Erfolgreiche Unternehmensnachfolge: Ein Leitfaden für die Unternehmensübergabe in Deutschland
Zusammenfassung
Die Unternehmensnachfolge ist ein komplexer Prozess, der frühzeitig geplant und offen kommuniziert werden sollte, um Konflikte zu vermeiden und den Fortbestand Ihres Unternehmens zu sichern. Je nach individueller Situation stehen Ihnen verschiedene Modelle wie familieninterne Lösungen, Verkauf an externe Personen oder Management-Buy-Out zur Verfügung. Neben der strategischen Planung sind auch rechtliche und steuerliche Aspekte entscheidend für eine gelungene Übergabe.
- Kernaussagen
- Die aktuelle Lage der Unternehmensnachfolge in Deutschland
- Frühzeitige Planung als Grundlage des Erfolgs
- Modelle der Unternehmensnachfolge
- Praktische Tipps für Ihre erfolgreiche Unternehmensnachfolge
- Erfolgsbeispiele aus der Praxis
- Rechtliche und steuerliche Aspekte
- Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen
Die Übergabe eines Unternehmens gehört zu den wichtigsten Phasen im Leben einer Unternehmerin oder eines Unternehmers. Eine gute Planung und Vorbereitung sind für eine erfolgreiche Nachfolge unerlässlich. Dieser Artikel gibt Ihnen einen Überblick über die aktuelle Lage in Deutschland, zeigt bewährte Strategien und bietet praktische Tipps für Ihren Nachfolgeprozess.

- In Deutschland stehen von 2022 bis 2026 rund 190 000 Mittelstandsunternehmen vor einer Unternehmensnachfolge. In Nordrhein-Westfalen sind es allein fast 40 000, gefolgt von Bayern und Baden-Württemberg.
- Der anhaltende Fach- und Führungskräftemangel erschwert die Suche nach geeigneten Nachfolgenden.
- Momentan werden 54 % der Übergaben familienintern geregelt, 17 % intern mit Mitarbeitenden und 29 % extern an neue Eigentümer:innen vergeben.
- Planen Sie für den Übergabeprozess ein bis drei Jahre ein und behandeln Sie ihn wie ein strategisches Großprojekt.
- Führen Sie früh offene Gespräche mit allen Familienmitgliedern, um Vorstellungen und Rollen klarzuziehen und Konflikte zu vermeiden.
- Passende Modelle: Thronfolger-Lösung (eine Person übernimmt), Pattex-Lösung (Geschwister führen gemeinsam), Exit-Lösung (Verkauf an Externe) sowie Management-Buy-Out oder ‑Buy-In durch Führungskräfte.
- Erstellen Sie einen schriftlichen Fahrplan mit Aufgaben, Meilensteinen und klaren Kommunikationswegen.
- Legen Sie regelmäßige Treffen zwischen Übergebenden und Nachfolgenden fest; eine neutrale Moderation hilft bei Spannungen.
- Klären Sie früh, wer künftig Gesellschafter:in wird und ob die Geschäftsführung familienfremd sein darf.
- Prüfen Sie die passende Rechtsform, steuerliche Regeln und Optionen wie eine Familienstiftung, um Vermögen und Arbeitsplätze zu bewahren.
- Praxisbeispiele zeigen: Mit fachlicher Begleitung kann selbst ein Unternehmensverkauf in der Krise gelingen; Vorbilder sind Käte Ahlmann und das Vater-Tochter-Team Würth.
- Eine rechtzeitig vorbereitete Nachfolge schützt Arbeitsplätze, erhält Familienfrieden und sichert den Fortbestand Ihres Unternehmens.
Die aktuelle Lage der Unternehmensnachfolge in Deutschland
Die Unternehmensnachfolge stellt eine wesentliche Aufgabe für den deutschen Mittelstand dar. Laut dem Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn stehen zwischen 2022 und 2026 bei etwa 190.000 Unternehmen in Deutschland Nachfolgeregelungen an[11]. Mit fast 40.000 Unternehmen sind in Nordrhein-Westfalen die meisten Nachfolgen zu erwarten, gefolgt von Bayern mit fast 35.000 und Baden-Württemberg mit mehr als 27.000[11]. Diese Zahlen zeigen, wie viele Unternehmer:innen sich mit diesem Thema befassen müssen.
Der Generationswechsel läuft auf Hochtouren, und die Suche nach einer passenden Nachfolge wird durch den steigenden Fach- und Führungskräftemangel erschwert[12]. Nach Schätzungen werden etwa 54% der Nachfolgen familienintern geregelt, 17% intern mit Mitarbeitenden und 29% mit firmenexternen Unternehmer:innen[12]. Die am stärksten betroffenen Branchen sind laut aktueller Studien die unternehmensbezogenen Dienstleistungen, gefolgt vom produzierenden Gewerbe und dem Handel[11].
Frühzeitige Planung als Grundlage des Erfolgs
Wenn Sie eine Unternehmensnachfolge planen, sollten Sie frühzeitig damit beginnen. Der Prozess kann durchschnittlich ein bis drei Jahre dauern und erfordert Ihre volle Aufmerksamkeit neben dem Tagesgeschäft[5].
Betrachten Sie den Generationswechsel als strategisches Projekt: “Unternehmer dürfen nicht dem Irrtum unterliegen, dass eine Unternehmensnachfolge einfach im Alltagsgeschäft erledigt werden kann. Sie sollte vielmehr ebenso gründlich und präzise geplant werden wie eine große Investition”[5].
Eine offene Kommunikation in der Familie ist unverzichtbar. Sie bezieht Ihre Nachkommen und deren Partner:innen in den Nachfolgeprozess ein und kann künftige Konflikte vermeiden. So können Wünsche und Ansprüche vor der Formulierung von Verträgen abgestimmt und mögliche Ideen der Nachfolgegeneration eingebunden werden[2].
Modelle der Unternehmensnachfolge
Für Ihre Unternehmensnachfolge existieren verschiedene Wege, die gut durchdacht sein sollten. Vier häufig gewählte Modelle, die Sie in Betracht ziehen können:
Die “Thronfolger-Lösung”
Ihr Unternehmen geht an einen einzigen, meist familieninternen Nachkommen über. Andere Nachkommen erhalten eine Abfindung[2]. Dieses Modell bietet klare Führungsstrukturen und vermeidet mögliche Konflikte zwischen mehreren Entscheider:innen. Allerdings setzt es voraus, dass eine Person bereit und fähig ist, die alleinige Verantwortung zu übernehmen.
Die “Pattex-Lösung”
Gut miteinander harmonierende Geschwister werden vertraglich als Gesellschafter:innen verbunden. Hier kann eine Familienverfassung einen sinnvollen Weg darstellen, um gemeinsam mit Ihrer Unternehmerfamilie ein passendes Konzept zu entwickeln[2]. Diese Lösung verteilt die Verantwortung auf mehrere Schultern, erfordert jedoch eine funktionierende Kommunikation und geteilte Visionen für die Zukunft des Unternehmens.
Die “Exit-Lösung”
Wenn weder die Thronfolger- noch die Pattex-Lösung möglich sind, kann ein Verkauf außerhalb der Familie nötig sein - häufig an Wettbewerber oder strategische Investoren[2]. Immer mehr Unternehmer:innen entscheiden sich für diesen Weg, wenn innerhalb der Familie kein:e passende:r Nachfolger:in zur Verfügung steht.
Management-Buy-Out oder Management-Buy-In
Bei einem Management-Buy-Out übernehmen bestehende Führungskräfte Ihr Unternehmen, bei einem Management-Buy-In kommt die Übernahme von außen. Diese Modelle können eine gute Lösung sein, wenn die Familie keine Nachfolge antreten möchte, Sie aber dennoch Wert auf die Fortführung der Unternehmenskultur legen.
Welches Modell für Sie das richtige ist, hängt von der individuellen Situation Ihres Unternehmens, Ihrer Familie und der möglichen Nachfolger:innen ab.
Praktische Tipps für Ihre erfolgreiche Unternehmensnachfolge
1. Strategisches Projekt Unternehmensnachfolge
Sehen Sie Ihre Unternehmensnachfolge als vielschichtiges Projekt an und steuern Sie es entsprechend. Eine gründliche und genaue Planung ist ebenso wichtig wie bei einer großen Investition[5]. Der Nachfolgeprozess verdient einen eigenen Platz in Ihrer Unternehmensstrategie und sollte nicht nebenbei bewältigt werden.
2. Übergabefahrplan schriftlich festhalten
Erstellen Sie einen schriftlichen Fahrplan mit klar festgelegten Verantwortlichkeiten und Meilensteinen. Dieser sollte neben fachlichen Aufgaben (wie steuerlichen oder rechtlichen Fragen) auch Kommunikationsthemen beinhalten[5]. Konkrete Schritte wie zu absolvierende Ausbildungen oder der Übergang von Verantwortlichkeiten sollten ebenfalls Teil dieses Plans sein.
3. Regelmäßig und offen kommunizieren
Nehmen Sie sich als Übergeber:in zusammen mit Ihrem/Ihrer Unternehmensnachfolger:in regelmäßig Zeit, um sich über den Stand des Projektes und mögliche Konfliktthemen auszutauschen. Bei schwierigen Themen kann die Unterstützung eines neutralen Moderators oder Mediators für Sie hilfreich sein[5]. Dies trifft besonders auf Familienunternehmen zu, da hier die familiären Bindungen und das Rollenverhalten der Generationen besonders ausgeprägt sind.
4. Klares Nachfolgekonzept entwickeln
Ihre Nachfolgeplanung sollte einem klaren Konzept folgen. Klären Sie, wer zum Gesellschafterkreis gehören wird und ob die Gesellschafter:innen Einfluss auf das operative Geschäft bekommen sollen oder ob dieses in den Händen eines familienfremden Managements liegen soll[2]. Ein durchdachtes Konzept bildet die Grundlage für alle weiteren Entscheidungen im Nachfolgeprozess.
5. Passende Rechtsform finden
Die Wahl der richtigen Rechtsform ist ein grundlegender Bestandteil Ihrer Unternehmensnachfolge. Sie kann steuerliche und haftungsrechtliche Auswirkungen haben und sollte daher gut überlegt sein[2]. Lassen Sie sich hier von Fachleuten beraten, um die für Ihre Situation optimale Lösung zu finden.
Erfolgsbeispiele aus der Praxis
Fallbeispiel Maschinenbau: Erfolgreiche Nachfolgeregelung trotz Krise
Ein bemerkenswertes Beispiel für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge trotz widriger Umstände bietet ein Maschinenbauunternehmen, das wegen unerwarteter Marktveränderungen in eine wirtschaftliche Schieflage geraten war. Die ursprünglich vorgesehene familiäre Nachfolgerin wollte das Zepter nicht übernehmen, und die Hausbank forderte ein Sanierungsgutachten. Trotz aller Schwierigkeiten gelang es mit fachlicher Unterstützung, den Mandanten durch den Nachfolge- und Verkaufsprozess zu begleiten. Am Ende wurde der Unternehmensverkauf zu einer Erfolgsgeschichte für alle Beteiligten[6].
Dieses Beispiel zeigt, dass auch unter scheinbar aussichtslosen Bedingungen - Liquiditätslücken, Zeitdruck und emotionale Herausforderungen - eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge möglich ist, wenn der Prozess professionell begleitet wird und alle Beteiligten kooperativ zusammenarbeiten.
Erfolgsgeschichte Käte Ahlmann: Unternehmensnachfolgerin in einer männerdominierten Gesellschaft
Ein historisches Beispiel ist die Geschichte von Käte Ahlmann, die 1931 als vierfache Mutter das Stahlwerk ihres verstorbenen Ehemannes in Büdelsdorf bei Rendsburg übernahm. In einer Zeit, in der Frauen nicht einmal ohne die Zustimmung ihres Ehemannes arbeiten durften, wurde sie alleinige Geschäftsführerin der Carlshütte mit 3.000 Angestellten und damit Besitzerin vom größten Stahlwerk Norddeutschlands[3].
Aus ihrer Überzeugung heraus, dass die Wirtschaft nicht auf die Hälfte an Fachkräften verzichten könne, gründete sie ein Netzwerk zur Unterstützung anderer Witwen und Erbinnen und setzte sich für die Förderung von Ingenieurinnen ein. Die nach ihr benannte Käte Ahlmann Stiftung kämpft noch heute aktiv für die Chancengleichheit von Männern und Frauen in der Wirtschaft[3].
Vater-Tochter-Team: Reinhold und Bettina Würth
Ein weiteres Erfolgsbeispiel ist die Übergabe der Würth GmbH. Obwohl Bettina Würth schon in den 90er-Jahren in das von ihrem Großvater gegründete Unternehmen einstieg, verlief die Nachfolge nicht ohne Herausforderungen. Dennoch entwickelte sich ein erfolgreiches Vater-Tochter-Team[3]. Diese Geschichte verdeutlicht, dass auch bei familieninternen Nachfolgen ein langer Atem und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit zwischen den Generationen entscheidend sein können.
Rechtliche und steuerliche Aspekte
Bei der Unternehmensnachfolge sollten Sie auch rechtliche und steuerliche Aspekte berücksichtigen. Die Erbschaftsteuerreform von 2009 hat beispielsweise erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmensnachfolge in Deutschland[7]. Eine sorgfältige Planung und Beratung durch Fachleute ist für Sie daher unbedingt empfehlenswert.
Eine Möglichkeit zur rechtlichen Gestaltung Ihrer Unternehmensnachfolge kann die Gründung einer Familienstiftung sein. Diese bietet besondere Optionen, um die Interessen Ihrer Familie und Ihres Unternehmens langfristig zu wahren[4]. Die Stiftungslösung kann besonders dann sinnvoll sein, wenn das Unternehmen über Generationen in Familienbesitz bleiben soll und eine Zersplitterung der Anteile vermieden werden soll.
Steuerrechtliche Überlegungen spielen ebenfalls eine große Rolle bei der Unternehmensnachfolge. Je nach gewähltem Modell können unterschiedliche steuerliche Konsequenzen entstehen, die sowohl für den/die Übergeber:in als auch für den/die Nachfolger:in finanziell bedeutsam sind.
Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen
Die Unternehmensnachfolge ist ein vielschichtiger Prozess, der eine frühzeitige und sorgfältige Planung benötigt. Der Erfolg Ihrer Nachfolge hängt von mehreren Faktoren ab:
- Frühzeitige Planung und offene Kommunikation
- Auswahl des für Sie passenden Nachfolgemodells
- Ein schriftlich festgehaltener Übergabefahrplan
- Regelmäßiger Austausch zwischen Ihnen als Übergeber:in und Ihrem/Ihrer Nachfolger:in
- Berücksichtigung rechtlicher und steuerlicher Aspekte
Angesichts der Tatsache, dass in Deutschland in den nächsten Jahren rund 190.000 Unternehmen zur Übergabe anstehen, sollten Sie sich frühzeitig mit diesem Thema auseinandersetzen[11]. Eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge sichert nicht nur den Fortbestand Ihres Unternehmens, sondern auch Arbeitsplätze und trägt somit zur wirtschaftlichen Stabilität bei.
Die Planung Ihrer Unternehmensnachfolge ist keine Aufgabe, die Sie auf die lange Bank schieben sollten. Beginnen Sie heute damit, sich mit den verschiedenen Möglichkeiten vertraut zu machen und Gespräche mit potenziellen Nachfolger:innen zu führen. Je früher Sie starten, desto mehr Zeit haben Sie, um den Prozess sorgfältig zu gestalten und eine Lösung zu finden, die sowohl für Sie als auch für Ihr Unternehmen und Ihre Familie optimal ist.