Nachlassplanung für unverheiratete Paare: Rechtliche Absicherung ohne Trauschein

Zusammenfassung

Unverheiratete Paare sind im Erbfall rechtlich nicht abgesichert und werden in der gesetzlichen Erbfolge nicht berücksichtigt. Mit einem Testament oder Erbvertrag sowie ergänzenden Dokumenten wie Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung können sie ihre Partner:innen absichern und steuerliche sowie rechtliche Nachteile minimieren. Eine frühzeitige Nachlassplanung ist daher entscheidend, um Sicherheit und Schutz für beide Seiten zu gewährleisten.

Die Zahl der Paare, die ohne Trauschein zusammenleben, nimmt stetig zu. Viele führen ein gemeinsames Leben mit geteiltem Alltag, manchmal sogar mit gemeinsamen Kindern oder Immobilien. Was jedoch häufig aus dem Blick gerät: Das deutsche Erbrecht behandelt unverheiratete Partner:innen wie Fremde - unabhängig davon, wie lange die Beziehung bereits besteht. Dies kann im Todesfall zu erheblichen rechtlichen und finanziellen Problemen führen. Eine frühzeitige und durchdachte Nachlassplanung ist daher für Paare ohne Trauschein besonders wichtig.

Paar arbeitet konzentriert an Dokumenten mit Laptop auf einem Holztisch in gemütlicher, pflanzenreicher Umgebung.

Die rechtliche Ausgangslage: Ohne Regelung kein Erbe

Das deutsche Erbrecht sieht eine klare gesetzliche Erbfolge vor, die automatisch greift, wenn keine andere Regelung getroffen wurde. Nichteheliche Lebens­partner:innen existieren in dieser gesetzlichen Erbfolge schlicht nicht[9]. Stirbt ein Partner oder eine Partnerin ohne Testament oder Erbvertrag, erben ausschließlich Verwandte sowie gegebenenfalls ein:e Ehepartner:in - auch wenn diese:r schon lange getrennt lebt, aber noch nicht geschieden ist[10].

Die gesetzliche Erbfolge begünstigt zunächst:

  • Kinder und Enkelkinder
  • Eltern und Geschwister des Verstorbenen
  • Großeltern, Tanten, Onkel und Cousin:innen
  • Als letzte Instanz: der Staat

Das bedeutet konkret: Ohne Testament oder Erbvertrag geht der:die unverheiratete Partner:in bei der Erbschaft komplett leer aus. Im schlimmsten Fall müssen Sie als über­lebende:r Partner:in sogar die gemeinsame Wohnung oder das gemeinsame Haus verlassen, wenn dieses ausschließlich im Eigentum des verstorbenen Partners war.

Lösungs­möglichkeiten: Testament und Erbvertrag

Um als Paar ohne Trauschein vorzu­sorgen, gibt es zwei zentrale rechtliche Instrumente:

Das Testament

Ein Testament ermöglicht es, den:die Lebens­partner:in als Erb:in einzusetzen. Dabei gilt zu beachten:

  • Jede:r Partner:in muss ein eigenes Testament verfassen, da unverheiratete Paare im Gegensatz zu Eheleuten kein gemeinsames Testament erstellen können[10].
  • Ein Testament kann entweder handschriftlich verfasst oder notariell beurkundet werden.
  • Der große Vorteil: Ein Testament kann jederzeit einseitig geändert werden.
  • Der Nachteil: Diese einseitige Änderbarkeit bedeutet auch weniger Sicherheit für beide Partner:innen, da jede:r das Testament ohne Wissen des anderen ändern kann[10].

Der Erbvertrag

Als Alternative zum Testament bietet sich ein Erbvertrag an:

  • Ein Erbvertrag wird von beiden Partner:innen gemeinsam geschlossen und notariell beurkundet.
  • Der wesentliche Vorteil: Ein Erbvertrag kann nur gemeinsam geändert werden[2], bietet also mehr Sicherheit als ein Testament.
  • Der Nachteil: Diese fehlende Flexibilität kann bei Krisen in der Beziehung problematisch werden.

Wichtig zu wissen: Auch wenn Sie Ihre:n Partner:in zum:zur Alleinerb:in machen, bleiben eventuelle Pflicht­teils­ansprüche bestehen[2]. Das bedeutet, dass beispielsweise Kinder oder Eltern des:der Verstorbenen einen Mindest­anteil am Nachlass fordern können.

Besondere Heraus­forderungen für unverheiratete Paare

Steuerliche Nachteile

Im Erbfall werden unverheiratete Paare steuerlich deutlich schlechter gestellt als Eheleute:

  • Der Freibetrag beträgt lediglich 20.000 Euro[2], während Ehepartner:innen einen Freibetrag von 500.000 Euro genießen.
  • Auf alles, was über diesem Freibetrag liegt, fallen 30 Prozent Erbschafts­steuer an[2].

Ein Beispiel verdeutlicht die Problematik: Wenn Ihre:n Partner:in Ihnen ein Haus im Wert von 500.000 Euro vererbt, müssen Sie als unverheiratete:r Partner:in etwa 144.000 Euro Erbschafts­steuer zahlen. Selbst wenn das Haus bereits zur Hälfte Ihnen gehört, wären immer noch rund 69.000 Euro fällig[2]. Solche Summen können schnell zur finanziellen Belastung werden.

Gemeinsames Wohn­eigentum

Bei gemeinsamen Immobilien ist besondere Vorsicht geboten:

  • Gehört die Immobilie nur einem:einer Partner:in, könnte der:die andere im Todesfall das Wohnrecht verlieren.
  • Wurde die Immobilie gemeinsam erworben, könnten die gesetzlichen Erb:innen ihren Anteil einfordern und eine Teilungs­versteigerung erzwingen.

Eine mögliche Lösung: Die gegenseitige Einräumung eines lebens­langen Wohnrechts oder Nießbrauchs­rechts, das notariell beurkundet wird.

Umfassende Vorsorge treffen: Nicht nur an den Todesfall denken

Eine vollständige Nachlassplanung umfasst nicht nur die Regelung des Erbfalls, sondern auch die Vorsorge für Krankheits­situationen:

Vorsorge­vollmacht

Wird ein:e Partner:in durch Krankheit oder Unfall handlungs­unfähig, haben unverheiratete Partner:innen kein automatisches Vertretungs­recht[4]. Mit einer Vorsorge­vollmacht räumen Sie Ihre:m Partner:in das Recht ein, in Ihrem Namen Entscheidungen zu treffen - sei es bei medizinischen Fragen, Bankgeschäften oder Behörden­angelegenheiten.

Patienten­verfügung

Eine Patienten­verfügung ergänzt die Vorsorge­vollmacht und legt fest, welche medizinischen Maßnahmen Sie im Fall einer Einwilligungs­unfähigkeit wünschen oder ablehnen.

Praktische Schritte zur Nachlassplanung für unverheiratete Paare

Schritt 1: Bestands­aufnahme machen

Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihr Vermögen, Ihre Verbindlich­keiten und Ihre persönlichen Wünsche für den Erbfall.

Schritt 2: Entscheiden Sie sich für die passende Form der Nachlassregelung

Wägen Sie ab, ob ein Testament oder ein Erbvertrag für Ihre persönliche Situation besser geeignet ist.

Schritt 3: Lassen Sie sich beraten

Bei komplexeren Vermögens­verhältnissen oder wenn Kinder aus früheren Beziehungen beteiligt sind, empfiehlt sich eine fachkundige Beratung durch Notar:innen oder Fachanwält:innen für Erbrecht.

Schritt 4: Vorsorge­vollmacht und Patienten­verfügung erstellen

Denken Sie auch an die Vorsorge für Krankheits­situationen.

Schritt 5: Regelmäßige Überprüfung

Prüfen Sie Ihre Nachlassplanung regelmäßig und passen Sie sie bei Bedarf an - besonders nach einschneidenden Lebens­ereignissen wie der Geburt eines Kindes oder dem Erwerb einer Immobilie.

Fazit: Frühzeitige Planung schafft Sicherheit

Für unverheiratete Paare ist eine durchdachte Nachlassplanung nicht optional, sondern notwendig. Ohne entsprechende Regelungen können jahrelange Partnerschaften im Erbfall rechtlich bedeutungslos sein. Die gute Nachricht: Mit Testament, Erbvertrag und ergänzenden Vorsorge­dokumenten können Sie Ihre:n Partner:in absichern und Ihren gemeinsamen Besitz schützen.

Nehmen Sie sich Zeit für diese wichtigen Entscheidungen und scheuen Sie sich nicht, fachlichen Rat einzuholen. Eine solide Nachlassplanung gibt beiden Partner:innen die Gewissheit, dass im Ernstfall für den:die andere:n gesorgt ist.