Demenz in Deutschland: Aktuelle Zahlen und Fakten
Zusammenfassung
Anzahl der Erkrankten
- Aktuell leben 1,8 Millionen Menschen mit Demenz in Deutschland.
- Davon sind etwa 1,2 Millionen Frauen.
- Über 100.000 Erkrankte sind jünger als 65 Jahre.
- Prognose: Bis 2050 könnten bis zu 2,7 Millionen Menschen betroffen sein.
Neuerkrankungen
- 364.000 bis 445.000 Neuerkrankungen jährlich (65+).
- Das entspricht etwa 900 Neuerkrankungen pro Tag.
Alter und Geschlecht
- Prävalenz steigt mit dem Alter:
- 65-69 Jahre: 1,6-1,85%
- 80-84 Jahre: 15,6%
- Über 90 Jahre: über 40%
- Frauen sind häufiger betroffen als Männer (bei über 90-Jährigen: Frauen 44%, Männer 29%).
Kosten
- Jährliche Kosten:
- Leichtes Stadium: 15.000 Euro
- Schweres Stadium: 42.000 Euro
- Medikamente machen weniger als 5% der Gesamtkosten aus.
- Informelle Pflege durch Angehörige verursacht mehr als die Hälfte der Gesamtkosten.
Pflegepersonen und professionelle Pflege
- Mehr als 4.300 ambulante Pflegedienste und rund 26% der Pflegeheime haben sich auf Demenz spezialisiert.
- Alternative Wohnformen wie Demenz-Wohngemeinschaften gewinnen an Bedeutung.
Regionale Unterschiede
- Bundesländer mit den meisten Betroffenen: Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg.
- Höchster Anteil an der Gesamtbevölkerung: Sachsen und Sachsen-Anhalt (2,6%).
Demenz betrifft in Deutschland immer mehr Menschen und stellt Betroffene, Angehörige und das Gesundheitssystem vor große Herausforderungen. Nach neuesten Berechnungen leben derzeit rund 1,8 Millionen Menschen mit einer Demenzerkrankung in Deutschland, wobei die Alzheimer-Krankheit die häufigste Form darstellt. Die Zahl der Erkrankten nimmt kontinuierlich zu, und ohne Durchbrüche in Prävention oder Therapie könnte sie bis 2050 auf 2,7 Millionen ansteigen. Dieser Artikel gibt Ihnen einen umfassenden Überblick über aktuelle Daten, demografische Faktoren, Kosten, Pflegesituation und regionale Unterschiede bei Demenzerkrankungen in Deutschland.

Wer ist betroffen? Demografische Faktoren bei Demenz
Alter und Geschlecht
Das Alter ist der wichtigste Risikofaktor für Demenzerkrankungen. Die Wahrscheinlichkeit, an einer Demenz zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter stark an:
- Bei 65-69-Jährigen liegt die Häufigkeit bei etwa 1,6-1,85%
- Bei 70-74-Jährigen steigt sie auf 3,5%
- Bei 75-79-Jährigen auf etwa 7,3%
- Bei 80-84-Jährigen auf 15,6%
- Bei 85-89-Jährigen auf 26,1%
- Bei über 90-Jährigen auf über 40%[1][2]
Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Von den rund 1,8 Millionen Demenzerkrankten in Deutschland sind etwa 1,2 Millionen Frauen[1]. Dies lässt sich teilweise durch die höhere Lebenserwartung von Frauen erklären. Betrachtet man die altersspezifischen Raten, zeigt sich, dass in höheren Altersgruppen der Unterschied zwischen den Geschlechtern zunimmt. Bei den über 90-Jährigen liegt die Prävalenz bei Frauen bei etwa 44%, bei Männern bei rund 29%[2].
Bildung und Einkommen
Bildung und sozioökonomischer Status spielen ebenfalls eine Rolle bei Demenzerkrankungen:
-
Bildungsniveau: Menschen mit höherem Bildungsgrad sind häufiger mit dem Thema Demenz vertraut (38,3%) als Personen mit niedrigerem Bildungsgrad (30,2%)[8]. Dies kann zu einer früheren Erkennung und besseren Versorgung beitragen.
-
Einkommen: Die Prävalenz von Demenz ist bei Menschen mit niedrigerem Einkommen höher. Bei Personen mit einem jährlichen Einkommen unter 15.000 Euro liegt die Häufigkeit bei etwa 24,1 pro 1.000 Einwohner:innen[10].
Ein höheres Einkommen geht zudem mit einer positiveren Einstellung gegenüber Menschen mit Demenz einher:
Aktuelle Zahlen zu Demenzerkrankungen in Deutschland
Anzahl der Erkrankten
In Deutschland leben derzeit:
- Rund 1,84 Millionen Menschen mit Demenz[4]
- Davon sind etwa 1,2 Millionen Frauen[1]
- Mehr als 100.000 Erkrankte sind jünger als 65 Jahre[3][9]
Die Zahl der diagnostizierten Fälle steigt auch aufgrund verbesserter Diagnostik, besonders bei jüngeren Menschen. “Die Ursache dafür, dass diese Zahl deutlich höher ist als in früheren Veröffentlichungen, liegt vor allem darin, dass sich die Diagnostik in den letzten Jahren deutlich verbessert hat”, erklärt Prof. Dr. Thyrian, Vorstandsmitglied der Deutschen Alzheimer Gesellschaft[3].
Neuerkrankungen
Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen ist beträchtlich:
- Im Jahr 2023 erkrankten etwa 364.000 bis 445.000 Menschen im Alter von 65+ neu an einer Demenz[1][4]
- Das entspricht rund 900 Neuerkrankungen pro Tag[6]
- Die Zahl der Neuerkrankungen liegt deutlich höher als die der Sterbefälle unter bereits Erkrankten, was zu einem kontinuierlichen Anstieg der Gesamtzahl führt[3]
Mit 10.100 Todesfällen im Jahr 2023 wurde laut Statistischem Bundesamt ein neuer Höchstwert registriert - eine Verdopplung im Vergleich zu den vergangenen 20 Jahren[1].
Prognosen für die Zukunft
Ohne bedeutende Fortschritte in Prävention und Therapie wird die Zahl der Demenzerkrankungen weiter steigen:
- Bis zum Jahr 2050 könnte die Zahl der Menschen mit Demenz auf 2,3 bis 2,8 Millionen ansteigen[1][3][4][9]
- Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rechnet für 2050 mit weltweit 139 Millionen Demenzbetroffenen[1]
Diese Entwicklung ist vor allem auf den demografischen Wandel zurückzuführen: Die Lebenserwartung steigt, und damit wächst auch der Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung.
Kosten der Demenzversorgung
Die finanziellen Belastungen durch Demenzerkrankungen sind erheblich und steigen mit dem Fortschreiten der Erkrankung:
- Im leichten Krankheitsstadium liegen die durchschnittlichen Kosten bei etwa 15.000 Euro jährlich
- Bei schwerer Demenz steigen sie auf rund 42.000 Euro pro Jahr[5]
Bemerkenswert ist die Kostenverteilung:
- Die oft diskutierten Ausgaben für Medikamente machen weniger als 5% der Gesamtkosten aus
- Den größten Anteil verursachen Pflegekosten, sowohl für professionelle Dienste als auch für die von Angehörigen geleistete Pflege[5]
Die versteckten Kosten: Informelle Pflege
Der Wert der von Angehörigen geleisteten unbezahlten Pflege (informelle Pflege) wird oft unterschätzt:
- Die informelle Pflege kann mehr als die Hälfte der Gesamtkosten einer Demenzversorgung ausmachen
- Rechnet man den Wert dieser Arbeit nach dem Substitutionskostenansatz (Lohnkosten einer professionellen Pflegekraft), ergeben sich hohe Beträge[5]
Die finanzielle Belastung trifft besonders Familien mit niedrigem Einkommen. Für sie stellt der Eigenanteil bei Pflegeleistungen eine größere Hürde dar, und oft müssen Angehörige ihre eigene Erwerbstätigkeit reduzieren, was zu weiteren Einkommenseinbußen führt[8].
Pflegesituation bei Demenz
Die zentrale Rolle der Angehörigen
“Den Löwenanteil der Versorgung und Pflege leisten zweifelsohne die Familien - und zwar unbezahlt”, betont Professor König, ein Experte für Gesundheitsökonomie[5]. Diese Situation stellt pflegende Angehörige vor mehrfache Herausforderungen:
- Emotionale und physische Belastung
- Finanzielle Einschränkungen
- Vereinbarkeit mit Beruf und anderen familiären Verpflichtungen
Mit fortschreitender Demenz steigt der Pflegebedarf und damit auch die Belastung für die pflegenden Angehörigen. Daher ist es wichtig, dass Angehörige frühzeitig Unterstützungsangebote kennen und in Anspruch nehmen.
Professionelle Pflegeangebote
Neben der häuslichen Pflege durch Angehörige gibt es verschiedene professionelle Versorgungsformen:
- Ambulante Pflege: Mehr als 4.300 Pflegedienste (etwa 25% aller ambulanten Dienste) haben sich auf Demenzpflege spezialisiert[6]
- Stationäre Pflege: Rund 26% der Pflegeheime (3.075 Einrichtungen) bieten spezielle Bereiche für Menschen mit Demenz an[6]
- Demenz-Wohngemeinschaften: Als alternative Wohnform gewinnen spezialisierte Wohngemeinschaften zunehmend an Bedeutung; sie werden zu etwa 60% von privaten Anbietern betrieben[6]
Trotz dieser Angebote stößt das Pflegesystem an seine Grenzen. “Schon heute gelangt unser Pflegesystem an seine Grenzen. Es wird dringend Zeit für grundlegende Reformen!”, mahnt Monika Kaus, die Vorsitzende der Deutschen Alzheimer Gesellschaft[4].
Regionale Unterschiede in Deutschland
Die Verteilung von Menschen mit Demenz zeigt deutliche regionale Unterschiede in Deutschland:
Verteilung nach Bundesländern
- Die meisten Betroffenen leben in den bevölkerungsreichen Bundesländern: Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg[1]
- In Baden-Württemberg leben etwa 220.000 Menschen mit Demenz[4]
- Betrachtet man jedoch den Anteil an der Gesamtbevölkerung, ergibt sich ein anderes Bild: Am höchsten ist dieser in Sachsen und Sachsen-Anhalt (2,6%)[1]
Ursachen für regionale Unterschiede
Die ungleiche Verteilung von Demenzerkrankungen hat mehrere Gründe:
- Altersstruktur: In vielen östlichen Landkreisen ist der Anteil älterer Menschen überdurchschnittlich hoch, was zu einem höheren Anteil von Demenzerkrankungen führt[7]
- Sozioökonomische Faktoren: Regionen mit durchschnittlich niedrigerem Einkommen und Bildungsniveau können höhere Prävalenzraten aufweisen
- Versorgungsstrukturen: Die Qualität und Verfügbarkeit der medizinischen und pflegerischen Versorgung variiert zwischen städtischen und ländlichen Gebieten
Diese Unterschiede erfordern regional angepasste Versorgungskonzepte. “Die Angebote müssen auf die örtliche Situation in Landkreisen und Kommunen zugeschnitten sein. Dazu muss man den Bedarf kennen”, betont Dr. René Thyrian vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)[7].
Unterstützungsmöglichkeiten und praktische Tipps
Für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen gibt es verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten:
Für Betroffene
- Frühzeitige Diagnose: Bei Verdacht auf Demenz sollten Sie zeitnah ärztlichen Rat einholen. Je früher die Diagnose gestellt wird, desto besser können Therapie und Unterstützungsmaßnahmen greifen.
- Erhalt der Selbstständigkeit: Strukturierte Tagesabläufe, Gedächtnistraining und körperliche Aktivität können helfen, die Selbstständigkeit länger zu erhalten.
- Rechtliche Vorsorge: Treffen Sie frühzeitig Entscheidungen zu Vollmachten und Patientenverfügungen, solange Sie noch entscheidungsfähig sind.
Für Angehörige
- Informieren und fortbilden: Je mehr Sie über Demenz wissen, desto besser können Sie mit der Situation umgehen. Fortbildungskurse für Angehörige vermitteln praktisches Wissen.
- Hilfsangebote nutzen: Entlastungsangebote wie Tagespflege, Kurzzeitpflege oder Betreuungsgruppen können Ihnen notwendige Pausen verschaffen.
- Selbstfürsorge: Achten Sie auf Ihre eigene Gesundheit und überschätzen Sie Ihre Kräfte nicht. Regelmäßige Erholungsphasen sind wichtig.
- Austausch suchen: Angehörigengruppen bieten die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch und gegenseitiger Unterstützung.
Finanzielle Unterstützung
- Leistungen der Pflegeversicherung: Menschen mit Demenz haben oft Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung, auch wenn keine körperlichen Einschränkungen vorliegen.
- Entlastungsbetrag: Für anerkannte Betreuungsangebote steht ein monatlicher Betrag von 125 Euro zur Verfügung.
- Pflegegeld: Bei häuslicher Pflege durch Angehörige kann Pflegegeld beantragt werden.
Fazit: Gemeinsame Herausforderung - gemeinsame Lösungen
Die steigenden Zahlen von Demenzerkrankungen stellen unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen. Die Daten zeigen: Demenz betrifft nicht nur ältere Menschen, sondern zunehmend auch Personen unter 65 Jahren. Die regionalen Unterschiede verdeutlichen, dass passgenaue Lösungen für verschiedene Gebiete in Deutschland notwendig sind.
Die Pflege von Menschen mit Demenz findet überwiegend im familiären Umfeld statt und verursacht erhebliche Kosten - nicht nur finanziell, sondern auch emotional und physisch für die pflegenden Angehörigen. Eine gute Versorgungsstruktur, die sowohl auf die Bedürfnisse der Betroffenen als auch der Pflegepersonen eingeht, ist daher unerlässlich.
Die Zahlen verdeutlichen: Wir benötigen mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit für das Thema Demenz, bessere Unterstützungsangebote und Reformen im Pflegesystem. Gleichzeitig ist die weitere Forschung zu Prävention und Therapie von Demenzerkrankungen von großer Bedeutung, um den prognostizierten Anstieg der Erkrankungszahlen zu verringern.