Das Hilfsmittelverzeichnis: Ihr Wegweiser durch den Dschungel der erstattungsfähigen Hilfsmittel
Zusammenfassung
Das Hilfsmittelverzeichnis ist ein zentraler Katalog, der alle von den gesetzlichen Krankenkassen erstattungsfähigen Hilfs- und Pflegehilfsmittel auflistet. Es dient als Orientierung für Versicherte, Angehörige und Fachkräfte, um passende Produkte zu finden und deren Kostenübernahme zu beantragen. Dabei werden Qualitätsstandards sichergestellt, und die Beantragung erfolgt über die Kranken- oder Pflegekasse, abhängig vom Hilfsmitteltyp.
- Was ist das Hilfsmittelverzeichnis?
- Wie ist das Hilfsmittelverzeichnis aufgebaut?
- Unterschied zwischen Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln
- Kostenübernahme durch Kranken- und Pflegekassen
- So beantragen Sie Hilfs- und Pflegehilfsmittel
- Aktuelle Entwicklungen und Neuerungen
- Praktische Tipps für den Alltag
- Fazit
Das Hilfsmittelverzeichnis ist ein wichtiges Nachschlagewerk für alle Menschen, die auf Hilfsmittel angewiesen sind. Es führt sämtliche Produkte auf, die von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden können. Dieser Artikel erklärt Ihnen, wie das Verzeichnis funktioniert, welche Produkte es enthält und wie Sie die passenden Hilfsmittel für Ihre Bedürfnisse finden und beantragen können.

Was ist das Hilfsmittelverzeichnis?
Das Hilfsmittelverzeichnis ist ein umfangreiches Katalog-System, das alle Hilfsmittel auflistet, die von den gesetzlichen Krankenkassen (anteilig) übernommen werden. Es wird vom GKV-Spitzenverband geführt und regelmäßig aktualisiert. Dabei werden nur Hilfsmittel aufgenommen, die bestimmten Eigenschaften und Qualitätskriterien entsprechen. Diese Kriterien wurden im Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung festgelegt.
Für privat versicherte Personen gibt es keinen einheitlichen Hilfsmittelkatalog. Stattdessen gilt je nach vertraglicher Vereinbarung der Hilfsmittelkatalog der jeweiligen privaten Krankenversicherung. Manche private Versicherungen orientieren sich jedoch am GKV-Hilfsmittelverzeichnis[14].
Warum ist das Hilfsmittelverzeichnis wichtig?
Das Hilfsmittelverzeichnis erfüllt mehrere Zwecke:
- Es bietet Versicherten, Angehörigen, Ärzt:innen und Krankenhäusern eine Übersicht, welche Hilfsmittel von den Krankenversicherungen übernommen werden.
- Es definiert Qualitätsstandards für Hilfsmittel, die im Verzeichnis aufgeführt werden sollen.
- Es vereinfacht die Verwaltung für Fachärzt:innen durch einheitliche Identifikationsnummern für jedes Produkt.
- Es bestätigt die Wirksamkeit der jeweiligen Hilfsmittel.
Wichtig zu wissen: Das Verzeichnis dient hauptsächlich bürokratischen Zwecken und eignet sich weniger zum eigenständigen Stöbern[14]. Lassen Sie sich am besten von medizinischen Fachkräften oder Pflegefachpersonen beraten, welche Hilfsmittel für Ihre spezifischen Bedürfnisse geeignet sind.
Wie ist das Hilfsmittelverzeichnis aufgebaut?
Der Katalog umfasst mittlerweile über 41.000 Produkte in 41 Produktgruppen[9]. Bei der letzten größeren Überarbeitung im Jahr 2023 wurden 2.940 neue Produkte hinzugefügt, darunter auch neue digitale Pflegehilfsmittel[9]. Jedes Produkt hat eine eigene Identifikationsnummer, um die Verwaltung zu vereinfachen.
Die Produkte sind in verschiedene Produktgruppen eingeteilt:
Hilfsmittel (Produktgruppen 01-38)
Hier finden Sie Produkte wie Gehhilfen, Hörgeräte, Sehhilfen, orthopädische Hilfsmittel und viele mehr. Die Kostenübernahme erfolgt durch die Krankenkasse[10][11].
Beispiele für Hilfsmittelgruppen:
- Absauggeräte
- Gehhilfen (wie Rollator, Gehstock, Rollstuhl)
- Hörgeräte
- Sehhilfen
- Inkontinenzmaterial
Pflegehilfsmittel (Produktgruppen 50-54)
Diese Produkte dienen der Unterstützung bei der häuslichen Pflege. Die Kostenübernahme erfolgt durch die Pflegekasse[10][11].
- Produktgruppe 50: Pflegehilfsmittel zur Erleichterung der Pflege (z.B. Pflegebetten, Sitzhilfen)[11]
- Produktgruppe 51: Pflegehilfsmittel zur Körperpflege/Hygiene und zur Linderung von Beschwerden (z.B. Waschsysteme, Lagerungshilfen)[11]
- Produktgruppe 52: Pflegehilfsmittel zur selbstständigeren Lebensführung/Mobilität (z.B. Notrufsysteme)[11]
- Produktgruppe 54: Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel (z.B. Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe)[11]
Unterschied zwischen Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln
Obwohl beide Begriffe ähnlich klingen, gibt es wichtige Unterschiede, die Sie kennen sollten:
Hilfsmittel
- Werden von der Krankenkasse übernommen
- Dienen dem Ausgleich einer Behinderung oder einer krankheitsbedingten Beeinträchtigung
- Beispiele: Rollstuhl, Hörgerät, Sehhilfe, Inkontinenzmaterial[10]
Pflegehilfsmittel
- Werden von der Pflegekasse übernommen
- Unterstützen pflegebedürftige Menschen und pflegende Angehörige im Alltag
- Erleichtern die häusliche Pflege oder fördern die Selbstständigkeit[11][13]
Man unterscheidet zwei Arten von Pflegehilfsmitteln:
Technische Pflegehilfsmittel: Dauerhaft nutzbare Geräte wie Pflegebetten, Lagerungshilfen oder Notrufsysteme[11][13]
Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel: Verbrauchsprodukte wie Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe oder Bettschutzeinlagen[11][13]
Wichtig: Inkontinenzmaterial (wie Einlagen oder Windeln für Erwachsene) zählt nicht zu den Pflegehilfsmitteln. Diese werden von der Krankenkasse und nicht von der Pflegekasse übernommen.
Kostenübernahme durch Kranken- und Pflegekassen
Kostenübernahme für Hilfsmittel
Gesetzlich Versicherte haben Anspruch auf eine zuzahlungsfreie Versorgung mit Hilfsmitteln[9]. Die genauen Konditionen können je nach Produkt und Kasse unterschiedlich sein. Bei vielen Hilfsmitteln fallen jedoch Zuzahlungen an, sofern keine Zuzahlungsbefreiung vorliegt.
Kostenübernahme für Pflegehilfsmittel
Für Pflegehilfsmittel gilt:
- Technische Pflegehilfsmittel werden von der Pflegekasse in der Regel leihweise zur Verfügung gestellt.
- Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel werden mit bis zu 42 Euro pro Monat (Stand 2025) von der Pflegekasse erstattet[12].
Voraussetzung: Sie müssen einen Pflegegrad haben und im häuslichen Umfeld gepflegt werden[12].
So beantragen Sie Hilfs- und Pflegehilfsmittel
Antrag auf Hilfsmittel
- Lassen Sie sich das Hilfsmittel von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt verordnen.
- Reichen Sie die Verordnung bei Ihrer Krankenkasse ein.
- Nach Genehmigung können Sie das Hilfsmittel bei einem Vertragspartner Ihrer Kasse beziehen.
Antrag auf Pflegehilfsmittel
- Sie können Pflegehilfsmittel entweder bei Ihrer Pflegekasse oder mit einem entsprechenden Vermerk (“Weitergabe an die Pflegekasse”) bei Ihrer Krankenversicherung beantragen.
- Der Antrag kann formlos erfolgen - achten Sie lediglich auf alle wichtigen persönlichen Angaben wie Ihre Versicherungsnummer.
- Für technische Pflegehilfsmittel ist in der Regel keine ärztliche Verordnung notwendig[11].
Gut zu wissen: Bei der Pflegebegutachtung können der Medizinische Dienst oder die von der Pflegekasse beauftragten Gutachter:innen konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung aussprechen. Diese Empfehlungen gelten automatisch als Antrag, sofern Sie zustimmen[13].
Fristen für die Entscheidung
Die Pflegekasse muss über Ihren Leistungsantrag innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang entscheiden. Die Frist verlängert sich auf fünf Wochen, wenn für die Entscheidung eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst beteiligt werden muss[13].
Wichtig: Kann die Pflegekasse die Frist nicht einhalten, muss sie Ihnen dies rechtzeitig schriftlich mitteilen und begründen. Unterbleibt diese Mitteilung, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist automatisch als genehmigt[13].
Aktuelle Entwicklungen und Neuerungen
Das Hilfsmittelverzeichnis wurde 2023 umfassend überarbeitet. Mit den Erweiterungen bis 2024 umfasst der gesamte Katalog etwa 44.000 Produkte[12].
Zu den neu hinzugekommenen Hilfsmitteln gehören auch digitale Pflegehilfsmittel, die Pflegebedürftigen ein selbstbestimmtes Leben zu Hause ermöglichen sollen. Ein Beispiel ist ein Assistenzsystem, das unter anderem Stürze erkennt[9].
Ein weiteres Beispiel für ein neues nicht-digitales Hilfsmittel ist ein dreirädriger orthopädischer Roller. Bei diesem Gerät liegt der Unterschenkel auf einer gepolsterten Auflage, das gesunde Bein bewegt den Roller. So soll er eine sichere Fortbewegung mit weniger Kraftaufwand ermöglichen[9].
Praktische Tipps für den Alltag
Wie finde ich das richtige Hilfsmittel?
Lassen Sie sich von Ihren behandelnden Ärzt:innen, Pflegefachpersonen oder Sanitätshäusern beraten. Diese können Ihnen passende Hilfsmittel empfehlen und Sie bei der Beantragung unterstützen.
Tipp für pflegebedürftige Personen
Wenn Sie einen Pflegegrad haben, nutzen Sie die monatliche Pflegehilfsmittelpauschale von 42 Euro (Stand 2025) für Verbrauchsprodukte wie Desinfektionsmittel oder Einmalhandschuhe. Diese können den Pflegealltag deutlich erleichtern.
Tipp bei Ablehnung
Sollte Ihr Antrag abgelehnt werden, legen Sie Widerspruch ein. Oft fehlen nur zusätzliche Informationen oder Begründungen, warum das beantragte Hilfsmittel notwendig ist.
Fazit
Das Hilfsmittelverzeichnis ist eine wichtige Grundlage für die Versorgung mit Hilfs- und Pflegehilfsmitteln in Deutschland. Es bietet Versicherten, Angehörigen und Fachkräften einen Überblick über verfügbare Produkte und deren Kostenübernahme durch die gesetzlichen Kassen.
Trotz seiner Komplexität ist es ein nützliches Werkzeug, um die passende Unterstützung zu finden. Nutzen Sie die Beratungsangebote Ihrer Kranken- oder Pflegekasse, um gemeinsam die für Sie optimalen Hilfsmittel zu identifizieren und zu beantragen. So können Sie Ihre Lebensqualität verbessern und im Alltag mehr Selbstständigkeit erlangen.