Mehrere Personen in der Vorsorgevollmacht: Möglichkeiten und Empfehlungen
Zusammenfassung
In einer Vorsorgevollmacht können Sie mehrere Personen bevollmächtigen, um Verantwortung zu verteilen und die Handlungsfähigkeit sicherzustellen. Wichtig ist eine klare Regelung, ob die Bevollmächtigten gemeinsam oder einzeln handeln dürfen, sowie präzise Absprachen im Innenverhältnis, um Konflikte zu vermeiden. Eine notarielle Beratung und die Registrierung im Zentralen Vorsorgeregister können zusätzliche Sicherheit bieten.
Mit einer Vorsorgevollmacht legen Sie fest, wer Sie vertreten darf, wenn Sie selbst nicht mehr entscheiden können. Doch müssen Sie sich auf eine einzige Person beschränken? Nein, Sie können durchaus mehrere Personen bevollmächtigen. Welche Möglichkeiten es gibt, was dabei zu beachten ist und wie Sie Konflikten vorbeugen können, erfahren Sie in diesem Artikel.

Grundlagen der Vorsorgevollmacht
Eine Vorsorgevollmacht ist ein rechtliches Dokument, mit dem Sie eine oder mehrere Personen Ihres Vertrauens ermächtigen, in Ihrem Namen zu handeln und Entscheidungen zu treffen. Dies wird relevant, wenn Sie selbst - etwa durch Unfall, Krankheit oder im Alter - nicht mehr entscheidungsfähig sind[8][10].
Ohne eine Vorsorgevollmacht würde das Betreuungsgericht einen gesetzlichen Betreuer für Sie bestellen[8][13]. Selbst Ehepartner:innen sind ohne Vollmacht nicht automatisch befugt, alle Angelegenheiten für den anderen zu regeln, obwohl seit Januar 2023 ein begrenztes Notvertretungsrecht für Ehepartner:innen besteht - dieses gilt jedoch nur für sechs Monate und beschränkt sich auf Gesundheitsfragen[8].
Warum mehrere Bevollmächtigte einsetzen?
Die Benennung mehrerer Personen in Ihrer Vorsorgevollmacht kann verschiedene Vorteile bieten:
- Verteilung der Verantwortung: Die oft erhebliche Belastung wird auf mehrere Schultern verteilt[12].
- Absicherung bei Verhinderung: Wenn ein:e Bevollmächtigte:r verhindert, krank oder im Urlaub ist, kann die andere Person handeln[12][16].
- Gegenseitige Kontrolle: Mehrere Bevollmächtigte können sich gegenseitig kontrollieren, was das Risiko eines Vollmachtsmissbrauchs senkt[12].
- Fachliche Ergänzung: Verschiedene Personen können unterschiedliche Kompetenzbereiche abdecken - eine Person für finanzielle Angelegenheiten, eine andere für gesundheitliche Fragen[18].
Gestaltungsmöglichkeiten bei mehreren Bevollmächtigten
Wenn Sie sich für mehrere Bevollmächtigte entscheiden, haben Sie verschiedene Möglichkeiten der Ausgestaltung:
1. Einzelvollmachten für verschiedene Aufgabenbereiche
Sie können bestimmte Bereiche auf verschiedene Personen aufteilen[14]:
- Eine Person für Vermögensangelegenheiten
- Eine andere Person für Gesundheitsfragen
- Eine weitere Person für Wohnungsangelegenheiten
Diese Lösung ist sinnvoll, wenn Ihre Vertrauenspersonen unterschiedliche Stärken haben - beispielsweise Ihr:e Neffe:Nichte mit Bankerfahrung für Finanzen und Ihr:e langjährige:r Freund:in aus dem Gesundheitsbereich für medizinische Entscheidungen[18].
2. Gemeinsame oder einzelne Vertretungsbefugnis
Sie müssen festlegen, ob Ihre Bevollmächtigten gemeinsam (Gesamtvertretung) oder einzeln (Einzelvertretung) handeln dürfen[14][16]:
- Gesamtvertretung: Alle Bevollmächtigten müssen gemeinsam entscheiden und handeln.
- Einzelvertretung: Jede:r Bevollmächtigte kann allein und unabhängig von den anderen handeln.
Fachleute empfehlen in der Regel die Einzelvertretung, da die Gesamtvertretung im Alltag oft unpraktisch ist - besonders wenn schnelle Entscheidungen nötig sind oder eine Person nicht erreichbar ist[16].
3. Rangfolge oder Ersatzbevollmächtigte
Sie können auch eine Hierarchie unter Ihren Bevollmächtigten festlegen[12][14]:
- Hauptbevollmächtigte:r: Die Person, die zunächst handeln soll
- Ersatzbevollmächtigte: Personen, die nur tätig werden, wenn der:die Hauptbevollmächtigte verhindert ist
Eine typische Konstellation ist die Bevollmächtigung des Ehepartners oder der Ehepartnerin als Hauptbevollmächtigte:r und der erwachsenen Kinder als Ersatzbevollmächtigte[12].
Praktische Empfehlungen für die Umsetzung
Innenverhältnis vs. Außenverhältnis beachten
Ein wichtiger Tipp, der in mehreren Quellen betont wird: Unterscheiden Sie zwischen Regelungen im Innen- und Außenverhältnis[12][13].
- Innenverhältnis: Die Absprachen zwischen Ihnen und Ihren Bevollmächtigten, die nicht in der eigentlichen Vollmacht stehen müssen.
- Außenverhältnis: Die Regelungen, die in der Vollmacht festgehalten sind und für Dritte (Banken, Ärzte, Behörden) gelten.
Viele Einschränkungen sollten nur im Innenverhältnis getroffen werden. Wenn Sie beispielsweise eine Rangfolge festlegen möchten, empfehlen Expert:innen, diese nur als interne Absprache zu vereinbaren, nicht aber in der Vollmacht selbst zu verankern[12][13].
Der Grund: Steht in der Vollmacht, dass ein:e Ersatzbevollmächtigte:r nur handeln darf, wenn der:die Hauptbevollmächtigte verhindert ist, muss diese Verhinderung gegenüber Dritten nachgewiesen werden - was in der Praxis oft schwierig ist[12].
Gegenseitigen Widerruf ausschließen
Um Konflikte zu vermeiden, sollten Sie in der Vollmacht ausdrücklich festhalten, dass kein:e Bevollmächtigte:r die Vollmacht eines:einer anderen widerrufen darf[16]. Andernfalls könnte ein:e Bevollmächtigte:r versuchen, die anderen auszuschließen.
Klare Aufgabenteilung
Wenn Sie verschiedene Bereiche auf unterschiedliche Personen aufteilen, formulieren Sie die Zuständigkeiten so klar wie möglich[14]. Beispielsweise:
- “Person A ist für alle Bankgeschäfte zuständig.”
- “Person B entscheidet über medizinische Behandlungen und Pflegemaßnahmen.”
Je präziser die Aufgabenbeschreibung, desto weniger Raum bleibt für Missverständnisse und Konflikte.
Mögliche Probleme bei mehreren Bevollmächtigten
Die Einrichtung mehrerer Bevollmächtigter birgt auch Risiken, die Sie bedenken sollten:
Konflikte zwischen Bevollmächtigten
Bevollmächtigte können unterschiedliche Ansichten darüber haben, was in Ihrem besten Interesse ist[16]. Besonders bei wichtigen Entscheidungen, etwa zur medizinischen Behandlung oder zum Verkauf von Vermögenswerten, können Meinungsverschiedenheiten entstehen.
Vorbeugende Maßnahmen:
- Sprechen Sie ausführlich mit allen Bevollmächtigten über Ihre Wünsche und Wertvorstellungen.
- Dokumentieren Sie wichtige Präferenzen zusätzlich in einer Patientenverfügung.
- Erwägen Sie, für besonders konfliktträchtige Entscheidungen eine gemeinsame Entscheidungsfindung vorzuschreiben.
Gegenseitige Blockade
Bei Einzelvertretung könnte ein:e Bevollmächtigte:r die Entscheidungen des:der anderen rückgängig machen[16]. Bei Gesamtvertretung kann die Handlungsunfähigkeit drohen, wenn keine Einigung erzielt wird.
Lösungsansatz: Legen Sie für wichtige Bereiche fest, welche Entscheidungen von allen gemeinsam getroffen werden müssen und für welche Einzelvertretung gilt[12].
Alternativen und Ergänzungen
Betreuungsverfügung als Alternative
Wenn Sie keine geeigneten Vertrauenspersonen haben oder Bedenken bezüglich einer Vorsorgevollmacht bestehen, können Sie alternativ eine Betreuungsverfügung erstellen[11]. Darin schlagen Sie dem Betreuungsgericht eine Person vor, die als gesetzliche:r Betreuer:in eingesetzt werden soll.
Der Unterschied: Ein:e Betreuer:in wird vom Gericht kontrolliert und muss für bestimmte Entscheidungen eine gerichtliche Genehmigung einholen[111].
Untervollmacht ermöglichen oder ausschließen
Sie können in Ihrer Vorsorgevollmacht festlegen, ob Ihre Bevollmächtigten Untervollmachten erteilen dürfen[15][18]. Dies ermöglicht es dem:der Bevollmächtigten, weitere Personen zu bevollmächtigen.
Dies kann in bestimmten Situationen hilfreich sein - beispielsweise wenn Ihr:e Bevollmächtigte:r selbst erkrankt oder spezialisierte Hilfe benötigt[12]. Andererseits geben Sie so die Kontrolle darüber ab, wer letztlich für Sie handelt.
Notarielle Beurkundung bei mehreren Bevollmächtigten
Grundsätzlich ist eine Vorsorgevollmacht auch ohne notarielle Beurkundung gültig[10]. Bei mehreren Bevollmächtigten und komplexen Regelungen kann die notarielle Beratung und Beurkundung jedoch besonders sinnvoll sein[13].
Ein:e Notar:in kann:
- Rechtssichere Formulierungen für Ihre individuellen Wünsche vorschlagen
- Auf mögliche Widersprüche oder Probleme hinweisen
- Die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers dokumentieren
- Bei Immobiliengeschäften ist eine notarielle Vollmacht ohnehin erforderlich
Registrierung und Aufbewahrung
Ihre Vorsorgevollmacht sollten Sie im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren lassen[8][18]. So stellt das Betreuungsgericht im Ernstfall schnell fest, dass eine Vollmacht existiert, und setzt keine:n Betreuer:in ein.
Zur Aufbewahrung haben Sie mehrere Möglichkeiten:
- Sie bewahren das Original selbst auf und informieren Ihre Bevollmächtigten über den Aufbewahrungsort.
- Sie händigen Ihren Bevollmächtigten das Original direkt aus.
- Sie hinterlegen das Original bei einer Vertrauensperson mit der Anweisung, es im Bedarfsfall an die Bevollmächtigten zu übergeben.
Regelmäßige Überprüfung der Vorsorgevollmacht
Eine Vorsorgevollmacht ist kein unveränderliches Dokument. Überprüfen Sie alle paar Jahre, ob:
- Ihre Bevollmächtigten noch geeignet und verfügbar sind
- Ihre Wünsche und Vorstellungen sich geändert haben
- Gesetzliche Änderungen eine Anpassung nötig machen[18]
Solange Sie geschäftsfähig sind, können Sie Ihre Vorsorgevollmacht jederzeit ändern oder widerrufen[18].
Praktisches Beispiel
Familie Müller hat sich für folgende Lösung entschieden:
Frau Müller (68) und Herr Müller (70) haben sich gegenseitig als Hauptbevollmächtigte eingesetzt. Als Ersatzbevollmächtigte fungieren ihre Tochter (für Gesundheitsangelegenheiten, da sie als Pflegefachkraft arbeitet) und ihr Sohn (für Vermögensangelegenheiten, da er im Bankwesen tätig ist).
Im Außenverhältnis können alle vier unabhängig voneinander handeln, um die Handlungsfähigkeit sicherzustellen. Im Innenverhältnis haben sie jedoch vereinbart, dass die Kinder nur dann aktiv werden, wenn die Eltern selbst nicht mehr handlungsfähig sind, und dass sie sich bei wichtigen Entscheidungen abstimmen.
Diese Lösung bietet sowohl Flexibilität im Notfall als auch klare Strukturen für den internen Umgang miteinander.
Fazit
Die Benennung mehrerer Bevollmächtigter in Ihrer Vorsorgevollmacht bietet Ihnen mehr Sicherheit und Flexibilität. Gleichzeitig erfordert sie eine durchdachte Gestaltung, um Probleme zu vermeiden.
Der goldene Mittelweg besteht oft darin, im Außenverhältnis möglichst wenige Einschränkungen zu machen, um die Handlungsfähigkeit zu gewährleisten, während im Innenverhältnis klare Absprachen getroffen werden. Ein offenes Gespräch mit allen Beteiligten und gegebenenfalls eine notarielle Beratung können helfen, die für Sie beste Lösung zu finden.
Wählen Sie Ihre Bevollmächtigten mit Bedacht und besprechen Sie Ihre Wünsche und Vorstellungen ausführlich mit ihnen - so schaffen Sie die Grundlage dafür, dass im Ernstfall in Ihrem Sinne gehandelt wird.