Was ist Erbschleicherei?
Als Erbschleicher gilt eine Person, die auf einen Erblasser Einfluss nimmt und sich einen unrechtmäßigen Anteil am Erbe sichert. Häufig geschieht das zum Beispiel durch eine Änderung des Testaments oder durch eine Schenkung zu Lebzeiten. In Deutschland ist Erbschleicherei KEIN Strafbestand.
Warum ist Erbschleicherei so problematisch?
Erbschleicherei ist rechtlich schwer nachzuweisen – denn die Grenze zwischen ehrlicher Zuwendung und Manipulation bzw. Erbschleicherei ist für Außenstehende häufig schwer zu erkennen. Ist es Erbschleicherei, wenn sich der nette junge Mann rührend um die alte Nachbarin kümmert und am Ende eine große Summe Geld erbt?
Zudem gilt in Deutschland Testierfreiheit. Das bedeutet: Es gibt für Erblasser kaum rechtliche Einschränkungen, wenn es um die Verteilung des eigenen Vermögens geht. Tatsächlich gibt es nur eine Einschränkung: Gemäß § 14 Heimgesetz (HeimG) dürfen Mitarbeiter und Leiter von Pflegeeinrichtungen weder im Testament bedacht werden noch Schenkungen erhalten, wenn Sie von der Zuwendung Kenntnis haben. Familiäre, private oder gesetzliche Betreuer & Pflegehelfer (und je nach Bundesland ambulante Pflegedienste) sind von diesem Gesetz allerdings nicht betroffen.
Welche Tricks wenden Erbschleicher an?
Die Tricks der Erbschleicher lassen sich meist in drei grundlegenden Methoden / Manipulationsansätzen zusammenfassen:
1. Emotionale Nähe
Eine Erbe zu erschleichen, gelingt nur mit einem Vertrauensverhältnis. Deshalb stellen Erbschleicher als allererstes emotionale Nähe zu ihren Opfern her. Da viele ältere Menschen einsam leben und sich nach menschlichem Kontakt sehen, ist das häufig gar nicht so schwer. Manchmal nutzen Erbschleicher dafür ein vorgetäuschtes Verwandtschaftsverhältnis.
2. Soziale Isolation
Während emotionale Nähe nicht immer auf Erbschleicherei schließen lässt, ist das bei sozialer Isolation anders. Wenn ältere Menschen plötzlich den Kontakt zu Angehörigen abbrechen oder auf ein Minimum reduzieren, liegt der Verdacht auf Erbschleicherei nahe. Für Erbschleicher ist der Kontaktabbruch zu Angehörigen nämlich sehr wichtig, um das Opfer von den gesetzlichen Erben zu entfremden. Das gelingt zum Beispiel durch Kontrolle der Kommunikation oder durch Wechsel des Aufenthaltsortes.
3. Testamente verschwinden lassen
Erbschleicher müssen herausfinden, ob bereits Testamente verfasst wurden – und lassen diese dann gerne verschwinden. Das gilt vor allem für Testamente, die eine Bindungswirkung entfalten und nicht einfach durch ein neues Testament ersetzt werden können.
Welche Ziele verfolgen Erbschleicher?
Vorzeitige Schenkung
Erbschleicher haben häufig eine Schenkung als Ziel. Vor allem auf teuren Schmuck oder Geldvermögen haben es Erbschleicher abgesehen. Immobilien sind weniger interessant, weil es dafür eine notarielle Beurkundung braucht.
Vorsorgevollmacht
Vorsorgevollmachten sind in der Regel sofort wirksam und ermöglichen Bevollmächtigten vielfältigen Handlungsspielraum. Das versuchen Erbschleicher auszunutzen und sich als Vorsorgebevollmächtigter in das Dokument schreiben zu lassen.
Testament verfassen
Eine letztwillige Verfügung kann einfach handschriftlich verfasst werden. Das wissen Erbschleicher und versuchen häufig, entsprechende Testamente von den Opfern verfassen zu lassen.
So können Sie sich zu Lebzeiten vor Erbschleichern schützen
Verfassen Sie zu Lebzeiten ein Testament oder Erbvertrag. Achten Sie dann außerdem auf folgende Punkte:
Betreuer bestellen
Der Erblasser kann sich einen rechtlichen Betreuer nehmen, der sich um alle finanziellen Angelegenheiten kümmert. Das kann zum Beispiel ein Rechtsanwalt oder Betreuungsverein sein oder ein Ehepartner oder andere Familienmitglieder. Der Erblasser muss den Antrag auf Betreuung selbst stellen.
Vorsicht bei Vorsorgevollmacht
Die Missbrauchsgefahr bei einer Vorsorgevollmacht ist hoch. Schließlich kann der oder die Bevollmächtigten mit einer Vorsorgevollmacht weitreichende Entscheidungen im Namen des Vollmachtgebers treffen. Um das Risiko eines Missbrauchs einzugrenzen, haben Sie 3 Möglichkeiten: 1) Sie grenzen die Befugnisse des Vollmachtnehmers ein. 2) Sie stellen einen Kontrollbevollmächtigten zur Kontrolle des Vollmachtnehmers ein. 3) Sie hinterlegen die Vorsorgevollmacht beim Notar und lassen die Urkunde erst herausgeben, wenn Sie nicht mehr geschäftsfähig sind.
Erbvertrag
Ein Erbvertrag ist eine weitere Möglichkeit, um sich vor Erbschleicherei zu schützen. Denn: Im Gegensatz zum Testament binden sich die Vertragspartner bei einem Erbvertrag gegenseitig. Eine Änderung ohne die Zustimmung beider Vertragspartner ist also nicht möglich.
Soziale Kontrolle
Die vielleicht wichtigste Schutzmaßnahme: Lassen Sie ältere Erblasser nicht alleine und melden Sie sich regelmäßig. Verdacht auf Erbschleicherei könnte vor allem vorliegen, wenn der Kontakt einer Pflegekraft oder einem Familienmitglied abgeblockt wird. Oder wenn der Erblasser einer Person plötzlich viele großzügige Geschenke macht.
Was tun, wenn der Erblasser bereits verstorben ist?
Wenn Erbschleicherei erst nach dem Tod des Erblassers herausgefunden wird, haben die Angehörigen leider nur noch wenige Möglichkeiten.
Was helfen kann:
Testament anfechten
Ein Testament anzufechten ist grundsätzlich möglich. Erfolgreich kann eine Anfechtung sein, wenn der Erblasser bedroht wurde, sich geirrt, oder ein Pflichtteilsberechtigten übergangen hat. Ebenso ist das Testament unwirksam, wenn der Erblasser testierunfähig ist oder eine Pflegeperson als Erbnehmer bestimmt hat, die unter HeimG § 14 fällt.
Wichtig: Wenn das Testament angefochten wird, kann ein früheres Testament wirksam werden (sofern dieses vom Erblasser nicht widerrufen wurde). Daran sollten Sie vor der Anfechtung denken.
Rückzahlungen & Auskünfte fordern
Sollte der Erblasser widerrechtlich Geld bei Seite geschafft haben, können Sie Auskünfte und Rückzahlungen fordern.
Schlusswort
Erbschleicherei ist ein Thema, das Sie nicht unterschätzen sollten. Mit unseren Tipps kennen Sie nun die wichtigsten Möglichkeiten, um Erbschleichern so wenig Chancen wie möglich zu geben.