Immobilien richtig vererben: Ein Leitfaden für Eigentümer:innen
Zusammenfassung
Die Vererbung von Immobilien erfordert eine sorgfältige Planung, um rechtliche und steuerliche Aspekte optimal zu gestalten. Möglichkeiten wie Testament, Schenkung zu Lebzeiten oder Nießbrauchrecht bieten individuelle Lösungen, die je nach Situation Vor- und Nachteile haben. Eine frühzeitige Beratung durch Fachleute wie Notar:innen oder Steuerberater:innen ist empfehlenswert, um Konflikte zu vermeiden und steuerliche Vorteile zu nutzen.
- Kernaussagen
- Grundlagen des Erbrechts bei Immobilien
- Steuerliche Aspekte beim Vererben von Immobilien
- Der Weg zum erfolgreichen Immobilienerbe
- Optionen für die Erbengemeinschaft
- Alternativen zum Vererben: Schenkung zu Lebzeiten
- Nießbrauchrecht als Kompromisslösung
- Fazit: Frühzeitige Planung ist entscheidend
Die Vererbung einer Immobilie stellt für viele Menschen einen wichtigen Teil ihrer Nachlassplanung dar. Eine sorgfältige Vorbereitung hilft nicht nur, den Übergang des Eigentums reibungslos zu gestalten, sondern kann auch erhebliche steuerliche Vorteile bieten. Dieser Leitfaden gibt Ihnen einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen und praktischen Schritte beim Vererben von Immobilien in Deutschland.

- Das deutsche Erbrecht unterscheidet klar zwischen gesetzlicher und testamentarischer Erbfolge
- Ohne Testament gilt die gesetzliche Reihenfolge: Kinder erben zuerst, die Ehepartner:in erhält mindestens ein Viertel; in einer Zugewinngemeinschaft kommt ein weiteres Viertel hinzu
- Mit einem Testament oder Erbvertrag legen Sie fest, wem die Immobilie zufällt - auch außerhalb der Familie
- Für die Erbschaftssteuer gelten Freibeträge: 500 000 € für Ehepartner:innen, 400 000 € für Kinder, 200 000 € für Enkel
- Liegt der Immobilienwert unter dem jeweiligen Freibetrag, entsteht keine Erbschaftssteuer
- Das Familienheim bleibt steuerfrei, wenn Ehe- oder Lebenspartner:innen zehn Jahre darin wohnen; Kinder müssen binnen sechs Monaten einziehen, dürfen bis 200 m² steuerfrei nutzen und zehn Jahre bleiben
- Vermietete Objekte werden nur zu 90 % des Verkehrswerts besteuert, weil das Finanzamt pauschal 10 % abzieht
- Als neue Eigentümer:in brauchen Sie einen Erbschein oder ein notarielles Testament, lassen sich im Grundbuch eintragen und geben innerhalb von drei Monaten eine Steuererklärung ab
- Finanzämter beurteilen den Wert per Vergleichswert-, Sachwert- oder Ertragswertverfahren
- Erben mehrere Personen, entsteht eine Erbgemeinschaft: Möglich sind Selbstnutzung, Auszahlung einzelner Beteiligter, Vermietung oder Verkauf
- Eine Schenkung zu Lebzeiten nutzt dieselben Freibeträge alle zehn Jahre, senkt Pflichtteilansprüche und verhindert oft Streit
- Mit einem Nießbrauchrecht behalten Sie Wohn- oder Mietrechte, die 10-Jahres-Frist läuft bereits und der Steuerwert sinkt
- Prüfen Sie Ihre Nachlassplanung regelmäßig, denn Steuerregeln ändern sich, etwa durch das Jahressteuergesetz 2023
- Notar:innen und Steuerberater:innen helfen, rechtliche und steuerliche Fragen verlässlich zu klären
Grundlagen des Erbrechts bei Immobilien
Das deutsche Erbrecht, festgelegt im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), regelt klar, wie Vermögenswerte nach dem Tod eines Eigentümers übertragen werden. Grundsätzlich wird zwischen zwei Arten der Erbfolge unterschieden: der gesetzlichen Erbfolge und der gewillkürten Erbfolge durch Testament oder Erbvertrag[6].
Gesetzliche Erbfolge
Wenn keine testamentarische Verfügung vorliegt, greift die gesetzliche Erbfolge. Diese folgt einem festgelegten System, das Verwandte in verschiedene Ordnungen einteilt[5]:
Erben der ersten Ordnung: Hierzu gehören die Kinder des Erblassers sowie die Enkelkinder. Lebt mindestens ein Kind noch, erben die Enkelkinder nichts.
Erben der zweiten Ordnung: Eltern des Verstorbenen sowie deren Nachkommen (Geschwister, Nichten und Neffen).
Erben der dritten Ordnung: Großeltern des Verstorbenen sowie deren Nachkommen (Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins).
Eine Besonderheit stellt die Position des Ehepartners oder eingetragenen Lebenspartners dar. Dieser erbt neben den Kindern ein Viertel des Nachlasses. Sind nur Verwandte der zweiten Ordnung vorhanden, erhält der überlebende Ehepartner die Hälfte. In einer Zugewinngemeinschaft erhöht sich der Erbteil des verbliebenen Ehepartners um ein weiteres Viertel[5].
Testament und Erbvertrag
Mit einem Testament oder Erbvertrag können Sie abweichend von der gesetzlichen Erbfolge festlegen, wer Ihre Immobilie erben soll. Dies gibt Ihnen die Möglichkeit, Vermögenswerte nach Ihren persönlichen Wünschen zu verteilen[6].
Steuerliche Aspekte beim Vererben von Immobilien
Freibeträge für die Erbschaftssteuer
Ob und in welcher Höhe Erbschaftssteuer anfällt, hängt vom Verwandtschaftsgrad zum Erblasser und dem Wert der Immobilie ab[3]. Folgende Freibeträge gelten aktuell:
- Ehepartner: 500.000 Euro
- Kinder: 400.000 Euro
- Enkel: 200.000 Euro
Liegt der Wert der geerbten Immobilie unterhalb dieser Freibeträge, fällt keine Erbschaftssteuer an[3].
Steuerfreie Vererbung des Familienheims
Besonders vorteilhaft ist die steuerfreie Vererbung des selbst genutzten Wohneigentums, des sogenannten Familienheims. Unter bestimmten Voraussetzungen können Ehepartner, eingetragene Lebenspartner und Kinder das Familienheim völlig steuerfrei erben[3][11]:
Für Ehepartner und Lebenspartner: Das Familienheim kann unabhängig von seiner Größe und seinem Marktwert steuerfrei übernommen werden, wenn der überlebende Partner dort mindestens zehn Jahre wohnen bleibt[11].
Für Kinder: Auch Kinder können das Elternhaus steuerfrei erben, wenn sie innerhalb von sechs Monaten einziehen und mindestens zehn Jahre dort wohnen. Allerdings gilt für Kinder eine Begrenzung auf 200 Quadratmeter Wohnfläche. Übersteigt die Immobilie diese Grenze, wird der darüber hinausgehende Teil normal besteuert[3].
Vergünstigungen für vermietete Immobilien
Für vermietete Immobilien gibt es ebenfalls Steuervorteile: Das Finanzamt gewährt eine Vergünstigung von 10 Prozent, sodass nur 90 Prozent des Immobilienwertes besteuert werden[3].
Der Weg zum erfolgreichen Immobilienerbe
Schritt für Schritt: Übertragung der Immobilie
Wenn Sie eine Immobilie erben, sind folgende Schritte wichtig[6]:
Nachweis der Erbenstellung: In vielen Fällen reicht ein notarielles Testament mit Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts.
Erbschein beantragen: Falls kein notarielles Testament vorliegt, müssen Sie einen Erbschein beantragen, der Ihre Erbenstellung nachweist.
Grundbuchänderung durchführen: Als Erbe müssen Sie sich als neuer Eigentümer ins Grundbuch eintragen lassen. Diese Eintragung ist zwingend erforderlich.
Steuerliche Aspekte klären: Prüfen Sie, ob Erbschaftssteuer anfällt und reichen Sie innerhalb von drei Monaten nach dem Erbfall eine Steuererklärung ein[3].
Bewertung der Immobilie
Für die steuerliche Bewertung einer geerbten Immobilie gibt es verschiedene Methoden[12]:
Vergleichswertverfahren: Der Verkehrswert wird anhand des Bodenrichtwertes und des Marktwertes vergleichbarer Immobilien ermittelt. Dieses Verfahren kommt vor allem bei Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäusern zum Einsatz.
Sachwertverfahren: Hier werden der Bodenwert und die Herstellungskosten der Immobilie berücksichtigt. Das Verfahren wird angewendet, wenn keine geeigneten Vergleichswerte vorhanden sind.
Ertragswertverfahren: Bei Mietobjekten und Gewerbeimmobilien wird der Verkehrswert aus dem Bodenwert und den zu erwartenden Erträgen berechnet.
Optionen für die Erbengemeinschaft
Erben mehrere Personen eine Immobilie, entsteht eine Erbengemeinschaft. Diese hat verschiedene Möglichkeiten, mit der geerbten Immobilie umzugehen[12]:
Selbstbezug: Alle Erben ziehen in die Immobilie ein. Dies ist in der Praxis selten umsetzbar.
Entschädigung: Ein Miterbe übernimmt die Immobilie und entschädigt die anderen finanziell.
Vermietung: Die Immobilie wird vermietet, und sowohl die Einnahmen als auch die Kosten werden unter den Erben aufgeteilt.
Verkauf: Die Immobilie wird verkauft und der Erlös unter den Erben aufgeteilt.
Alternativen zum Vererben: Schenkung zu Lebzeiten
Eine Alternative zum Vererben ist die Schenkung der Immobilie zu Lebzeiten. Diese Option bietet mehrere Vorteile[2][11]:
- Die Freibeträge für Schenkungen können alle zehn Jahre neu genutzt werden.
- Durch frühzeitige Übertragung können Konflikte in der Erbengemeinschaft vermieden werden.
- Nach zehn Jahren fallen die verschenkten Werte nicht mehr unter den Pflichtteilsanspruch.
Beispiel: Wenn Sie Ihrer Tochter eine Immobilie im Wert von 800.000 Euro schenken möchten, können Sie zunächst eine Hälfte übertragen. Ihr steht ein Freibetrag von 400.000 Euro zu, sodass keine Schenkungssteuer anfällt. Nach zehn Jahren können Sie die zweite Hälfte übertragen und erneut den Freibetrag nutzen.
Nießbrauchrecht als Kompromisslösung
Eine beliebte Möglichkeit, die Immobilie zu übertragen und trotzdem weiter darin zu wohnen, ist das Nießbrauchrecht. Der bisherige Eigentümer überträgt die Immobilie, behält aber das Recht, sie weiter zu nutzen oder die Mieteinnahmen zu erhalten[12].
Vorteile des Nießbrauchrechts:
- Der Schenker kann weiterhin in der Immobilie wohnen oder Mieteinnahmen beziehen.
- Die zehnjährige Frist für die steuerliche Berücksichtigung beginnt bereits zu laufen.
- Der Wert der Immobilie wird durch das Nießbrauchrecht gemindert, was die Schenkungssteuer reduziert.
Fazit: Frühzeitige Planung ist entscheidend
Die Vererbung von Immobilien ist ein Thema, das frühzeitige Planung erfordert. Mit den richtigen Strategien können Sie den Übergang Ihres Wohneigentums optimieren und steuerliche Vorteile nutzen. Ob Testament, Schenkung zu Lebzeiten oder Nießbrauchrecht - jede Option hat ihre Vor- und Nachteile, die Sie sorgfältig abwägen sollten.
Bedenken Sie, dass sich Gesetze und Steuersätze ändern können. Das Jahressteuergesetz 2023 hat beispielsweise zu höheren Erbschaft- und Schenkungssteuern geführt[2]. Eine regelmäßige Überprüfung Ihrer Nachlassplanung ist daher empfehlenswert.
Für eine individuelle Beratung zu Ihrer persönlichen Situation sollten Sie sich an Fachleute wie Notar:innen oder Steuerberater:innen wenden. Sie können Ihnen helfen, die für Sie beste Lösung zu finden und alle rechtlichen und steuerlichen Aspekte zu berücksichtigen.