Am häufigsten wurden Nieren gespendet, gefolgt von Leber, Herz und Lunge[1].
Trotz des erfreulichen Anstiegs weist der medizinische Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), Axel Rahmel, darauf hin, dass das Niveau der Spenderzahlen nach wie vor deutlich zu niedrig ist[1]. Mit dem Plus im Jahr 2023 wurde lediglich wieder das Niveau erreicht, das vor dem Einbruch der Spenderzahlen im Jahr 2022 bestand[1].
Warteliste und Bedarf an Spenderorganen
Der Mangel an Spenderorganen hat konkrete Auswirkungen auf zahlreiche Patient:innen. Aktuell warten in Deutschland etwa 8.500 Menschen auf ein lebensrettendes Organ[13]. Die meisten von ihnen benötigen eine Niere[13]. Besonders besorgniserregend: Jeder Tag ohne ausreichende Organspenden hat tragische Folgen. Täglich sterben etwa drei Menschen, die auf der Warteliste stehen[7].
Die Wartezeit für ein Spenderorgan ist oft lang und belastend für die Betroffenen. Auf eine Niere wartet ein Mensch im Durchschnitt 7 bis 10 Jahre[7]. Diese lange Wartezeit ist eine enorme psychische und physische Belastung für die Patient:innen und ihre Angehörigen.
Mithilfe der 2023 realisierten Organspenden konnten insgesamt 2.866 schwer kranken Patient:innen eine bessere Lebensqualität oder sogar das Überleben ermöglicht werden[1]. Trotzdem bleibt die Diskrepanz zwischen Bedarf und verfügbaren Spenderorganen groß.
Demografische Faktoren bei der Organspende
Interessante Muster zeigen sich bei der demografischen Verteilung der Organspender:innen:
Alter und Geschlecht
Bei den Organspender:innen über 65 Jahren bilden Frauen die Mehrheit[3]. Dies steht im Gegensatz zu jüngeren Altersgruppen, bei denen Männer häufiger als Organspender:innen auftreten[3]. Diese umgekehrte Geschlechterverteilung im höheren Alter erklärt sich durch die allgemein höhere Lebenserwartung von Frauen[3].
Die Altersverteilung bei älteren Spender:innen zeigt, dass knapp drei Viertel (74%) in den Altersgruppen 65-69 und 70-74 Jahre verstorben sind[3]. Die zunehmende Akzeptanz älterer Organspender:innen hat zu einer Zunahme der Organspendezahlen in Deutschland beigetragen[3].
Einstellung zur Organspende
Die Einstellung zur Organspende hängt auch von Bildungsfaktoren ab. Studien deuten auf einen Zusammenhang zwischen höherem Bildungsgrad und einer positiveren Einstellung zur Organspende hin[8]. Auch der Besitz eines Organspendeausweises korreliert mit dem Bildungsniveau[8].
Zudem gibt es regionale Unterschiede: Die Bereitschaft zur Organspende und der Besitz eines Organspendeausweises variieren zwischen den verschiedenen Bundesländern[8]. Nordrhein-Westfalen ist das Bundesland mit den meisten Organspender:innen, gefolgt von Bayern und den Regionen Nord und Ost[7].
Internationale Vergleiche
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland bei der Organspenderate weit hinten. Mit durchschnittlich 10,3 Spender:innen je Million Einwohner:innen (2022) belegt Deutschland im europäischen Vergleich einen der hinteren Plätze[13][9].
Spitzenreiter Spanien
Spanien führt regelmäßig die Statistiken zur Organspende an. Im Jahr 2022 kamen dort auf eine Million Einwohner:innen 46,0 Organspender:innen[13] - mehr als viermal so viele wie in Deutschland. Auch andere europäische Länder wie Frankreich, Belgien oder die Niederlande weisen deutlich höhere Spenderraten auf[9].
Unterschiedliche Spendeverfahren
Ein wichtiger Grund für die höheren Spenderzahlen in anderen Ländern ist die breitere Anwendung verschiedener Spendeverfahren. In vielen europäischen Ländern wie dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Spanien ist die Organspende nach Herz-Kreislaufstillstand etabliert[10]. Im Vereinigten Königreich stammen fast 40 Prozent aller Spender:innen aus diesen Fällen[10].
In Deutschland hingegen ist bisher nur die Organspende nach Feststellung des Hirntods möglich. Die FDP hat 2024 einen Vorstoß unternommen, um auch die Organspende nach Herz-Kreislaufstillstand zu ermöglichen, was Expert:innen zufolge die Spenderzahlen erhöhen könnte[10].
Organspendebereitschaft und Organspendeausweis
Die allgemeine Einstellung zur Organspende in Deutschland ist überwiegend positiv. Laut einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) stehen 84 Prozent der Befragten einer Organ- und Gewebespende eher positiv gegenüber (2022), im Jahr 2010 waren es 79 Prozent[12].
Trotz dieser grundsätzlich positiven Einstellung besitzen nur 40 Prozent der Deutschen einen Organspendeausweis (2022)[6]. Dabei gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen den Geschlechtern: 45 Prozent der Frauen, aber nur 34 Prozent der Männer haben einen Organspendeausweis[15].
Insgesamt haben 61 Prozent der Befragten eine Entscheidung zur Organ- und Gewebespende getroffen, aber nur 44 Prozent haben diese schriftlich festgehalten, sei es im Organspendeausweis oder in einer Patientenverfügung[12]. 60 Prozent aller Befragten haben mit Familienangehörigen oder Freund:innen bereits über das Thema Organ- und Gewebespende gesprochen[12].
Diese Diskrepanz zwischen der grundsätzlichen Bereitschaft und der tatsächlichen Dokumentation der Entscheidung ist eine der größten Herausforderungen für die Erhöhung der Spenderzahlen in Deutschland.
Lebendspende - eine wertvolle Alternative
Neben der postmortalen Organspende gibt es auch die Möglichkeit der Lebendspende. Im Jahr 2023 gab es in Deutschland 608 Nieren-Lebendspenden und 50 Leber-Lebendspenden[15]. Von den insgesamt 3.646 in Deutschland transplantierten Organen wurden rund 18 Prozent (658) nach einer Lebendspende verpflanzt[4].
Rechtliche Voraussetzungen für eine Lebendspende
In Deutschland dürfen nur bestimmte Personengruppen als Lebendspender:innen auftreten:
- Verwandte ersten oder zweiten Grades (zum Beispiel Eltern oder Geschwister)
- Ehepartner:innen
- Verlobte
- Eingetragene Lebenspartner:innen
- Andere Personen, die der Spender:in in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen[5]
Diese Begrenzung auf persönlich verbundene Menschen soll unter anderem jede Möglichkeit von Organhandel verhindern. Darüber hinaus müssen Lebendspender:innen volljährig und einwilligungsfähig sein sowie umfassend über alle Risiken aufgeklärt werden[5].
Erfolgsaussichten bei Lebendspenden
Die Erfolgsaussichten bei Lebendorganspenden sind oft besser als bei postmortalen Spenden: Nach fünf Jahren funktionieren noch 93 Prozent der transplantierten Nieren und knapp 78 Prozent der transplantierten Lebern aus Lebendspenden[5].
Gesetzliche Rahmenbedingungen und neue Entwicklungen
In Deutschland gilt bisher die Zustimmungslösung: Organe dürfen nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Spenders oder der Angehörigen entnommen werden[4]. In anderen Ländern wie der Schweiz wurde hingegen die Widerspruchsregelung angenommen, die voraussichtlich 2026 eingeführt werden soll[2]. Bei dieser Regelung gilt jede Person automatisch als potenzielle:r Organspender:in, sofern sie nicht ausdrücklich widersprochen hat.
Um die Organspende in Deutschland zu erleichtern, wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen:
Änderung des Transplantationsgesetzes
Im Februar 2019 hat der Deutsche Bundestag der Änderung des Transplantationsgesetzes zugestimmt[4]. Die Änderungen sehen unter anderem die Schaffung eines Transplantationsbeauftragten, eine bessere Vergütung der Entnahmekrankenhäuser sowie eine bessere Angehörigenbetreuung vor[4].
Das neue Organspende-Register
Seit dem 18. März 2024 gibt es in Deutschland ein Organspende-Register, in dem Sie Ihre Entscheidung zur Organspende online dokumentieren können[11]. Das Register soll es Mediziner:innen erleichtern, die Spendenbereitschaft eines potenziellen Organspenders schnell und verlässlich zu klären. Vor allem entlastet es Angehörige von einer schweren Entscheidung. Der Eintrag ist freiwillig und kostenfrei[11].
Diskussion über neue Spendeverfahren
Aktuell wird in Deutschland über die Einführung der Organspende nach Herz-Kreislaufstillstand diskutiert, die in vielen anderen europäischen Ländern bereits etabliert ist[10]. Expert:innen erwarten, dass dieses Verfahren die Zahl der Organspenden signifikant erhöhen könnte[10].
Ihre Entscheidung zählt
Die Entscheidung für oder gegen eine Organspende ist persönlich und freiwillig. Unabhängig davon, wie Sie sich entscheiden, ist es wichtig, Ihre Entscheidung zu dokumentieren und mit Ihren Angehörigen darüber zu sprechen. So entlasten Sie Ihre Angehörigen in einer ohnehin schweren Situation.
Sie können Ihre Entscheidung auf verschiedene Weise dokumentieren:
- Im Organspendeausweis
- In einer Patientenverfügung
- Im neuen Organspende-Register unter www.organspende-register.de[11]
Ihre Entscheidung kann jederzeit geändert werden, sei es durch Vernichtung des Ausweises, Erstellung eines neuen Ausweises oder Änderung im Organspende-Register[11].
**Denken Sie daran: Jede dokumentierte Entscheidung - ob für oder gegen eine Organspende - bringt Klarheit und Sicherheit für Sie und Ihre Angehörigen.