Das Hilfs­mittel­ver­zeichnis: Ihr Wegweiser durch den Dschungel der erstat­tungs­fähigen Hilfs­mittel

Zusammenfassung

Das Hilfsmittelverzeichnis ist ein zentraler Katalog, der alle von den gesetzlichen Krankenkassen erstattungsfähigen Hilfs- und Pflegehilfsmittel auflistet. Es dient als Orientierung für Versicherte, Angehörige und Fachkräfte, um passende Produkte zu finden und deren Kostenübernahme zu beantragen. Dabei werden Qualitätsstandards sichergestellt, und die Beantragung erfolgt über die Kranken- oder Pflegekasse, abhängig vom Hilfsmitteltyp.

Das Hilfs­mittel­ver­zeichnis ist ein wich­tiges Nachschlage­werk für alle Menschen, die auf Hilfs­mittel ange­wiesen sind. Es führt sämt­liche Produkte auf, die von den gesetz­lichen Kranken­kassen über­nommen werden können. Dieser Artikel erklärt Ihnen, wie das Ver­zeichnis funk­tioniert, welche Produkte es ent­hält und wie Sie die passenden Hilfs­mittel für Ihre Bedürf­nisse finden und be­antragen können.

Aufgeräumter Schreibtisch mit Laptop, Buch, Smartphone und ausgestreckter Hand in modernem Büro.

Was ist das Hilfs­mittel­ver­zeichnis?

Das Hilfs­mittel­ver­zeichnis ist ein umfang­reiches Kata­log-System, das alle Hilfs­mittel auf­listet, die von den gesetz­lichen Kranken­kassen (anteilig) über­nommen werden. Es wird vom GKV-Spitzen­verband geführt und regel­mäßig aktuali­siert. Dabei werden nur Hilfs­mittel auf­genommen, die bestimmten Eigen­schaften und Quali­täts­kriterien entsprechen. Diese Kriterien wurden im Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfs­mittel­versorgung fest­gelegt.

Für privat versicherte Personen gibt es keinen ein­heit­lichen Hilfs­mittel­katalog. Statt­dessen gilt je nach ver­trag­licher Ver­ein­barung der Hilfs­mittel­katalog der je­weiligen privaten Kranken­versicherung. Manche private Ver­sicherungen orien­tieren sich jedoch am GKV-Hilfs­mittel­verzeichnis[14].

Warum ist das Hilfs­mittel­ver­zeichnis wichtig?

Das Hilfs­mittel­ver­zeichnis erfüllt mehrere Zwecke:

  • Es bietet Ver­sicherten, Ange­hörigen, Ärzt:innen und Kranken­häusern eine Über­sicht, welche Hilfs­mittel von den Kranken­versicherungen über­nommen werden.
  • Es definiert Quali­täts­standards für Hilfs­mittel, die im Ver­zeichnis auf­geführt werden sollen.
  • Es ver­ein­facht die Ver­waltung für Fach­ärzt:innen durch ein­heit­liche Identi­fikations­nummern für jedes Produkt.
  • Es bestätigt die Wirk­sam­keit der je­weiligen Hilfs­mittel.

Wichtig zu wissen: Das Ver­zeichnis dient haupt­sächlich büro­kratischen Zwecken und eignet sich weniger zum eigen­ständigen Stöbern[14]. Lassen Sie sich am besten von medi­zini­schen Fach­kräften oder Pflege­fach­personen beraten, welche Hilfs­mittel für Ihre spezi­fischen Bedürf­nisse geeignet sind.

Wie ist das Hilfs­mittel­ver­zeichnis auf­gebaut?

Der Kata­log umfasst mittler­weile über 41.000 Produkte in 41 Produkt­gruppen[9]. Bei der letzten größeren Über­arbeitung im Jahr 2023 wurden 2.940 neue Produkte hinzu­gefügt, darunter auch neue digitale Pflege­hilfs­mittel[9]. Jedes Pro­dukt hat eine eigene Identi­fikations­nummer, um die Ver­waltung zu ver­ein­fachen.

Die Pro­dukte sind in ver­schiedene Produkt­gruppen ein­geteilt:

Hilfs­mittel (Produkt­gruppen 01-38)

Hier finden Sie Produkte wie Geh­hilfen, Hör­geräte, Seh­hilfen, ortho­pädische Hilfs­mittel und viele mehr. Die Kosten­über­nahme erfolgt durch die Kranken­kasse[10][11].

Beispiele für Hilfs­mittel­gruppen:

  • Absaug­geräte
  • Geh­hilfen (wie Roll­ator, Geh­stock, Roll­stuhl)
  • Hör­geräte
  • Seh­hilfen
  • Inkon­tinenz­material

Pflege­hilfs­mittel (Produkt­gruppen 50-54)

Diese Produkte dienen der Unter­stützung bei der häus­lichen Pflege. Die Kosten­über­nahme erfolgt durch die Pflege­kasse[10][11].

  • Produkt­gruppe 50: Pflege­hilfs­mittel zur Er­leichte­rung der Pflege (z.B. Pflege­betten, Sitz­hilfen)[11]
  • Produkt­gruppe 51: Pflege­hilfs­mittel zur Körper­pflege/Hygiene und zur Linderung von Be­schwerden (z.B. Wasch­systeme, Lagerungs­hilfen)[11]
  • Produkt­gruppe 52: Pflege­hilfs­mittel zur selbst­ständigeren Lebens­führung/Mobilität (z.B. Not­ruf­systeme)[11]
  • Produkt­gruppe 54: Zum Ver­brauch bestimmte Pflege­hilfs­mittel (z.B. Des­infektions­mittel, Einmal­handschuhe)[11]

Unter­schied zwischen Hilfs­mitteln und Pflege­hilfs­mitteln

Obwohl beide Begriffe ähnlich klingen, gibt es wichtige Unter­schiede, die Sie kennen sollten:

Hilfs­mittel

  • Werden von der Kranken­kasse über­nommen
  • Dienen dem Aus­gleich einer Behin­derung oder einer krankheits­bedingten Beein­trächtigung
  • Bei­spiele: Roll­stuhl, Hör­gerät, Seh­hilfe, Inkon­tinenz­material[10]

Pflege­hilfs­mittel

  • Werden von der Pflege­kasse über­nommen
  • Unter­stützen pflege­bedürftige Menschen und pflegende Ange­hörige im All­tag
  • Erleich­tern die häus­liche Pflege oder fördern die Selbst­ständig­keit[11][13]

Man unter­scheidet zwei Arten von Pflege­hilfs­mitteln:

  1. Tech­nische Pflege­hilfs­mittel: Dauer­haft nutzbare Geräte wie Pflege­betten, Lagerungs­hilfen oder Not­ruf­systeme[11][13]

  2. Zum Ver­brauch bestimmte Pflege­hilfs­mittel: Ver­brauchs­produkte wie Des­infektions­mittel, Einmal­hand­schuhe oder Bett­schutz­einlagen[11][13]

Wichtig: Inkon­tinenz­material (wie Ein­lagen oder Windeln für Er­wachsene) zählt nicht zu den Pflege­hilfs­mitteln. Diese werden von der Kranken­kasse und nicht von der Pflege­kasse über­nommen.

Kosten­über­nahme durch Kranken- und Pflege­kassen

Kosten­über­nahme für Hilfs­mittel

Gesetz­lich Ver­sicherte haben An­spruch auf eine zu­zahlungs­freie Ver­sorgung mit Hilfs­mitteln[9]. Die genauen Kondi­tionen können je nach Produkt und Kasse unter­schied­lich sein. Bei vielen Hilfs­mitteln fallen jedoch Zu­zahlungen an, sofern keine Zu­zahlungs­befreiung vor­liegt.

Kosten­über­nahme für Pflege­hilfs­mittel

Für Pflege­hilfs­mittel gilt:

  • Tech­nische Pflege­hilfs­mittel werden von der Pflege­kasse in der Regel leih­weise zur Ver­fügung gestellt.
  • Zum Ver­brauch bestimmte Pflege­hilfs­mittel werden mit bis zu 42 Euro pro Monat (Stand 2025) von der Pflege­kasse erstattet[12].

Voraus­setzung: Sie müssen einen Pflege­grad haben und im häus­lichen Umfeld gepflegt werden[12].

So be­antragen Sie Hilfs- und Pflege­hilfs­mittel

Antrag auf Hilfs­mittel

  1. Lassen Sie sich das Hilfs­mittel von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt ver­ordnen.
  2. Reichen Sie die Ver­ordnung bei Ihrer Kranken­kasse ein.
  3. Nach Geneh­migung können Sie das Hilfs­mittel bei einem Vertrags­partner Ihrer Kasse be­ziehen.

Antrag auf Pflege­hilfs­mittel

  1. Sie können Pflege­hilfs­mittel entweder bei Ihrer Pflege­kasse oder mit einem ent­sprechenden Ver­merk (“Weiter­gabe an die Pflege­kasse”) bei Ihrer Kranken­versicherung be­antragen.
  2. Der Antrag kann form­los erfolgen - achten Sie ledig­lich auf alle wichtigen persön­lichen Angaben wie Ihre Ver­sicherungs­nummer.
  3. Für tech­nische Pflege­hilfs­mittel ist in der Regel keine ärzt­liche Ver­ordnung not­wendig[11].

Gut zu wissen: Bei der Pflege­begut­achtung können der Medi­zinische Dienst oder die von der Pflege­kasse be­auf­tragten Gut­achter:innen konkrete Emp­fehlungen zur Hilfs­mittel- und Pflege­hilfs­mittel­ver­sorgung aus­sprechen. Diese Emp­fehlungen gelten auto­matisch als Antrag, sofern Sie zu­stimmen[13].

Fristen für die Ent­scheidung

Die Pflege­kasse muss über Ihren Leistungs­antrag inner­halb von drei Wochen nach Antrags­eingang ent­scheiden. Die Frist ver­längert sich auf fünf Wochen, wenn für die Entscheidung eine Pflege­fach­kraft oder der Medi­zinische Dienst beteiligt werden muss[13].

Wichtig: Kann die Pflege­kasse die Frist nicht ein­halten, muss sie Ihnen dies recht­zeitig schrift­lich mit­teilen und be­gründen. Unter­bleibt diese Mit­teilung, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist auto­matisch als ge­nehmigt[13].

Aktuelle Ent­wicklungen und Neue­rungen

Das Hilfs­mittel­ver­zeichnis wurde 2023 umfassend über­arbeitet. Mit den Er­weiterungen bis 2024 umfasst der gesamte Katalog etwa 44.000 Produkte[12].

Zu den neu hinzu­gekommenen Hilfs­mitteln gehören auch digitale Pflege­hilfs­mittel, die Pflege­bedürftigen ein selbst­bestimmtes Leben zu Hause ermög­lichen sollen. Ein Bei­spiel ist ein Assistenz­system, das unter anderem Stürze erkennt[9].

Ein weiteres Bei­spiel für ein neues nicht-digitales Hilfs­mittel ist ein drei­rädriger ortho­pädischer Roller. Bei diesem Gerät liegt der Unter­schenkel auf einer ge­polsterten Auf­lage, das gesunde Bein bewegt den Roller. So soll er eine sichere Fort­bewegung mit weniger Kraft­aufwand ermög­lichen[9].

Prak­tische Tipps für den Alltag

Wie finde ich das richtige Hilfs­mittel?

Lassen Sie sich von Ihren be­handelnden Ärzt:innen, Pflege­fach­personen oder Sani­täts­häusern beraten. Diese können Ihnen passende Hilfs­mittel emp­fehlen und Sie bei der Bean­tragung unter­stützen.

Tipp für pflege­bedürftige Personen

Wenn Sie einen Pflege­grad haben, nutzen Sie die monat­liche Pflege­hilfs­mittel­pauschale von 42 Euro (Stand 2025) für Ver­brauchs­produkte wie Des­infektions­mittel oder Einmal­hand­schuhe. Diese können den Pflege­alltag deutlich er­leichtern.

Tipp bei Ab­lehnung

Sollte Ihr Antrag ab­gelehnt werden, legen Sie Wider­spruch ein. Oft fehlen nur zu­sätz­liche Infor­mationen oder Be­gründungen, warum das be­antragte Hilfs­mittel not­wendig ist.

Fazit

Das Hilfs­mittel­ver­zeichnis ist eine wichtige Grund­lage für die Ver­sorgung mit Hilfs- und Pflege­hilfs­mitteln in Deutsch­land. Es bietet Ver­sicherten, Ange­hörigen und Fach­kräften einen Über­blick über ver­fügbare Produkte und deren Kosten­über­nahme durch die gesetz­lichen Kassen.

Trotz seiner Kom­plexi­tät ist es ein nütz­liches Werk­zeug, um die passende Unter­stützung zu finden. Nutzen Sie die Be­ratungs­angebote Ihrer Kranken- oder Pflege­kasse, um ge­meinsam die für Sie optimalen Hilfs­mittel zu identi­fizieren und zu bean­tragen. So können Sie Ihre Lebens­qualität ver­bessern und im All­tag mehr Selbst­ständig­keit er­langen.