Darf man die Urne mit nach Hause nehmen?

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Zusammenfassung

In Deutschland ist es aufgrund der Friedhofs­pflicht grundsätzlich verboten, eine Urne mit nach Hause zu nehmen. Ausnahmen bestehen nur in Bremen unter strengen Voraus­setzungen. Alternativen wie Wald- oder See­bestattungen, Erinnerungs­schmuck oder internationale Optionen bieten Möglichkeiten für ein persönliches Gedenken.

Die Frage, ob Sie die Urne eines verstorbenen Angehörigen mit nach Hause nehmen dürfen, beschäftigt viele Menschen in Zeiten der Trauer. Besonders wenn Sie sich eine persönlichere Art des Gedenkens wünschen, ist diese Frage verständlich. Dieser Artikel informiert Sie über die rechtliche Lage in Deutschland und zeigt auf, welche Alternativen es gibt.

Glänzende Urne auf Baumstumpf am Ufer eines ruhigen Waldsees, umgeben von Kiefern im Sonnenlicht

Die rechtliche Grund­lage in Deutschland

In Deutschland gilt bundes­weit die sogenannte Friedhofs­pflicht, die auch als Bestattungs­zwang bezeichnet wird. Diese ist in den Bestattungs­gesetzen aller Bundes­länder verankert[1][2]. Die Regelung besagt:

  • Alle Verstorbenen müssen auf einem Friedhof oder einem anderen ausgewiesenen Bestattungs­ort beigesetzt werden
  • Dies gilt sowohl für Sarg­bestattungen als auch für Urnen mit der Asche eines Verstorbenen
  • Das Mit­nehmen einer Urne nach Hause ist grundsätzlich verboten[1][3]

Verstöße gegen diese Regelung werden als Ordnungs­widrigkeit gewertet und können mit Buß­geldern von bis zu 1.500 Euro geahndet werden[4].

Unter­schiede in den Bundes­ländern

Die Bestattungs­gesetze weisen trotz der allgemeinen Friedhofs­pflicht einige regionale Unter­schiede auf:

Bremen - Die Ausnahme

Bremen ist bisher das einzige Bundes­land, das eine Teil­lockerung der Friedhofs­pflicht vorgenommen hat. Hier dürfen Sie unter bestimmten Voraus­setzungen die Asche auf einem privaten Grund­stück verstreuen[3][4]. Diese Voraus­setzungen sind:

  • Die verstorbene Person hatte ihren letzten Haupt­wohnsitz in Bremen
  • Die Person hat dem Verstreuen der Asche vor ihrem Tod zugestimmt
  • Es liegt eine behördliche Genehmigung vor[3]

Nordrhein-Westfalen

In NRW bestand zeitweise eine “Lücke” im Gesetz, die es ermöglichte, Urnen vorüber­gehend zu Hause aufzubewahren. Mittlerweile wurde diese geschlossen durch Einführung einer Bestattungs­frist von sechs Wochen[3][4]. Der Transport der Urne durch Angehörige ist in NRW jedoch weiterhin erlaubt, was in vielen anderen Bundes­ländern nicht der Fall ist[3].

Weitere Besonder­heiten

  • In Bayern sind sogar Asche­streu­felder auf Friedhöfen verboten[6]
  • Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern erlauben das Verstreuen der Asche auf dafür vorgesehenen Feldern auf dem Friedhof[6]

Warum wünschen sich Menschen eine Urne zu Hause?

Die Beweggründe, warum Sie vielleicht über eine Urnen­aufbewahrung zu Hause nachdenken, sind vielfältig:

  • Nähe zum verstorbenen Menschen bewahren
  • Wunsch nach einem persönlicheren Ort der Trauer
  • Vermeidung von Friedhofs- und Bestattungs­kosten[21]
  • Einschränkungen in der Mobilität, die Besuche auf dem Friedhof erschweren
  • Demographische Entwicklung: weniger Menschen, die eine Grab­pflege über viele Jahre gewähr­leisten können[21]

Alternativen zur Urnen­aufbewahrung zu Hause

Wenn Sie die Urne nicht zu Hause aufbewahren können, gibt es zahlreiche alternative Bestattungs­formen:

Traditionelle Urnen­bestattung auf dem Friedhof

  • Urnen­reihen­grab: Ein Standard­grab, dessen Lage von der Friedhofs­verwaltung zugewiesen wird[7]
  • Urnen­wahl­grab: Sie können die Lage der Grab­stätte selbst aussuchen[7]
  • Urnen­nische/Kolumbarium: Urne wird in einer Nische in einer Wand oder Stele beigesetzt[7]

Natur­nahe Bestattungs­formen

  • Wald­bestattung: Die Urne wird im Wurzel­bereich eines Baumes beigesetzt. Diese Form wird immer beliebter, macht aber erst etwa 1-2% aller Bestattungen aus[7][20]
  • See­bestattung: Die Urne wird in einem speziell ausgewiesenen Gebiet der Nord- oder Ostsee beigesetzt[7]
  • Friedwein­berg: In Nordheim am Main gibt es die Möglichkeit einer Beisetzung im einzigen deutschen Friedwein­berg[20]

Erinnerungs­stücke als Alternative

Wenn Sie eine persönliche Erinnerung bewahren möchten, können Sie auch über folgende Möglich­keiten nachdenken:

  • Klein­urnen: In einigen Ländern ist es möglich, einen kleinen Teil der Asche in Mini-Urnen aufzuteilen[16]
  • Erinnerungs­schmuck: Spezielle Anhänger können eine symbolische Menge Asche enthalten
  • Leere Urne: Eine leere Urne dürfen Sie selbst­verständlich als Erinnerung zu Hause aufbewahren[3]

Internationale Möglich­keiten

In anderen Ländern gelten teilweise andere Regelungen:

  • Schweiz und Niederlande: Hier ist es erlaubt, die Urne mit nach Hause zu nehmen[5]
  • Asche­verstreuung im Ausland: In der Schweiz auf bestimmten Berg­almen oder im Elsass durch Ballon­bestattungen möglich[5][8][20]
  • Diamant­bestattung: In der Schweiz kann aus der Asche ein Diamant hergestellt werden[8]

Beachten Sie jedoch: Sobald sich die Asche zurück in Deutschland befindet, greift wieder das deutsche Bestattungs­gesetz[4]. Die gezielte Umgehung durch Auslands­bestattungen kann als Ordnungs­widrigkeit geahndet werden[18].

Religiöse und kulturelle Perspektiven

Verschiedene Religionen haben unter­schiedliche Sicht­weisen zur Einäscherung und zum Umgang mit der Asche:

  • Christentum: Sowohl katholische als auch evangelische Kirche akzeptieren heute Einäscherungen, bestehen aber auf einer Beisetzung auf einem Friedhof oder in einer Kirche[12][14]
  • Islam und Judentum: Lehnen Einäscherungen grundsätzlich ab und fordern eine schnelle Erd­bestattung[14]
  • Hinduismus: Traditionell wird die Asche in heiligen Gewässern wie dem Ganges verstreut[13]
  • Buddhismus: Einige buddhistische Traditionen praktizieren das Verstreuen der Asche im Meer oder natürliche Verwesungs­prozesse[13]

Psychologische Betrachtungen zur Urne zu Hause

Die Entscheidung für oder gegen eine Urne zu Hause hat auch psychologische Aspekte:

  • Die traditionelle Beisetzung auf einem Friedhof schafft einen räumlichen Abstand, der auch den inneren Abschied unter­stützen kann
  • Mit der Zeit lässt die Trauer nach, ebenso wie der Wunsch nach physischer Nähe zu den Über­resten des Verstorbenen[21]
  • Ein fester Gedenkort kann für den Trauer­prozess hilfreich sein, muss aber nicht zwingend ein klassischer Friedhof sein

Erfahrungs­berichte

Die Such­ergebnisse zeigen verschiedene persönliche Erfahr­ungen:

  • Angehörige schätzen die Flexi­bilität einer Urnen­beisetzung, die Zeit für Organisation und Anreise ermöglicht[15]
  • Eine Witwe beschreibt die Baum­bestattung ihres Mannes als würde­voll und friedlich - im Gegensatz zum “Wett­bewerb” um den schönsten Grab­stein auf traditionellen Friedhöfen[17]

Fazit: Ihre Möglich­keiten im Überblick

In Deutschland dürfen Sie die Urne eines verstorbenen Menschen nicht zu Hause aufbewahren. Ausnahmen bestehen nur in Bremen unter strengen Auflagen.

Wenn Sie nach persönlicheren Alternativen zur klassischen Friedhofs­bestattung suchen, stehen Ihnen folgende Möglich­keiten zur Verfügung:

  • Naturnahe Bestattungs­formen wie Wald- oder Seebestattungen
  • Individuelle Gestaltung einer Grab­stelle auf dem Friedhof
  • Alternative Formen des Gedenkens wie Erinnerungs­schmuck
  • In besonderen Fällen legale Möglich­keiten im Ausland (beachten Sie die rechtlichen Besonder­heiten)

Für Ihre Entscheidung ist es sinnvoll, sich früh­zeitig zu informieren und auch die Wünsche der verstorbenen Person zu berücksichtigen. Ein Gespräch mit einem Bestattungs­institut kann Ihnen weitere, auf Ihre persönliche Situation zugeschnittene Informationen geben.