Erbschein beantragen: So geht es richtig und unkompliziert

Zusammenfassung

Ein Erbschein ist ein amtliches Dokument, das die Erbenstellung nachweist und bei Banken, Behörden oder für Immobilien­angelegenheiten erforderlich sein kann, wenn kein notarielles Testament vorliegt. Der Antrag erfolgt beim Nachlassgericht oder über eine:n Notar:in und erfordert Unterlagen wie die Sterbeurkunde und Verwandtschaftsnachweise. Die Kosten richten sich nach dem Nachlasswert, und es sollte geprüft werden, ob ein Erbschein tatsächlich notwendig ist.

Nach dem Tod eines Menschen stehen Angehörige vor zahlreichen organisatorischen Aufgaben. Eine davon ist häufig der Antrag auf einen Erbschein - ein amtliches Dokument, das nachweist, wer rechtmäßig geerbt hat. Der folgende Ratgeber erklärt Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie einen Erbschein beantragen können, welche Unterlagen Sie benötigen und mit welchen Kosten Sie rechnen müssen.

Holzhammer und offizielles Dokument auf einem Schreibtisch vor einem Bücherregal in einer juristischen Umgebung.

Was ist ein Erbschein?

Ein Erbschein ist ein vom zuständigen Nachlassgericht ausgestelltes Dokument, das offiziell nachweist, wer Erbe einer verstorbenen Person ist und mit welchem Anteil. Das Nachlassgericht stellt den Erbschein nicht automatisch aus, sondern nur auf Antrag einer erbberechtigten Person. Nach Prüfung aller Unterlagen wird der Erbschein erteilt, mit dem Sie sich dann gegenüber Banken, Behörden und anderen Stellen als rechtmäßige:r Erb:in ausweisen können[3][5].

Wann benötigen Sie einen Erbschein?

Nicht in jedem Erbfall ist ein Erbschein erforderlich. In folgenden Situationen sollten Sie jedoch einen Erbschein beantragen:

  • Immobilien im Nachlass ohne notarielles Testament: Für die Grundbuch­umschreibung benötigen Sie einen Erbschein, wenn kein notarielles Testament vorliegt[18]
  • Zugriff auf Bankkonten und Vermögenswerte: Banken verlangen häufig einen Erbschein, bevor sie Erb:innen Zugriff auf Konten und Depots gewähren (obwohl laut BGH auch ein eigenhändiges Testament ausreichen kann)[11][10]
  • Nachweis gegenüber Versicherungen, Behörden und anderen Institutionen: Viele Stellen fordern einen Erbschein als offiziellen Nachweis der Erbenstellung

Wichtig: Wenn der Erblasser ein notarielles Testament oder einen notariell beurkundeten Erbvertrag errichtet hat, ist in der Regel kein Erbschein erforderlich. Hier genügt als Erbnachweis im gewöhnlichen Rechts­verkehr eine beglaubigte Abschrift der Verfügung von Todes wegen zusammen mit dem nachlass­gerichtlichen Eröffnungs­protokoll[3].

Wo können Sie den Erbschein beantragen?

Den Erbschein können Sie auf zwei Wegen beantragen:

  1. Persönlich beim Nachlassgericht: Zuständig ist das Amts­gericht am letzten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verstorbenen[10][9]
  2. Über einen Notar: Jeder Notar in Deutschland kann den Antrag entgegennehmen und an das zuständige Nachlass­gericht weiterleiten[3][9]

Wenn Sie nicht im Bezirk des zuständigen Nachlass­gerichts wohnen, können Sie den Antrag auch beim Amts­gericht Ihres eigenen Wohnorts stellen. Dieses leitet ihn dann an das zuständige Gericht weiter[9].

Welche Dokumente werden für den Antrag benötigt?

Für den Antrag auf einen Erbschein benötigen Sie folgende Unterlagen:

  • Persönliches Ausweisdokument (Personalausweis oder Reisepass)[10][12][14]
  • Sterbeurkunde des Erblassers[10][12][14]
  • Bei gesetzlicher Erbfolge: Nachweise der Verwandtschaft (z.B. Geburts­urkunden, Heirats­urkunde, Familien­stammbuch)[10][8]
  • Bei Testament oder Erbvertrag: Original des Testaments/Erbvertrags (falls noch nicht beim Nachlass­gericht eingereicht)[10][8]
  • Namen und Anschriften aller Miterbenden (falls es mehrere Erb:innen gibt)[12]
  • Bei vorverstorbenen Erb:innen: Sterbeurkunden[10]
  • Bei Ausschlagung oder Erbverzicht: entsprechende Nachweise[14]

Das Nachlass­gericht oder der Notar wird mit Ihnen die eides­stattliche Versicherung aufnehmen, dass Ihre Angaben richtig und vollständig sind[5][12].

Kosten des Erbscheins

Die Kosten für den Erbschein richten sich nach dem Wert des Nachlasses. Sie setzen sich zusammen aus:

  1. Gebühren für den Erbschein selbst
  2. Kosten für die eidesstattliche Versicherung
  3. Bei Antrag über Notar: zusätzliche Notarkosten inkl. Mehrwertsteuer und Auslagen

Beispiele für Kosten nach Nachlasswert:

  • Nachlass von 10.000 €: etwa 150 € Gebühren für Erbschein und eidesstattliche Versicherung[3][5]
  • Nachlass von 50.000 €: etwa 165 € Gebühren[5]
  • Nachlass von 200.000 €: etwa 870 € Gebühren[3]

Die Kosten trägt grundsätzlich der Antragsteller. Bei einer Erben­gemeinschaft müssen sich alle Mitglieder anteilig beteiligen, wenn der Antrag gemeinsam gestellt wird[5].

Besonderheiten bei mehreren Erb:innen

Wenn mehrere Personen gemeinsam erben (Erben­gemeinschaft), gilt:

  • Jede:r Erb:in kann allein einen Erbschein beantragen, es müssen nicht alle zusammen den Antrag stellen[10][12]
  • Sinnvoll ist es, dem Nachlass­gericht Vollmachten der anderen Miterb:innen vorzulegen, um das Verfahren zu beschleunigen[10]
  • Der Erbschein weist alle Erb:innen mit ihren jeweiligen Anteilen aus[5]
  • Die Erben­gemeinschaft verwaltet den Nachlass gemeinsam, bis dieser aufgeteilt ist[5]

Wichtige Hinweise zum Erbscheinsantrag

Bei der Beantragung eines Erbscheins sollten Sie folgende Punkte beachten:

  • Erbschaftsannahme: Mit dem Erbscheins­antrag nehmen Sie die Erbschaft automatisch an und können diese nicht mehr ausschlagen[10][6]
  • Eidesstattliche Versicherung: Sie müssen beim Nachlassgericht oder Notar eine eidesstattliche Versicherung über die Richtigkeit Ihrer Angaben abgeben[9][12]
  • Prüfungs­pflicht des Gerichts: Das Nachlass­gericht prüft Ihren Antrag und kann weitere Nachweise anfordern
  • Bearbeitungszeit: Je nach Komplexität des Erbfalls und Auslastung des Gerichts kann die Bearbeitung mehrere Wochen dauern

Tipp: Klären Sie vor der Beantragung, ob Sie wirklich einen Erbschein benötigen. Manche Banken akzeptieren mittlerweile auch andere Nachweise wie ein eröffnetes eigenhändiges Testament zusammen mit dem Eröffnungs­protokoll des Nachlassgerichts[11].

Ausländisches Vermögen und Erbschein

Wenn zum Nachlass Vermögenswerte im Ausland gehören, sind einige Besonderheiten zu beachten:

  • Ein deutscher Erbschein wird nicht in allen Ländern anerkannt[6]
  • Für Nachlassgegenstände im Ausland reicht der deutsche Erbschein manchmal nicht aus[5]
  • Bei Erbfällen mit Auslands­bezug können andere Rechte gelten[6]
  • Es kann erforderlich sein, zusätzliche Bescheinigungen oder landes­spezifische Dokumente zu beantragen

Erkundigen Sie sich in solchen Fällen, welche Nachweise im betreffenden Land anerkannt werden.

Falsche Erbscheine und ihre Folgen

In manchen Fällen kann es vorkommen, dass ein Erbschein falsch ist, etwa wenn ein jüngeres Testament auftaucht, das die Erbfolge anders regelt. In diesem Fall:

  • Muss das Nachlass­gericht den falschen Erbschein einziehen[10]
  • Sind Personen, die im Vertrauen auf den Erbschein gehandelt haben, dennoch geschützt[10]
  • Kann der tatsächliche Erbe seine Rechte gegenüber dem falschen Erben geltend machen

Praktische Tipps für den Erbscheinsantrag

Damit der Antrag auf einen Erbschein reibungslos verläuft:

  • Informieren Sie sich beim zuständigen Nachlassgericht, ob ein Termin vereinbart werden muss
  • Bereiten Sie alle Unterlagen vollständig vor
  • Klären Sie in einer Erben­gemeinschaft vorher, wer den Antrag stellen soll
  • Bei Unklarheiten lassen Sie sich vom Nachlassgericht oder einer Rechts­beratung helfen
  • Prüfen Sie, ob wirklich ein Erbschein nötig ist oder ob andere Nachweise ausreichen

Ein sorgfältig vorbereiteter Antrag vermeidet unnötige Rückfragen und beschleunigt das Verfahren.

Stellen oder nicht stellen - lohnt sich der Antrag?

Da der Erbschein Kosten verursacht, sollten Sie abwägen, ob Sie ihn wirklich benötigen:

  • Fragen Sie bei Banken, Versicherungen und anderen relevanten Stellen nach, ob sie einen Erbschein verlangen oder ob alternative Nachweise ausreichen
  • Bei kleinen Nachlässen ohne Immobilien können die Kosten für den Erbschein im Verhältnis zum Erbe hoch sein
  • Bei notariellen Testamenten oder Erbverträgen ist oft kein Erbschein erforderlich

Durch vorherige Klärung können Sie unnötige Kosten vermeiden und die Ab­wicklung des Nachlasses vereinfachen.