Die 10 wichtigsten Fragen zur Patienten­verfügung

Zusammenfassung

Eine Patienten­verfügung ermöglicht es Ihnen, selbst­bestimmt über Ihre medizinische Behandlung zu entscheiden, falls Sie nicht mehr ansprech­bar sind. Sie entlastet Angehörige und gibt Ärzt:innen klare Handlungs­anweisungen. Mit einer sorgfältig formulierten Patienten­verfügung sichern Sie Ihre Wünsche und ergänzen diese idealerweise durch eine Vorsorge­vollmacht und Betreuungs­verfügung.

Eine Patienten­verfügung ist ein wichtiges Vorsorge­dokument, mit dem Sie selbst­bestimmt über Ihre medizinische Behandlung entscheiden können - auch wenn Sie irgendwann nicht mehr ansprech­bar sein sollten. Dieser Artikel beantwortet die häufigsten Fragen rund um dieses Thema und gibt Ihnen praktische Hinweise für die Erstellung Ihrer persön­lichen Patienten­verfügung.

Stethoskop und Dokument auf einem Schreibtisch in heller Umgebung mit Pflanzen und Laptop im Hintergrund.

1. Was ist eine Patienten­verfügung?

Eine Patienten­verfügung ist eine schriftliche Erklärung, in der Sie festlegen, welche medizinischen Maßnahmen bei Ihnen durchgeführt oder unterlassen werden sollen, wenn Sie selbst nicht mehr entscheidungs­fähig sind. Dieses Dokument kommt zum Einsatz, wenn Sie beispiels­weise nach einem Unfall im Koma liegen, einen schweren Schlag­anfall erlitten haben oder an einer fortschreitenden Demenz erkrankt sind[2][6].

Die Patienten­verfügung ermöglicht Ärzt:innen und Betreuer:innen, Entscheidungen zu treffen, die Ihrem persön­lichen Willen entsprechen. Das medizinische Personal ist an Ihre Anweisungen gebunden und darf sich nicht einfach darüber hinweg­setzen[2].

Rechtliche Grundlage: Die gesetzlichen Bestimmungen zur Patienten­verfügung sind in § 1827 BGB verankert. Seit 2009 ist klar geregelt, dass eine Patienten­verfügung verbindlich ist und beachtet werden muss[5].

2. Warum ist eine Patienten­verfügung wichtig?

Eine Patienten­verfügung sichert Ihr Selbst­bestimmungs­recht in gesundheit­lichen Krisen­situationen. Ohne dieses Dokument wäre es für Ihre Angehörigen und das medizinische Personal schwierig, Ihren mutmaß­lichen Willen zu ermitteln.

Ärzt:innen dürfen medizinische Behandlungen nur durchführen, wenn der:die Patient:in oder ein:e gesetzliche:r Vertreter:in zustimmt. Mit einer Patienten­verfügung stellen Sie sicher, dass selbst dann in Ihrem Sinne gehandelt wird, wenn Sie Ihren Willen nicht mehr äußern können.

Vorteile einer Patienten­verfügung:

  • Sie behalten die Kontrolle über Ihre medizinische Versorgung
  • Sie entlasten Ihre Angehörigen von schwierigen Entscheidungen
  • Sie vermeiden mögliche Konflikte zwischen Familien­mitgliedern
  • Sie geben dem medizinischen Personal Handlungs­sicherheit[2][3]

3. Was muss in einer Patienten­verfügung stehen?

Damit Ihre Patienten­verfügung wirksam ist und Ihren tatsäch­lichen Willen abbildet, sollten folgende Inhalte nicht fehlen:

  1. Persön­liche Angaben: Vor- und Nachname, Geburts­datum und Adresse

  2. Situationen, in denen die Verfügung gelten soll: Beschreiben Sie möglichst konkret, in welchen medizinischen Situationen Ihre Verfügung angewendet werden soll (z.B. irreversibles Koma, Endstadium einer tödlichen Krankheit, schwere Demenz)

  3. Konkrete Behandlungs­wünsche: Präzise Angaben zu:

  4. Persönliche Wertvorstellungen: Ergänzen Sie Ihre medizinischen Wünsche durch Angaben zu Ihren Wertvorstellungen, religiösen Überzeugungen oder persönlichen Erfahrungen, die Ihre Entscheidungen beeinflussen

  5. Ort des Sterbens: Wenn Sie Wünsche zum Sterbeort haben (z.B. zu Hause, im Hospiz), können Sie diese ebenfalls festhalten

  6. Datum und Unterschrift: Die Patienten­verfügung muss mit Datum versehen und eigen­händig unterschrieben sein[5]

Wichtig: Der Bundes­gerichtshof hat 2016 entschieden, dass pauschale Formulierungen wie “keine lebens­erhaltenden Maßnahmen” nicht ausreichen. Ihre Anweisungen müssen konkret und auf bestimmte Behandlungs­situationen bezogen sein[5].

4. Welche formalen Anforderungen muss eine Patienten­verfügung erfüllen?

Eine rechtsgültige Patienten­verfügung muss folgende formale Kriterien erfüllen:

Eine notarielle Beglaubigung oder Beurkundung ist nicht zwingend erforderlich, kann aber sinnvoll sein, um die Ernsthaftigkeit und Authentizität des Dokuments zu unterstreichen[5][11]. Der Text selbst muss nicht handgeschrieben sein - ein Computer­ausdruck oder Schreib­maschinen­text mit Ihrer Unterschrift ist ausreichend[11].

5. Wann tritt eine Patienten­verfügung in Kraft?

Eine Patienten­verfügung wird erst dann wirksam, wenn Sie nicht mehr in der Lage sind, selbst über Ihre medizinische Behandlung zu entscheiden[2][5][6]. Dies kann durch verschiedene Umstände eintreten:

Solange Sie selbst entscheidungs­fähig sind, haben Ihre aktuellen mündlichen Äußerungen immer Vorrang vor der schriftlichen Patienten­verfügung. Das medizinische Personal wird Sie daher immer direkt befragen, solange dies möglich ist.

6. Was passiert ohne Patienten­verfügung?

Wenn Sie keine Patienten­verfügung haben und in eine Situation geraten, in der Sie nicht mehr entscheidungs­fähig sind, müssen Ärzt:innen und Pflege­fachkräfte Ihren mutmaßlichen Willen ermitteln.

Dazu werden:

  • Ihre früheren mündlichen Äußerungen berücksichtigt
  • Angehörige und nahestehende Personen befragt
  • Ihre Wertvorstellungen, religiösen Überzeugungen und persönliche Einstellung zum Leben rekonstruiert

Wichtig zu wissen: Ohne Patienten­verfügung können selbst Ehe­partner:innen oder Kinder nicht automatisch für Sie entscheiden. Ihre Angehörigen haben ohne Vollmacht keine rechtlich bindende Entscheidungs­befugnis. Bei Unklarheiten oder Meinungs­verschiedenheiten muss im Zweifel ein Betreuungs­gericht eingeschaltet werden, das eine:n Betreuer:in bestellt - möglicherweise eine fremde Person[6].

7. Wie erstelle ich eine Patienten­verfügung?

Die Erstellung einer Patienten­verfügung erfordert sorgfältige Überlegung. Hier ein praktischer Leitfaden:

  1. Auseinandersetzung mit eigenen Werten: Reflektieren Sie Ihre Einstellung zu Leben, Krankheit und Sterben. Überlegen Sie, welche Art von Behandlung Sie in verschie­denen Situationen wünschen oder ablehnen würden[3].

  2. Informationen sammeln: Informieren Sie sich über mögliche medizinische Situationen und Behandlungs­optionen, um fundierte Entscheidungen treffen zu können[3].

  3. Gespräche führen: Besprechen Sie Ihre Gedanken mit Angehörigen, Freund:innen oder Ihrer Hausärztin bzw. Ihrem Hausarzt[3].

  4. Text formulieren: Verfassen Sie Ihre Patienten­verfügung in klarer, verständlicher Sprache. Vermeiden Sie Formular­vordrucke mit Ankreuz­optionen und formulieren Sie stattdessen individuelle, auf Ihre persönliche Situation zugeschnittene Anweisungen.

  5. Prüfen und unterschreiben: Prüfen Sie den Text sorgfältig, datieren und unterschreiben Sie ihn[5].

Persönlicher Tipp: Erstellen Sie Ihre Patienten­verfügung nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit einer Vorsorge­vollmacht und Betreuungs­verfügung. So stellen Sie sicher, dass eine Person Ihres Vertrauens Ihre Wünsche durchsetzen kann[6].

8. Sollte ich mich beraten lassen?

Eine fachkundige Beratung ist zwar keine rechtliche Voraussetzung für die Gültigkeit einer Patienten­verfügung, aber dennoch sehr empfehlens­wert. Folgende Beratungs­möglichkeiten stehen Ihnen zur Verfügung:

  • Hausärzt:innen: Können medizinische Fragen klären und über mögliche Krankheits­verläufe informieren[3]
  • Rechtsanwält:innen: Bieten rechtliche Beratung und helfen bei der rechts­sicheren Formulierung[3]
  • Verbraucher­zentrale: Stellt Informations­material und teilweise auch Beratung bereit[3]
  • Hospiz­vereine und Palliativ­dienste: Verfügen über viel Erfahrung im Umgang mit Entscheidungen am Lebensende

Eine Beratung hilft Ihnen, Missverständnisse zu vermeiden und sicher­zustellen, dass Ihre Patienten­verfügung rechtlich und medizinisch eindeutig ist[3].

9. Wie spreche ich mit Angehörigen über eine Patienten­verfügung?

Das Gespräch über eine Patienten­verfügung kann heraus­fordernd sein, da es Themen wie Krankheit und Sterben berührt. Hier einige Tipps für sensible Gespräche:

  1. Geeigneten Zeitpunkt wählen: Suchen Sie einen ruhigen Moment ohne Zeitdruck. Vermeiden Sie das Thema in akuten Krisen­situationen[3].

  2. Einfühlsam einsteigen: Beginnen Sie behutsam, etwa mit einem aktuellen Anlass (Medien­bericht, Fall im Bekannten­kreis) oder Ihrer eigenen Motivation für die Vorsorge[3].

  3. Offene Fragen stellen: Fragen Sie nach Erfahrungen und Wünschen. “Wie möchtest du im Fall einer schweren Erkrankung behandelt werden?” kann ein guter Gesprächs­einstieg sein.

  4. Konkrete Unterstützung anbieten: Bieten Sie praktische Hilfe bei der Erstellung einer Patienten­verfügung an, ohne zu drängen[3].

  5. Geduld zeigen: Akzeptieren Sie, wenn das Thema zunächst auf Wider­stand stößt. Manchmal braucht es mehrere Gespräche[3].

Motivationen für eine Patienten­verfügung können übrigens ganz unterschiedlich sein - von rationalen Überlegungen bis hin zu emotionalen Anlässen wie dem Erleben von Krankheit und Sterben im persönlichen Umfeld[1].

10. Kann ich meine Patienten­verfügung später ändern?

Ja, unbedingt! Eine Patienten­verfügung ist kein unveränder­bares Dokument. Sie können sie jederzeit anpassen, ergänzen oder vollständig widerrufen[5].

Es empfiehlt sich sogar, Ihre Patienten­verfügung regelmäßig (etwa alle 1-2 Jahre) zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Versehen Sie jede neue Version mit einem aktuellen Datum und Ihrer Unterschrift[5].

Wichtige Anlässe für eine Überprüfung:

  • Neue Diagnosen oder Änderungen Ihres Gesundheits­zustands
  • Fortschritte in der Medizin, die neue Behandlungs­optionen eröffnen
  • Veränderte persönliche Einstellungen und Wertvorstellungen
  • Vor planbaren operativen Eingriffen

Bei jeder Aktualisierung sollten Sie ältere Versionen vernichten oder deutlich als ungültig kennzeichnen, um Missverständnisse zu vermeiden.

Fazit: Eine Patienten­verfügung gibt Sicherheit

Eine Patienten­verfügung ist ein wertvolles Instrument, um Ihre Selbst­bestimmung in gesundheit­lichen Krisen­situationen zu wahren. Sie bietet Ihnen, Ihren Angehörigen und dem medizinischen Personal Orientierung und Handlungs­sicherheit in schwierigen Zeiten.

Nehmen Sie sich die Zeit, sich mit dem Thema auseinander­zusetzen und Ihre persönlichen Wünsche sorgfältig zu dokumentieren. Die Mühe lohnt sich - für Ihre Selbst­bestimmung und den Seelenfrieden Ihrer Angehörigen, die in einer Krisen­situation nicht mit quälenden Entscheidungen allein gelassen werden.

Ergänzen Sie Ihre Patienten­verfügung idealerweise durch eine Vorsorge­vollmacht und Betreuungs­verfügung, um eine umfassende Vorsorge zu gewährleisten. So können Sie sicher sein, dass Ihre Wünsche respektiert werden - selbst wenn Sie diese nicht mehr selbst äußern können.