Immobilien richtig vererben: Ein Leitfaden für Eigentümer:innen

Zusammenfassung

Die Vererbung von Immobilien erfordert eine sorgfältige Planung, um rechtliche und steuerliche Aspekte optimal zu gestalten. Möglichkeiten wie Testament, Schenkung zu Lebzeiten oder Nießbrauchrecht bieten individuelle Lösungen, die je nach Situation Vor- und Nachteile haben. Eine frühzeitige Beratung durch Fachleute wie Notar:innen oder Steuerberater:innen ist empfehlenswert, um Konflikte zu vermeiden und steuerliche Vorteile zu nutzen.

Die Ver­erbung einer Immobilie stellt für viele Menschen einen wich­tigen Teil ihrer Nach­lass­planung dar. Eine sorg­fältige Vor­bereitung hilft nicht nur, den Übergang des Eigen­tums reibungs­los zu gestalten, sondern kann auch erheb­liche steuer­liche Vor­teile bieten. Dieser Leit­faden gibt Ihnen einen Über­blick über die recht­lichen Grund­lagen und prak­tischen Schritte beim Ver­erben von Immo­bilien in Deutsch­land.

Geschäftsleute in formeller Kleidung unterzeichnen Dokumente in einem modernen Büro bei Tageslicht.

Grund­lagen des Erb­rechts bei Immo­bilien

Das deutsche Erb­recht, fest­gelegt im Bürger­lichen Gesetz­buch (BGB), regelt klar, wie Ver­mögens­werte nach dem Tod eines Eigen­tümers über­tragen werden. Grund­sätzlich wird zwischen zwei Arten der Erb­folge unter­schieden: der gesetz­lichen Erb­folge und der gewill­kürten Erb­folge durch Testa­ment oder Erb­vertrag[6].

Gesetz­liche Erb­folge

Wenn keine testa­mentarische Ver­fügung vor­liegt, greift die gesetz­liche Erb­folge. Diese folgt einem fest­gelegten System, das Ver­wandte in ver­schiedene Ord­nungen ein­teilt[5]:

Erben der ersten Ord­nung: Hierzu gehören die Kinder des Erb­lassers sowie die Enkel­kinder. Lebt mindestens ein Kind noch, erben die Enkel­kinder nichts.

Erben der zweiten Ord­nung: Eltern des Ver­storbenen sowie deren Nach­kommen (Ge­schwister, Nichten und Neffen).

Erben der dritten Ord­nung: Groß­eltern des Ver­storbenen sowie deren Nach­kommen (Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins).

Eine Besonder­heit stellt die Position des Ehe­partners oder ein­getragenen Lebens­partners dar. Dieser erbt neben den Kindern ein Viertel des Nach­lasses. Sind nur Ver­wandte der zweiten Ord­nung vor­handen, erhält der über­lebende Ehe­partner die Hälfte. In einer Zu­gewinn­gemein­schaft erhöht sich der Erb­teil des ver­bliebenen Ehe­partners um ein weiteres Viertel[5].

Testa­ment und Erb­vertrag

Mit einem Testa­ment oder Erb­vertrag können Sie ab­weichend von der gesetz­lichen Erb­folge fest­legen, wer Ihre Immobilie erben soll. Dies gibt Ihnen die Möglich­keit, Ver­mögens­werte nach Ihren per­sönlichen Wünschen zu ver­teilen[6].

Steuer­liche Aspekte beim Ver­erben von Immo­bilien

Frei­beträge für die Erb­schafts­steuer

Ob und in welcher Höhe Erb­schafts­steuer anfällt, hängt vom Ver­wandtschafts­grad zum Erb­lasser und dem Wert der Immobilie ab[3]. Folgende Frei­beträge gelten aktuell:

  • Ehe­partner: 500.000 Euro
  • Kinder: 400.000 Euro
  • Enkel: 200.000 Euro

Liegt der Wert der geerbten Immobilie unter­halb dieser Frei­beträge, fällt keine Erb­schafts­steuer an[3].

Steuer­freie Ver­erbung des Familien­heims

Besonders vor­teilhaft ist die steuer­freie Ver­erbung des selbst genutzten Wohn­eigen­tums, des sogenannten Familien­heims. Unter bestimmten Voraus­setzungen können Ehe­partner, ein­getragene Lebens­partner und Kinder das Familien­heim völlig steuer­frei erben[3][11]:

Für Ehe­partner und Lebens­partner: Das Familien­heim kann unab­hängig von seiner Größe und seinem Markt­wert steuer­frei über­nommen werden, wenn der über­lebende Partner dort mindestens zehn Jahre wohnen bleibt[11].

Für Kinder: Auch Kinder können das Eltern­haus steuer­frei erben, wenn sie innerhalb von sechs Monaten ein­ziehen und mindestens zehn Jahre dort wohnen. Aller­dings gilt für Kinder eine Be­grenzung auf 200 Quadrat­meter Wohn­fläche. Über­steigt die Immobilie diese Grenze, wird der darüber hinaus­gehende Teil normal be­steuert[3].

Ver­günstigungen für ver­mietete Immo­bilien

Für ver­mietete Immo­bilien gibt es ebenfalls Steuer­vor­teile: Das Finanz­amt gewährt eine Ver­günstigung von 10 Prozent, sodass nur 90 Prozent des Immobilien­wertes be­steuert werden[3].

Der Weg zum erfolg­reichen Immobilien­erbe

Schritt für Schritt: Über­tragung der Immobilie

Wenn Sie eine Immobilie erben, sind folgende Schritte wichtig[6]:

  1. Nach­weis der Erben­stellung: In vielen Fällen reicht ein nota­rielles Testa­ment mit Eröffnungs­protokoll des Nach­lass­gerichts.

  2. Erb­schein be­antragen: Falls kein nota­rielles Testa­ment vor­liegt, müssen Sie einen Erb­schein be­antragen, der Ihre Erben­stellung nach­weist.

  3. Grund­buch­änderung durch­führen: Als Erbe müssen Sie sich als neuer Eigen­tümer ins Grund­buch ein­tragen lassen. Diese Ein­tragung ist zwingend er­forderlich.

  4. Steuer­liche Aspekte klären: Prüfen Sie, ob Erb­schafts­steuer anfällt und reichen Sie inner­halb von drei Monaten nach dem Erb­fall eine Steuer­erklärung ein[3].

Be­wertung der Immobilie

Für die steuer­liche Be­wertung einer geerbten Immobilie gibt es verschiedene Methoden[12]:

Ver­gleichs­wert­verfahren: Der Ver­kehrs­wert wird anhand des Boden­richt­wertes und des Markt­wertes ver­gleich­barer Immo­bilien er­mittelt. Dieses Verfahren kommt vor allem bei Eigentums­wohnungen sowie Ein- und Zwei­familien­häusern zum Einsatz.

Sach­wert­verfahren: Hier werden der Boden­wert und die Her­stellungs­kosten der Immobilie be­rück­sichtigt. Das Verfahren wird an­gewendet, wenn keine ge­eigneten Ver­gleichs­werte vor­handen sind.

Ertrags­wert­verfahren: Bei Miet­objekten und Gewerbe­immobilien wird der Ver­kehrs­wert aus dem Boden­wert und den zu er­wartenden Er­trägen be­rechnet.

Optionen für die Erben­gemein­schaft

Erben mehrere Personen eine Immobilie, entsteht eine Erben­gemein­schaft. Diese hat verschiedene Möglichkeiten, mit der geerbten Immobilie um­zugehen[12]:

Selbst­bezug: Alle Erben ziehen in die Immobilie ein. Dies ist in der Praxis selten um­setzbar.

Ent­schädigung: Ein Mit­erbe übernimmt die Immobilie und ent­schädigt die anderen finanziell.

Ver­mietung: Die Immobilie wird ver­mietet, und sowohl die Ein­nahmen als auch die Kosten werden unter den Erben auf­geteilt.

Ver­kauf: Die Immobilie wird verkauft und der Erlös unter den Erben auf­geteilt.

Alter­nativen zum Ver­erben: Schenkung zu Leb­zeiten

Eine Alternative zum Ver­erben ist die Schenkung der Immobilie zu Leb­zeiten. Diese Option bietet mehrere Vor­teile[2][11]:

  • Die Frei­beträge für Schenkungen können alle zehn Jahre neu genutzt werden.
  • Durch früh­zeitige Über­tragung können Konflikte in der Erben­gemein­schaft ver­mieden werden.
  • Nach zehn Jahren fallen die ver­schenkten Werte nicht mehr unter den Pflicht­teils­anspruch.

Beispiel: Wenn Sie Ihrer Tochter eine Immobilie im Wert von 800.000 Euro schenken möchten, können Sie zunächst eine Hälfte über­tragen. Ihr steht ein Frei­betrag von 400.000 Euro zu, sodass keine Schenkungs­steuer anfällt. Nach zehn Jahren können Sie die zweite Hälfte über­tragen und erneut den Frei­betrag nutzen.

Nießbrauch­recht als Kompromiss­lösung

Eine beliebte Möglich­keit, die Immobilie zu über­tragen und trotzdem weiter darin zu wohnen, ist das Nieß­brauch­recht. Der bisherige Eigen­tümer über­trägt die Immobilie, behält aber das Recht, sie weiter zu nutzen oder die Miet­einnahmen zu erhalten[12].

Vorteile des Nieß­brauch­rechts:

  • Der Schenker kann weiterhin in der Immobilie wohnen oder Miet­einnahmen beziehen.
  • Die zehnjährige Frist für die steuer­liche Berück­sichtigung be­ginnt bereits zu laufen.
  • Der Wert der Immobilie wird durch das Nieß­brauch­recht ge­mindert, was die Schenkungs­steuer re­duziert.

Fazit: Frühzeitige Planung ist ent­scheidend

Die Vererbung von Immobilien ist ein Thema, das frühzeitige Planung erfordert. Mit den richtigen Strategien können Sie den Übergang Ihres Wohneigentums optimieren und steuerliche Vorteile nutzen. Ob Testament, Schenkung zu Lebzeiten oder Nießbrauchrecht - jede Option hat ihre Vor- und Nachteile, die Sie sorgfältig abwägen sollten.

Bedenken Sie, dass sich Gesetze und Steuersätze ändern können. Das Jahressteuergesetz 2023 hat beispielsweise zu höheren Erbschaft- und Schenkungssteuern geführt[2]. Eine regelmäßige Überprüfung Ihrer Nachlass­planung ist daher empfehlenswert.

Für eine individuelle Beratung zu Ihrer persönlichen Situation sollten Sie sich an Fach­leute wie Notar:innen oder Steuer­berater:innen wenden. Sie können Ihnen helfen, die für Sie beste Lösung zu finden und alle rechtlichen und steuerlichen Aspekte zu berücksichtigen.