Erfolgreiche Unter­nehmens­nach­folge: Ein Leit­faden für die Unter­nehmens­über­gabe in Deutsch­land

Zusammenfassung

Die Unternehmensnachfolge ist ein komplexer Prozess, der frühzeitig geplant und offen kommuniziert werden sollte, um Konflikte zu vermeiden und den Fortbestand Ihres Unternehmens zu sichern. Je nach individueller Situation stehen Ihnen verschiedene Modelle wie familieninterne Lösungen, Verkauf an externe Personen oder Management-Buy-Out zur Verfügung. Neben der strategischen Planung sind auch rechtliche und steuerliche Aspekte entscheidend für eine gelungene Übergabe.

Die Über­gabe eines Unter­nehmens gehört zu den wichtigsten Phasen im Leben einer Unter­nehmerin oder eines Unter­nehmers. Eine gute Planung und Vor­bereitung sind für eine erfolg­reiche Nach­folge unerlässlich. Dieser Artikel gibt Ihnen einen Über­blick über die aktuelle Lage in Deutschland, zeigt bewährte Strategien und bietet praktische Tipps für Ihren Nach­folge­prozess.

Zwei Geschäftsleute in einem modernen Büro besprechen Dokumente bei Tageslicht, mit Notizbüchern und Wasser auf dem Tisch.

Die aktuelle Lage der Unter­nehmens­nach­folge in Deutsch­land

Die Unter­nehmens­nach­folge stellt eine wesentliche Auf­gabe für den deutschen Mittel­stand dar. Laut dem Institut für Mittel­stands­forschung (IfM) Bonn stehen zwischen 2022 und 2026 bei etwa 190.000 Unter­nehmen in Deutsch­land Nach­folge­regelungen an[11]. Mit fast 40.000 Unter­nehmen sind in Nord­rhein-West­falen die meisten Nach­folgen zu erwarten, gefolgt von Bayern mit fast 35.000 und Baden-Württem­berg mit mehr als 27.000[11]. Diese Zahlen zeigen, wie viele Unter­nehmer:innen sich mit diesem Thema befassen müssen.

Der Generations­wechsel läuft auf Hoch­touren, und die Suche nach einer passenden Nach­folge wird durch den steigenden Fach- und Führungs­kräfte­mangel erschwert[12]. Nach Schätzungen werden etwa 54% der Nach­folgen familien­intern geregelt, 17% intern mit Mit­arbeitenden und 29% mit firmen­externen Unter­nehmer:innen[12]. Die am stärksten betroffenen Branchen sind laut aktueller Studien die unternehmens­bezogenen Dienst­leistungen, gefolgt vom produzierenden Gewerbe und dem Handel[11].

Früh­zeitige Planung als Grund­lage des Erfolgs

Wenn Sie eine Unter­nehmens­nach­folge planen, sollten Sie früh­zeitig damit beginnen. Der Prozess kann durch­schnittlich ein bis drei Jahre dauern und erfordert Ihre volle Aufmerk­samkeit neben dem Tages­geschäft[5].

Betrachten Sie den Generations­wechsel als strate­gisches Projekt: “Unter­nehmer dürfen nicht dem Irrtum unter­liegen, dass eine Unter­nehmens­nach­folge einfach im Alltags­geschäft erledigt werden kann. Sie sollte vielmehr ebenso gründlich und präzise geplant werden wie eine große Investition”[5].

Eine offene Kommuni­kation in der Familie ist unver­zichtbar. Sie bezieht Ihre Nach­kommen und deren Partner:innen in den Nach­folge­prozess ein und kann künftige Konflikte ver­meiden. So können Wünsche und An­sprüche vor der Formu­lierung von Ver­trägen ab­gestimmt und mögl­iche Ideen der Nach­folge­generation ein­gebunden werden[2].

Modelle der Unter­nehmens­nach­folge

Für Ihre Unter­nehmens­nach­folge existieren verschiedene Wege, die gut durch­dacht sein sollten. Vier häufig gewählte Modelle, die Sie in Betracht ziehen können:

Die “Thron­folger-Lösung”

Ihr Unter­nehmen geht an einen einzigen, meist familien­internen Nach­kommen über. Andere Nach­kommen erhalten eine Ab­findung[2]. Dieses Modell bietet klare Führungs­strukturen und vermeidet mögliche Konflikte zwischen mehreren Entscheider:innen. Allerdings setzt es voraus, dass eine Person bereit und fähig ist, die alleinige Verant­wortung zu übernehmen.

Die “Pattex-Lösung”

Gut mit­einander harmonierende Geschwister werden vertraglich als Gesell­schafter:innen verbunden. Hier kann eine Familien­verfassung einen sinn­vollen Weg dar­stellen, um gemeinsam mit Ihrer Unter­nehmer­familie ein passendes Konzept zu ent­wickeln[2]. Diese Lösung verteilt die Verant­wortung auf mehrere Schultern, erfordert jedoch eine funktionierende Kommunikation und geteilte Visionen für die Zukunft des Unternehmens.

Die “Exit-Lösung”

Wenn weder die Thron­folger- noch die Pattex-Lösung möglich sind, kann ein Verkauf außer­halb der Familie nötig sein - häufig an Wett­bewerber oder strate­gische Investoren[2]. Immer mehr Unter­nehmer:innen entscheiden sich für diesen Weg, wenn innerhalb der Familie kein:e passende:r Nach­folger:in zur Verfügung steht.

Management-Buy-Out oder Management-Buy-In

Bei einem Management-Buy-Out über­nehmen bestehende Führungs­kräfte Ihr Unter­nehmen, bei einem Management-Buy-In kommt die Über­nahme von außen. Diese Modelle können eine gute Lösung sein, wenn die Familie keine Nach­folge antreten möchte, Sie aber dennoch Wert auf die Fortführung der Unter­nehmens­kultur legen.

Welches Modell für Sie das richtige ist, hängt von der indi­viduellen Situation Ihres Unter­nehmens, Ihrer Familie und der möglichen Nach­folger:innen ab.

Praktische Tipps für Ihre erfolg­reiche Unter­nehmens­nach­folge

1. Strate­gisches Projekt Unter­nehmens­nach­folge

Sehen Sie Ihre Unter­nehmens­nach­folge als viel­schichtiges Projekt an und steuern Sie es entsprechend. Eine gründ­liche und genaue Planung ist ebenso wichtig wie bei einer großen Investition[5]. Der Nachfolge­prozess verdient einen eigenen Platz in Ihrer Unternehmens­strategie und sollte nicht nebenbei bewältigt werden.

2. Über­gabe­fahr­plan schrift­lich fest­halten

Erstellen Sie einen schrift­lichen Fahr­plan mit klar fest­gelegten Ver­antwort­lich­keiten und Meilen­steinen. Dieser sollte neben fach­lichen Auf­gaben (wie steuer­lichen oder recht­lichen Fragen) auch Kommunikations­themen beinhalten[5]. Konkrete Schritte wie zu absolvierende Aus­bildungen oder der Übergang von Verant­wortlichkeiten sollten ebenfalls Teil dieses Plans sein.

3. Regel­mäßig und offen kommuni­zieren

Nehmen Sie sich als Über­geber:in zusammen mit Ihrem/Ihrer Unter­nehmens­nach­folger:in regel­mäßig Zeit, um sich über den Stand des Projektes und mögliche Konflikt­themen auszu­tauschen. Bei schwierigen Themen kann die Unter­stützung eines neutralen Moderators oder Mediators für Sie hilf­reich sein[5]. Dies trifft besonders auf Familien­unternehmen zu, da hier die familiären Bindungen und das Rollen­verhalten der Generationen besonders aus­geprägt sind.

4. Klares Nach­folge­konzept ent­wickeln

Ihre Nach­folge­planung sollte einem klaren Konzept folgen. Klären Sie, wer zum Gesell­schafter­kreis gehören wird und ob die Gesell­schafter:innen Einfluss auf das operative Geschäft bekommen sollen oder ob dieses in den Händen eines familien­fremden Managements liegen soll[2]. Ein durchdachtes Konzept bildet die Grundlage für alle weiteren Entscheidungen im Nachfolge­prozess.

5. Passende Rechts­form finden

Die Wahl der richtigen Rechts­form ist ein grund­legender Bestand­teil Ihrer Unter­nehmens­nach­folge. Sie kann steuer­liche und haftungs­rechtliche Aus­wirkungen haben und sollte daher gut über­legt sein[2]. Lassen Sie sich hier von Fachleuten beraten, um die für Ihre Situation optimale Lösung zu finden.

Erfolgs­beispiele aus der Praxis

Fall­beispiel Maschinen­bau: Erfolg­reiche Nach­folge­regelung trotz Krise

Ein bemerkens­wertes Beispiel für eine erfolg­reiche Unter­nehmens­nach­folge trotz widriger Umstände bietet ein Maschinen­bau­unter­nehmen, das wegen uner­warteter Markt­veränderungen in eine wirt­schaftliche Schief­lage geraten war. Die ursprüng­lich vor­gesehene familiäre Nach­folgerin wollte das Zepter nicht über­nehmen, und die Haus­bank forderte ein Sanierungs­gutachten. Trotz aller Schwierig­keiten gelang es mit fach­licher Unter­stützung, den Mandanten durch den Nach­folge- und Verkaufs­prozess zu begleiten. Am Ende wurde der Unter­nehmens­verkauf zu einer Erfolgs­geschichte für alle Beteiligten[6].

Dieses Beispiel zeigt, dass auch unter scheinbar aussichts­losen Bedingungen - Liquiditäts­lücken, Zeit­druck und emotionale Heraus­forderungen - eine erfolg­reiche Unter­nehmens­nachfolge möglich ist, wenn der Prozess professionell begleitet wird und alle Beteiligten kooperativ zusammen­arbeiten.

Erfolgs­geschichte Käte Ahlmann: Unter­nehmens­nach­folgerin in einer männer­dominierten Gesell­schaft

Ein historisches Beispiel ist die Geschichte von Käte Ahlmann, die 1931 als vier­fache Mutter das Stahl­werk ihres verstorbenen Ehe­mannes in Büdels­dorf bei Rends­burg über­nahm. In einer Zeit, in der Frauen nicht einmal ohne die Zu­stimmung ihres Ehe­mannes arbeiten durften, wurde sie alleinige Geschäfts­führerin der Carls­hütte mit 3.000 Ange­stellten und damit Besitzerin vom größten Stahl­werk Nord­deutsch­lands[3].

Aus ihrer Über­zeugung heraus, dass die Wirt­schaft nicht auf die Hälfte an Fach­kräften ver­zichten könne, gründete sie ein Netz­werk zur Unter­stützung anderer Witwen und Erb­innen und setzte sich für die Förderung von Ingenieur­innen ein. Die nach ihr benannte Käte Ahlmann Stiftung kämpft noch heute aktiv für die Chancen­gleichheit von Männern und Frauen in der Wirtschaft[3].

Vater-Tochter-Team: Reinhold und Bettina Würth

Ein weiteres Erfolgs­beispiel ist die Über­gabe der Würth GmbH. Obwohl Bettina Würth schon in den 90er-Jahren in das von ihrem Groß­vater gegründete Unter­nehmen einstieg, verlief die Nach­folge nicht ohne Heraus­forderungen. Dennoch ent­wickelte sich ein erfolg­reiches Vater-Tochter-Team[3]. Diese Geschichte verdeutlicht, dass auch bei familien­internen Nach­folgen ein langer Atem und die Bereit­schaft zur Zusammen­arbeit zwischen den Generationen entscheidend sein können.

Recht­liche und steuer­liche Aspekte

Bei der Unter­nehmens­nach­folge sollten Sie auch recht­liche und steuer­liche Aspekte berück­sichtigen. Die Erb­schaft­steuer­reform von 2009 hat beispiels­weise erheb­liche Aus­wirkungen auf die Unter­nehmens­nach­folge in Deutsch­land[7]. Eine sorg­fältige Planung und Beratung durch Fach­leute ist für Sie daher unbedingt empfehlens­wert.

Eine Möglich­keit zur recht­lichen Gestaltung Ihrer Unter­nehmens­nach­folge kann die Gründung einer Familien­stiftung sein. Diese bietet besondere Optionen, um die Interessen Ihrer Familie und Ihres Unter­nehmens lang­fristig zu wahren[4]. Die Stiftungs­lösung kann besonders dann sinnvoll sein, wenn das Unter­nehmen über Generationen in Familien­besitz bleiben soll und eine Zersplitterung der Anteile vermieden werden soll.

Steuer­rechtliche Überlegungen spielen ebenfalls eine große Rolle bei der Unter­nehmens­nachfolge. Je nach gewähltem Modell können unterschiedliche steuerliche Konsequenzen entstehen, die sowohl für den/die Über­geber:in als auch für den/die Nach­folger:in finanziell bedeutsam sind.

Zusammen­fassung und Hand­lungs­empfehlungen

Die Unter­nehmens­nach­folge ist ein viel­schichtiger Prozess, der eine früh­zeitige und sorg­fältige Planung benötigt. Der Erfolg Ihrer Nach­folge hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Früh­zeitige Planung und offene Kommunikation
  • Auswahl des für Sie passenden Nach­folge­modells
  • Ein schrift­lich fest­gehaltener Über­gabe­fahr­plan
  • Regel­mäßiger Austausch zwischen Ihnen als Über­geber:in und Ihrem/Ihrer Nach­folger:in
  • Berück­sichtigung recht­licher und steuer­licher Aspekte

Angesichts der Tatsache, dass in Deutsch­land in den nächsten Jahren rund 190.000 Unter­nehmen zur Über­gabe anstehen, sollten Sie sich früh­zeitig mit diesem Thema auseinander­setzen[11]. Eine erfolg­reiche Unter­nehmens­nach­folge sichert nicht nur den Fort­bestand Ihres Unter­nehmens, sondern auch Arbeits­plätze und trägt somit zur wirt­schaft­lichen Stabilität bei.

Die Planung Ihrer Unter­nehmens­nach­folge ist keine Aufgabe, die Sie auf die lange Bank schieben sollten. Beginnen Sie heute damit, sich mit den verschiedenen Möglich­keiten vertraut zu machen und Gespräche mit potenziellen Nach­folger:innen zu führen. Je früher Sie starten, desto mehr Zeit haben Sie, um den Prozess sorgfältig zu gestalten und eine Lösung zu finden, die sowohl für Sie als auch für Ihr Unter­nehmen und Ihre Familie optimal ist.