Gute Gründe für eine Patientenverfügung: Selbstbestimmung in schwierigen Gesundheitssituationen
Zusammenfassung
Eine Patientenverfügung ermöglicht es Ihnen, Ihre Wünsche zu medizinischen Behandlungen festzulegen, falls Sie Ihren Willen nicht mehr äußern können. Sie schützt Ihre Selbstbestimmung, entlastet Angehörige und verhindert unnötige oder belastende Maßnahmen. Mit einer klar formulierten Verfügung schaffen Sie rechtliche Sicherheit und Orientierung für alle Beteiligten.
Eine Patientenverfügung ermöglicht Ihnen, über medizinische Behandlungen selbst zu entscheiden - auch wenn Sie Ihren Willen nicht mehr äußern können. Viele Menschen zögern, sich mit diesem Thema zu befassen. Doch gerade die Vorsorge für kritische Gesundheitssituationen kann große Erleichterung für Sie und Ihre Angehörigen bedeuten. Dieser Beitrag erklärt, warum eine Patientenverfügung sinnvoll ist und wie sie allen Beteiligten Sicherheit gibt.

Was ist eine Patientenverfügung?
Eine Patientenverfügung ist ein schriftliches Dokument, in dem Sie festlegen, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen, falls Sie nicht mehr selbst entscheiden können. Die rechtliche Grundlage bildet der § 1827 BGB, der die Patientenverfügung als Willenserklärung einer einwilligungsfähigen und volljährigen Person definiert[3].
In diesem Dokument können Sie bestimmen, ob Sie in bestimmten Situationen medizinische Untersuchungen, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe befürworten oder untersagen möchten. Dies kann lebenserhaltende Maßnahmen wie künstliche Beatmung, Ernährung oder Schmerzbehandlung betreffen[2].
Acht überzeugende Gründe für eine Patientenverfügung
1. Vorsorge für unerwartete Lebenssituationen
Gesundheitliche Krisen können jeden Menschen treffen - unabhängig vom Alter. Ein Unfall oder eine plötzliche schwere Erkrankung kann dazu führen, dass Sie Ihren Willen nicht mehr äußern können. Mit einer Patientenverfügung sorgen Sie vor und stellen sicher, dass Ihre Wünsche bezüglich medizinischer Behandlungen respektiert werden.
Auch für junge Menschen relevant: Eine Patientenverfügung ist nicht nur für ältere Menschen sinnvoll. Schicksalsschläge können in jedem Lebensalter eintreten.
2. Entlastung für Ihre Angehörigen
Wenn Sie auf der Intensivstation liegen und nicht mehr selbst entscheiden können, stehen Ihre Angehörigen unter erheblichem emotionalem Druck. Ohne Patientenverfügung müssen sie versuchen, Ihren mutmaßlichen Willen zu ermitteln - eine enorme Belastung in einer ohnehin schwierigen Situation[10].
Mit einer konkreten Patientenverfügung nehmen Sie diese Last von den Schultern Ihrer Angehörigen. Sie können Ihre Wünsche frühzeitig festlegen und mit Ihren Liebsten besprechen, sodass im Ernstfall Klarheit herrscht[2].
3. Lebensqualität vor Lebensverlängerung
Für viele Menschen steht die Lebensqualität über einer maximalen Lebensverlängerung. Die Palliativmedizin bietet heute zahlreiche Möglichkeiten, Beschwerden zu lindern, ohne das Leben um jeden Preis zu verlängern. In Ihrer Patientenverfügung können Sie festlegen, dass Sie beispielsweise palliativmedizinische Behandlungen einer lebensverlängernden Intensivtherapie vorziehen.
Praktisches Beispiel: Thomas S. litt an einer schweren Lungenerkrankung im Endstadium. Nach Gesprächen mit seinem Arzt entschied er sich gegen weitere künstliche Beatmung und für palliativmedizinische Behandlung. Diese Entscheidung hielt er in seiner Patientenverfügung fest, um Schmerzfreiheit statt verlängertem Leiden zu erfahren.
4. Wahrung Ihrer Selbstbestimmung und Würde
Eine Patientenverfügung sichert Ihr Recht auf Selbstbestimmung. Sie entscheiden, welche medizinischen Maßnahmen in bestimmten Situationen für Sie in Frage kommen - unabhängig davon, ob Sie Ihren Willen später noch äußern können[10].
Die gesetzliche Verankerung im § 1827 BGB stellt sicher, dass Ärzt:innen und Pflegefachkräfte an Ihre Verfügung gebunden sind, wenn diese auf die aktuelle Situation zutrifft[2][3].
5. Vermeidung von unnötigen medizinischen Maßnahmen
Ohne eine Patientenverfügung werden medizinische Fachkräfte im Zweifel alle verfügbaren lebenserhaltenden Maßnahmen ergreifen. Das kann bedeuten, dass Sie Behandlungen erhalten, die Sie eigentlich ablehnen würden[10].
Mit einer Patientenverfügung können Sie genau festlegen, welche medizinischen Eingriffe Sie wünschen und welche nicht. So lassen sich unnötige oder belastende Behandlungen vermeiden, die nicht Ihren Vorstellungen entsprechen[4].
6. Verhinderung von Konfliktsituationen
Ohne klare Vorgaben können unterschiedliche Meinungen unter Angehörigen oder zwischen Angehörigen und medizinischem Personal zu Konflikten führen. Eine präzise formulierte Patientenverfügung gibt allen Beteiligten Orientierung und verhindert Streit in einer ohnehin belastenden Situation[10].
Zu beachten: Allgemeine Formulierungen wie “Ich möchte nicht an Schläuche angeschlossen werden” oder “Ich lehne Apparatemedizin ab” gelten als zu unkonkret und haben keine rechtliche Bindungswirkung. Eine wirksame Patientenverfügung muss spezifische medizinische Situationen und Maßnahmen benennen[4].
7. Rechtliche Sicherheit für alle Beteiligten
Eine korrekt verfasste Patientenverfügung schafft Rechtssicherheit - sowohl für Sie als auch für Ihre Angehörigen und das medizinische Personal. Nach aktueller Rechtssprechung sind Patientenverfügungen nur dann wirksam, wenn sie konkret formuliert sind und spezifische medizinische Maßnahmen in bestimmten Situationen benennen.
Formalerfordernis: Die Patientenverfügung muss schriftlich verfasst und von Ihnen eigenhändig unterschrieben sein. Eine notarielle Beglaubigung ist nicht notwendig, kann aber die Beweiskraft erhöhen[3][4].
8. Individuelle Gestaltungsmöglichkeiten
Eine Patientenverfügung bietet vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, die auf Ihre persönliche Situation zugeschnitten werden können. Sie können detailliert festlegen, welche Behandlungen Sie in welchen Situationen wünschen oder ablehnen.
Konkrete Beispiele:
- Bei fortgeschrittener Demenz ohne Heilungschancen keine künstliche Ernährung
- Bei schwerer Erkrankung im Endstadium keine Wiederbelebung
- Bei irreversiblem Bewusstseinsverlust keine lebensverlängernden Maßnahmen
Praktische Hinweise zur Erstellung
Inhaltliche Konkretheit ist entscheidend
Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass Patientenverfügungen nur dann wirksam sind, wenn sie konkret formuliert sind. Allgemeine Aussagen wie “keine lebensverlängernden Maßnahmen” reichen nicht aus. Beschreiben Sie stattdessen genau, welche medizinischen Eingriffe Sie in welchen Situationen wünschen oder ablehnen.
Beispiel für konkrete Formulierung: “Für den Fall, dass ich mich im Endstadium einer unheilbaren Erkrankung befinde und nicht mehr in der Lage bin, Nahrung auf natürlichem Wege aufzunehmen, lehne ich eine künstliche Ernährung über eine Magensonde oder PEG-Sonde ab.”
Regelmäßige Überprüfung empfehlenswert
Überprüfen Sie Ihre Patientenverfügung in regelmäßigen Abständen (etwa alle zwei Jahre) und bestätigen Sie mit einem neuen Datum und Ihrer Unterschrift, dass der Inhalt weiterhin Ihrem Willen entspricht. Dies erhöht die Akzeptanz bei medizinischem Personal, da erkennbar ist, dass die Verfügung Ihren aktuellen Willen widerspiegelt[4].
Kombination mit Vorsorgevollmacht sinnvoll
Eine Patientenverfügung sollte idealerweise mit einer Vorsorgevollmacht kombiniert werden. Während die Patientenverfügung Ihre Behandlungswünsche festhält, bestimmt die Vorsorgevollmacht eine Person Ihres Vertrauens, die Ihren Willen gegenüber Ärzten und Pflegepersonal vertritt[2].
Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die dort gemachten Festlegungen nicht auf die aktuelle Situation zu, entscheidet die bevollmächtigte Person nach Gesprächen mit den behandelnden Ärzt:innen auf Grundlage Ihres mutmaßlichen Willens[2].
Fazit
Eine Patientenverfügung ist ein wertvolles Instrument, um Ihre Selbstbestimmung in gesundheitlichen Krisensituationen zu wahren. Sie entlastet Ihre Angehörigen, verhindert unnötige Behandlungen und gibt allen Beteiligten Handlungssicherheit. Die Erstellung erfordert etwas Zeit und Nachdenken, doch dieser Aufwand zahlt sich aus - für Sie und Ihre Liebsten.
Nehmen Sie sich die Zeit, Ihre persönlichen Wünsche zu reflektieren und in einer rechtlich bindenden Form festzuhalten. Lassen Sie sich dabei idealerweise von medizinischen Fachpersonen beraten, um alle Aspekte angemessen zu berücksichtigen. Eine gut durchdachte Patientenverfügung ist ein Akt der Fürsorge - für sich selbst und für die Menschen, die Ihnen nahestehen.