Warum Patientenverfügungen scheitern - und wie Sie eine wirksame erstellen

Zusammenfassung

Eine wirksame Patienten­verfügung muss individuell, konkret und rechtlich korrekt formuliert sein, um im Ernstfall Ihren Willen klar zu vermitteln. Vermeiden Sie allgemeine Formulierungen, nutzen Sie professionelle Beratung und stellen Sie sicher, dass das Dokument leicht auffindbar ist. Ergänzen Sie die Verfügung idealerweise durch eine Vorsorge­vollmacht, um Ihre Selbst­bestimmung umfassend abzusichern.

Eine Patientenverfügung kann im Ernstfall über Ihre medizinische Behandlung entscheiden, wenn Sie selbst nicht mehr dazu in der Lage sind. Doch häufig erweisen sich diese Dokumente als unwirksam, genau dann, wenn sie am dringendsten benötigt werden. Welche Fehler dazu führen und wie Sie eine rechts­sichere Patientenverfügung erstellen, erfahren Sie hier.

Mann in weißem Hemd liest Dokumente an einem Schreibtisch, im Hintergrund Bücherregale und warmes Licht.

Die fünf häufigsten Gründe für das Scheitern von Patientenverfügungen

1. Verwendung von Musterformularen mit Ankreuzfeldern

In lebens­entscheidenden Situationen möchten Ärzt:innen und Angehörige genau wissen, was Ihr tatsächlicher Wille ist. Bei Standard­formularen besteht oft die Sorge, dass:

  • die Vorgaben nicht richtig verstanden wurden
  • die Ankreuzungen nicht von Ihnen persönlich stammen
  • Sie beim Ausfüllen eine spontane Entscheidung getroffen haben, die nicht Ihrem tief­greifenden Willen entspricht[2]

Bedenken Sie: Es geht um Ihr persönliches Leben und Sterben - ein vorgefertigtes Formular wird dieser individuellen Entscheidung kaum gerecht.

2. Zu allgemeine Formulierungen

Der Bundes­gerichtshof hat 2016 entschieden, dass pauschale Formulierungen wie “keine lebens­erhaltenden Maßnahmen” nicht ausreichen. Ärzt:innen und Patient:innen sprechen oft verschiedene Sprachen - medizinische Fach­sprache trifft auf Laien­verständnis.

Eine Aussage wie: “Falls mein Leben unerträglich werden sollte, will ich weder an Schläuchen oder sonstigen Apparaten hängen” ist für medizinisches Personal nicht hilfreich, da unklar bleibt, welche konkreten Maßnahmen gemeint sind[2].

3. Formelle Mängel

Eine Patienten­verfügung muss schriftlich mit Ort, Datum und eigenhändiger Unterschrift verfasst werden, um gültig zu sein. Fehlt einer dieser Bestandteile, kann das Dokument rechtlich unwirksam sein.

4. Schlechte Auffindbarkeit im Notfall

Selbst die beste Patienten­verfügung nützt nichts, wenn sie im Ernstfall nicht gefunden wird. Viele Menschen bewahren ihre Vorsorge­dokumente an Orten auf, die in einem medizinischen Notfall nicht zugänglich sind.

5. Fehlende Konkretisierung medizinischer Wünsche

Viele Patienten­verfügungen enthalten keine ausreichend präzisen Angaben zu spezifischen medizinischen Situationen und gewünschten oder abgelehnten Behandlungen.

So erstellen Sie eine wirksame Patienten­verfügung

Konkrete medizinische Situationen und Maßnahmen beschreiben

Statt allgemeiner Aussagen sollten Sie konkrete Anweisungen zu folgenden Themen geben:

Tipp: Ergänzen Sie Ihre Anweisungen durch persönliche Wert­vorstellungen und Lebens­einstellungen, um Ihre Wünsche nachvollziehbarer zu machen.

Professionelle Beratung in Anspruch nehmen

Es ist ratsam, sich bei der Erstellung einer Patienten­verfügung von medizinischen oder rechtlichen Fach­leuten beraten zu lassen. Diese können:

  • Ihnen medizinische Sachverhalte verständlich erklären
  • Auf typische Formulierungs­fehler hinweisen
  • Sicherstellen, dass Ihre Verfügung den aktuellen rechtlichen Anforderungen entspricht

Formale Gültigkeit sicherstellen

Achten Sie auf diese formalen Kriterien:

Eine notarielle Beglaubigung ist nicht zwingend erforderlich, kann aber Zweifel an Ihrer Geschäfts­fähigkeit ausräumen.

Ergänzung durch Vorsorge­vollmacht

Die Kombination aus Patienten­verfügung und Vorsorge­vollmacht bietet den besten Schutz. Mit einer Vorsorge­vollmacht bevollmächtigen Sie eine Person Ihres Vertrauens, in Ihrem Sinne zu entscheiden, wenn Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind.

Wichtig: Wählen Sie Ihre bevollmächtigte Person sorgfältig aus und besprechen Sie Ihre Wünsche ausführlich mit ihr.

Zugänglichkeit im Notfall gewährleisten

Sorgen Sie dafür, dass Ihre Patienten­verfügung im Ernstfall schnell gefunden werden kann:

Neue Wege: Digitale Patienten­verfügungen

Mittlerweile gibt es moderne Lösungen wie Patientenverfügung.digital, die den Erstellungs­prozess vereinfachen und die Verfügbarkeit verbessern:

  • Interaktive Frage-Antwort-Prozesse führen Sie durch wichtige Entscheidungen
  • Digitale Speicherung ermöglicht schnellen Zugriff im Notfall
  • Erinnerungs­funktionen für regelmäßige Aktualisierungen

Diese digitalen Hilfs­mittel können den Prozess erleichtern, ersetzen aber nicht die gründliche Auseinander­setzung mit den eigenen Wünschen und Werten.

Rechtliche Grundlagen

Die Patienten­verfügung ist in Deutschland gesetzlich in § 1827 BGB geregelt (früher § 1901a BGB). Das Gesetz legt fest, dass:

  • Die Patienten­verfügung schriftlich erstellt werden muss
  • Sie jederzeit formlos widerrufbar ist
  • Behandelnde Ärzt:innen sowie Pflege­fachpersonen an die Verfügung gebunden sind, wenn sie auf die aktuelle Lebens- und Behandlungs­situation zutrifft
  • Eine rechtliche Betreuer:in oder Bevollmächtigte dem Willen der Patient:in Ausdruck und Geltung verschaffen muss

Fazit

Eine wirksame Patienten­verfügung kann eine große Entlastung für Sie und Ihre Angehörigen sein. Mit den folgenden Schritten erhöhen Sie die Chance, dass Ihre Wünsche im Ernstfall respektiert werden:

  1. Erstellen Sie eine personalisierte, konkrete Patienten­verfügung
  2. Lassen Sie sich fachkundig beraten
  3. Achten Sie auf formale Korrektheit
  4. Sorgen Sie für leichte Auffindbarkeit
  5. Aktualisieren Sie das Dokument regelmäßig
  6. Ergänzen Sie sie durch eine Vorsorge­vollmacht

Nehmen Sie sich Zeit für diese wichtige Entscheidung. Eine durchdachte Patienten­verfügung gibt Ihnen und Ihren Angehörigen Sicherheit und schützt Ihr Selbst­bestimmungs­recht - auch dann, wenn Sie sich selbst nicht mehr äußern können.