Erbschaft in der Zugewinngemeinschaft: Was Sie beachten sollten
Zusammenfassung
In einer Zugewinngemeinschaft gehört eine Erbschaft während der Ehe ausschließlich der erbenden Person und fließt nicht in den Zugewinnausgleich ein, jedoch können Wertsteigerungen der Erbschaft ausgleichspflichtig sein. Beim Tod eines Ehepartners kann der überlebende Partner zwischen einer pauschalen Erhöhung des Erbteils oder einer konkreten Berechnung des Zugewinns wählen. Eine sorgfältige Dokumentation, ein Ehevertrag oder ein Testament können helfen, klare Verhältnisse zu schaffen und Konflikte zu vermeiden.
Der Umgang mit Erbschaften in einer Zugewinngemeinschaft wirft für viele Paare Fragen auf. Erhalten Sie während Ihrer Ehe eine Erbschaft oder verstirbt Ihr Ehepartner, sind bestimmte rechtliche Besonderheiten zu beachten. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Erbschaften im gesetzlichen Güterstand behandelt werden und welche Rechte und Möglichkeiten Sie haben.

Was bedeutet Zugewinngemeinschaft?
Die Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche Standard-Güterstand in Deutschland. Etwa 90 Prozent aller Ehepaare leben in diesem Güterstand, da er automatisch gilt, wenn kein Ehevertrag geschlossen wird[8]. Anders als der Name vermuten lässt, bleibt in einer Zugewinngemeinschaft das Vermögen beider Partner während der Ehe getrennt. Jede Person behält die Eigentumsrechte an ihrem Vermögen und kann darüber frei verfügen.
Die Besonderheit: Erst bei Beendigung der Ehe - sei es durch Scheidung oder Tod - erfolgt ein Ausgleich des während der Ehe erwirtschafteten Vermögenszuwachses (Zugewinn). Der Gedanke dahinter: Beide Ehepartner sollen gleichermaßen vom gemeinsam erwirtschafteten Vermögen profitieren, unabhängig davon, wer den größeren Anteil dazu beigetragen hat[8].
Wie werden Erbschaften während der Ehe behandelt?
Erhalten Sie während Ihrer Ehe eine Erbschaft, fällt diese nicht in den Zugewinnausgleich[2]. Eine Erbschaft gehört zum sogenannten “privilegierten Erwerb” und wird rechnerisch Ihrem Anfangsvermögen zugerechnet[1]. Das bedeutet:
- Die Erbschaft gehört ausschließlich Ihnen als erbender Person
- Ihr:e Ehepartner:in hat keinen Anspruch auf einen Teil der Erbschaft
- Bei einer späteren Scheidung wird die Erbschaft nicht hälftig geteilt[7]
Ein Beispiel: Sie besitzen zu Beginn der Ehe ein Vermögen von 30.000 Euro. Während der Ehe erben Sie weitere 20.000 Euro. Für die Berechnung des Zugewinnausgleichs wird Ihr rechnerisches Anfangsvermögen auf 50.000 Euro erhöht. Nur was Sie über diesen Betrag hinaus bis zum Ende der Ehe erwerben, gilt als Zugewinn und wird bei einer Scheidung ausgleichspflichtig[7].
Diese Regelung gilt unabhängig davon, wann genau während der Ehe die Erbschaft anfällt. Der Gesetzgeber hat bewusst entschieden, dass Erbschaften nicht der Zugewinngemeinschaft untergeordnet werden müssen[2].
Wertzuwächse einer Erbschaft
Anders verhält es sich mit Wertsteigerungen des geerbten Vermögens. Diese können sehr wohl in den Zugewinnausgleich einfließen[1]. Wenn also beispielsweise:
- Ihre geerbte Immobilie im Wert steigt
- Geerbte Wertpapiere Kursgewinne erzielen
- Sie geerbtes Geld gewinnbringend anlegen
gehören die Wertzuwächse zu Ihrem Zugewinn und werden bei einer Scheidung grundsätzlich hälftig geteilt.
Was passiert, wenn ein:e Ehepartner:in verstirbt?
Besonders komplex wird es, wenn die Zugewinngemeinschaft durch den Tod eines Ehepartners endet. In diesem Fall haben Sie als überlebende:r Ehepartner:in neben dem Erbanspruch einen zusätzlichen Anspruch auf Zugewinnausgleich[1]. Es gibt zwei Wege, diesen Anspruch geltend zu machen:
1. Die erbrechtliche Lösung (pauschaler Zugewinnausgleich)
Bei dieser Variante wird Ihr gesetzlicher Erbteil pauschal um ein Viertel erhöht[3]. Haben Sie beispielsweise mit dem verstorbenen Ehepartner gemeinsame Kinder, erben Sie statt einem Viertel die Hälfte des Nachlasses[3]. Diese Lösung ist einfach und unkompliziert, da keine konkrete Berechnung des Zugewinns erforderlich ist.
2. Die güterrechtliche Lösung (realer Zugewinnausgleich)
Alternativ können Sie den Zugewinn konkret berechnen lassen[1]. Dazu müssen Sie die Erbschaft ausschlagen und erhalten stattdessen Ihren Pflichtteilsanspruch plus den realen Zugewinnausgleich[3]. Diese Option kann für Sie vorteilhaft sein, wenn Ihr:e verstorbene:r Ehepartner:in während der Ehe einen hohen Vermögenszuwachs erzielt hat.
Wann ist welche Option besser für Sie?
Die Entscheidung zwischen erbrechtlicher und güterrechtlicher Lösung sollte wohlüberlegt sein. Als Faustregel gilt:
Die erbrechtliche Lösung (pauschale Erhöhung) ist häufig günstiger, wenn der verstorbene Ehepartner wenig oder keinen Zugewinn erwirtschaftet hat.
Die güterrechtliche Lösung (reale Berechnung) kann vorteilhafter sein, wenn der verstorbene Ehepartner einen erheblichen Zugewinn erzielt hat[3].
Um die für Sie beste Option zu ermitteln, empfiehlt sich eine genaue Berechnung beider Varianten. In komplexen Fällen sollten Sie rechtzeitig fachkundige Beratung in Anspruch nehmen.
Praktische Hinweise für Ihre Vorsorge
Um im Erbfall klare Verhältnisse zu schaffen, können folgende Maßnahmen hilfreich sein:
Dokumentation des Vermögens
Führen Sie eine sorgfältige Dokumentation Ihres Anfangsvermögens sowie aller Erbschaften und Schenkungen während der Ehe. Dies erleichtert später die Berechnung des Zugewinns und hilft, Streitigkeiten zu vermeiden.
Ehevertragliche Regelungen
Mit einem Ehevertrag können Sie individuelle Vereinbarungen zum Umgang mit Erbschaften treffen. Möglich sind beispielsweise:
- Die komplette Gütertrennung, bei der kein Zugewinnausgleich stattfindet
- Eine modifizierte Zugewinngemeinschaft mit speziellen Regelungen für Erbschaften
- Vereinbarungen zum pauschalen Ausschluss bestimmter Vermögenswerte vom Zugewinnausgleich[5]
Testament des Erblassers
Auch als Erblasser:in können Sie Einfluss nehmen:
- Durch ein Testament können Sie festlegen, wer was erben soll
- Mit einer Nachlassplanung können Sie steuerliche Vorteile nutzen
- Testamentarische Anordnungen können den Vermögensübergang regeln
Besondere Konstellationen bei Erbschaften
Erbausschlagung und Pflichtteil
Hat der überlebende Ehepartner nur einen Pflichtteilsanspruch oder schlägt das Erbe aus, ist nur die reale Ausgleichsberechnung möglich[1]. Der pauschale Zugewinnausgleich (erhöhte Erbquote) steht in diesem Fall nicht zur Verfügung.
Kinder aus früheren Beziehungen
Besonders komplex wird die Situation, wenn Kinder aus früheren Beziehungen vorhanden sind. Hier ist eine sorgfältige Planung durch Testament und gegebenenfalls Erbvertrag ratsam, um ungewollte Erbfolgen zu vermeiden.
Fazit
Die Behandlung von Erbschaften in der Zugewinngemeinschaft folgt klaren gesetzlichen Regeln: Eine Erbschaft während der Ehe gehört ausschließlich dem erbenden Ehepartner und fällt nicht in den Zugewinnausgleich. Bei Tod eines Ehepartners haben Sie als Überlebende:r die Wahl zwischen pauschaler Erhöhung Ihres Erbteils oder konkreter Berechnung des Zugewinns.
Um die für Ihre persönliche Situation optimale Lösung zu finden, sollten Sie Ihre Vermögensverhältnisse genau analysieren und bei Bedarf rechtzeitig fachkundige Beratung in Anspruch nehmen. Mit einer vorausschauenden Planung können Sie dafür sorgen, dass Ihr Vermögen nach Ihren Wünschen verteilt wird und unnötige Konflikte vermieden werden.