Erbschaftssteuer sinnvoll gestalten: Wie Sie mit Schenkungen Steuern sparen können

Zusammenfassung

Durch frühzeitige und strategische Schenkungen können Sie die Steuer­belastung bei der Vermögens­übertragung erheblich reduzieren. Die Nutzung von Frei­beträgen alle zehn Jahre, die geschickte Aufteilung von Vermögens­werten und Optionen wie Ketten­schenkungen bieten dabei große Einspar­potenziale. Eine individuelle Beratung durch steuerliche oder notarielle Fachkräfte hilft, die optimale Lösung für Ihre persönliche Situation zu finden.

Die Übertragung von Vermögen an die nächste Generation beschäftigt viele Menschen in Deutschland. Mit einer klugen Planung können Sie dabei erhebliche steuerliche Vorteile nutzen. Dieser Beitrag erklärt, wie Sie durch wohlüberlegte Schenkungen die Steuer­belastung für Ihre Angehörigen deutlich reduzieren können und welche Frei­beträge Ihnen zur Verfügung stehen.

Zwei Personen in Businesskleidung unterzeichnen Dokumente an einem Schreibtisch in einem modernen Büro.

Grundlagen der Erbschafts- und Schenkungs­steuer

In Deutschland werden Erbschaften und Schenkungen nach ähnlichen Grundsätzen besteuert. Das Erbschaft­steuer- und Schenkung­steuer­gesetz (ErbStG) bildet die rechtliche Grundlage für diese Vermögens­übertragungen. Die Höhe der Erbschaft­steuer oder Schenkung­steuer hängt hauptsächlich von drei Faktoren ab: dem Verwandtschafts­verhältnis zwischen schenken­der und beschenkter Person, der Höhe des übertragenen Vermögens sowie den anwendbaren Frei­beträgen und Steuerklassen.[1]

Eine wichtige Besonderheit: Bei einer Schenkung zahlt nicht die schenken­de Person die Steuer, sondern die beschenkte Person. Steuer­pflichtig ist dabei nur der Betrag, der den jeweiligen Frei­betrag übersteigt. Die Steuer­schuld entsteht am Tag der wirtschaftlichen Bereicherung, also bei Schenkungen am Tag der Schenkung selbst.[1]

Frei­beträge bei der Schenkungs­steuer

Die Höhe der Frei­beträge richtet sich nach dem Verwandtschafts­verhältnis zwischen der schenken­den und der beschenkten Person. Diese Frei­beträge können alle zehn Jahre erneut genutzt werden - ein entscheiden­der Vorteil gegenüber der einmaligen Vererbung.[2]

Folgende Frei­beträge gelten aktuell:

Übersicht der Frei­beträge nach Verwandtschafts­verhältnis

Ehepartner:innen und eingetragene Lebens­partner:innen genießen mit 500.000 Euro den höchsten Frei­betrag. Für Kinder, Stiefkinder und Adoptiv­kinder gilt ein Frei­betrag von 400.000 Euro. Schenken Sie an Enkelkinder, deren Eltern bereits verstorben sind, können Sie ebenfalls einen Frei­betrag von 400.000 Euro nutzen.[3]

Bei Enkelkindern, deren Eltern noch leben, beträgt der Frei­betrag 200.000 Euro. Für Urenkel sowie für Eltern und Großeltern beim Erwerb durch Erbschaft gilt ein Frei­betrag von 100.000 Euro.[4]

Deutlich niedriger fällt der Frei­betrag mit nur 20.000 Euro für Eltern und Großeltern bei Schenkungen, Geschwister, Nichten, Neffen, Stiefeltern, Schwieger­kinder, Schwieger­eltern, geschiedene Ehepartner:innen sowie alle anderen Personen aus.[5]

Steuerklassen und deren Auswirkungen

Neben den Frei­beträgen spielt auch die Steuerklasse eine wichtige Rolle. Es gibt drei Steuerklassen, die sich nach dem Verwandtschafts­grad richten und unterschiedliche Steuersätze zur Folge haben.[1]

Steuerklasse I

In diese günstigste Kategorie fallen Ehepartner:innen und eingetragene Lebens­partner:innen, Kinder und Stiefkinder, Enkelkinder, Urenkel sowie Eltern und Großeltern, allerdings letztere nur bei Erbschaften.[1]

Steuerklasse II

Hierzu zählen Eltern und Großeltern bei Schenkungen, Geschwister, Nichten und Neffen, Stiefeltern, Schwieger­kinder, Schwieger­eltern und geschiedene Ehepartner:innen.[1]

Steuerklasse III

In dieser teuersten Kategorie befinden sich alle anderen Personen, die nicht in den Steuerklassen I und II aufgeführt sind.[1]

Die Steuersätze steigen progressiv mit der Höhe des steuer­pflichtigen Erwerbs und sind abhängig von der jeweiligen Steuerklasse. Je näher das Verwandtschafts­verhältnis, desto niedriger fällt der Steuersatz aus.[5]

Die Zehn-Jahres-Regel als zentrale Gestaltungs­möglichkeit

Ein besonders wirksames Instrument zur Steuer­ersparnis ist die sogenannte Zehn-Jahres-Regel. Der Schenkungs­steuer­frei­betrag lebt nach einem Zeitraum von zehn Jahren wieder neu auf. Dies bedeutet: Bei mehrmaligen Schenkungen an eine bestimmte Person ist immer zu prüfen, ob der Frei­betrag noch eingehalten wird beziehungs­weise ob Steuern anfallen.[2]

Ein anschauliches Beispiel: Eine Mutter hat ihrer Tochter bereits vor zwei Jahren 400.000 Euro geschenkt. Für eine erneute Schenkung müsste die Tochter in jedem Fall Steuern zahlen. Wenn die Mutter hingegen acht Jahre wartet, gilt wieder ein neuer Frei­betrag in Höhe von 400.000 Euro.[2]

Diese Regelung eröffnet erhebliche Gestaltungs­spielräume für die langfristige Vermögens­übertragung. Mit einer klugen zeitlichen Planung können beträchtliche Summen steuerfrei übertragen werden.

Meldepflicht von Schenkungen beachten

Jede steuer­pflichtige Schenkung muss grundsätzlich nach § 30 ErbStG innerhalb von drei Monaten beim zuständigen Finanzamt gemeldet werden. Ein formloses Schreiben reicht hierfür aus. Das Finanzamt prüft mithilfe der Anzeige, ob voraussichtlich Steuern anfallen. Ist dies der Fall, bekommen Sie Steuer­erklärungs­vordrucke zugeschickt.[2]

Eine wichtige Ausnahme: Wenn die Schenkung gerichtlich oder notariell beurkundet wurde, brauchen Sie das Finanzamt nicht zu kontaktieren. In diesem Fall übernimmt dies das jeweilige Gericht beziehungs­weise die notarielle Fachkraft.[2]

Strategien zur Optimierung der Schenkungs­steuer

Frühzeitige Planung ist entscheidend

Bei größeren Vermögen lohnt es sich zu prüfen, wie sich der Schenkungs­frei­betrag optimal ausschöpfen lässt. Das ist insbesondere mit Blick auf das spätere Erbe relevant. „Beim Erben gilt eine Treppen­steuer. Je mehr Sie erben, desto höher ist der Steuersatz. Und je geringer das Erbe ist, desto weniger Steuern zahlen Sie", erläutert ein Experte der Commerzbank.[2]

Entscheidend ist hierbei, frühzeitig zu beginnen. Manche Menschen fangen erst mit 80 Jahren an, über das Thema Schenkung nachzudenken. Das ist deutlich zu spät. Wer größere Vermögens­übertragungen plant, sollte Jahrzehnte im Voraus denken. Nur so lässt sich der Frei­betrag trotz Zehn-Jahres-Zeitraum mehrmals ausschöpfen.[2]

Ketten­schenkung als Option

Bei größeren Vermögens­werten kann der Umweg über die Ketten­schenkung Steuer­vorteile mit sich bringen. Eine Ketten­schenkung liegt vor, wenn Vermögens­werte in zwei aufeinander­folgenden Schritten an zwei verschiedene Erwerber:innen übertragen werden. In der Regel steckt dahinter die Absicht, die schenkungs­steuerlichen Frei­beträge beider Erwerber:innen optimal zu nutzen.[2]

Damit eine Ketten­schenkung als solche vom Finanzamt akzeptiert wird und tatsächlich die erhöhten Frei­beträge gewährt werden, müssen folgende drei Voraus­setzungen erfüllt sein:

Die zwischengeschaltete Person darf nicht zur Weitergabe des erhaltenen Vermögens verpflichtet sein. Die erste Schenkung muss ausgeführt sein, bevor die zweite Schenkung vereinbart wird. Außerdem sollte jede Schenkung einzeln beurkundet werden, um den eigenständigen Charakter zu belegen.[2]

Praktische Beispiele für steuer­optimierte Schenkungen

Beispiel 1: Vermögens­übertragung an mehrere Kinder

Ein Ehepaar möchte seinen zwei Kindern jeweils 500.000 Euro zukommen lassen. Da der Frei­betrag pro Kind 400.000 Euro beträgt, würde bei einer direkten Schenkung jedes Kind auf 100.000 Euro Schenkungs­steuer zahlen müssen. Durch geschickte Planung könnte das Ehepaar wie folgt vorgehen:

Im ersten Jahr schenkt jeder Elternteil jedem Kind 200.000 Euro (insgesamt 400.000 Euro pro Kind). Nach Ablauf von zehn Jahren schenkt jeder Elternteil jedem Kind weitere 50.000 Euro (insgesamt 100.000 Euro pro Kind). Durch diese zeitliche Aufteilung können die gesamten 1.000.000 Euro steuerfrei übertragen werden.

Beispiel 2: Übertragung einer Immobilie

Eine Mutter möchte ihr Haus im Wert von 600.000 Euro an ihren Sohn übertragen. Bei einer direkten Übertragung würde der Sohn auf 200.000 Euro (600.000 Euro minus Frei­betrag von 400.000 Euro) Schenkungs­steuer zahlen müssen. Alternativ könnte die Mutter zunächst 50% des Hauses übertragen (Wert: 300.000 Euro) und einen Nießbrauch vereinbaren. Nach zehn Jahren überträgt sie die restlichen 50%.

Durch diese Vorgehens­weise und den wert­mindernden Effekt des Nießbrauchs könnte die Immobilie komplett steuerfrei oder zumindest mit deutlich geringerer Steuer­belastung übertragen werden.

Fazit: Mit kluger Planung erheblich Steuern sparen

Mit einer voraus­schauenden Planung von Schenkungen können Sie die Erbschafts­steuer­belastung für Ihre Angehörigen erheblich reduzieren. Die Nutzung der Frei­beträge, insbesondere in Verbindung mit der Zehn-Jahres-Regel, bietet beachtliche Gestaltungs­möglichkeiten für die Vermögens­nachfolge.[5]

Der entscheidende Punkt ist die rechtzeitige Planung. Beim Erben gilt der Frei­betrag nur einmal, während er bei Schenkungen alle zehn Jahre neu genutzt werden kann. Für Familien mit größeren Vermögen bedeutet dies ein erhebliches Einsparpotenzial.[2]

Jede familiäre und finanzielle Situation ist jedoch individuell. Eine persönliche Beratung durch steuerliche Fachleute oder notarielle Fachkräfte ist daher empfehlens­wert. So stellen Sie sicher, dass Ihr Vermögen optimal und nach Ihren Wünschen an die nächste Generation übertragen wird.