Berliner Testament: Sicher­heit für Paare mit klaren Regelungen

Zusammenfassung

Das Berliner Testament ermöglicht Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartner:innen, sich gegenseitig als Alleinerb:innen einzusetzen und die Kinder oder andere Personen als Schlusserb:innen zu bestimmen. Es bietet finanzielle Sicherheit für den überlebenden Partner, birgt jedoch Risiken wie Pflichtteilsansprüche der Kinder, steuerliche Doppelbelastungen und eine starre Bindungswirkung. Eine rechtliche Beratung ist empfehlenswert, um individuelle Bedürfnisse und mögliche Alternativen optimal zu berücksichtigen.

Für viele Paare ist die Frage der Vermögensnachfolge eine Herzensangelegenheit. Das Berliner Testament bietet hier eine bewährte Lösung, um den länger lebenden Partner finanziell abzusichern und gleichzeitig langfristig klare Verhältnisse zu schaffen. Diese Testamentsform ermöglicht es Ehepartner:innen und eingetragenen Lebenspartner:innen, ihre Erbfolge gemeinsam zu regeln - mit Vor- und Nachteilen, die Sie genau kennen sollten.

Älteres Paar in einem Büro bei einer Besprechung, Dokumente auf dem Tisch, Bücher und Pflanzen im Hintergrund.

Grundlagen des Berliner Testaments

Das Berliner Testament ist ein gemeinschaftliches Testament, das ausschließlich Ehepaaren oder eingetragenen Lebenspartnerschaften offensteht. Der Kern dieser Regelung:

  • Gegenseitige Erbeinsetzung
    Beide Partner:innen setzen sich wechselseitig als Alleinerb:innen ein. Der zuerst Versterbende hinterlässt sein gesamtes Vermögen dem überlebenden Partner.

  • Schlusserben-Regelung
    Erst nach dem Tod des zweiten Partners geht das kombinierte Vermögen an die gemeinsamen Kinder, Enkelkinder oder andere festgelegte Personen über.

Ein Beispielsatz aus der Praxis könnte lauten:
„Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerb:innen ein. Nach dem Tod von uns beiden erben unsere Kinder zu gleichen Teilen.“

Rechtlich verankert ist diese Form in § 2269 BGB, der gemeinschaftliche Testamente für Ehepartner:innen regelt.

Vorteile dieser Testamentsform

Finanzielle Sicherheit für den Partner

Der größte Vorteil liegt in der Absicherung des Lebensstandards. Wenn ein Großteil des Vermögens in einer gemeinsam genutzten Immobilie liegt, muss der Überlebende nicht mit Erb:innen verhandeln oder Eigentum verkaufen.

Vermeidung von Erbengemeinschaften

Durch die Alleinerbenstellung entfallen komplexe Auseinandersetzungen zwischen dem überlebenden Partner und den Kindern. Erst beim zweiten Erbfall tritt die vereinbarte Schlusserbengemeinschaft in Kraft.

Einfache Handhabung

Ein handschriftlich verfasstes Testament genügt grundsätzlich - notarielle Beurkundung ist nicht zwingend erforderlich.

Kritische Aspekte und Risiken

Pflichtteilsansprüche der Kinder

Auch beim Berliner Testament haben Kinder nach dem ersten Erbfall Anspruch auf ihren Pflichtteil - normalerweise die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils. Viele Familien vereinbaren hier eine Pflichtteilsstrafklausel:

„Sollte ein Kind nach dem ersten Erbfall den Pflichtteil verlangen, entfällt dessen Erbanspruch nach dem zweiten Tod.“

Durch diese Klausel (rechtlich geregelt in § 2338 BGB) wird der Anreiz zur vorzeitigen Pflichtteilsgeltendmacht gesenkt.

Steuerliche Doppelbelastung

Bei größeren Vermögen kann es zu Erbschaftsteuer-Mehrbelastungen kommen:

  1. Beim ersten Erbfall: 500.000 € Freibetrag für Ehepartner:innen
  2. Beim zweiten Erbfall: Nur 400.000 € Freibetrag pro Kind

Für ein Vermögen von 1,5 Millionen Euro bedeutet das:

  • Erste Erbschaft: 1 Mio. € steuerfrei
  • Zweite Erbschaft: 1,1 Mio. € steuerpflichtig

Starre Bindungswirkung

Der überlebende Partner kann nach dem ersten Erbfall die Schlusserben-Regelung nicht mehr ändern (§ 2271 BGB). Selbst bei zerrütteten Familienverhältnissen bleibt die ursprüngliche Festlegung bindend.

Praktische Gestaltungs­tipps

Klare Formulierungen wählen

Vermeiden Sie mehrdeutige Begriffe wie „unser Vermögen“. Konkretisieren Sie stattdessen:
„Alle Grundstücke, Bankguthaben und Wertpapiere, die uns zum Zeitpunkt des Todes gemeinsam oder einzeln gehören.“

Vorsorgevollmacht kombinieren

Ergänzen Sie das Testament durch eine Vorsorgevollmacht, die den Partner auch in Gesundheitsfragen handlungsfähig macht. Die gesetzliche Grundlage hierfür findet sich in § 1827 BGB.

Regelmäßige Überprüfung

Alle fünf Jahre oder bei Lebensveränderungen (Geburten, Scheidungen, Vermögensänderungen) sollte das Testament angepasst werden.

Alternativen zum Berliner Testament

Nießbrauchsrecht an Immobilien

Statt voller Eigentumsübertragung kann der überlebende Partner ein Wohnrecht oder Nießbrauchsrecht erhalten. Dies schont häufig die Erbschaftsteuer-Freibeträge der Kinder.

Testamentarische Teilungsanordnung

Hier wird genau festgelegt, welches Kind welche Vermögenswerte erhält. Dies verhindert Streit bei ungleich verteilten Sachwerten.

Vor- und Nacherbschaft

Der überlebende Partner wird zum Vorerben, die Kinder zu Nacherben. Diese Lösung bietet mehr Gestaltungsspielraum, erfordert aber notarielle Beratung.

Rechtliche Rahmen­bedin­gungen

Formvorschriften

  • Handschriftlich: Jeder Partner verfasst seinen Teil eigenhändig
  • Datum und Unterschrift unverzichtbar
  • Notarielle Beurkundung empfohlen bei:
    • Auslandsvermögen
    • Unternehmensteilhaberschaft
    • Komplexen Familienverhältnissen

Besonderheiten bei Patchwork-Familien

In Stieffamilien sollte explizit geregelt werden:

  • Welche Kinder (leiblich/adoptiert/Stiefkinder) erbberechtigt sind
  • Wie Vermächtnisse für Ex-Partner:innen gestaltet werden

Fazit: Individuelle Beratung entscheidend

Das Berliner Testament bietet für traditionelle Ehen mit gemeinsamen Kindern nach wie vor eine praktikable Lösung. In modernen Familienkonstellationen oder bei größeren Vermögen sollten Sie jedoch rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Ein Fachanwalt für Erbrecht kann gemeinsam mit Ihnen prüfen, ob diese Testamentsform Ihren individuellen Bedürfnissen entspricht oder ob alternative Lösungen sinnvoller sind.

Vergessen Sie nicht: Jede Testamentsgestaltung sollte mit einer aktuellen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht abgestimmt sein, um für alle Lebenssituationen gewappnet zu sein.