Und in keinem Film kämpfen Eltern stärker um ihr Kind als in „Lorenzos Öl“ (erhältlich unter anderem bei Amazon und iTunes). In der auf wahren Begebenheiten beruhenden Geschichte wird bei dem kleinen Lorenzo die seltene Krankheit Adrenoleukodystrophie (ALD) diagnostiziert. Die Ärzte geben dem Jungen zwei Jahre zu leben, aber seine Eltern, gespielt von Nick Nolte und der für diesen Film Oscar-nominierten Susan Sarandon, geben sich nicht geschlagen. Sie recherchieren und streiten sich mit Ärzten und sogar Selbsthilfegruppen, während sich der Zustand ihres Sohnes immer weiter verschlechtert. Schließlich stoßen sie auf eine neue Therapiemöglichkeit – aber auch auf weiteren Widerstand von skeptischen Wissenschaftlern. Das packende, aber hoffnungsvolle Drama wurde von „Mad Max“-Regisseur George Miller inszeniert, der ebenfalls am Drehbuch mitschrieb und hierfür eine Oscar-Nominierung erhielt.
Solche wahren Geschichten werden natürlich oft auch in Dokumentarform erzählt, von denen leider viel zu wenige hier in Deutschland erscheinen. Falls Ihr Englisch gut genug ist, möchten wir Ihnen vor allem den Oscar-nominierten Film „Sound and Fury“ (erhältlich bei Amazon) ans Herz legen, in der zwei Familien sich mit der Frage auseinander setzen, ob sie ihren gehörlosen Kindern ein Cochlea-Implantat geben sollen. Zum Glück fand die ebenfalls Oscar-nominierte, phantasievolle Dokumentation „Life, Animated“ (erhältlich unter anderem bei Amazon und iTunes) den Weg hierher. Diese begleitet den jungen Erwachsenen Owen Suskind bei seinen ersten zaghaften Schritten in die Unabhängigkeit. Das Besondere daran: Owen entwickelte mit drei Jahren eine Form von Autismus und konnte lange Zeit nicht mehr mit seinen Eltern kommunizieren, bis diese erkannten, dass er die animierten Filme von Walt Disney benutzte, um die Welt um sich herum besser zu verstehen. Mit Hilfe einer Handpuppe von Jago, dem Papagei aus Disneys „Aladdin“, schaffen sie es, wieder Kontakt zu ihrem Sohn herzustellen.
Owen ist inzwischen alt genug, um selber über sein Leben zu bestimmen. Erwachsene können eine Patientenverfügung erstellen, die im Notfall dafür sorgt, dass ihre Wünsche erhört werden. Minderjährige Patienten haben diese Möglichkeit nicht, und genau darum geht es in dem sensiblen Drama „Kindeswohl“ (erhältlich unter anderem bei Amazon und iTunes), basierend auf dem gleichnamigen Bestseller von Ian McEwan. Oscar-Preisträgerin Emma Thompson spielt darin eine Familienrichterin, die darüber urteilen muss, ob ein 17jähriger eine lebensrettende Bluttransfusion verweigern darf. Der an Leukämie erkrankte Junge ist Zeuge Jehovas und überzeugt davon, dass seine Seele durch eine Transfusion verunreinigt würde. Der mit dem Prädikat „Besonders Wertvoll“ versehene Film stellt keine leichten Fragen und gibt auch keine einfachen Antworten und ist gerade deshalb sehenswert.
Ebenso sehenswert, aber weniger tragisch ist der im wahrsten Sinne des Wortes wundervolle Familienfilm „Wunder“ (zur Zeit zu sehen bei Amazon Prime und erhältlich bei den meisten Streamingdiensten). Darin geht es um den zehnjährigen Auggie, der mit dem Treacher-Collins-Syndrom geboren wurde, ein seltener Gendefekt, der sein Gesicht entstellt. Bisher wurde er von seiner Mutter (verkörpert von Oscar-Preisträgerin Julia Roberts) zuhause unterrichtet, aber nun will er zum ersten Mal eine öffentliche Schule besuchen – und vor allem Freundschaften mit anderen Kindern schließen. Eine ähnliche Geschichte erzählte bereits der 80er-Jahre-Klassiker „Die Maske“, in dem Superstar Cher die aufopfernde Mutter eines etwas älteren Sohnes mit Gesichtsdeformation spielte, aber das Besondere an „Wunder“ ist nicht nur der leichte Humor, der den gesamten Film durchzieht, sondern vor allem, dass er jedem in Auggies Umfeld eine Stimme gibt. Seine Schwester darf zeigen, wie schwer es sein kann, im Schatten eines pflegebedürftigen Bruders aufzuwachsen, um den sich das gesamte Familienleben dreht. Aber auch die Perspektive von Auggies Schulkameraden wird erzählt, und wir erfahren, warum sie den Jungen, der einfach nur anders aussieht als sie, entweder ablehnen oder ihm eine Chance geben. Es ist ein zutiefst humanistischer Film, in dem es keine klaren Bösewichter gibt, sondern einfach nur Menschen, die alle mit ihrem eigenen Innenleben beschäftigt sind.
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