Patientenverfügung und COVID-19: Brauchen Sie spezielle Fest­legungen?

Zusammenfassung

Eine spezielle Corona-Klausel in der Patienten­verfügung ist nicht notwendig, da Entscheidungen über Behandlungs­maßnahmen wie künstliche Beatmung unabhängig von der Erkrankung getroffen werden. Entscheidend ist eine klare und medizinisch präzise Fest­legung Ihrer generellen Wünsche zu lebens­erhaltenden Maßnahmen. Lassen Sie sich fachkundig beraten und formulieren Sie Ihre Verfügung so, dass sie Ihre persönliche Lebens­qualität und Behandlungs­ziele widerspiegelt.

Die Frage, ob eine Patientenverfügung besondere Regelungen für eine COVID-19-Erkrankung enthalten sollte, beschäftigt viele Menschen. Die kurze Antwort lautet: Nein, eine spezifische Corona-Klausel ist in der Regel nicht sinnvoll und kann sogar zu Problemen führen. Entscheidend ist vielmehr eine klare Fest­legung Ihrer generellen Wünsche bezüglich lebens­erhaltender Maßnahmen wie der künstlichen Beatmung - unabhängig von der zu­grunde­liegenden Erkrankung. In diesem Artikel erfahren Sie, warum dies so ist und worauf Sie statt­dessen achten sollten.

Ärztliche Beratung zu Patientenverfügung: Mediziner und Patientin im Gespräch über Dokumente

Wie Ent­scheidungen auf der Intensiv­station getroffen werden

In der klinischen Praxis müssen Ärzt:innen sehr schnell handeln. Für die Entscheidung über eine maschinelle Beatmung spielt es dabei keine große Rolle, welche Krankheit die Atem­not verursacht hat. Ob COVID-19, eine andere Lungen­erkrankung oder ein anderes medizinisches Problem - das ärztliche Team prüft in erster Linie, ob eine Beatmungs­therapie medizinisch sinnvoll ist und mit welcher Wahr­scheinlichkeit sie zum Erfolg führen kann.

In Deutschland stehen aktuell etwa 25.000 Intensiv­betten zur Verfügung. Wenn ein beatmungs­pflichtiger Mensch in ein Kranken­haus kommt und keine anders­lautende Patienten­verfügung vorliegt, wird in der Regel eine Beatmung eingeleitet - sofern diese Behandlung aus ärztlicher Sicht Aussicht auf Erfolg hat.

Warum eine spezielle COVID-19-Klausel problematisch ist

Eine Fest­legung wie “Ich möchte nicht beatmet werden, außer es ist wegen COVID-19” wäre zwar formal möglich, ergibt aber aus praktischer Sicht wenig Sinn. Der Grund: Bei einer akuten Atem­not lässt sich die Ursache oft nicht sofort feststellen. Die genaue Diagnose kann in vielen Fällen erst nach Beginn der Beatmungs­therapie gestellt werden.

Noch problematischer ist die umgekehrte Fest­legung: “Ich möchte beatmet werden, außer es ist wegen COVID-19”. Diese wäre praktisch nicht umsetzbar, da das medizinische Personal bei der Ein­lieferung einer bewusst­losen Person nicht innerhalb von Minuten oder gar Sekunden fest­stellen kann, ob der Zustand Folge einer COVID-19-Erkrankung ist. Eine solche Verfügung würde das Behandlungs­team vor unlösbare Probleme stellen.

Aus intensiv­medizinischer Sicht sind COVID-19 und andere Corona-Infektionen Erkrankungen wie viele andere auch und benötigen keine spezielle Erwähnung in Ihrer Patienten­verfügung.

Die entscheidende Frage für Ihre Patienten­verfügung

Die wirklich relevante Frage lautet: Sind die medizinisch zu erreichenden Ergebnisse einer Beatmungs­therapie auch aus Ihrer persönlichen Sicht “Behandlungs­erfolge”?

Um diese Frage zu beantworten, sollten Sie sich mit folgenden Über­legungen auseinander­setzen:

  • Unter welchen Umständen möchten Sie intensiv­medizinisch behandelt werden?
  • Welche Lebens­qualität ist für Sie persönlich noch akzeptabel?
  • Welche lang­fristigen Einschränkungen würden Sie in Kauf nehmen?
  • Wie wichtig ist Ihnen Lebens­zeit im Vergleich zu Lebens­qualität?

In einer gut formulierten Patienten­verfügung legen Sie detailliert und medizinisch präzise fest, ob und unter welchen Bedingungen Sie eine Intensiv­behandlung und maschinelle Beatmung wünschen oder ablehnen - unabhängig von der Grund­erkrankung.

Praktische Empfehlungen für Ihre Patienten­verfügung

Medizinisch präzise Formulierungen verwenden

Statt einzelne Krankheiten aufzuzählen, ist es sinnvoller, Ihre Wünsche anhand von Behandlungs­situationen und möglichen Folge­zuständen festzuhalten. Zum Beispiel könnten Sie festlegen, ob Sie eine Beatmung wünschen, wenn:

  • eine dauerhafte Abhängigkeit von der Beatmungs­maschine wahrscheinlich ist
  • bleibende schwere Hirnschäden zu erwarten sind
  • eine selbst­ständige Lebens­führung danach voraussichtlich nicht mehr möglich sein wird

Fachkundige Beratung in Anspruch nehmen

Eine Patienten­verfügung sollte nicht ohne fachliche Beratung erstellt werden. Sprechen Sie mit Ihrer Haus­ärztin oder Ihrem Haus­arzt oder nutzen Sie spezielle Beratungs­angebote. Eine medizinisch fundierte Patienten­verfügung erhöht die Wahr­scheinlichkeit, dass Ihre Wünsche im Ernstfall auch umgesetzt werden können.

Regelmäßige Überprüfung Ihrer Verfügung

Prüfen Sie in regelmäßigen Abständen, ob Ihre Patienten­verfügung noch Ihren aktuellen Wünschen entspricht. Eine Anpassung kann besonders nach einschneidenden Lebens­ereignissen oder bei veränderten Gesundheits­zuständen sinnvoll sein.

Rechtliche Grundlagen der Patienten­verfügung

Die gesetzliche Grundlage der Patienten­verfügung in Deutschland ist in § 1827 BGB verankert. Dort heißt es unter anderem, dass die Fest­legungen in einer Patienten­verfügung für Ärzt:innen verbindlich sind, sofern sie auf die aktuelle Lebens- und Behandlungs­situation zutreffen.

Bei Entscheidungen über lebens­erhaltende Maßnahmen wie die künstliche Beatmung müssen Behandelnde und Bevoll­mächtigte oder Betreuer:innen den Patienten­willen ermitteln und umsetzen. Die entsprechenden Regelungen finden sich in § 1829 BGB.

Wie Ihre Patienten­verfügung im Ernstfall ins Krankenhaus gelangt

Eine wichtige praktische Frage: Wie erfahren die Behandelnden überhaupt von Ihrer Patienten­verfügung? Hier einige Tipps:

  • Informieren Sie Ihre Angehörigen und nahe­stehenden Personen über die Existenz und den Aufbewahrungs­ort Ihrer Patienten­verfügung
  • Tragen Sie einen Hinweis­karte in Ihrem Geldbeutel
  • Vertrauen Sie einer Person Ihres Vertrauens eine Kopie an
  • Wenn Sie eine Vorsorge­vollmacht erstellt haben, sollte diese Person auch eine Kopie Ihrer Patienten­verfügung besitzen
  • Bei geplanten Krankenhaus­aufenthalten: Bringen Sie Ihre Patienten­verfügung mit und weisen Sie das Personal darauf hin

Fazit

Eine spezifische Corona-Klausel in Ihrer Patienten­verfügung ist weder notwendig noch praktisch umsetzbar. Wichtiger ist eine klare, medizinisch präzise Fest­legung Ihrer generellen Wünsche bezüglich lebens­erhaltender Maßnahmen wie der künstlichen Beatmung.

Nehmen Sie sich Zeit für die Erstellung Ihrer Patienten­verfügung und lassen Sie sich dabei fachkundig beraten. Entscheidend ist nicht die Auflistung einzelner Krankheiten, sondern Ihre persönliche Definition eines “Behandlungs­erfolgs” - also die Frage, welche Lebens­qualität für Sie noch erstrebenswert ist.

Eine gut formulierte Patienten­verfügung gibt Ihnen die Sicherheit, dass Ihre Wünsche respektiert werden, wenn Sie selbst nicht mehr entscheiden können - unabhängig davon, ob es sich um COVID-19 oder eine andere Erkrankung handelt.