Erbe mit Schulden: Das sollten Sie unbedingt wissen

Patientenverfügung.digital

erstellt am:

2020-02-24

letzte Änderung:

2023-01-09

Ein Erbe anzutreten, ist nicht immer sinnvoll. Im Folgenden erfahren Sie, was Sie bei einer Erbschaft mit Schulden beachten müssen – und welche Möglichkeiten Sie neben einer Annahme oder Erbausschlagung außerdem haben.

Erbe mit Schulden

6 Wochen Entscheidungsfrist

Wer eine Erbschaft annehmen möchte, sollte immer die finanziellen Verhältnisse des Verstorbenen prüfen – ansonsten haften Sie für die geerbten Schulden. Die Frist für das Ausschlagen eines Erbes liegt bei 6 Wochen. Wenn Sie sich in dieser Zeit nicht entscheiden, erhalten Sie das Erbe automatisch. Wenn das Vermögen des Nachlasses die Schulden nicht abdeckt, haben Sie als Erbe anschließend drei Monate Zeit, um die Schulden gegenüber Gläubigern zu begleichen.

Das Problem? Die finanzielle Situation des Verstorbenen zu prüfen, ist gar nicht so einfach. Banken, Versicherungen & Co. geben in der Regel nämlich keine Auskunft an Dritte – auch nicht an mögliche Erben. Im Optimalfall haben Erblasser und Erben deshalb bereits zu Lebzeiten über die finanzielle Situation gesprochen, sobald der Tod absehbar war.

Tipp: Grundsätzlich ist es für zukünftige Erblasser empfehlenswert, mindestens eine Person aus dem engeren Familienkreis regelmäßig über Vermögensverhältnisse zu informieren. Schließlich ist der Tod nicht immer vorhersehbar – und ein Gespräch zwischen Erblasser und Erben ist deshalb nicht immer möglich.

Auskunftsrechte und Erbschein

Bei Banken, Versicherungen und Vertragspartner haben  Erben nur ein Auskunftsrecht, wenn ein sogenannter Erbschein vorliegt. Diesen Erbschein bekommen Sie jedoch erst, wenn die Erbquote feststeht und Sie die Erbschaft annehmen.

Auch andere Erben oder Personen aus dem Umfeld des Verstorbenen haben keine Verpflichtung, den Erben über die Vermögensverhältnisse des Erblassers zu informieren. Erst nach der Annahme der Erbschaft erhalten die Erben Auskunftsrechte – dann müssen Miterben oder Privatpersonen den Erben sämtliche Informationen über die Zusammensetzungen des Nachlasses mitteilen. Was also tun, wenn Sie ein Erbe mit Schulden befürchten?

Diese Möglichkeiten gibt es bei einem Erbe mit Schulden

1. Erbe annehmen und Haftung beschränken

Sie wissen nicht, wie die Vermögensverhältnisse der verstorbenen Person aussehen? Dann können Sie die Erbschaft vorsorglich annehmen und sich mit einer Haftung schützen. Ansonsten können Sie mit Ihrem Privatvermögen für folgende Schuldenlasten haften:

  • Erblasserschulden:
    Ob Steuerschulden, unbezahlte Prozesskosten oder Schulden aus Unterhaltsansprüchen: Alle Verbindlichkeiten vom Verstorbenen müssen Sie begleichen.

  • Nachlasserbenschulden
    Das sind Schulden, die aufgrund des Todesfalls und des Nachlasses durch ein Rechtsgeschäft entstehen, welches der Erbe eingegangen ist. Dazu gehören zum Beispiel Kosten für die Fortführung eines Handelsunternehmens oder für die Verwaltung der Erbschaft.

  • Erbfallschulden
    Erbfallschulden entstehen durch den Erbfall. Dazu gehört zum Beispiel die Erbschaftssteuer oder Beerdigungskosten.

Wie gelingt die Erbannahme mit Haftung? Sie müssen die Haftung mit Ihrem Privatvermögen bei Gläubigern des Erblassers auf den Nachlass beschränken. Dann bleibt im Schlimmstenfalls nichts vom Erbe übrig – aber Sie haften nicht mit Ihrem Vermögen und können außerdem für Sie wertvolle Erinnerungsstücke behalten.

2. Erbschaft ausschlagen

Sie sind sich hundertprozentig sicher, dass das Erbe ausschließlich Schulden enthält? Dann können Sie sich mit einer Erbausschlagung viel Aufwand und Ärger sparen – und alle wirtschaftlichen Verpflichtungen der Erbschaft umgehen. Bedenken Sie jedoch, dass Sie eine Erbschaft nur vollständig annehmen oder ausschlagen können. Sie verlieren dann also auch persönliche Gegenstände oder Familiendokumente, die einen emotionalen Wert als Erinnerungen tragen.

3. Erbschaft antreten

Sie möchten das Erbe trotz Schulden antreten? Das kann tatsächlich sinnvoll sein – selbst bei einer Überschuldung! Das ist vor allem bei Schulden durch einen Wertgegenstand der Fall. Wenn die Schulden zum Beispiel für ein Eigenheim bestehen, das noch nicht vollständig abbezahlt wurde, können Sie die Schulden übernehmen und sind danach Besitzer der Immobilie. Weil die Immobilienpreise seit Jahren steigen, ist das häufig sinnvoll.

Wichtig: Bevor Sie die Erbschaft antreten, sollten Sie unbedingt auf weitere Verbindlichkeiten prüfen – schließlich kann ein Erbe nur ganz oder gar nicht ausgeschlagen werden. So kann die Übernahme einzelner Schulden sinnvoll erscheinen, aber nicht die Übernahme des gesamten Nachlasses.

Ist die Erbannahme oder -ausschlagung endgültig?

Eine Entscheidung zur Annahme oder Ausschlagung des Erbes ist grundsätzlich unwiderruflich. Es gibt jedoch Sonderfälle, in denen Sie Ihre Entscheidung im Nachhinein anfechten können:

  • Wenn ein "nachvollziehbarer Grund" zur Änderung vorliegt, können Sie einen entsprechenden Antrag stellen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Sie nach der Annahme über Vermögenswerte oder wichtige Details informiert werden, die Ihnen vorher unbekannt waren.

  • Wenn Sie ein Erbe aufgrund einer Überschuldung ausschlagen und danach neue Vermögenswerte auftauchen, können Sie die Entscheidung anfechten.

  • Wenn Sie durch bewusste Täuschung oder Drohungen zu einer Entscheidung gedrängt worden sind, können Sie ebenfalls einen Antrag zur Änderung Ihrer Entscheidung stellen. Es müssen jedoch konkrete Beweise vorliegen.

Übrigens: Wenn der letzte Wohnsitz von Erbe oder Erblasser im Ausland war, beträgt die Frist für eine Entscheidung zur Annahme oder Erbausschlagung sechs Monate statt 6 Wochen.

Fazit

Ob Sie ein Erbe mit Schulden annehmen oder ablehnen, sollten Sie sich genau überlegen – für beide Entscheidungen kann es gute Gründe geben. Am besten erstellen Sie eine detaillierte Rechnung, listen Pro- und Contra Argumente auf – und treffen dann eine wohlüberlebte Entscheidung.

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